Schweitzer Fachinformationen
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Auch an diesem Tag klebte schon morgens die schwüle Hitze auf meiner Haut. Düstere Wolken hingen am Himmel und der Wind trug einen feuchten Geruch mit sich.
». ab Mittag vereinzelt Schauer«, ertönte der Wetterbericht aus dem Fernseher im Wohnzimmer.
Wie so oft war ich damit beschäftigt, meiner Mutter und mir in der Küche einen grünen Tee aufzugießen, während sie einen Blick in den Briefkasten warf und auf dem Weg dorthin die Hortensien im Beet betrachtete.
Ich hörte, wie meine Mutter, die inzwischen schon fünfundsiebzig war, in ihren Sandalen mit schweren Schritten die Treppe entlang der Wand erklomm und mit einem lauten Geräusch etwas aus dem Briefkasten entnahm.
Und dann .
»Aah!«
Sie schrie auf, eilte die Stufen herunter, riss die Haustür auf und kam ins Wohnzimmer geflogen.
»Notfall!«
»Was ist denn?«
»Eine Streunerkatze hat geworfen!«
». wo?«
»Oben im Beet.«
Sie hätte etwas Weißes im Hortensienbusch entdeckt. Eine ruhende Katze . Normalerweise liefen sie direkt davon, aber aus irgendeinem Grund war diese heute kauernd sitzen geblieben. Als meine Mutter einen Blick in den Busch warf, sah sie, wie sich neben der Katze etwas regte.
»Drei Kätzchen. Was machen wir nur?« Sie schnalzte verärgert mit der Zunge. »Es war dieselbe Katze wie damals. Die uns das Fliegengitter in der Tür kaputtgemacht hat und dann abgezischt ist, weißt du noch?«
»Oh .«
Ich warf einen Blick Richtung Tür, an der das kaputte Gitter immer noch sanft im Wind klapperte.
Es war vor drei Jahren geschehen, als ich gerade nicht hier gewohnt hatte. Meine Mutter hatte eine Bekannte, die auf einen Tee vorbeigekommen war, bis vor das Tor begleitet und sich dort eine Weile mit ihr unterhalten. Währenddessen hatte die Eingangstür offen gestanden. Als sie ins Haus zurückgekehrt war, die Tür geschlossen hatte und ins Wohnzimmer gegangen war, hatte sie dort eine kleine, weiße Katze vorgefunden. Meine Mutter war selbst überrascht gewesen, doch das Tier war in Panik geraten, da plötzlich der Fluchtweg blockiert gewesen war. Es hatte sich links und rechts gegen die Möbel geschmissen und sich schlussendlich durch die bereits an einigen Stellen eingerissene Fliegentür gedrückt und war so entkommen.
»Ich habe diese Katze schon einige Male gesehen. Sie ist immer dicht hinter den Größeren hergelaufen. Deswegen hatte ich sie für ein Jungtier gehalten. Und jetzt stelle ich fest, dass sie eigentlich trächtig war.«
»Hmm .«
Ich wollte mit meiner teilnahmslosen Antwort klarstellen, dass ich keinerlei Interesse daran hatte, in solch eine lästige Geschichte verwickelt zu werden, und ging nicht einmal zum Busch, um mir selbst ein Bild zu verschaffen.
Ich war gerade voll und ganz mit mir selbst beschäftigt. Seitdem ich nach Abschluss meines Studiums erst bei einem Wochenmagazin gejobbt hatte und danach freie Schriftstellerin geworden war, hatte ich stets mein Geld mit dem Schreiben verdient. Doch nun brachte ich nichts mehr zu Papier. Ich konnte das vereinbarte Manuskript für ein Buch einfach nicht schreiben. Dutzende Male hatte ich mich aufgerafft und den Entschluss gefasst, es dieses Mal anzugehen, doch immer geriet ich ins Stocken, ohne auch nur eine einzige brauchbare Seite produziert zu haben. Und so waren die Jahre vergangen.
Was war bloß mit mir los? Wenn es so weiterging, würde ich bald keine Arbeit mehr haben. Mir kein Essen mehr leisten können . Egal, was ich tat, ich fühlte mich, als würde ich auf heißen Kohlen sitzen, und wurde ungeduldig, da ich eigentlich keine Zeit mit so etwas verschwenden konnte.
Ich war über fünfzig und hatte mein Leben trotzdem nicht einmal ansatzweise im Griff. Es war hoffnungslos.
Meiner Gedanken überdrüssig, war ich am Tag zuvor zu einem Schrein gegangen. Der Besuch sollte einen Neuanfang markieren. Nachdem ich das Tor passiert und vor dem Schreingebäude innegehalten hatte, war mir der kühle Wind bewusst geworden, der die Blätter wie die Brandung des Meeres rauschen ließ.
. dann hatte ich mich auf einmal sagen hören: »Schenk mir Glück!«
Das hatte mich selbst überrascht.
Ich hatte erneut die Hände zusammengefaltet, mir geschworen, mich ab dem nächsten Tag wieder mit neuer Kraft der Arbeit zu stellen, und war nach Hause zurückgekehrt.
Das war gerade erst gestern passiert. Ich wollte also auf keinen Fall in diese Katzengeschichte verwickelt werden. Ablenkungen konnte ich mir gerade nicht leisten.
Sowieso verstand ich nicht, warum meine Mutter so einen Aufruhr veranstaltete. Wir standen ja nicht automatisch in der Verantwortung für die Katzen. Selbst wenn es unser Grundstück sein mochte, es war schließlich nur ein Busch am Straßenrand.
