Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Put on my raving shoes and I boarded a plane
Touched down in the land where the skies were blue
In the middle of the pouring rain
Everybody was happy, energy shining down on me
Yeah, I've got a first-class ticket
Been as good as a boy can be
I'm raving, I'm raving
I'm raving til' the sweat drops fall down off me
But do I really feel the way I feel?
Yeah
Come on
Wicked
Give it up now
Yeah1
Unter tropfenden Ästen tritt Daniel hervor auf die Lichtung und betrachtet die bunte Wiese. Die Partyzelte zittern im Wind, über ein schlaff gespanntes Netz bewerfen sich ein paar Jugendliche mit Schlamm, auf einer Tafel steht, dass das Beachvolleyball-Turnier abgesagt ist. Daniel zieht sich die Kapuze tiefer ins Gesicht.
Den Lacken ausweichend, geht er langsam an den Ständen entlang, durch die Planen dringen Salsa, Arbeiterlieder und Grillrauch an die feuchte Luft. Vor der Essensausgabe der Nicaragua-Brigaden bleibt Daniel stehen, in der Hosentasche dreht er drei Münzen zwischen den Fingern. Sein Blick fällt auf eine Heurigenbank, angebissene Empanadas schwimmen in einer aufgequollenen Pappschüssel. Sachte löst er sich aus der Schlange. Im Weitergehen zieht er sein Handy aus der Tasche, verzerrende Tropfen erscheinen am leeren Display. Er lässt es zurückgleiten. Er holt es wieder heraus, wischt mit dem nassen Ärmel darüber und scrollt durchs Programm. Der Gewerkschaftliche Linksblock lädt zur Podiumsdiskussion über den Zwölfstundentag, Rudi Burda tritt mit den 68er Rockern auf, in fünfzehn Minuten beginnen irgendwelche Lesungen. Daniel spürt, wie die Feuchtigkeit von den Rändern der Sohlen Richtung Zehen wandert, wie der dunkel gewordene Jeansstoff immer fester an seinen Oberschenkeln saugt und sich erst am Ende jeden Schrittes kurz von der kalten Haut löst. Eigentlich könnte er jetzt nach Hause gehen.
Am Weg zur Bühne legt er die sechs Euro auf den Tisch der Kubanischen Botschaft und bestellt einen Mojito. Ein stürmischer Windstoß greift ins Zelt, bunte Strohhalme und leere Plastikbecher überschlagen sich. Der Mann hinter der Bar befreit sich von einer heruntergerissenen Papiergirlande aus kubanischen Flaggen und versucht, die aus der Kassa wirbelnden Geldscheine einzufangen. Der Regen wird stärker. Immer mehr Leute strömen Richtung Autodrom, der einzig wetterfesten Überdachung auf dem Gelände. Den randvollen Becher an die Brust gepresst, versucht sich Daniel bei der Gesellschaft für dialektische Philosophie unterzustellen. Ein paar andere Leute, die die Lesung offenbar auch von hier aus mitverfolgen möchten, haben sich schon unter der Zeltplane versammelt, mit eingezogenem Kopf stellt er sich zu ihnen. Aus den nassen Lautsprechern singt Bob Dylan von der Windstille vor dem Hurrikan. Alle paar Sekunden fällt ein dicker Tropfen durch die undichte Plane auf Daniel herab. Mal auf den Scheitel, mal auf die Wimpern.
Ein Mann, gehüllt in einen blassroten Plastikfetzen, steigt auf die Bühne. When The Ship Comes In wird langsam leiser. Er tritt ans Mikrofon, macht bittere Witze übers Wetter und kündigt die erste Autorin an. Vereinzelter Applaus aus den umliegenden Zelten, die spiegelnden Heurigenbänke vor der Bühne bleiben leer. Klatschend zieht sich der Moderator zurück und nickt dabei einer Gestalt im Hintergrund zu. Eine Frau mit tief ins Gesicht gezogener Camouflagekappe erscheint im roten Scheinwerferlicht. Den Blick auf den Boden geheftet, nähert sie sich dem Lesetisch, in ihren Händen hält sie einen zerfledderten Stapel aus Mappen und Notizbüchern. Ohne auch nur einen Moment aufzusehen, setzt sie sich an den Tisch und beginnt in ihren Unterlagen zu kramen. Aus der Entfernung kann Daniel ihr Gesicht nicht genau sehen, meint aber erkennen zu können, wie ihrem Auftreten etwas Schreckhaftes, seltsam Argwöhnisches anhaftet. Nachdem sie übertrieben lange in einem Notizbuch geblättert hat, beginnt sie daraus zu lesen. Eigenwillige Liebesgedichte in einer Art Briefform. Viel Selbstzerstörung, viel Sehnsucht, viel Wahnsinn; und Daniel fragt sich, ob es diese Art von Text war, die der Veranstalter unter dem Motto Das linke Wort im Auge hatte. Während die Autorin von zersägten Körperteilen und lauen Sommernächten spricht, nippt Daniel an seinem warmen, viel zu starken Cocktail und beobachtet, wie ein junger Mann zwischen Antifaschistischer Aktion und Linkswende Schnüre in Seifenlauge taucht. Sobald er die getränkte Schlaufe mit weiten Bewegungen durch die Luft zieht, lassen die Regentropfen die entstehende Riesenseifenblase platzen. Die Wiese unter seinen nackten Füßen schillert in Regenbogenfarben, ein als Löwe geschminktes Kind beginnt zu weinen.
