Schweitzer Fachinformationen
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»Zayn, pass auf!« Meine Stimme überschlägt sich.
Sein Gesichtsausdruck wechselt in Sekundenbruchteilen von erleichtert zu erschrocken, dann erstarrt er. Ich höre mich selbst irgendetwas kreischen, das keinen Sinn ergibt. Hilflos muss ich zusehen, wie er gequält die Augen und Lippen zusammenpresst und seine Hände auf die Schläfen drückt. Der Zerax hinter ihm fixiert ihn unerlässlich mit seinen dunklen, gefühllosen Augen. Ohne darüber nachzudenken, stürze ich los, stolpere herum, auf ihn zu. Weiß nicht, was ich tun soll, versuche mein Licht zu greifen, finde es nicht. Meine Augen haften nur an ihm.
Ruckartig bleibe ich erneut wie angewurzelt stehen. Zayn blinzelt. Er holt Luft und nimmt die Hände von seinem Kopf, dann sieht er mich an. Zitternd und dennoch erleichtert atme ich auf und will weiter auf ihn zu rennen, da fällt mein Blick zurück auf das Monster. Es steht jetzt weiter von ihm entfernt. Rotes Licht umspielt die Arme des Zerax. Irgendetwas Längliches bildet sich in dessen Hand, bevor er eine drehende Bewegung mit dem Arm macht und ausholt. Noch immer panisch und mit zusammengekniffenen Augen versuche ich zu erfassen, was es ist. Bis ich es erkenne - das absolute Grauen.
Nein!
»Zayn, lauf!«, kreische ich völlig geschockt und kann mich wieder nicht von der Stelle bewegen. »Geh! Bitte! Lauf, Zayn!«
Er reagiert nicht. Es kommt nichts von ihm. Er sieht einfach nur vollkommen verwirrt zu mir. Instinktiv versuche ich erneut, nach meinem Licht zu greifen, wieder finde ich es nicht. Im nächsten Moment bleibt mein Herz stehen. Alles bleibt stehen. Die Welt, die Zeit, das Universum.
Mich erfasst eine Schockstarre, die es mir unmöglich macht, wirklich zu realisieren, was ich sehe. Ich glaube, mich weiter schreien zu hören, während sich das Schlimmste, was passieren kann, vor mir abspielt. Wie ein Horrorfilm, den man nicht stoppen kann. Ich sehe den Zerax, der auf einmal dicht hinter Zayn steht. Den Pfahl, den das Monster gerade noch in der Hand gehalten hat . Er ragt aus Zayns Brust. Obwohl sein Oberteil dunkel ist, kann ich verfolgen wie Blut aus der Wunde tritt. Zu viel Blut. Unmengen an Blut .
Ohne jegliche Gewalt über meinen Körper stehe ich da und starre ihn an. Zayn wendet seinen Blick von mir ab und sieht an sich herunter. Da ist keine Regung in seinem Gesicht. Keine einzige Emotion, die bei mir ankommt. Langsam, fast bedächtig, hebt er seine Hand an und umgreift den Stock. Wie in Zeitlupe zieht er ihn, Stück für Stück, aus seiner Brust. Immer noch kann ich nichts weiter tun, als ihn anstarren. Ich spüre Angst irgendwo in mir, die mir alles abschnürt. Verzweiflung, die mich lähmt, und kann nicht wirklich verarbeiten, was ich sehe, obwohl so viele grausame Gefühle durch mich hindurchrauschen. Mir ist kalt und gleichzeitig glüht mein ganzer Körper.
»Zayn .?«
Zögerlich hebt er seinen Kopf an. Seine hellblauen Augen blitzen kurz auf, fixieren mich, dann verlieren sie jeglichen Glanz. Er geht in die Knie, schließt eine Sekunde lang die Lider und blickt mich daraufhin wieder an. Ein kleines Lächeln umspielt plötzlich seine Lippen. Es zerfetzt alles in mir. Ich schaffe es nicht mehr zu atmen, doch meine Schockstarre endet abrupt. Wie von Sinnen hetze ich zu ihm. Will etwas sagen, ihn reden hören, doch bevor ich ihn erreiche, kippt er zur Seite und bleibt reglos auf dem Boden liegen. Auf meinen Knien landend, werfe ich mich neben ihn.
