Schweitzer Fachinformationen
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Frühgeburtlichkeit - Risiken und Chancen
Je früher ein Kind geboren wird, desto näher befindet es sich noch in seinem körperlichen Wachstum (Reife), seiner Erlebens- und Fähigkeitsentwicklung dem Zustand der Vorgeburtlichkeit, dem pränatalen Zustand. Welches Kind ist ein zu früh geborenes?
Zur Berechnung des Geburtstermines eines Kindes werden vom vermutlichen Zeitpunkt der Befruchtung an 40 Schwangerschaftswochen zugrunde gelegt. Als zu früh geboren bezeichnet man diejenigen Kinder, die vor vollendeten 37 Schwangerschaftswochen lebend geboren werden. Folgende Reifegrade werden unterschieden: Extrem früh Frühgeborene mit weniger als 28 SSW, sehr frühe Frühgeborene bis zur 31. SSW und Frühgeborene ab der 32. bis zur vollendeten 36. SSW. Umstände, die zur Frühgeburt führen, können mannigfaltig sein und sind zu trennen in Ursachen vonseiten der Mutter und vonseiten des Kindes:
I.Mütterlicherseits:
Allgemeinkrankheiten, z. B.
■Infektionen
■Gestose (krankhafte Schwangerschaftsstörungen, die meist mit erhöhtem Blutdruck einhergehen)
■Anämie (zu wenig rote Blutkörperchen)
■Herzerkrankungen
■Lungenerkrankungen
■Diabetes (Zuckerkrankheit)
■Hyperthyreose (Überfunktion der Schilddrüse)
■das Hellp-Syndrom (haemolysis, elevated liver functiontest, low plated counts)
Psychosoziale Belastungen, z. B.
■Stress
■schwere Arbeit
■alleinstehend
■Nikotinmissbrauch
■Alkoholmissbrauch
■sonstiger Drogenmissbrauch (eingeschlossen Medikamente)
■Unterernährung der Mutter
Anomalien und Erkrankungen der Gebärorgane, z. B.
■Uterus myomatosus (gutartige Geschwulstbildungen in der Gebärmutter)
■Uterus bicornis (Fehlbildungen der Gebärmutter)
■Placenta praevia (Mutterkuchen sitzt vor Uterusausgang)
■Zervixinsuffizienz (Schwäche des Gebärmuttermundes)
■vorzeitiger Blasensprung
Mehrlingsschwangerschaft
Alter der Mutter
■unter 16 Jahre
■über 35 Jahre
II.Kindlicherseits:
Infektionen
Fehlbildungen aller Art, insbesondere in Verbindung mit einem Poly- hydramnion (zu viel Fruchtwasser)
Rh-Inkompatibilität
Nabelschnurstörungen
Alle genannten möglichen Ursachen können Indikationen für den Geburtshelfer sein, die Entbindung vorzeitig einzuleiten. Die unverhoffte Frühgeburt meist unklarer Ursache betrifft etwa 4 % aller Geburten. Versehentlich kommen zu frühe Geburtseinleitungen durch falsche Terminberechnungen vor.
Kann und sollte eine Frühgeburt verhindert werden?
In Deutschland werden z. Z. jährlich etwa 70 000 Kinder zu früh geboren. Je rascher, z. B. mit Antibiotika, Kind und Mutter behandelt werden können, desto geringer ist die Gefahr, dass das Ungeborene Schaden nehmen könnte. Droht eine Sepsis, muss so früh wie möglich und nötig der Kaiserschnitt vollzogen werden. Noch bedrohlicher wird ein plötzlich auftretendes HELLP-Syndrom (HELLP steht für Haemolysis, Elevated Liver enzyme levels, Low Plated count: Zerfall des Blutes, Anstieg der Leberwerte, Abfall der Thrombozyten). Nur die rasche Operation kann den Tod der Mutter verhindern.
J. W. ist ein Mädchen, geboren in der 23. SSW per Kaiserschnitt mit einem Geburtsgewicht von 490 Gramm. Sie ist das zweite Kind der Familie. Das erste Kind war eine Totgeburt bei sich entwickelndem HELLP-Syndrom der Mutter. Zu rasch folgte die erneute Schwangerschaft mit J., sodass es in der 23. SSW wiederum zu schwersten Zeichen eines HELLP-Syndroms kam und dazu auch noch rasant verlaufend als Trias. Eine Massenblutung konnte gerade noch verhindert, das Leben der Mutter gerettet werden. Sehr lange dauerten Heilungs- und Erholungsprozess (s. a. Frühgeborene mit Mehrfachbehinderungen).