11. 9. 2018
I'm raving
Ich frage mich, welche Stimmung damals von dieser Musik ausging, welche Gefühle es waren, die da bei Volksschulkindern ausgelöst wurden. Vielleicht das Kennenlernen von Sehnsucht. Das hardcore Versprechen von einem geheimnisvollen Ort, die Ahnung einer Öffnung, eines Schlupflochs, durch das man in eine andere Welt fallen konnte. Treibende Beats und melancholische Computerstimmen, die von wonderlands und outer spaces erzählen, von Liebe und Freiheit, von magischen Nächten. Und vom Tanzen. Zum ersten Mal in klangliche Sphären kippen, zum ersten Mal eine Idee vom Wegspacen kriegen. Jausenbrote verschimmeln lassen und elektronische Musik entdecken.
Sie sitzen im Gastgarten des Clubs, obwohl es schon viel zu kalt dafür ist. Mit eingezogenen Köpfen werden quer über den Tisch Gespräche geführt. Irgendwer schuldet irgendjemandem etwas. Irgendwer war gestern dann eh auch nicht mehr irgendwo. Irgendwer redet über Muttertag und Downtempo. Daniels Aussetzer werden immer größer, beginnen langsam ineinander überzugehen. Manchmal ist er erstaunt darüber, wie lange sie von den anderen unbemerkt bleiben. Er trinkt den letzten Schluck Red Bull und verschwindet aufs Klo. Die Müdigkeit lässt sich schwerer verbergen - sein Spiegelbild erinnert ihn an Bud Spencer auf traurig: Die verschwollenen Augen haben sich seit dem Aufstehen nicht merklich geöffnet, auch das Neonlicht und die Hände voll kaltem Wasser können die Schlitze nicht aufbrechen. Er greift nach einem Papierhandtuch, seine Finger tappen in die leere Öffnung des Metallkastens. Er sieht sich um, zieht das schwarze Joy-Division-Shirt über den weißen Bauch und trocknet sich damit das Gesicht ab. Von außen betrachtet, ist das hier vielleicht OK. Leider bin ich nicht von außen, steht mit verblasstem Edding auf dem Handtuchspender.
Daniel betritt das Zimmer, das einmal seines war und nun zu einem öffentlichen Bücherschrank umgewidmet worden ist. Seine Mutter hat alle Wände mit Regalen zugeschraubt, sie sind so tief, dass in der Mitte des Raumes nur etwa ein halber Quadratmeter zum Stehen übrig ist. Wenn Daniel in sein ehemaliges Zimmer gehen möchte, kommt er nicht mehr weit - sobald er es betritt, wird er von allen Seiten von Büchern umzingelt. Auch quer über die Fenster wurden tiefe Regalbretter montiert, kein Tageslicht dringt mehr herein. Er steht vor den künstlich beleuchteten Buchrücken und liest Titel wie: Wunderwaffe Kefir - Mit dem Pilz gegen das Borderline Syndrom. Oder: Der Efeu - Schmarotzer oder Freund fürs Leben? Oder: Mein schwarzer Hund - Wie ich meine Depression an die Leine legte. Niemand weiß von dem öffentlichen Bücherschrank, noch nie waren andere Menschen in der Wohnung.
Man gibt immer den Verhältnissen die Schuld für das, was man ist. Ich glaube nicht an die Verhältnisse. Diejenigen, die in der Welt vorankommen, gehen hin und suchen sich die Verhältnisse, die sie wollen, und wenn sie sie nicht finden können, schaffen sie sie selbst.
Als Daniel die Website des Team 4 öffnet, fragt er sich, ob es sein zukünftiger Betreuer war, der das Zitat von George Bernard Shaw für die Startseite ausgewählt hat. Die Website des Arbeitsmarktservice, auf der er sich regelmäßig einloggen muss, gibt sich da minimalistischer: #weiter, steht fett und rot auf der Startseite.
»Herr Bieleski. Sie sind Künstler. Ich werde Ihnen sicher keine Arbeit finden«, sagte sein Betreuer beim letzten Termin. »Schauma mal, ob ich Sie bei den Kollegen vom Team 4 zubuchen kann. Wenn die Sie nehmen, werns dort sicher...
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