Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Kapitel 1
So hatte ich mir meinen ersten Tag an der Brown nicht vorgestellt.
In meinem Bett lag ein fremder Kerl. Und ich hatte keine Ahnung, was er dort machte. Perplex blieb ich im Türrahmen stehen und umklammerte den Umzugskarton, den ich soeben die zwei Stockwerke nach oben bis in mein Wohnheimzimmer geschleppt hatte. Sein Gesicht war zum Großteil von seinem Handy verdeckt, auf dem er herumtippte. Er bemerkte mich nicht. Eine Hand hatte er in seinen rostbraunen Haaren vergraben, die aussahen, als wäre er gerade erst aufgestanden und weder mit Dusche noch Bürste in Berührung gekommen - oder als hätte er sich sehr viel Mühe gegeben, trotz Körperpflege den perfekten Out-of-Bed-Style hinzukriegen. Ich rümpfte die Nase. Mir waren Kerle suspekt, die so viel Wert auf ihr Aussehen legten, dass sie dafür Stunden vor dem Spiegel verbrachten. Nur um so auszusehen, als hätten sie genau das nicht getan. Vollkommen absurd.
Sein Körper war so breit und vor allem lang, dass er die gesamte Matratze belegte. Das war eindeutig die Art von Statur, die nur Sportler mitbrachten. Und leider brachte diese Figur meiner Erfahrung nach auch eher häufig als selten ein überdimensionales Ego mit sich, so viel hatte ich auf dem privaten Internat gelernt, das ich dank eines Stipendiums besucht hatte. Nur dort war ich Sportskanonen jemals nah genug gekommen, um eine Aussage über ihre Persönlichkeit treffen zu können. Zumindest einem im Speziellen und seinem gesamten Umfeld .
Seine Jeans wirkte abgetragen, doch das Markenlabel an seinem Hosenbund enttarnte ihn. Ein flaues Gefühl breitete sich in meiner Magengrube aus. Ich erwachte aus meiner Starre.
Krachend ließ ich den Umzugskarton auf den Boden fallen, und der Kerl schaute von seinem Smartphone hoch. Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust und zog abwartend eine Augenbraue nach oben.
»Oh, hi. Du bist bestimmt Rachels Mitbewohnerin«, sagte er und setzte sich auf, machte jedoch keine Anstalten, sich von meiner Matratze wegzubewegen - oder zumindest seine Füße samt Schuhen auf den Boden zu stellen. Sein Schamgefühl tendierte offensichtlich gen null.
Rachel Andrews, mit der ich mir das Zimmer in Keeney, einem der beiden Wohnheim-Komplexe für Erstsemester, teilte, hatte ich bisher noch nicht kennengelernt. Nur ihre Kisten und Kleidersäcke, die sich auf ihrer Seite des Raums und ihrer Matratze stapelten. Dafür lag nun offensichtlich ihr Freund in meinem Bett. Der nebenbei bemerkt auch noch ein verdammt hübsches Gesicht hatte, wie ich feststellte, als er mich ansah. Gerade Nase, klare Gesichtszüge, volle Lippen, leichter Bartschatten - vermutlich pflegte er wirklich den Out-of-Bed-Style und war kein Verfechter mangelnder Körperhygiene.
Er runzelte die Stirn. »Bist du stumm? Hab ich dir die Sprache verschlagen? Keine Sorge, das passiert öfter.«
Ich spürte, wie mir das Blut in den Kopf schoss, und wie so oft redete mein Mund, ohne dass ich ihn stoppen konnte. »Was zur Hölle machst du in meinem Bett?«
»Ich warte, dass Rachel kommt. Sie müsste gleich da sein.«
Ich verengte die Augen. »Und das musst du ausgerechnet auf meinem Bett tun?«
»Na ja.« Er zuckte mit den Schultern und nickte in Richtung Rachels Kistenberg. »Auf ihrem ist kein Platz.«
»Aha. Und lass mich raten, der Schreibtischstuhl wäre unter deiner Würde.«
»Da steht auch eine Kiste drauf.«
»Die du unmöglich auf den Boden hättest stellen können«, erwiderte ich. Mein Blick huschte zu seinen durchtrainierten Oberarmen, über denen sein schwarzes Shirt spannte, ganz kurz nur schenkte ich ihnen Beachtung. Selbst wenn die Kiste mit Blei gefüllt gewesen wäre, er hätte sie ganz bestimmt ohne Probleme heben können.
