Schweitzer Fachinformationen
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«Na, meine Lieben, schön, euch nochmals vereint an unserem altehrwürdigen Stammtisch anzutreffen. Aber wolltet ihr nicht noch eine Generalprobe in der Kirche durchführen?»
So begrüsst die «Krone»-Wirtin die Musical-Crew. Tatsächlich sollte in drei Stunden Annas Musical in der Kirche uraufgeführt werden.
Was ist jetzt schon wieder geschehen?, fragt sich der Stammtisch besorgt.
Seit einem halben Jahr sind Anna und Marc und später noch weitere Personen regelmässig in der «Krone» aufgetaucht. Anfänglich zu Textproben und später, als schon in der Kirche geprobt wurde, zum Weiterplanen und gemütlichen Beisammensein.
Dem Stammtisch ist dabei nicht entgangen, dass es in den letzten Vorbereitungswochen zu unerklärlichen Störmanövern gekommen ist.
«Ja, wir wären in der Kirche zum Countdown vor der Premiere, aber nach dem gestrigen Störfall mit dem Weihnachtsmarkt ist die Kirche heute wegen einer Probe für die Altersweihnachtsfeier besetzt. Es ist wirklich wie verhext! Die Lehrerinnen und gut fünfzig Schulkinder lassen sich nicht nur nicht aus der Kirche vertreiben, sondern haben auch noch unser ganzes Bühnenbild weggeräumt!»
«Hast du eine Erklärung dafür, Marianne? Du bist doch Kirchgemeindepräsidentin.»
«Könntest du nicht ein Machtwort sprechen?», fragt Marc.
«Ich habe doch unsere Probedaten schon vor Wochen eingegeben!»
«Ich drehe nächstens durch!», lässt Corinne, die Sängerin des Ensembles, verzweifelt verlauten.
«Das darf aber jetzt nicht wahr sein!», antwortet die Wirtin bestürzt.
«Euer Musical scheint wirklich unter einem schlechten Stern zu stehen!
Als Kirchgemeindepräsidentin kann ich höchstens mal bei der Sigristin nachfragen, wie das geschehen konnte! Und den Lautsprecher draussen, der gestern eure Hauptprobe nonstop mit den lärmigen Weihnachtsliedern gestört hat, liess ich heute Morgen abmontieren.
Wisst ihr was? Ich spendiere euch wegen den aufgetretenen Unannehmlichkeiten während eurer Probezeit und zu eurer Beruhigung eine Runde Getränke.» Ohne eine Antwort abzuwarten reisst Marianne der verblüfften Serviertochter den Schreibblock aus den Fingern und nimmt Bestellungen auf.
«Heuchlerin!» denkt der Stammtisch, welchem natürlich längst aufgefallen ist, dass die Wirtin irgendein Problem mit dem Zustandekommen dieses Musical-Projektes hat. Nur den Grund dafür konnte er bisher nicht in Erfahrung bringen.
«Wir müssen das Beste aus dieser misslichen Situation machen», meldet sich Anna zu Wort. «So kurz vor dem Ziel lassen wir uns, nach allem was bisher geschehen ist, sicher nicht mehr unterkriegen. Seht, die Gaststube ist fast leer. Warum also machen wir nicht einfach hier drin einen quasi supponierten Durchlauf?»
«Das ist eine gute Idee», findet Marc. «Es macht doch keinen Sinn, nur untätig herumzusitzen und mit dem Warten immer nervöser zu werden!»
Der Stammtisch gerät vor Freude fast ausser sich.
Bisher hat er nämlich nur Bruchteile von Annas Werk mitbekommen.
Am meisten davon aus den Gesprächen und aus den anfänglichen Leseproben, welche hier an seinem Tisch stattfanden.
Er weiss nur, dass Anna die Rolle der Erde, Marc die des Mondes und Corinne die einer alleinerziehenden Mutter spielt.
«Können wir?», fragt Anna und beginnt sogleich mit Rezitieren:
« Na, mein kleiner launischer Bruder Mond. Was führt dich heute zu mir?»
«Sei gegrüsst, meine ewig gute Schwester Erde. Selbstverständlich nichts Neues.
Das alte Lied: Die Menschen! Gib doch endlich zu, dass du sie auch kaum mehr ertragen kannst und dass der Versuch, sie auf der Erde anzusiedeln, gescheitert ist. Ich mag ihrem ganzen Treiben nicht mehr zusehen. Ich helfe dir gerne dabei, sie als Folge der Klimaerwärmung alle zu ersäufen! Du weisst, ich kann Ebbe und Flut gut etwas aus dem Gleichgewicht bringen.»
«Aber, aber., du legst dich heute wieder mal mächtig ins Zeug.
So kenne ich dich noch gar nicht! Kürzlich hast du noch behauptet, es sei witzig, den Menschen zuzusehen und hast Sprüche geklopft: Sie kämen nur so unfertig auf die Welt, um sich dann gegenseitig fertigzumachen!»
«Stört dich denn ihr sinnloses Getue nicht? Du weisst: Seit sie sogar auf mir gelandet sind.»
«Ja, ja, ja - zieh weiter, und lass die Menschen in Ruhe. Es reicht, wenn du sie in Vollmondnächten ein wenig neckst!»
