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Kurz unterhalb von Mals erhebt sich ein kahler Hügel, welcher vom Weiler Tartsch den Namen Tartscher Bühel trägt. Auf diesem steht eine uralte Kirche, in deren Turm zwei „heidnische“ Glocken hängen, welche einen ganz eigentümlichen Ton haben. Die Einwohner des Obervinschgaus und natürlich jene, die folgende Sage kennen, hören bei ihrem Geläute folgenden Verslaut:
„Kimm bold, geah bold
kimm bold, geah bold.“
(Komm bald, geh bald)
Diese Kirche war vor sehr langer Zeit der Tempel einer heidnischen Stadt, deren Bewohner sehr reich waren und in Saus und Braus lebten. Vor lauter Übermut wussten sie oft nicht mehr, was für neue Streiche sie anstellen sollten. Nichts war ihnen mehr heilig und sämtliche Tabus bereits gebrochen.
Als wieder einmal die Fastnacht heranrückte, hatte einer von ihnen eine ganz neue Idee und er war besonders stolz drauf.
„Das haben wir noch nie gemacht! Es wird große Emotionen hervorrufen bei jedem, der es mit ansieht oder der davon hört!“, versprach er den anderen.
Es war nämlich ein recht grausames Stückchen, das er sich da ausgedacht hatte – einem Ochsen wurde bei lebendigem Leib die Haut abgezogen. Dann streuten sie dem vor Schmerzen brüllenden Tier noch Salz auf das offene Fleisch, um seine Qual noch zu steigern. So ließen sie die arme Kreatur vor Schmerzen brüllend durch die Stadt laufen. Die Tierquäler schauten gespannt zu und viele Bewohner der Stadt ebenfalls, das war ein Spektakel – alle weideten sich an diesen Bildern des Grauens. Ja, sie konnten sich gar nicht daran sattsehen, wie der Leib des Ochsen von Zuckungen durchströmt wurde und er in den unterschiedlichsten Klagetönen sein Leid in die Welt hinausschrie. Endlich blieb das geschundene Tier in der Mitte der Stadt auf dem Platz stehen und brüllte so gewaltig, dass man es in der gesamten Gegend hören konnte. Dazu riss es die Augen weit auf und schaute in den Himmel hinauf, als ob es Rache von oben auf seine Peiniger herabflehte. Und wirklich – auf einmal hatte sich der Himmel verfinstert, Windböen zogen durch das Tal und die gesamte Stadt begann zu wanken und zu beben. Die Erde tat sich auf und im nächsten Augenblick war die ganze Stadt in der Erde versunken und nichts war mehr von ihr zu sehen.
Noch heute kann man quadratförmige Vertiefungen im Boden ausmachen – das sind die Stellen, wo die Häuser versunken sind. Und wenn man mit dem Fuß ordentlich darauf stampft, so hallt es hohl und dumpf durch den Boden. Ein Hirte hat dann auch wirklich einmal bei so einer dunklen Vertiefung zu graben angefangen, und er stieß in der Tat auf alte Häuser und Grundmauern. Einige Tartscher halfen ihm und ließen ihn an einem Seil hinunter in die verschüttete Stadt. Mit einer kleinen Laterne begann er sich genauer umzusehen, er befand sich in einem ehemaligen Zimmer, wo um einen Tisch herum einige Menschen saßen – genau in der Position, in der sie mit der gesamten Stadt im Erdboden versunken sind. Als sie auch nur von einem Windhauch gestreift wurden, zerfielen sie gleich zu Staub. Dann berührte er einige Teller und Flaschen, welche auf dem Tisch standen, und jene, die nicht zu Staub zerfielen, die nahm er mit hinauf, als sie ihn wieder an dem Seil in die Höhe zogen.
In späteren Jahren wagte sich aber niemand mehr in diese alte Stadt hinunter, auch interessierte es niemanden, die alten Häuser und Mauern auszugraben. Einzig der Tempel dieser fremden Stadt blieb als Mahnmal für die späteren Bewohner bestehen.
Auch unter dem Hügel zwischen Schlanders und Laas, der wie ein Riegel im Tal liegt, soll sich einst eine große Stadt befunden haben. Der Untergang der Stadt passierte in einer Zeit, als es, etwa eine halbe Stunde oberhalb von Kortsch, noch eine bekannte Wallfahrtskirche zum heiligen Georg gab. Von überall her kamen die Wallfahrer, um hier ihre Anliegen vorzubringen, die Einwohner am Fuße des Sonnenberges wurden aber immer übermütiger und kamen bald gar nicht mehr in die Kapelle. Zur Warnung ließ der heilige Georg nun öfters Murbrüche aus dem Gadriatal herunterkommen und die Felder und Wiesen der Städter verheeren. Die Bewohner dieser großen Stadt verstanden aber seine Warnung nicht – oder wollten sie nicht verstehen – und änderten ihr Verhalten nicht. Sie bauten dafür aber dicke Schutzmauern und Archen, um dem Wildbach seine reißende Naturkraft zu nehmen.
