Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Geld bestimmt unser Leben – doch was ist es? Woher kommt es, wie wird sein Wert festgelegt, und welche Rolle spielen Zentralbanken? Diese Fragen sind heute umstritten, doch die Antworten liegen oft in der Vergangenheit.
Dieses Buch verfolgt die Entwicklung geldtheoretischer Ansätze im historischen Kontext und zeigt, wie sich wirtschaftliche Veränderungen auf unser Verständnis von Geld auswirkten. Statt einer rein ideengeschichtlichen Betrachtung verbindet es die Theorien mit wirtschaftshistorischen Entwicklungen - von den ersten Geldformen in antiken Gesellschaften bis zu modernen geldpolitischen Debatten.
Mit klarer Analyse und fundiertem Wissen hilft dieses Werk, die komplexen Zusammenhänge der Geldtheorie zu durchdringen. Dabei wird deutlich: Viele aktuelle Fragen sind keineswegs neu – ihre Wurzeln reichen weit zurück.
Dr. sc. Klaus Müller war ordentlicher Professor für Politische Ökonomie an der TU Chemnitz. Später Honorardozent für Volkswirtschaftslehre an der Staatlichen Studienakademie Glauchau und für externes und internes Rechnungswesen an der TU Chemnitz. Seine Forschungsschwerpunkte sind Geldtheorie und Geldpolitik, Geschichte des Geldes, Beschäftigungs- und Verteilungstheorien, Geschichte ökonomischer Lehrmeinungen. Klaus Müller hat über 500 Veröffentlichungen, darunter mehrere Bücher.
Die Meinungen gehen auseinander. Die Beschäftigung mit Vergangenem ist historischer Ballast für die einen, angesichts der vielen unterschiedlichen aktuellen Auffassungen überflüssig wie das Körnchen Sand am Strand. Sie ist für andere zwar erhellend, aber belanglos - weshalb sich ausführlich erinnern an verstaubte Thesen toter Männer und Frauen? Zumal das Wesentliche der alten Theorien ohnehin eingeflossen sei in moderne Theorien, wie George Stigler (1911-1991) sagt (Stigler 1969: 217-230) und nach Mark Blaug (1927-2011) ältere Theorien danach beurteilt werden müssten, inwieweit sie sich gegenüber neueren behaupten können. (Blaug 1971: 23, 349) Doch gibt es mindestens einen Grund, sich zu beschäftigen mit Vergangenem: Im 21. Jahrhundert verschwindet das Bargeld nach und nach und macht neuen unsichtbaren Formen des Geldes Platz. Die Änderungen regen dazu an, über die alten Fragen neu nachzudenken. Was ist das Geld? Wie ist es entstanden? Wie ist der Zusammenhang seiner Formen? Ist, was die "Alten" dazu gesagt haben, heute noch brauchbar?
Der Autor sieht die ökonomische Theoriengeschichte eingeordnet in den zeit- und sozialhistorischen Kontext. Das Heute ist das gewordene Gestern und das werdende Morgen. Alles fließt, immerzu. Zustände, Materielles und Ideelles zu begreifen, bedingt, zu wissen, wie und unter welchen Bedingungen es entstand. Um das Heutige zu verstehen, kann es hilfreich sein, zurückzugehen zu den Wurzeln des Existierenden und zu den Gründen des sich Geänderten und des sich Ändernden. Die Geschichte der Geldtheorie ist wie alle Geschichte kein Selbstzweck; sie leistet einen Beitrag, das Gewordene - die heutige Geldpraxis und geldtheoretischen Auffassungen - zu verstehen. Das schließt ein, frühere Fehler zu vermeiden. Seit der Antike beschäftigen sich Autoren mit den gleichen Grundfragen der Philosophie und der Ökonomik. Bis heute beantworten sie sie unterschiedlich und regen so immer wieder an, über sie nachzudenken. Die Geschichte der Theorien ist Teil der Theorie selbst. Sie analysiert die Theorie aus der Sicht ihres Werdens, aus historischer Perspektive. Die Geschichte der Geldtheorie ist beides: Sie ist Geschichte und sie ist Theorie.
