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36. So viele Akkreditierungen beantragt Tennisprofi Rafael Nadal 2016 bei den US Open. Für sich und sein Team. In manchen Meldungen ist die Rede von 35, auch mal von 38 Anträgen. Die einzige Zahl, die der US-Tennisverband nicht dementiert ist hingegen jene 36. Die Boxen auf dem Center-Court der Anlage, dem Arthur-Ashe-Stadion, bieten gerade einmal 16 Gästen gleichzeitig Platz. Die Nadal-Entourage hätte also Schnick-Schnack-Schnuck um einen Stuhl im größten reinen Tennisstadion der Welt spielen müssen. Wie sich die spanische 36-Teilnehmer-Reisegruppe zusammensetzt? Zunächst mal ist da die Familie Nadal, klar. Vater Sebastián und Mutter Anna María sitzen trotz ihrer Trennung oft in der Box ihres Sohnes, genau wie Schwester María Isabel. Und Nadals damalige Freundin und heutige Ehefrau Xisca - auch klar. Nebst seinen Schwiegereltern. Auch noch vorstellbar. Aber sonst? Es ist einige Fantasie gefragt, um auf 36 Personen zu kommen. Wahrscheinlich weiß Nadal heute selber nicht mehr, für wen er im Herbst 2016 eine Anfrage an die Veranstalter unterschrieben hat. Dennoch steht diese Anekdote sinnbildlich für eine neue Generation von Supersportlern. Für Athleten, die sich für den maximalen Erfolg ein Umfeld aus unterschiedlichen Experten schaffen, die sie auf Schritt und Tritt begleiten. Oder jederzeit für sie abrufbar sind.
Damals ist an der Seite des 19-fachen Grand-Slam-Siegers Nadal noch sein Onkel Toni als Hauptcoach unterwegs. Wenig später nimmt Ex-Profi Carlos Moyá dessen Platz ein. Auch Nadals Agent Carlos Costa gehört zu den treuen Begleitern, ebenso wie eine feste Ernährungsberaterin und ein Physiotherapeut. Ein Aufgebot, dessen Mission darin besteht, die bestmögliche Leistung aus dem Linkshänder herauszukitzeln. Sie sind die Starmacher von Rafael Nadal, und sie müssen ihr eigenes Leben komplett den Bedürfnissen ihres anspruchsvollen Arbeitgebers unterordnen. Schließlich gehören sie in ihrem Genre selber oft zu den besten der Welt. Aber nur mit den Besten der Besten in seiner Box kann ein Rafael Nadal über inzwischen fast zwanzig Jahre herausragende Leistungen abrufen. Die große Leistungsdichte gewährt einem Profi nur dann Vorteile, wenn er sich in Mini-Schritten, in kleinen Prozentpunkten von der Konkurrenz abhebt. Das ist in allen Sportarten so, nicht nur im Tennis. Und eben deswegen verschmilzt der Profisport immer mehr mit der Wissenschaft. So äußert der ehemalige Weltklasse-Keeper Andreas Köpke bereits 2013: »Diese Kombination aus Wissenschaft und Sport ist genau der Ansatzpunkt, der immer wichtiger wird. Die Leistungsdichte im Profisport und vor allem im Fußball ist so hoch, dass die Unterschiede in der Trainingsqualität vor allem im Detail liegen und hier kann die Sportwissenschaft den entscheidenden Vorteil bieten.« Der Europameister von 1996 gehört als Torwart-Trainer der Nationalmannschaft selbst zu einer Berufsgattung, an die man sich erst einmal gewöhnen musste. Heute ist ein Extra-Trainer für Torhüter Standard. Im Fußball genauso wie im Handball oder Eishockey. Starmacher, die nicht mehr als neumodische Spinnerei in den Köpfen abgespeichert sind. Das ist nicht immer der Fall. So manche Spezialisierung wird auch heute noch mit Hohn und Spott überzogen.
Diese Erfahrung musste Thomas Gronnemark (siehe Kapitel elf) im Fußballgeschäft machen. Der Däne arbeitet als Einwurftrainer für große europäische Clubs. In seiner Heimat ließ er mit Erfolgen bei einigen Erstligisten aufhorchen, zum Beispiel beim »Moneyball«-Club FC Midtjylland. Über die Grenzen Dänemarks hinweg gelang ihm der Durchbruch beim englischen Traditionsverein FC Liverpool. Allerdings wehte ihm dort zu Beginn ein kalter britischer Wind ins Gesicht. Viele Beobachter zweifelten an der Notwendigkeit eines Einwurftrainers im Fußball. Die Ablehnung hat Gronnemark getroffen, von seinem Weg hat sich der ehemalige Leichtathlet und Bobfahrer dennoch nicht abbringen lassen. Heute, so sagt er, könne er auch den FC Bayern noch den entscheidenden Tick besser machen.
Doch das Team um einen Sportler oder eine Mannschaft ist kein Selbstzweck. Jeder Impuls muss den aktuellen Bedürfnissen des Protagonisten entsprechen. Diese können sehr unterschiedlich ausfallen.