Hoch oben im Gadriatal am Sonnenberg gab es zu dieser Zeit noch einen See, und nicht weit davon lag eine große Felshöhle. Hierhin sandte der Ritterheilige, der Patron der Bauern und des Landes Tirol, seinen Drachen aus, der sofort in die beschriebene Höhle einzog, von der aus er unter den Viehherden der Städter großen Schaden anrichtete. Aber auch das half nichts, die Städter verstanden immer noch nicht, dass es an der Zeit war, ein besseres Leben zu führen. Sie versuchten jetzt aber den Drachen zu bekämpfen und heckten dafür einen Plan aus. Sie nähten aus einer Kalbshaut eine tierähnliche Gestalt und füllten „lebendigen Kalk“ – auch „Calx viva“ oder „ungelöschter Kalk“ genannt – hinein. Sie trugen diesen Drachenköder nun auf den Berg und ließen die gefüllte Kalbshaut mit Stricken zum See hinab, wo der Drache für gewöhnlich sein Bad nahm. Als er zur Nachtzeit endlich aus seiner Höhle kam, bemerkte er das Kalb und schlang es mit einem Bissen gierig hinunter.
Dann sprang er in den See und schwamm ein paar Längen hin und her. Als er aber dazu auch noch trank, kam das Wasser mit dem Kalk in Berührung und löste eine heftige chemische Reaktion aus, bei der Hitze entstand und die ihm arge Verätzungen verschaffte. Der Drache wurde von solchen Schmerzen gepackt, dass er ganz wütend im See herumfuhr und mit dem ungeheuren Schwanz nach allen Seiten ausschlug. Mit seinem riesigen und kräftigen Schwanz schlug er so wild umeinander, dass er dabei in das Seeufer zum Tal hin eine Kerbe schlug. Augenblicklich schoss das Wasser aus seinem Becken und stürzte unaufhaltsam ins Tal hinunter, dabei riss es furchtbare Massen an Steinen und Bäumen mit sich.
Der Drache wurde durch den Sog des Wassers selber mit hinausgespült und blieb erst in der Gegend zwischen Terlan und Bozen liegen. In seinem Todeskampf fand er hier langsam sein Ende, wo er noch mit dem Schwanz sieben Eichenbäume zersplitterte. Hiervon soll die Ortschaft Siebeneich ihren Namen bekommen haben.
Zwischen Laas und Schlanders aber, auf der Höhe von Kortsch, war am nächsten Morgen keine Spur mehr von der Stadt zu sehen. Ein langgestreckter Schutthügel hatte Stadt und Städter unter sich begraben, niemand hatte überlebt.
Im weiten Olanger Talbecken im Pustertal, zwischen dem Preinbichl und dem Tonigenstöckl, stand einst die schöne und reiche Stadt Kerla. Doch ein dunkles Geschick waltete über ihr:
Eines Tages – man weiß nicht mehr, warum – musste die Stadt untergehen, und nur die einstige Kirche oder Friedhofskapelle blieb von dieser Katastrophe verschont. Es ist das heutige „Antoniusstöckl“ in der Windschnur, das von älteren Leuten noch heute „Kerla-Stöckl“ genannt wird. Beim Pflügen auf den dortigen Äckern stößt man nicht selten auf Mauerreste dieser uralten Stadt. In der Gegend zwischen den „Gepaid’n“, dem Galgenbichl und dem „Kerla-Stöckl“ will man früher oft eine versteckte Glocke dumpf läuten gehört haben.
Systematische archäologische Ausgrabungen in jüngster Vergangenheit brachten beim Antoniusstöckl Hinweise auf hallstattzeitliche Besiedelung, auch römerzeitliche Siedlungsreste fanden sich in der Gegend.
Da, wo heute der Kalterer See im Überetsch liegt, da lagen vor Jahrhunderten gesegnete Fluren mit fetten Weiden und gutem Ackerboden.
Aber den Menschen ging es hier zu gut, und sie missbrauchten den Segen zur Sünde und zu jeglichem Frevel. Dafür traf sie jedoch die Strafe des Himmels.
An einem heißen Sommertag ging Jesus Christus mit dem heiligen Petrus hinaus in die weite Welt, um sich das Leben und Wirken der Menschen anzusehen. Sie kamen auch in diese große, schöne Stadt, die sich eben genau dort ausbreitete, wo sich heute die Wellen des Sees im leichten Luftzuge kräuseln. An diesem Tag wehte ein heißer Wind durch die Straßen und es lag viel Staub in der Luft.
Die Füße der zwei Männer waren mit Staub bedeckt und beide hatten brennenden Durst. Nun klopften sie an eine Haustür und baten um einen Krug Wasser, doch wo sie auch hinkamen, überall bekamen sie zu hören, sie sollten doch aus dem kleinen Bächlein trinken, wenn sie schon solchen Durst hätten und nirgendwo einkehren wollten. Erst als sie die ganze Stadt durchschritten hatten, wurde ihnen in einem armseligen Häuschen auf einem Hügel die Bitte nicht verwehrt und frisches Wasser und sogar ein wenig Schüttelbrot gereicht; und Christus und Petrus erkannten gleich, dass diese Menschen...
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