»Komm, steh auf«, dränge ich ruhig, obwohl alles in mir danach verlangt, ihn anzuschreien.
Er blinzelt mich an. Seine Pupillen weiten sich. Seine matten, hellblauen Iriden werden zu einem leeren Grün. Als würde er mit mir sprechen wollen, zucken seine Lippen, ihm entweicht aber kein Laut. Ein letzter Augenaufschlag, dann bleiben seine Lider geschlossen.
»Zayn, hey .« Ich rüttle an seinem schlaffen Körper. »Mach die Augen auf, Zayn!«
Er tut es nicht.
»Los, steh auf. Wir müssen hier weg!«
Er bleibt liegen.
Ich muss irgendetwas tun. Mein Kopf schnellt herum, sucht alles ab. Der Zerax ist verschwunden. Hier ist niemand. Wir sind allein. Keiner kann mir helfen.
»Bitte . kann mich jemand hören? Ist hier irgendwer?! Helft mir . Bitte«, hauche ich zu leise, ich bekomme kaum mehr einen Ton heraus. »Jemand muss ihm helfen.«
Meine Augen richten sich gen Himmel, in der Hoffnung, diese Welt erhört mich. Irgendwer erhört mich, doch da ist niemand. Niemand, der zu mir kommt und Zayn hilft, während er schweigt.
»Es wird alles gut. Komm mit mir. Bitte steh auf«, flehe ich den wunderschönen, verletzten Mann vor mir an, doch von ihm kommt nichts mehr.
Seine Haut wird blasser, seine Atmung flacher. Ich kann auf einmal spüren, wie seine Magie verschwindet. Wie sie schwächer wird.
»Ich . vielleicht ist jemand in der Hütte. Ich schaue nach. Halt bitte durch«, gebe ich Zayn aus meiner Verzweiflung heraus Bescheid, obwohl mir etwas sagt, auch dort werde ich niemanden finden. Trotzdem stehe ich auf und stürme zu der Tür, die ich vorhin schon nicht öffnen konnte.
»Hallo! Wir brauchen Hilfe!« Mit der Faust hämmere ich gegen das Holz. »Bitte! Ist jemand da?!«
Noch mehrmals schlage ich gegen die Bretter, doch sie öffnet sich nicht. Flach bleibt meine Hand darauf liegen, während meine Hoffnung langsam verschwindet. Ich senke meine Stirn auf meine Hand.
»Ist denn keiner da? Kiran, Mimi . irgendwer .?«, frage ich daraufhin nur noch hauchend. Grausame Schmerzen breiten sich in mir aus. Sie sind kaum erträglich. Mein Herz klopft mit jedem Schlag schmerzhaft.
Nein. Nein, das darf nicht passieren!
Erneut eile ich zurück zu Zayn. Er liegt weiterhin auf dem Boden. Ich versuche, ihn hochzuheben und mit mir zu nehmen. Ihn irgendwie aus dieser Bucht herauszubekommen und zur Simerty zu bringen, schaffe aber kaum einen Meter mit ihm. Mir wird klar, dass ich ihn nicht tragen kann, wenn er nicht halbwegs bei Bewusstsein ist und mich in irgendeiner Form unterstützt.
»Warum stehst du denn nicht auf?«, frage ich ihn leise. Wie vorhin auch schon, reagiert er nicht.
Mit geschlossenen Augen sinke ich zurück auf die Knie, hebe seinen Kopf an und bette ihn auf meine Oberschenkel. Es wird plötzlich stockdunkel. Erst beginnt es leicht zu nieseln, dann preschen Regentropfen auf uns herab. Es ist, als würde der Himmel anfangen zu trauern. In meinen Augen sammeln sich Tränen, die kurz darauf meine Wangen hinablaufen und sich mit den Tränen des Himmels vermischen. Sie sickern gemeinsam in den Boden unter uns.