«Und», fragt Corinne verzweifelt. «Soll ich mein erstes Lied nun wirklich hier in der Beiz vorsingen? Ohne instrumentale Begleitung? Wer gibt mir den Anfangston, wie stellt ihr euch das vor? - Ich kann nicht mehr!»
Verärgert und vor sich hin fluchend verlässt sie den Stammtisch in Richtung Toilette. Unbeirrt setzen Marc und Anna ihre Arbeit fort.
Sie überspringen Corinnes Part und Marc singt:
Sie joggen, sie biken, sie skaten, sie walken - man könnt meinen, sie wär'n auf der Flucht.
Time-out verpasst, dem Burnout entgegen.
«Hast du gesehen, Schwester Erde? Ist es nicht lächerlich, wie deine Menschen ständig umherhetzen und doch nie ans Ziel kommen? Ich glaube, die versuchen, vor ihrem eigenen Leben davonzurennen!»
«Lass sie doch, Bruder Mond. Was hast du immer an den Menschen herumzunörgeln? Ich gebe ja zu, dass mir ihr oberflächliches Turboleben auch manchmal auf den Wecker geht. Aber vielleicht haben sie diese Unruhe von uns: Ich drehe mich ja ständig um die eigene Achse, und du saust auf deiner Bahn immer um mich rum. Du kommst auch nie ans Ziel und fragst dich nicht, warum!»
Brillant! freut sich der Stammtisch. Genau diese ständige Unruhe nervt mich an den heutigen Menschen! Gespannt hört er den beiden weiter zu. Leider müssen Anna und Marc eine weitere Szene von Corinne mit Improvisieren überbrücken. Doch immerhin wird dem Stammtisch klar, dass es darin um die heutige Wohlstandsgesellschaft, um die so genannte Shopping Generation, wie Anna sie nennt, geht.
«Sie kaufen Dinge, die sie nicht brauchen, mit Geld, das sie nicht haben» singt und improvisiert Marc weiter.
Auch an dieser Stelle fehlt eine Corinne-Szene, doch Anna und Marc lassen sich dadurch nicht entmutigen und springen direkt zum nächsten Dialog:
«Hast du gehört, Schwester. Das kleine Menschenkind will nicht wie sein Opa ein VIP werden. Schade - ich finde VIPs cool. Sie eifern gewissermassen mir nach und geben vor, über der Sache zu stehen. Sie beeinflussen das gemeine Volk auf subtile Art. So ähnlich wie ich deine Menschlein, wie du vorhin so treffend formuliert hast, in Vollmondnächten .
Die VIPs sind heute so etwas wie die Adeligen früherer Zeiten. Ich würde sie als Kings des Kapitalismus bezeichnen.»
«Aber diese Pseudo-VIPs leben doch genausoweit am wirklichen Leben vorbei wie du - irgendwo in den Wolken», entgegnet ihm die Erde. «Das Leben ist doch kein Ponyhof! Die meisten der sogenannten Prominenten haben im Grunde genommen wenig bis nichts zu sagen. Sie sind erbärmliche Sklaven ihres Systems und versuchen sich mit allen Mitteln nach oben zu kämpfen.»
«Ja, genau. In ihrem System gibt es keinen andern Weg. Ich würde mich als Mensch jedenfalls auch so schnell wie möglich nach oben kämpfen, oder dann lieber in den Wolken leben, als irgendwo mitten drin oder gar zuunterst auszuharren und dahinzuvegetieren.
Aber du hast recht. Die ganze westliche Konsumwelt befindet sich in einer Sackgasse, aus der sie nicht mehr rausfindet. Doch schlimm finde ich nicht die VIPs selber, sondern die Millionen von Menschen, die das Wohlstandsleben der VIPs quasi auf ihren Schultern tragen und dadurch überhaupt erst ermöglichen.
Meinst du, ich würde solchen Unsinn mitmachen?
Mit der Doktrin: Nur dank Wirtschaftswachstum könne man sich Umweltschutz leisten, und ihr Ziel sei es doch nur, die Erde zu retten, versuchen sie ihr stieres Konsumleben zu rechtfertigen. Arme, kleine Menschen! Sie versuchen doch nur, ihren Wohlstand zu retten.
Egos, verdammte Egos! Auch du, Schwester wirst sie nicht mehr aufhalten können! Kürzlich hab ich sogar vom letzten VIP geträumt. So im Sinne von:
«Die Welt ist tot, er steht noch da, cool lächelnd vor der Kamera!»
«Endlich habe ich euch gefunden!» Mit diesen Worten platzt der Gemeindepräsident ins Geschehen. «Wo ist Corinne, mein Schätzchen? Ich bin so stolz, dass meine Tochter in eurem Musical die Hauptrolle spielt! Ja, das Theaterspielen liegt uns förmlich im Blut.
Schon mein Grossvater hat in der Liebhaberbühne Biel mitgespielt, und ich hatte eine wichtige Nebenrolle im Freilichtspiel des vorigen Jahres. - Na mein Engel, da bist du ja. Bist du nervös? Du weisst, das gehört dazu. Ich mache.»
«Papa, du störst!», unterbricht ihn Corinne, welche endlich...
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