Am klarsten scheint der Nutzen für professionelle Athleten, wenn sich Mediziner um sie kümmern. Der Sportler ist verletzt. Seine Lebensgrundlage stark gefährdet. Die logische Konsequenz: Der Außer-Gefecht-Gesetzte will so schnell wie möglich wieder gesund und fit sein. Im Fußball erleidet jeder Profi in einer Saison durchschnittlich zweieinhalb Verletzungen. Immer mit der Hoffnung - oder dem Druck - zu alter Stärke zurückzufinden. Nach diesem Kriterium sucht sich der Sportler a. D. einen Arzt seines Vertrauens. Leider nicht selten nach einem Kreuzbandriss. Dass Geschwindigkeit allerdings nur eine Seite der Medaille ist, erklärt Professor Christian Fink (siehe Kapitel eins). Der Innsbrucker ist zum gefragtesten Knie-Chirurgen der Welt aufgestiegen. Er hat unter anderen die heikle Knie-Operation beim neuen Bayern-Star Leroy Sané im Sommer 2019 durchgeführt. Unter strenger Beobachtung. Auch Sanés Kollegen aus der Bayern-Abwehr Niklas Süle und Luca Hernández konnte Fink erfolgreich behandeln.
Fink hat Methoden entwickelt, die dem Kreuzbandriss den Schrecken vergangener Tage nehmen. Es ist nicht lange her, da ging diese Verletzung mit dem Karriereende einher. Vorbei. Starmachern wie Christian Fink sei Dank. Einige Monate ist der kreuzbandgeplagte Profi heute dennoch außen vor. Ausreichend Zeit für die Suche nach Alternativen. Und die Sportler werden fündig.
Längst hat sich um die Prominenz in kurzen Hosen eine Industrie der »Wunderheiler« etabliert. So würden sie sich niemals selbst nennen. Nichtsdestotrotz versprechen sie den Verletzten nichts anderes als Wunder. Gemessen an der traditionellen Ausfallzeit der Schulmedizin. Am klügsten hat dieses Geschäftsprinzip Mohamed Khalifa (siehe Kapitel vierzehn) aus Salzburg entwickelt. Bei dem gebürtigen Ägypter, der sich so gut wie nie öffentlich zeigt, mischt sich osteopathisches Geschick mit dem Versprechen von Heilung innerhalb weniger Stunden. Oft gar innerhalb von Minuten. Sein Spezialgebiet sind Kreuzbandrisse, wobei der Wahl-Salzburger verspricht, ohne Operation jeden Kreuzbandriss von gut trainierten Sportlern zu heilen. Bei ihm in der Praxis geht die internationale Sportelite seit Jahren ein und aus. Vertrauen diese Persönlichkeiten einem Scharlatan? Seit Kurzem befindet sich Khalifa im Ruhestand. Offiziell. Im Hintergrund heilt er allerdings weiter an seinem eigenen Mythos.
Zu den Klienten von Khalifa zählte auch Boris Becker. Doch selbst der »Wunderheiler« konnte nicht verhindern, dass der jüngste Wimbledon-Sieger aller Zeiten 1999 zurücktreten musste. Beckers Körper machte nicht mehr mit, gezeichnet von all den Jahren auf allerhöchstem Niveau. Mit gerade einmal 31. Heute sind Sportler wie Beckers Tenniskollege Roger Federer, Football-Superstar Tom Brady oder Skirennläufer Aksel Lund Svindal bis weit in die Dreißiger - und sogar darüber hinaus (Brady) - in der Lage, zwanzig Jahre jüngere Kontrahenten in die Schranken zu weisen. Schon wieder ein Wunder? Nein. Weil die älteren Herren über Jahrzehnte penibel auf ihre Körper achten oder Experten engagieren, die das für sie erledigen. Als Boris Becker den Weltranglistenersten Novak Djokovic trainierte, staunt er über den großen Betreuer-Stab seines neuen Schützlings: »Bei uns gab es damals einen Teller Nudeln und eine Massage. Das ging auch«, merkte Becker an. Doch der Deutsche war auch nicht ohne Grund gezwungen, seine Karriere mit 31 Jahren zu beenden. Er bezahlt einen hohen Preis für seine Nudeln-Massage-Regeneration. Bis heute. Der 53-Jährige eilt von Operation zu Operation, und Krücken sind dabei seine zuverlässigsten Begleiter. Djokovic hingegen wird noch mit 40 Jahren um die großen Pokale mitspielen können. Davon ist sein ehemaliger Berater und Fitnesstrainer überzeugt. Kaum jemand kennt den Athleten Djokovic besser als Gebhard Gritsch (siehe Kapitel vier). Zehn Jahre reiste er mit dem »Djoker« 40 Wochen im Jahr von Turnier zu Turnier. Gritsch setzte die fehlenden Puzzleteile zusammen und formte aus Djokovic einen Weltsportler.
Will man etwas über die Evolution des Sports erfahren, muss man nach Donaustauf reisen. Hier lebt und arbeitet Klaus Eder (siehe Kapitel sechs). Seine Hände haben Generationen von Profis geknetet. Der Physiotherapeut hat als Betreuer der deutschen Fußballnationalmannschaft sieben Weltmeisterschaften vor Ort miterlebt. Bei der WM 1990 in Italien qualmte er zusammen mit einigen Nationalspielern gemütlich ein paar Zigaretten. So dass sein Vorrat schnell aufgeraucht war. Die gute alte Zeit? Nicht nur. Heute erkennt er unter den Fußballern Manieren, die er bei den glorifizierten Helden von einst vermisst hat. Auch nach einem erfüllten Berufsleben brennt in Eder noch die Leidenschaft...
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