Die Theoriengeschichte generell, auch die des Geldes, kann keine reine Ideengeschichte sein, obgleich Ideen eigenen Bewegungsgesetzen gehorchen. Sie werden im Disput gewonnen, präzisiert, korrigiert, ergänzt, bestätigt und verworfen. Ideen und Bedürfnisse, die geistigen Interessen, Talente, Ansichten und Temperamente von Persönlichkeiten sollten aber stets in Verbindung mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Problemen der jeweiligen Zeit betrachtet werden. Der Gefahr, heutige Ideen in frühere Gedankenwelten hineinzulesen, um sie durch den Verweis auf die scheinbar vornehme historische Herkunft zu adeln, kann durch eine konkret-historische Analyse der alten Auffassungen begegnet werden. Eine solche darf ökonomische Auffassungen der Vergangenheit nicht wegen ihrer historischen Beschränktheit verwerfen, sie muss helfen, ihre zeitbedingte Berechtigung zu verstehen. (Lehmann et al. 1977: XXI) Die Theoriengeschichte unterliegt keinesfalls der Logik zunehmender Erkenntnis. Das ist ein Ergebnis auch der historischen Analyse der Geldtheorien, das hier vorweggenommen werden soll. Sie hilft aber, historische Problemlagen zu verstehen und bietet, gleichgültig, ob Aussagen richtig oder falsch beurteilt werden müssen, Anregungen für aktuelle Fragenstellungen.
Vornehmlich personenfokussierte dogmengeschichtliche Abhandlungen und biografische Lobgesänge auf die verblichenen Helden der schreibenden Ökonomenzunft mögen aufschlussreich sein. Aber die Theoriengeschichte lässt sich nicht auf sie reduzieren. Sie muss geldtheoretische Fragen und Antworten einbinden in den jeweiligen zeitgeschichtlichen Zusammenhang. Die Geschichte der Geldtheorie reflektiert die Geschichte des Geldes und die Geschichte des Geldes wurzelt in der Entwicklung der Produktion, der Produktivkräfte und der Produktionsverhältnisse. Sie widerspiegelt die soziale Gliederung der Gesellschaft in Klassen, Stände, Schichten und Gruppen, die Widersprüche und den Kampf zwischen ihnen. "Die letzten Ursachen aller gesellschaftlichen Veränderungen", sagt Friedrich Engels, sind "zu suchen nicht in den Köpfen der Menschen [.], sondern in Veränderungen der Produktions- und Austauschweise; sie sind zu suchen [.] in der Ökonomie der betreffenden Epoche" (Engels 1962: 248?f - MEW 20). Zu bedenken dabei ist, dass die Produktions- und Austauschweisen, die gesellschaftlichen Systeme und Ordnungen, auf menschliches Verhalten und menschliche Entscheidungen zurückgehen. Sie unabhängig vom menschlichen Tun begreifen zu wollen, vereinfacht den Zusammenhang zwischen dem Menschen und den Wirkungen seines Tuns. Das heißt nicht, dass das Gewordene stets das gewollte Resultat bewussten Handelns ist. Der Zweck menschlichen Verhaltens ist oft ein anderer als dessen Wirkung. Die als Emergenz bezeichnete Erscheinung ökonomischer Systeme wird erstaunlicherweise nur in wenigen Lehrbüchern thematisiert. (vgl. dazu Müller 2020: 22?f)
Die Geschichte der Theorien kann nützlich sein als ein integraler Teil der notwendigen Analyse moderner Probleme und helfen, neuere Modelle kritisch zu würdigen. Das sollte wiederum nicht dazu führen, alte Theorien allein danach zu beurteilen, was und wie sie zum gegenwärtigen Denken beitragen und den aktuellen Mainstream stützen oder seine Thesen infrage stellen. Der sozial- und wirtschaftshistorische Hintergrund, der Zusammenhang zur sozialen und wirtschaftlichen Praxis der jeweiligen Zeit bilden Maß und Kriterium, sie zu verstehen und zu bewerten. Das ist das Credo einer Theoriengeschichtsschreibung, die zeigen will, wie sich die Beziehungen, die Menschen eingehen bei der Produktion, dem Tausch und der Verteilung der materiellen Güter, in ihren Köpfen widerspiegeln und sich niederschlagen in Kategorien, Begriffen, Anschauungen und Theorien. (Behrens 1981: 16?f; Meißner 1985: 9-13)
