Schweitzer Fachinformationen
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»Bist du sicher, dass du noch eines deiner schmutzigen kleinen Bücher veröffentlichen willst?« Ich schaute über die Schulter zu meinen beiden besten Freundinnen, die auf dem frisch bezogenen Bett saßen und sich die Nägel lackierten.
Die brennende Julisonne erhellte das stickige Zimmer und brachte Ramonas dunkelrotes Haar und ihre olivfarbene Haut zum Leuchten. Wie zur Bestätigung drückte ich auf Senden und reichte damit offiziell das Manuskript bei meiner Lektorin ein.
Kaum war ich einen Tag wieder in England, zogen sie mich auf, als ob ich nie weg gewesen wäre, die Euphorie und die Tränen von heute Morgen über meine späte Rückkehr schon längst vergessen.
»Es ist für einen guten Zweck«, antwortete ich achselzuckend und stand vom Schreibtisch auf, um das Notizbuch und die Stifte wegzulegen. Ich konnte nicht klar denken, wenn es um mich herum unordentlich war, und im Moment brauchte ich einen kühlen Kopf, denn ich hatte bei meinem letzten Gespräch mit meinem Vater herausgehört, dass wir einen ganz besonderen Gast erwarten würden.
Nikolai Hale. Ja, der Nikolai Hale. Der Mann, der meine Gedanken seit Jahren heimsuchte. Er war Dads bester Freund und der heimliche Star in meiner letzten Buchreihe. Als mein Vater Nikolai zum ersten Mal erwähnt hatte, war ich sofort fasziniert gewesen. Alleine die Art, wie er von ihrer gemeinsamen Jugend, Nikolais Intelligenz und von seinen Ambitionen als Geschäftsmann geschwärmt hatte, ließ ein Bild in meinem Kopf entstehen, das mich seitdem verfolgte. Wie eine Verrückte hatte ich unzählige Nächte damit verbracht, Pressefotos von Nikolai anzuglotzen und nach Interviews zu recherchieren. Es gab auch hier und da vereinzelt Artikel, die immer wieder seine frühere, kurzlebige Beziehung zu einem New Yorker Model durchkauten, aber die meisten Publikationen handelten von seinem äußerst erfolgreichen Business. Es war die Art, wie er sich gab, wie er sprach - selbstbewusst, kontrolliert. Ein Mann, der wusste, was er wollte, und es sich nahm. Ich stellte mir vor, wie er wohl in echt sein würde. Sicherlich ein Gentleman, charmant und witzig, wobei seine Milliarden nicht von seiner außergewöhnlichen Schönheit ablenken würden. Tiefschwarzes Haar, die Augen goldbraun wie Whiskey und ein Körperbau, der von Stunden im Gym zeugte. Es war offiziell um mich geschehen gewesen. Sein Vermögen hatte er durch sein Alkoholimperium, das stetig expandierte, angehäuft. Ziemlich beeindruckend, auch wenn ich mir ethischere Wege vorstellen konnte, sich einen Namen zu machen.
Nicht dass wir arm gewesen wären - im Gegenteil -, aber Nikolai Hale hatte das Wort Geld auf ein neues Level gebracht. Natürlich hatte er keinen blassen Schimmer von meinem geheimen Beruf oder davon, dass er in einigen meiner Romane die Hauptrolle spielte; niemand außer meinen Freundinnen wusste davon. Ich war Autorin, und meine Werke waren nichts für schwache Nerven.
Allzu gut erinnerte ich mich noch an den fassungslosen Gesichtsausdruck von Blair, die sonst nie zu schocken war, als sie von meinem Geheimnis erfuhr. Sie war die Analytische, die Zynische von uns. Durch und durch hochbegabt und trotz ihrer erst 23 Jahre hatte sie zwei Masterstudienabschlüsse in Software-Engineering und Forensischer Informatik in der Tasche.
»Ausgerechnet du - die süße, nette Sienna, die nicht mal flucht - hast so eine dreckige Geschichte geschrieben? Ich bin beeindruckt«, hatte meine Freundin gescherzt, während sie sich durch ihr tiefschwarzes Haar fuhr. Das stimmte, und in ein paar Wochen würde ein neuer Band herauskommen.
Und mit ihm das unausweichliche Gefühl, dass irgendwann jemand herausfinden würde, dass es nicht nur irgendeine unbedeutende Geschichte war, die ich mir für den guten Zweck ausdachte - sondern eine, die auf einem sehr realen Mann basierte. Einem Mann, der so tabu war, dass ich meine Fantasien höchstens als anonyme Autorin ausleben konnte. Ich wusste, zwischen Nikolai und mir würde niemals etwas passieren, aber träumen durfte man ja, oder? Ich war wirklich nicht prüde, ich hatte schon ein paar Erfahrungen mit Männern sammeln können, die aber nie zu etwas Ernstem geführt hatten. Aber ich war im echten Leben definitiv nicht so verrückt wie auf dem elektronischen Papier, wie in meiner Fantasie. Vor allem nicht, wenn es um den besten Freund meines Vaters ging.
Die Holzdielen gaben ein leises Knarren von sich, als ich durch mein Schlafzimmer ging, und der Duft von Orangenblüten und frisch gemähtem Gras erfüllte die Luft. Ich atmete tief ein und ließ den Blick durch den Raum schweifen.
Die Wände waren in einem sanften, cremigen Weiß gehalten, das im Sonnenlicht wie Perlen schimmerte. Mein Bett, ein flauschiges Wölkchen mit gestärkten weißen Laken und einem blassgelben Überwurf, stand auf einer Seite neben einem Bücherregal mit den schönsten Ausgaben, die diese Welt je gesehen hatte.
