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Wie die Realität das Selbstbild von HR einholt
HR enttäuscht
Bis hierher wurde das positive Bild betrachtet, wie es Personaler vielfach von sich selber zeichnen - wahrscheinlich in einer Kombination aus Selbstbewusstsein und Selbstschutz. Eine konstruktive Analyse des Status quo kann nicht erfolgen, ohne dieses Bild einem Realitäts-Check zu unterziehen und die Abweichung dieses Selbstbildes von dem Bild, das andere von HR haben, zu untersuchen.
Es tritt dabei teilweise eine sehr deutliche Divergenz zutage. Sehr klar wird dies zunächst noch einmal durch die kritische Betrachtung von Prof. Kaehler auf den Punkt gebracht:
"Dieses Bild ändert sich, wenn man mit Vorständen und Führungskräften spricht, die selbst keine Personaler sind. Denn bei ihnen spielt die Personalfunktion oft nur eine untergeordnete Rolle. Zwar gibt es Personalbereiche, die intern sehr einflussreich und geschätzt sind. Aber sie bleiben wohl die Ausnahme.
Die Naivität und Angebotsorientierung, mit der Personalabteilungen Managementmoden wie Agilität und New Work aufgreifen, wird bestenfalls belächelt. Denn das Allerwenigste davon unterstützt wirklich die Digitalisierung des Geschäfts oder verbessert HR-Prozesse37."
Auch eine von der Beratungsgesellschaft ADP durchgeführte weltweite Studie38 kommt für Europa zu ähnlichen Erkenntnissen.
So bewerten z. B. 38 % der Mitarbeitenden das Mitarbeitermanagement ihrer Firma gut oder sehr gut, während 74 % der Personaler dies tun. Den HR-Bereich selbst bewerten 31 % positiv, während 53 % der Personaler ihren Bereich positiv einschätzen.
Ähnliches ergibt eine gemeinsam von der Beratungsgesellschaft DDI, der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY und dem Conference Board durchgeführte globale Erhebung39. Danach nahmen 41 % der Führungskräfte HR als "reaktiv" wahr, während nur 21 % der Personaler ihren Bereich so einschätzten. Sie sahen sich viel stärker als "Partner" und/oder "proaktiv".
Solche massiven und durchgängigen Abweichungen können keine Zufälle sein und bieten Anlass genug, einmal einen aktualisierten Realitäts-Check zu versuchen, der in ähnlicher Form nicht vorliegt. Hierzu wurde u. a. die eingangs erwähnte und für dieses Buch durchgeführte Befragung in fünf Dimensionen unternommen (s. Abb. 2) 40.
Abbildung 2: Dimensionen für HR-Realitäts-Check
Das Ergebnis zeigt, dass es im Hinblick auf alle diese Dimensionen (Reputation, Einfluss, Vertrauen, Effizienz und Bezug zum Business) signifikante Unterschiede gibt zwischen dem, was Personaler wahrnehmen, und dem, was Führungskräfte und Mitarbeitende anderer Bereiche denken. Zum Teil geht es auch nicht nur um Wahrnehmungen, sondern auch darum, dass die Fakten nicht im Einklang mit dem Bild der Personaler stehen.
Dazu kommt, dass es offenkundig auch hinsichtlich der Rolle, die HR spielen sollte, sehr unterschiedliche Sichtweisen gibt.
Wie es um die Reputation wirklich steht
Das Ansehen oder Image der Personalabteilung im eigenen Unternehmen lässt sich an einigen wichtigen Eckdaten festmachen. Dazu gehören Standing, Grad der Unterstützung, Kompetenz und emotionale Bindung.
Hierzu hatte bereits die schon genannte HR-Image-Studie41 aus 2013 deutliche Abweichung zwischen Selbst- und Fremdbild zutage gefördert. Es konnte gezeigt werden, dass Personaler zu 65 % meinten, ihre Abteilung habe einen guten Ruf. Nicht-Personaler waren nur zu 47 % dieser Auffassung.
Auch waren drei Viertel der Personaler der Meinung, die Dienstleistungen der eigenen Personalabteilung unterstützen andere Abteilungen und brächten diese weiter. Die Zustimmung zu dieser Aussage lag bei Nicht-Personalern - in diesem Fall den potenziellen Nutznießern der Leistung - lediglich bei einem Drittel.
Das sind beachtliche Abweichungen. Ähnlich sah es bei der Einschätzung des Beitrags von HR aus. Sahen über zwei Drittel der Personaler den Beitrag der eigenen Abteilung zum Unternehmenserfolg als sehr hoch an, waren es unter den Nicht-Personalern ebenfalls nur ein Drittel. Diese starken Abweichungen ziehen sich konsequent durch die damalige Befragung.
Ein interessanter Aspekt der damaligen Untersuchung war darüber hinaus auch, wie sich HR im Vergleich zu anderen Bereichen wie Controlling, Einkauf und IT einschätzt.
