Schweitzer Fachinformationen
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Kombiniert therapieren.
Testen, tapen, trainieren - nach diesem Motto beschreibt Stefan Mogel, wie Sie Muskeldysfunktionen identifizieren, die betroffenen Muskeln mit Kinesiotape aktivieren und dann effektiv trainieren können.
Der Autor geht auf die Symptomatiken ein, die eine schlechte Ansteuerung einzelner Muskeln auslösen können. Er beschreibt detailliert die spezifischen Tapeanlagen und zeigt anschließend verschiedene Übungen inkl. Progressionen, mit denen Patienten die Muskelfunktion aktiv rehabilitieren können.
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In vielen medizinischen Berufen, ob Arzt, Physiotherapeut, Osteopath, medizinische Praxisangestellte, Ergotherapeut, Masseur, Kinesiologe oder Hebamme, ist das Kinesio-Tape nicht mehr wegzudenken. Beim Kinesio-Tape geht es um einen sehr alten und traditionellen Therapieansatz. Die Kinesio-Tape-Methode wurde in den frühen 70er-Jahren von Dr. Kenzo Kase entwickelt. Dr. Kenzo Kase ist Chiropraktiker, zertifizierter Akupunkteur und Moxatherapeut. Er erkannte, dass seine manuellen Behandlungen zwar effektiv waren, aber leider meist nur temporär anhielten. Aus diesem Grund wollte er seinen Patienten ein Rezept anbieten, mit welchem er ihnen auch zwischen den Behandlungen wirksame Hilfe gewähren konnte. Sein Ziel war es, die Wirkung seiner Behandlung über mehrere Tage hinauszuzögern. Somit begann er, nach einer erfolgreichen Lösung zu forschen, und erfand 1979 das Kinesio-Tape. Es handelt sich dabei um ein elastisches Klebeband aus Baumwolle, Elastin und einer Acrylklebebeschichtung. Grundlage für diese Technik waren die Kenntnisse über die Funktion unserer Haut als größtes Reflex- und Sinnesorgan und die Anpassungsfähigkeit unserer Muskulatur. Ziel des Tapens ist es, körpereigene Heilungsprozesse zu nutzen. Es handelt sich beim Kinesio-Tape um ein speziell angefertigtes Produkt aus Baumwolle, welches eine maximale Dehnbarkeit von 130-140 % aufweist, dies soll der Elastizität der menschlichen Epidermis entsprechen. Bei der Produktion orientiert sich der Erfinder an Struktur und Charakter der Epidermis. Diese Eigenschaften lassen verschiedene Anlagetechniken zu, welche sich durch das Maß an Vordehnung des Tapes und des Applikationsgebiets unterscheiden. Durch die hautähnliche, elastische Beschaffenheit sind selbst bei zirkulären Applikationen keine vaskulären Stauungen oder neuralen Kompressionen zu erwarten. Dr. Kenzo Kase verfolgte das Ziel, körpereigene Heilungskräfte zu aktivieren und im übertragenen Sinne seine Hände dem Patienten mit nach Hause zu geben.
Die fünf Wirkungsweisen des Tapes bestehen aus der Normotonisierung, der Verbesserung der arteriovenösen Mikrozirkulation, der gesteigerten Lymphabflussaktivität, der Schmerzlinderung und der positiven Beeinflussung der Gelenkfunktionen. Die Wirkung erklärt sich v.a. durch die Aktivierung der Exterozeptoren und Propriozeptoren, welche zu einer Verbesserung der Körperwahrnehmung führen. Eine neutrale Acrylklebebeschichtung, welche auf der Klebeseite des Tapes in regelmäßiger Schicht wellenförmig aufgetragen ist, gewährleistet die Haftung auf der Haut. Die Klebeeigenschaft dieser Beschichtung wird durch Körperwärme verstärkt und lässt in der Regel weder im Kontakt mit fließendem Wasser noch in einer Umgebung mit hoher Luftfeuchtigkeit nach. Die Haut nimmt auf Grund der Luft- und Wasserdurchlässigkeit des Kinesio-Tapes keinen Schaden und allergische Reaktionen sind eher selten. Eine Applikationsdauer von mehreren Tagen ist daher, wenn indiziert, durchaus möglich. Häufig dauert die Anwendung vier Tage bis eine Woche, das Kinesio-Tape kann aber auch abhängig von der Belastung nur einige Stunden - z.B. bei sportlicher Belastung - eingesetzt werden ( ? Abb. 1.1). Das originale Kinesio-Tape ( ? Abb. 1.2) existiert in vier verschiedenen Farben: Pink, Hellblau, Schwarz und Beige.