Meine selbst geschriebenen Bücher waren so unauffällig wie möglich dahinter versteckt. Ich wollte meine Lieblinge bei mir haben, konnte sie aber nicht so offen zur Schau stellen, wie ich es gerne getan hätte.
Gegenüber vom Bett gab ein geöffnetes großes Fenster einen Panoramablick auf die Hügel in der Ferne frei, umrahmt von Gardinen, die in der sanften Brise tanzten. Mein kleiner Schreibtisch, mein Arbeitsort, stand in der Ecke des Zimmers. Dort hatte ich, umgeben von Souvenirs meiner Reisen und Krimskrams von Nachbarn, schon unzählige Stunden damit verbracht, mein Herz und meine Seele auf die elektronischen Seiten zu packen.
Über dem Schreibtisch hingen einige Bilder von Ramona, Blair und mir. Auf einem kuschelten wir uns an einem windigen Tag am Strand aneinander. Unsere Haare flogen wild umher, und ich erinnerte mich daran, wie unser Lachen über das weite Meer gehallt war. Auf einem anderen Foto standen wir, kaum Teenies, breit grinsend und mit verschränkten Armen vor dem Eiffelturm. Blairs Vater hatte uns an diesem Tag zu jeder großen Sehenswürdigkeit geschleppt, ich konnte mich noch allzu gut an die Blasen an meinen Fersen erinnern.
Wir drei sind schon von klein auf befreundet, damals hatte ich England noch viel öfter besucht, doch auch während meiner längeren Abwesenheiten hatten uns FaceTime und jede Menge Gossip weiter wie Schwestern zusammengeschweißt.
Mit großen Schritten durchquerte ich das Zimmer und versteckte die neuesten Manuskriptnotizen in der hintersten Ecke meines Schranks. Mein Vater würde dort kaum herumwühlen. Nicht dass es ihn interessierte, was ich in meiner Freizeit tat. Oder überhaupt.
»Nikolai wird ziemlich sauer sein«, witzelte Ramona.
»Gut, dass er es nie erfahren wird. Außerdem kann die Hauptfigur jeder beliebige Mann sein«, antwortete ich mit meinem süßesten Lächeln. Lügen und Geheimnisse waren noch nie mein Ding gewesen, und Ramona sagte immer, dass mir jede Intrige sofort ins Gesicht geschrieben stand, aber sobald Nikolai unsere Türschwelle überqueren würde, musste sich das ändern.
»Du hast dir nicht einmal die Mühe gemacht, seine Muttermale zu verändern, Si.« Ramona presste die Lippen zusammen, und ihre haselnussbraunen Augen leuchteten. Sie unterdrückte ein Lachen. Sie hatte recht - leider. Es gab kaum Ausgangsmaterial von Nikolais Körper. Nur ein einziges Foto, um genau zu sein, das ein Paparazzo am Strand aufgenommen hatte. Nikolai lag auf einer Sonnenliege und starrte in sein Handy. Trotzdem hatte ich es verschlungen wie meine Henkersmahlzeit und meine ganze Kreativität auf dieses eine Bild mit freiem Oberkörper gestützt. Aber Gott, war dieses Bild gut.
Ich setzte mich zu meinen Freundinnen, und das Bett quietschte unter unserem gemeinsamen Gewicht.
»Können wir das Thema Nikolai Hale für eine Minute beiseitelegen und uns darauf konzentrieren, wofür ihr überhaupt hier seid?« Blair rollte mit den Augen und tippte sich mit einem ihrer langen, schwarz lackierten Fingernägel aufs Kinn. »Der Sommer hat begonnen, und wir müssen endlich die Reise nach Frankreich planen. Das Festival ist in ein paar Wochen.«
Wir wollten ein Mädelswochenende an der Côte d'Azur machen, da eine unserer Lieblingsbands dort auftreten würde. Das konnte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen, denn die Band war so gut wie nie in Europa, und wir mussten diese Gelegenheit unbedingt nutzen.
Ramona, die Jüngste von uns, hatte gerade die Highschool beendet, nachdem sie das letzte Jahr hatte wiederholen müssen, und wollte noch etwas erleben, bevor sie ihr Modedesignstudium antrat. Zu lange hatte sie unter dem Pantoffel ihres Abschaums von Vater gelitten, und wir waren mehr als erleichtert, dass sie endlich von zu Hause wegkommen würde. Dafür hatte sie ein Sponsorship von Blairs Dad bekommen, ein wohlhabender Mann und die einzige männliche Bezugsperson, die Ramona jemals gehabt hatte. Na ja, bis dieser seine eigene Familie im Stich gelassen hatte und mit einer jungen Tennisspielerin durchgebrannt war. Blair hatte seitdem kaum noch mit ihm gesprochen, und ich ahnte, dass seine nette Geste ihrer Freundin gegenüber auch damit zu tun hatte, dass er den Schmerz, den er seiner Tochter durch seine Abwesenheit zugefügt hatte, ein Stück weit gutmachen wollte.
Nicht dass es viel genützt hatte. Blair führte ihr eigenes Leben, war gern für sich. Für sie gab es nur die Arbeit im IT-Bereich, von der sie uns auch nicht viel berichtete. Meine Freundin hatte ihr Leben im Griff, und ihre Mutter wirkte zufrieden damit, ihre Tochter auf Abstand zu halten.
Noch etwas, das wir gemeinsam...
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