Die Welt mochte voller Katzenliebhaber sein, die beim Anblick von Kätzchen große Augen machten und in Kindersprache verfielen, doch meine Familie hatte nie Katzen gehabt und daran auch keinerlei Interesse. Wir verstanden nicht einmal, was an ihnen so niedlich sein sollte.
»Du weißt doch, dass man sagt, dass Katzen sich verwandeln können«, kommentierte meine Mutter, die, wenn überhaupt, eher voreingenommen war. Nach dem Krieg hatte es eine erfolgreiche Horrorfilmreihe über eine Geisterkatze gegeben, die Menschengestalt annehmen konnte. Die hübsche Schauspielerin Takako Irie soll ihre Rolle so überzeugend gespielt haben, dass ganz Japan erzittert war. Wenn ich so darüber nachdachte, sah es tatsächlich ziemlich gruselig aus, wenn die Augen einer Katze in der Dunkelheit funkelten.
Doch auch wenn man Filme über Geisterkatzen ausklammerte, hatte meine Familie in den letzten Jahren eine ausreichend schwierige Beziehung zu Katzen gehabt. Nicht nur wir, die ganze Nachbarschaft war ratlos, wie mit den streunenden Katzen in der Gegend verfahren werden sollte. Sie wühlten in den Müllplätzen und verteilten den Abfall auf den Straßen, was wiederum haufenweise Krähen anzog.
Eines Morgens hatte meine Mutter die Goldfische, die sie vor dem Eingang des Hauses gehalten hatte, vertrocknet auf dem Boden vorgefunden. Natürlich waren sie nicht von alleine herausgesprungen. Eine Katze hatte ihnen den Garaus gemacht.
Auch das Blumenbeet im Garten auf der Südseite war komplett verwüstet gewesen: die Pflanzen ausgegraben, die frisch aufgeblühten Narzissen und Tulpen umgerissen. Am schlimmsten aber war, dass sie ihr Geschäft um unser Haus herum zu verrichten schienen, sodass mir ein strenger Geruch in die Nase stieg, sobald ich ein Fenster öffnete. Der antibakterielle Wirkung versprechende Bambusessig, den ich angewendet hatte, um den Gestank zu beseitigen, bescherte mir nur einen anderen unangenehmen Geruch, von dem ich Kopfschmerzen bekam. Nachdem ich in einer Drogerie ein »Katzenschreck«-Mittel erstanden und um das Haus verteilt hatte, blieben die Katzen zwar erstmal aus, doch nach nicht einmal drei Wochen war der Gestank zurückgekehrt. Meine Mutter und ich hatten die Köpfe in die Hände gestützt. »Nicht schon wieder!«
Ein andermal schien mitten in der Nacht ein Konflikt zwischen den Katzen ausgebrochen zu sein und qualvolle Schreie drangen durch die Nacht.
»Gaah! Gaah!«
Dann ein Geräusch, als ob eine Katze beim Weglaufen einen Plastikeimer umgestoßen hätte. Das dachten wir zumindest - doch dann machte sich eine läufige Katze direkt unter unserem Fenster bemerkbar, mit einer Stimme wie ein Kleinkind: »Auooh! Auooh!«
Nicht nur hatten sie unseren Hof zu ihrer persönlichen Toilette gemacht, sie hatten auch die Goldfische getötet und das Beet so sehr verwüstet, dass es dem Gemetzel am Ende eines Yakuza-Films glich. Wir und die ganze Nachbarschaft hatten es satt. Es waren schließlich Straßenkatzen - eigentlich hätten sie doch mitsamt ihrer ganzen Sippe weiterziehen sollen, wenn man sie einfach in Ruhe ließ. Falls nicht, wäre das ein Problem.
»Das ist wirklich ein Problem. Was machen wir nur?«
Meine Mutter lief verzweifelt im Wohnzimmer auf und ab, doch auf einmal schien ihr eine Idee gekommen zu sein.
»Ich gehe zum Tierschutzverein«, deklarierte sie und nahm ihre Schürze ab.
Mein Blick fiel kurz auf das T-Shirt, das sie darunter trug, doch sie stampfte entschlossen aus dem Haus, bevor ich mich auch nur verabschieden konnte.
Im öffentlichen Park in der Nachbarschaft befand sich die Stiftung für Tierschutz der Präfektur Kanagawa. Dort teilten sich seit den späten 1950er-Jahren eine Tierklinik und ein Tierheim ein altes Gebäude. Ich selbst hatte als Kind einmal einen ausgesetzten Hund gefunden und ihn dem Verein gemeldet.
Nach etwa einer Stunde kehrte meine Mutter wutentbrannt wieder. »Sie können uns die Kätzchen auf keinen Fall abnehmen, haben sie gesagt .«
Der Verein bekäme jeden Tag Anfragen, Hunde und Katzen aufzunehmen, ihre Kapazitäten wären bereits völlig ausgereizt. Obwohl die Wurfzeit gerade erst begonnen hatte, standen schon über zweihundert Jungtiere auf der Warteliste.
»Die Wand war voller Fotos von Hunden und Katzen. Alle auf der Suche nach einem Zuhause. Angeblich finden Leute die Biester am niedlichsten, wenn sie zwei Monate alt sind, also haben sie mir gesagt, dass ich doch dann mit einem Bild wiederkommen soll.«
»Wie bitte? In zwei Monaten?«
Und bis dahin sollten wir sie etwa großziehen? Dabei waren es doch gar nicht unsere Katzen, nur weil sie in unserem Beet zur Welt gekommen waren.
»Warum müssen wir uns bis dann um sie kümmern?«
»Mir passt das genauso wenig. Ich habe ihnen klipp und klar gesagt: >Ich hasse Katzen.< Daraufhin hat mir das junge Ding vom Verein nur...
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