Schweitzer Fachinformationen
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Mit rumorendem Magen lese ich noch einmal Big Jims Forderungen durch. Sein drohender Ton und seine Anschuldigungen zeigen eine Seite von ihm, die Barry nicht sehen soll. Ich knülle die Nachricht zusammen und verstaue sie in meiner Tasche, während ich mir vornehme, sie später im Hinterhof zu verbrennen. Dann atme ich ein paarmal tief durch, um meinen Puls zu verlangsamen und mich zu beruhigen, bevor mein Sohn mich so sieht.
Lieber Gott, hilf mir.
Ich habe kein Geld, um mir einen Anwalt zu nehmen und mich gegen Big Jim zu wehren. Ich habe nicht einmal das Geld, um meine Steuern zu zahlen. Das Wohnzimmer verschwimmt, als mir Tränen in die Augen steigen. Aber dann höre ich die Jungen in Barrys Zimmer lachen und reiße mich zusammen. Ich zehre von dem Stahl, der durch meine Adern fließt, wie Sadie immer sagt. Vielleicht hat sie eine Idee, wie ich mich gegen Big Jims Drohungen wehren kann.
Aber im Moment kann ich nichts tun. Außerdem habe ich einen Sohn zu versorgen. Und vielleicht noch einen zweiten Jungen. Nach einem weiteren Stoßgebet und einem beruhigenden Atemzug klopfe ich an Barrys Tür und öffne sie. Die Jungen sitzen am Boden und sind so sehr in eine Werbeanzeige für ein Modellflugzeug vertieft, dass sie nicht einmal aufblicken.
"Ozzie, arbeitet dein Vater heute lang? Möchtest du gern mitessen?"
Die Jungs johlen wie die Indianer, dann erwidert Ozzie mit einem breiten Grinsen: "Ja, Ma'am. Sehr gern."
"Was haltet ihr von Tomatensuppe und Käsetoast?"
"Yippie!", rufen sie beide.
"Dachte ich mir." Es ist ihr Lieblingsessen. "Lauft schnell rüber und gebt Mr Wade Bescheid, dann kommt ihr zurück und wascht euch die Hände. Ach ja, vergesst nicht, Louella zu sagen, dass sie nach Hause gehen kann. Ozzie, du kannst hierbleiben, bis dein Daddy von der Arbeit kommt." Es ist schön, dass Wade und Ozzie direkt neben uns in der Wohnung über der Drogerie leben. Seit Jimmy tot ist, helfen Wade und ich einander mit den Kindern aus, vor allem, wenn seine Haushälterin nicht da ist. Ich bin froh über seinen Einfluss in Barrys Leben. Er ist ein guter Freund.
"Jawohl, Ma'am." Die zwei Paar schnell wachsender Füße poltern so laut die Treppe hinunter, dass die Wandleuchter zu wackeln beginnen. Die Tür zur Straße schlägt zu. Irgendwann wird die Glasscheibe in dieser Tür noch zerspringen .
Unten in der Küche schneide ich einige dicke Scheiben Velveeta-Käse ab, um das Toastbrot damit zu belegen. Jimmy hat diesen Raum hinterm Haus angebaut, nachdem er mich gebeten hatte, ihn zu heiraten. Es wäre praktischer, die Küche auf der gleichen Ebene wie die restliche Wohnung zu haben, aber ich kann mich nicht beklagen. Wenigstens habe ich keine Hypothek abzubezahlen, was der Fall wäre, wenn wir ein Haus gekauft hätten. Außerdem bleibe ich so in Bewegung. Und wenn ich schreibe, esse ich nichts zwischendurch, selbst wenn ich Hunger bekomme. Es ist mir einfach zu umständlich, nach unten zu gehen.
Während ich eine Dose Campbell-Tomatensuppe öffne, danke ich innerlich dem Hersteller dafür, dass er sich ganze einundzwanzig Sorten ausgedacht hat. Da mein Junge die meisten davon mag - außer die Suppe mit Spargel -, erleichtern sie mir das Leben. Der Duft des Brots, das mit Butter angebraten in der Pfanne brutzelt, lässt mir das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Auf dem Küchentisch liegt der Steuerbescheid und starrt mich an. Darin steht die enorme Summe, die ich nicht bezahlen kann. Ich wäge das bürokratische Ungetüm gegen den Inhalt der Keksdose ab, die ich im Küchenschrank versteckt habe. Sie enthält mehr Krümel als Geldscheine. Dank Big Jim und dem Steuerbescheid werde ich vielleicht nicht mehr lange in der Lage sein, meinen Sohn zu ernähren.
Da ich mich weigere, Geld von Sadie zu leihen, bleiben mir leider nur wenige Möglichkeiten. Meine Schriftstellerei ist eine Hilfe, aber sie bringt mir nur etwa drei Dollar die Woche ein - ganz annehmbar, aber leben kann man davon nicht. Wenn der News Standard mir alle vier Geschichten abkauft, bekomme ich dafür auch nur zwei Dollar.