Werden insgesamt die Aussagen der Personaler zugrunde gelegt, ergab sich zum Ruf folgendes Ranking:
1. Personal
2. Controlling
3. Einkauf
4. IT
Wird hingegen die Wahrnehmung der übrigen Mitarbeitenden betrachtet, sah das Ranking deutlich anders aus:
1. IT
2. Personal
4. Controlling
Hier zeigt sich nicht nur, dass Personaler die eigene Abteilung für die mit dem besten Ruf halten. Besonders bemerkenswert ist auch die relative 'Abneigung' zu IT. Während generell IT den relativ besten Ruf im Unternehmen genießt, liegt der Bereich in den Augen der Personaler hinten. Umgekehrt verhält es sich mit Controlling, hier hegt HR eine relative 'Bewunderung', die von anderen so nicht geteilt wird.
In der bereits erwähnten für dieses Buch durchgeführten Befragung42 zeigt sich acht Jahre später, dass sich wenig geändert hat und die unterschiedlichen Sichtweisen von Personalern und Nicht-Personalern nach wie vor deutlich zu erkennen sind.
Jeder zweite Personaler ist der Auffassung, HR genieße hohes Ansehen, die übrigen Mitarbeitende sehen das nur zu gut einem Drittel so. Besonders groß ist die Divergenz beim Thema Kompetenz: Fast 86 % der Personaler halten sich und ihre Kollegen für kompetent, andere Beschäftigte sehen das nur zu knapp 45 % so (s. Abb. 3).
Vielleicht nicht erstaunlich, dass es dann bei der eher emotionalen Perspektive entsprechende Unterschiede gibt. Fast 70 % der HR-Mitarbeitenden sind stolz auf ihren Job, eine Tätigkeit in HR ist aber nur für etwa ein Drittel der sonstigen Mitarbeitenden eine Perspektive, die sie mit Stolz erfüllen würde.
Abbildung 3: Sichtweisen zum Ansehen von HR
Ebenfalls bemerkenswert ist, dass die Hälfte der Nicht-HR-Mitarbeitenden berichten, dass über HR in ihrer Firma auch schon mal Witze gemacht werden. HR-Mitarbeitende nehmen dies aber nur zu einem Drittel wahr.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Mitarbeitende in HR sind stolz auf ihre Tätigkeit und halten sich für deutlich kompetenter und angesehener als es tatsächlich der Fall ist. Eine durchgängig gute Reputation erreicht HR augenscheinlich nur bei etwa einem Drittel der Belegschaft. Das ist eine schwierige Ausgangslage für kraftvolle Personalarbeit.
Wie viel Einfluss HR tatsächlich hat
Wenn es um die Bedeutung von HR geht, wird oft die Frage nach dem Einfluss gestellt, den HR auf das Top-Management und die dort getroffenen Entscheidungen tatsächlich hat bzw. ausübt. Vielfach wird das zunächst an der Tatsache festgemacht, ob HR selbst im Top-Management vertreten ist. 60 % der HR-Mitarbeitenden geben an, dies sei in ihrem Unternehmen der Fall, während nur 50 % der übrigen Mitarbeitenden dies so wahrnehmen.
Dies deckt sich weitgehend mit der Realität der DAX-30-Unternehmen, wie sie die Personalberatung Heidrick & Struggles unlängst untersuchte.43 Heidrick & Struggles zählte zwölf klassische Personalvorstände, wobei diese Funktion häufig mit Compliance, Recht oder Nachhaltigkeit kombiniert wird. Bei zehn DAX-Unternehmen zeichnet im Vorstand der Vorstandsvorsitzende (in Ausnahmen auch der Finanzvorstand) für die Personalfunktion verantwortlich.
In diesen Fällen üben Chief Human Resources Officer (CHROs) auf Bereichsleiterebene die eigentliche Personalarbeit aus und berichten an den CEO. In weiteren sechs DAX-Unternehmen ist die Personalfunktion Teil eines Multifunktionsressorts, in einem Fall wählte ein Unternehmen eine Sui-generis-Lösung und ein DAX-Unternehmen weist nicht aus, wer die Rolle des Personalvorstands ausübt.
Beeinflusst wird dieses Bild - zumindest in Deutschland - durch die im Mitbestimmungsgesetz vorgesehene Funktion des sogenannten 'Arbeitsdirektors', die zwangsläufig dazu führt, dass HR Teil des Vorstands ist, ohne dass es sich tatsächlich um den obersten Personaler handeln muss44. Insofern ist das Bild in der Breite der Phalanx deutscher Unternehmen für HR noch weniger schmeichelhaft.
Heidrick & Struggles kommen auch zu dem Schluss, dass die klassische Rolle des reinen Personalvorstands, der in erster Linie der HR-Funktion nachgeht, auf dem Rückzug ist.
Auch in der Sozialwirtschaft ergibt sich kein wesentlich anderes Bild: Eine Erhebung der Unternehmensberatung contec45 ergab, dass bei zwei Dritteln der Befragten das Personalthema dem...
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