Abb. 1.1 Seitstütz mit abduziertem Bein, Tape zur Stabilisationsunterstützung für Schulter und Rumpf (Deltamuskel und M. obliquus externus)
(Foto: Stephan Mogel)
Abb. 1.2 Die beschriebenen Techniken im Kap. ? 1.2 funktionieren vor allem durch die perfekt abgestimmten Verhältnisse von Baumwolle und Elasthan in dem von Dr. Kenzo Kase entwickelten Kinesio Tex Tape
(Quelle: Kinesio IP, LLC, mit freudlicher Genehmigung)
Die von Kenzo Kase beschriebenen Wirkungsweisen lauten wie folgt:
Normotonisierung der Skelettmuskulatur
Verbesserung der Mikrozirkulation
Verbesserung des lymphatischen Abflusses
Reduktion der Schmerzafferenzen aus dem Gebiet
Unterstützung der physiologischen Gelenkstellung
Die Tonusregulation muskulärer Strukturen erfolgt durch Applikation der Muskeltechnik im Verlauf einer muskulären Struktur ( ? Abb. 1.3). Sie kommt zustande durch die sogenannten "Convolutions" - wellenförmige Abhebungen ( ? Abb. 1.4) der bei Applikation gedehnten Haut unter dem ungedehnt applizierten Tape. Nachvollziehbar sind Zug- und Druckeinwirkungen unmittelbar auf die Epidermis und, wahrscheinlich in abgeschwächter Form, auf weiter subkutan gelegene Gewebsschichten, wie z.B. oberflächliche Muskelfaszien. Die Erklärung, dass subkutan gelegene Muskelfaszien die mechanischen Reize des Tapes aufnehmen und auf den Muskel übertragen, erscheint plausibel. Hypothetisch werden dadurch im Muskelgewebe enthaltene Propriozeptoren und in der Haut liegende Exterozeptoren aktiviert und setzen eine Tonusregulation des Muskels in Gang. Die Verbesserung der muskulären Eigenschaften beruht v.a. auf der intra- und intermuskulären Koordinationssteigerung. Hierbei werden v.a. die Rekrutierung, Frequentierung und Synchronisierung der Muskelfasereigenschaften beeinflusst. Auch werden der Muskelspindelreflex und die inhibitorische Eigenschaft des Golgi-Sehnenapparates positiv unterstützt.
Abb. 1.3 Mögliche durch die therapeutischen Reize ausgelöste Abläufe im Bindegewebe
(Seifert S. Kinesiologisches Taping in Osteopathie und Manueller Therapie. Stuttgart: Thieme; 2015)
Abb. 1.4 Verbesserung der Mikrozirkulation. a Wirkung des Tapes auf veränderte, schmerzhafte Hautbereiche (Seifert S. Kinesiologisches Taping in Osteopathie und Manueller Therapie. Stuttgart: Thieme; 2015). b Tape an HWS mit Convolutions. c Wirkung - Hyperämisierung durch mechanischen Effekt
Bei entsprechender Applikation, Muskeltechnik oder Lymphtapetechnik kommt es zu sogenannten "Convolutions" ( ? Abb. 1.4) der Haut unterhalb des Tapes. Jene gewellte Abhebung der Haut bewirkt eine Vergrößerung des subkutanen Raumes, wodurch die Gefäße hypothetisch auseinandergezogen werden ("artifizielle Dilatation") und dadurch der Abtransport von entzündungsfördernden und neuroaktiven Stoffen im subkutanen Gewebe begünstigt werden soll. Gleichzeitig kommt es zu einer Druckentlastung auf die darunter liegenden Exterozeptoren. Die Technik zur Aktivierung des lymphatischen Systems folgt ebenfalls dem Prinzip der "Convolutions", allerdings mit anderer Applikationstechnik. Ein Tape wird in Tentakelform ( ? Abb. 1.5) auf einer Seite mehrmals der Länge nach eingeschnitten, so dass auf der anderen Seite nur noch ein kurzes Stück als Basis belassen wird. Die Basis wird im Verlauf der Lymphbahnen am nächstgelegenen Hauptlymphknoten angebracht und die einzelnen Zügel der "Lymph-Tape-Applikation" werden in distaler Richtung ebenfalls im Verlauf der Lymphbahnen geklebt. Physiologisch gesehen fördert der Prozess die Ausschwemmung von Abfallpartikeln aus dem Gewebe und steigert die Resorption ebendieser in venöse Kapillarschenkel oder Lymphkollektoren. Die Lymphkollektoren, welche die lymphpflichtige Last aufnehmen und an die proximalen Lymphkapillaren weiterleiten, werden gemäß ihren anatomischen Eigenschaften durch die schwellungsbedingte Raumerweiterung, also durch einen überhöhten Flüssigkeitsgehalt im interstitiellen Gewebe, geöffnet. Ein anderer Erklärungsansatz wäre, dass die Lymphkollektoren über die Exterorezeptoren in der Haut, welche durch das Kinesio-Tape stimuliert werden, durch den lympheeigenen Schrittmacher aktiviert werden. Das wird auch als Frank-Starling-Mechanismus bezeichnet.
Abb. 1.5 Lymphanlage mit F-Shape
Das Prinzip der Schmerzreduktion wird einerseits mit dem Effekt des Gate Control von Melzack und Wall erklärt (Melzack u. Wall 1965). Der Gate-Control-Effekt kommt zustande, indem das auf der Haut haftende Tape die subkutanen Rezeptoren mit konstantem Druck stimuliert. Die schnell leitenden Ad-Nervenfasern jener Rezeptoren, welche unter anderem den Druck des Kinesio-Tapes registrieren, verursachen im Hinterhorn des Rückenmarks eine Überlagerung der weniger schnell leitenden Schmerzafferenzen der C-Nervenfasern aus demselben Gebiet. Dadurch könnten nozizeptive Kreisläufe unterbrochen oder vermindert werden. Der Effekt des Gate Control bildet die Grundlage vieler therapeutischer Interventionen. Zusätzlich soll wiederum die Erweiterung des subkutanen Raumes unterhalb der...
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