Das ist nicht einmal annähernd genug. Ich muss wohl bald etwas verkaufen. Meinen Ehering habe ich noch . meine letzte Verbindung zu Jimmy. Aber ich bringe es nicht übers Herz, mich davon zu trennen. Alles, was ich sonst noch an wertvollem Schmuck besitze, habe ich von meiner Großmutter geerbt. Und es ist ein Wunder, dass sie die Stücke nie verkauft hat. Mit geschlossenen Augen male ich mir aus, welche Opfer sie wohl bringen musste, um den Schmuck nach dem Bürgerkrieg zu behalten.
Ich würde Großmamas Schmuck lieber als Erbe für Barry aufbewahren, aber es ist besser, den Lebensmittelladen der Familie zu retten, als meinem Sohn irgendwann eine Brosche zu vermachen. Außerdem gehört zu besagtem Laden auch das sprichwörtliche "Dach über dem Kopf" und ich bin fest entschlossen, beides zu behalten! Am besten schicke ich den Schmuck meiner Schwester, Duchess, damit sie ihn für mich verkaufen kann.
Die Jungen kommen zurück, als ich gerade die Suppe auf den Tisch stelle. Nach dem Essen gehen wir rüber ins Wohnzimmer. Jetzt steht eine Runde Quartett an! Auch wenn das Zimmer nicht teuer eingerichtet ist, ist es einladend und gemütlich mit dem weinroten, dick gepolsterten Sessel und alten grünen Sofa. Jimmy wollte ein graues, aber ich habe auf das farbige bestanden - obwohl es ein ausrangiertes Möbelstück von Big Jim war. Dann habe ich in einer Laune Vorhänge aus einem Stoff mit tropischem Muster genäht, auf dem leuchtend grüne Farne und rot-blau-gelbe Papageien abgebildet sind. Sadie meint, dass die Vorhänge zu mir passen. Ich weiß nicht, ob das stimmt, aber sie bringen mich auf jeden Fall zum Lächeln und kurbeln meine Kreativität an. Mein Schreibtisch steht in der Nähe, sodass ich die Vorhänge und die Welt draußen vor dem Fenster von dort aus sehen kann.
Wir lassen uns auf dem Boden rund um den Couchtisch nieder und Barry teilt freudig die Karten für die erste Runde aus. Allzu bald erklingt jedoch schon das geheime Klopfzeichen an der Tür, das die Jungen Wade beigebracht haben. Ganz der kleine Mann, der er ist, öffnet ihm Barry höflich die Tür. Dann gewinnt jedoch sein kindlicher Enthusiasmus die Überhand und er zerrt Wade aufgeregt ins Wohnzimmer.
"Spielen Sie eine Runde Quartett mit uns, Mr Wade? Bitte!"
Wades dichtes, lockiges Haar lässt den über 1,80 Meter großen Mann noch ein paar Zentimeter größer wirken. Es ist so rot wie Ozzies Haar und als Wade seine Bahnhofsvorstehermütze abnimmt, hinterlässt sie einen Abdruck darin. Er hängt die Mütze an einen Haken an der Garderobe im Flur und fährt sich dann mit den Fingern durch die Haare. "Wie könnte ich da Nein sagen?" Als Wade den Kindern zulächelt, bilden sich Lachfältchen um seine fröhlichen braunen Augen.
"Aber nur eine Runde, Jungs", sage ich mit erhobenem Zeigefinger, während ich versuche, ernst zu bleiben. "Es ist bald Schlafenszeit und Barry braucht vorher dringend noch ein Bad."
Wade setzt sich zwischen die Jungen auf den Boden.
"Möchtest du Suppe?", frage ich, als ich die Karten einsammele und sie an Ozzie weitergebe.
Er schüttelt den Kopf. "Nein, danke. Louella hat mir auf ihrem Heimweg mein Abendessen am Bahnhof vorbeigebracht."
Ozzie mischt die Karten und gibt aus.
"Wem gehörte eigentlich der Privatwaggon am 10-Uhr-Zug, Mr Wade?", erkundigt sich Barry, während wir unsere Karten sortieren. Ich schiebe den Herzbuben neben den Karobuben.
"Dem Gouverneur von New York. Er war auf der Heimreise von Warm Springs."
"Ich fasse es nicht. Franklin Roosevelt?", frage ich, während ich mich auf die Knie setze. "Hast du ihn getroffen?"
"Keine Chance. Er ist für sich geblieben."
Ich schaue in meine Karten. "Hast du Buben?"
Wade wirft mir den Pikbuben zu und grinst Barry an. "Hast du Dreien?"
"Nein - ätsch!", brüllt Barry. Er liebt Wade und ich lasse ihm den lauten Ausruf durchgehen, weil ich mir vorstelle, dass er genauso mit seinem Vater gespielt hätte. Dieser Gedanke bringt mich zum Lächeln. Jimmy wäre bestimmt stolz auf unseren Jungen.
Als Barry die Runde gewonnen hat, verabschieden sich Wade und Ozzy und wir gehen in die Küche hinunter. Barry holt die Badewanne aus dem Wandschrank. Nachdem ich sie mit vorgeheiztem Wasser aus dem Wassertank gefüllt habe, hüpft er hinein und spritzt dabei den Holzboden nass. Er grinst mich an und beginnt dann, Singing in the Bathtub zu trällern. Ach, wie schön wäre es, noch mal Kind zu sein - so hoffnungsvoll und sorgenlos. Während Barry sich wäscht und ein bisschen im Wasser...
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