In Heidelberg wurden Erfahrungsberichte von Schwangeren gesammelt, die, zur Vermeidung der Frühgeburt, einige Wochen in Ruhe liegend in der Frauenklinik verbringen mussten. Ihre persönliche Einstellung, mitbewirkt durch einfühlsame und aufklärende Gespräche mit Ärzten und Schwestern, dem Partner und der Familie, half ihnen oftmals, die Schwangerschaft noch um einige Wochen, manchmal leider auch nur um wenige Tage, zu verlängern. Aber was ist mit all den Frauen, denen es nicht so gut geht, einen liebevollen Partner, eine stützende Familie zu haben? All den Männern und Frauen, die kämpfen müssen, sich von der Sucht nach Nikotin, Alkohol, Medikamenten und Drogen zu befreien? Dann wird unverzüglich die Hilfe durch Experten notwendig, um z.B. ein Fetales Alkoholsyndrom (FAS) zu vermeiden oder gering zu halten, beispielsweise im FAS-Zentrum der Charité Berlin unter der Leitung von Dr. med. Hans-Ludwig Spohr. Hervorragende Erweiterung hat stattgefunden für Sozialpädiatrische Zentren; eine Form interdisziplinärer ambulanter systemischer Begleitung. Seit 2021 gibt es in Deutschland 161 Institute.
Merkmale von Frühgeborenen
Wenngleich ein allgemeiner Rückgang der Frühgeburtlichkeit zu beobachten ist, so ist dennoch deutlich mit einer erheblichen Zunahme der sehr unreifen Frühgeborenen zu rechnen, also jenen Kindern, die vor der vollendeten 28. Schwangerschaftswoche lebend geboren werden. Wenn das Gestationsalter (Alter in Schwangerschaftswochen) des Frühgeborenen nicht bekannt ist, wird der Reifegrad nach der Geburt, z. B. mit dem neuen Ballard-Test oder dem Test von Dubowitz-Farr, durch Ermittlung von äußeren, körperlichen Merkmalen und durch Bestimmung der neuromuskulären Reife geschätzt. Deutlich unterscheidet sich das Frühgeborene von reifgeborenen Kindern:
■Frühgeborene sind kleiner und leichter. Jedoch scheint es so, als würden derzeit Frühgeborene mit höheren Geburtsgewichten in den jeweiligen Schwangerschaftswochen geboren.
■Fettpölsterchen fehlen.
■Die Haut ist durchsichtig und leicht gerötet und gewährt fast Einblick in den kleinen Körper.
■Finger- und Zehennägel haben die Kuppen noch nicht ganz erreicht.
■Der Körper kann mit feinen, wolligen Haaren (Lanugo) bedeckt sein.
■Manchmal fehlen die Augenbrauen.
■Unregelmäßiges Atmen kann auftreten.
■Die Körpertemperatur kann schwanken.
■Eine kräftige Faust mit eingeschlagenem Daumen kann an den Händen zu sehen sein.
■Suchen mit dem Mund, Saugen und Schlucken sind schwächer ausgebildet und können Schwierigkeiten bereiten.
■Beim Schreien werden Bewegungen streckender, eckiger.
■Greifende Bewegungen und Saugbewegungen sind bei sehr unreifen Frühgeborenen aneinander gekoppelt.
■Koordinierte Mund-Hand-, Mund-Daumen-, Ohr-Kopf-Bewegungen sind gut zu beobachten.
■Frühgeborene haben einen rhythmischen Wechsel von Ruhe und Aktivität.
■Eine geglättete Stirn zeigt Ruhe und Wohlbehagen an.
■Steil aufgestellte Stirnfalten drücken Unmut aus. Frühgeborene sind häufig berührungs-, licht- und lärmempfindlich.
■Sie zeigen Differenzierungen zu Geschmack, Druck und Schmerz an.
■Charakteristische Bewegungsmuster von Frühgeborenen:
Kleine feine Bewegungen
-Koordinierte Saug- und Atembewegungen
-Kopfbewegungen (Kopf-Ohr-Koordination)
-Räkeln
-Gähnen
-Mund-Hand-Koordination
Große Bewegungen
-Arm- und Beinbewegungen in Beugehaltung
-Kleine Ausladungen
-Schreitbewegungen
-Seltener auch Rumpfbewegungen
■Charakteristik der Spontanmotorik (nach Hadders-Algra):
1. Lebenswochen writhing-movements tight writhing (kleine Ausladungen...
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