Das Problem ist, ob die ökonomische Wissenschaft wertfrei sein kann, wie Max Weber und Werner Sombart forderten oder annahmen. Die Struktur der gesellschaftlichen Realität steht der Wertfreiheit entgegen. Die Gesellschaft lebt und entwickelt sich durch Widersprüche. Sie sind Ursache, Quelle und Triebkraft aller Bewegung und Änderung. Die Einheit und der Kampf der Gegensätze dominieren auch die Ökonomie. Kapitalisten - Arbeiter, Kapitalisten - einfache Warenproduzenten, Monopolkapitalisten - Nichtmonopolisten, Produzenten - Konsumenten, Verkäufer - Käufer, Gläubiger - Schuldner, Angebot - Nachfrage, Kontinuität - Diskontinuität, Gleichgewicht - Ungleichgewicht, Produktion - Verteilung -, das alles sind Gegensätze, die zusammengehören und sich gegenseitig voraussetzen. Sie bilden eine Einheit, ein zusammengehöriges Ganzes. Doch sind sie eine widersprüchliche Einheit. Streit und Konflikte sind das Bestimmende zwischen ihnen. Kapitalisten wollen, dass die Arbeiter lange arbeiten, wollen ihren Beschäftigten wenig Urlaub gewähren, sie mit niedrigen Löhnen und geringen Sozialleistungen abfinden. Arbeiter kämpfen um das Gegenteil. Ohne Arbeiter keine Kapitalisten und umgekehrt. Gläubiger möchten hohe, Schuldner niedrige Zinsen; Verkäufer hohe, Käufer niedrige Preise. Ohne Gläubiger keine Schuldner, ohne Verkäufer keine Käufer. Ohne Produktion keine Konsumtion, ohne Konsumtion keine Produktion. Der griechische vorsokratische Philosoph Heraklit (um 520-um 460 v. u. Z.) sagt, dass der Kampf und die Einheit der Gegensätze den Weltprozess, das Werden vorantreibe: "Man muss wissen, dass der Kampf das Gemeinsame ist und das Recht der Streit, und dass alles Geschehen vermittels des Streits und der Notwendigkeit erfolgt." (zit. bei Seidel 1982: 75)
Die ökonomische Wissenschaft ist parteilich, auch wenn sie vorgibt, es nicht zu sein. Sie schlägt sich auf eine Seite der wirtschaftlichen Kontrahenten, ob bewusst oder unbewusst, gewollt oder ungewollt, subjektiv ehrlich oder nicht. Selbst wenn der Ökonom in ehrlicher Absicht seinen Gegenstand unvoreingenommen, unparteiisch untersucht und seine Untersuchungen nicht ausrichtet an einem vorgegebenen Ziel, befriedigen die Ergebnisse seines Nachdenkens und Forschens in unterschiedlicher Weise die Interessen von Menschen und Menschengruppen, manchmal mehr die der Unternehmer, manchmal mehr die der abhängig Arbeitenden. Wer die Inflation positiv sieht, steht an der Seite der Schuldner, wer sich Deflation wünscht, auf der der Gläubiger. Marxistische Autoren versuchen die ökomisch-theoretischen Anschauungen aus den Lebensverhältnissen der Menschen, v.?a. aus den Klassenverhältnissen und den Klassenauseinandersetzungen abzuleiten. Andere fragen nicht nach dem Klassencharakter der ökonomischen Theorie und haben den Zusammenhang zwischen der Theoriebildung und der wirtschaftlichen Praxis "zumeist sträflich vernachlässigt", sagt Toni Pierenkemper, der für einen komplexeren Ansatz ist, "in dem sowohl die realgeschichtlichen Probleme der jeweiligen Epochen als auch der zeitgenössische geistesgeschichtliche Hintergrund mit reflektiert wird". (Pierenkemper 2012: 10) Die Theoriengeschichte ist keine bloße Abfolge ökonomischer Ideen und Lehrmeinungen. Sie kann aber auch nicht so tun, als ob allein die Zeit und ihre Umstände reichten, um zu verstehen, welche Fragen gestellt und welche Antworten auf sie gegeben wurden. Intelligenz, Weitsicht, Originalität und Geisteskraft großer Denker waren erforderlich, die...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.