Vorsichtig streife ich die nassen schwarzen Haare von Zayns Stirn und lege meine Lippen auf seine Haut. Als würde ich ihn damit heilen können, ihn damit zum Aufstehen bewegen können, was er nicht macht. Überfordert flehe ich ihn immer weiter und weiter an, mir zu sagen, was ich tun soll, doch er bleibt stumm.
Mich trifft mit einem Mal die Erkenntnis, dass er sterben wird. Er wird sterben, weil ich nichts tun kann, um ihm zu helfen. Weil ich ganz allein hier bin. In mir schnürt sich alles ab. Mein Herz gefriert mit jeder weiteren Sekunde, die vergeht und in der er einfach nichts mehr sagt und sich nicht rührt. Wippend, mit seinem Kopf auf den Beinen sitze ich irgendwann nur noch da und kann nichts greifen. Nichts erfassen. Ihm nicht helfen. Ihn nicht halten. Seine Haut ist mittlerweile eiskalt, wie die Böen, die uns umwehen, als wäre die Pforte in den Tod geöffnet worden.
»Bleib bitte bei mir. Du kannst mich nicht verlassen«, flehe ich ihn erneut an und werde von so heftigen Schluchzern geschüttelt, dass ich nicht mehr fähig bin, etwas anderes zu tun als weinen.
Ich kann ihn doch nicht einfach gehen lassen. Er kann mich nicht einfach hier zurücklassen.
Ich weine weiter. Weine um alles. Um seine Liebe, sein Lächeln, seine Wärme. Um alles, was ich verliere, wenn er nicht mehr bei mir ist. Ich bete, minuten- oder stundenlang und hasse mich, weil ich zu schwach bin, ihn zu tragen, ihn hier wegzubringen.
»Du bist stark. Mach die Augen auf. Schau mich an, Zayn, und sag mir, was ich tun muss«, hauche ich ihm Forderungen entgegen, ohne Antworten zu erhalten. Bis sich in mir auf einmal eine Ruhe ausbreitet. Sie stoppt meine Tränen und versetzt mich in eine Trance. Es ist nicht angenehm, sondern das genaue Gegenteil. Diese Trance ist das Schlimmste, was ich je gefühlt habe. Schlimmer als Einsamkeit. Nicht zu vergleichen mit Leere oder Hoffnungslosigkeit. Sie ist allumfassend und bitter. Nimmt mir meine Handlungsfähigkeit und zieht mir den Boden unter den Füßen weg. Ich fühle mich, als würde ich in ein Loch ohne Boden fallen. Doch dann wird mir heiß. Eine unkontrollierbare Wut rauscht durch mich hindurch. Meine Finger verkrampfen sich im nassen Stoff von Zayns T-Shirt. Sie bringt mich wieder zum Zittern. Ich bin mit einem Mal auf alles wütend. Auf diese Welt, auf das Monster, auf mich.
Er ist mit mir hierhergekommen. Wir sind nur hier, weil er mein Mentor ist und mir etwas beibringen wollte.
Erneut fange ich an zu schluchzen. »Es tut mir leid«, entschuldige ich mich für meine Unfähigkeit. Denn würde ich mein Licht beherrschen können, wären wir niemals in diese Bucht gegangen. Das Monster hätte ihn nicht verletzen können . Mich verlässt all meine Kraft. Nochmals sehe ich in sein Gesicht. Der Regen perlt an ihm herab, seine Lippen schimmern bläulich.
Er verlässt mich .
Es ist diese eine Erkenntnis, dieser kurze Augenblick, zwischen all dem Chaos in mir, die mir letzten Endes jeglichen Lebenswillen nimmt. Mich niederreißt. Mich zerstört.
»Ich liebe dich«, flüstere ich ihm zu, streiche...
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