»Können schon . Aber dein Bett sah einfach echt verlockend aus.« Als ob eine unbezogene Wohnheimmatratze verlockend aussehen würde, außer man wollte sich irgendeine exotische Krankheit einfangen. »Es tut mir auf jeden Fall leid, wenn das für dich ein Problem ist, okay?«
Na gut. Seine Entschuldigung stimmte mich ein wenig versöhnlich. Genau genommen hatte er ja auch wirklich nichts getan, außer sich auf ein unbezogenes Bett zu legen. Ich hätte das zwar nicht getan, aber ich tat eine Menge Sachen nicht, die andere ohne mit der Wimper zu zucken machten.
Er stand auf und war in zwei langen Schritten bei mir. »Ich bin übrigens Jason.«
Ich musste den Kopf ein wenig in den Nacken legen, um zu ihm aufsehen zu können, obwohl ich selbst nicht klein war. Auf seiner linken Wange erschien ein Grübchen, als er grinste, und seine braunen Augen funkelten frech. Hastig wandte ich den Blick ab und sah die Hand an, die er mir entgegenhielt. Alles in mir sträubte sich dagegen, ihn zu berühren. Er erinnerte mich an einen ganz bestimmten Typ - und genau an diesen Typ wollte ich mich nicht erinnern. Andererseits war er der Freund meiner Mitbewohnerin, also sollte ich mich wohl mit ihm gut stellen, um es mir nicht gleich am Anfang mit Rachel zu verscherzen. Außerdem konnte ich nicht einfach jeden Kerl meiden, der unangenehme Erinnerungen in mir auslöste; sonst würde mein Leben auf diesem Campus unter Umständen sehr einsam werden, das war selbst mir klar.
»Ich bin Kayla«, sagte ich und griff nach seiner Hand, um sie kurz zu drücken und gleich wieder loszulassen. Meine Fingerspitzen kribbelten ein wenig, und ich wischte sie unauffällig an meiner Jeans ab, um diese seltsame Gefühlsregung sofort wieder loszuwerden.
»Hallo, Kayla«, erwiderte er mit zuckenden Mundwinkeln. »Freut mich, dich kennenzulernen.«
»Ich wünschte, ich könnte dasselbe von dir behaupten«, sagte ich, ehe ich mich beherrschen konnte.
»Weil ich in deinem Bett lag?« Jason legte den Kopf schief und musterte mich, als würde er irgendein Geheimnis entschlüsseln wollen. Ein unangenehmes Gefühl der Anspannung machte sich in mir breit, und ich riss mich gerade noch zusammen, um nicht nervös von einem Fuß auf den anderen zu treten.
»Ja«, antwortete ich vehement, weil ihn die Wahrheit überhaupt nichts anging. Ich stemmte die Hand in die Hüfte und deutete mit der anderen zwischen ihm und meinem Bett hin und her. »Es ist mein Bett, nicht deins!«
»Ich will dir dein Bett ja gar nicht wegnehmen. Aber es war nicht bezogen, ich wusste nicht mal, ob du schon angekommen bist - also dachte ich, warum nicht.«
Irgendwie hatte er recht - aber das konnte ich auf keinen Fall zugeben.
»Hast du gar kein Schamgefühl?«, platzte es aus mir heraus.
»Nope«, erwiderte er grinsend und vergrub die Hände in den Hosentaschen. Die Lässigkeit, mit der er diese simple Geste ausführte und dieses Wort sagte, ließ mich endgültig aus der Fassung geraten. Dabei ging es schon lange nicht mehr um die Matratze, aber ich konnte mich nicht stoppen.
»Aber nur weil es für dich okay ist, kannst du nicht davon ausgehen, dass es andere auch nicht stört! Das ist . anmaßend!«
Sein Grinsen verblasste ein wenig, doch seine Augen spiegelten nach wie vor seine Belustigung. »Mein Gott, komm mal runter. Ich hab doch nicht deinen Welpen ertränkt oder dir eine Geschlechtskrankheit angehängt.«
Ich schnappte nach Luft. »Oh Mann, sag mir bitte nicht, dass du eine ansteckende Krankheit hast und ich jetzt die ganze Matratze entsorgen muss.«
Schande, hatte ich das eben laut gesagt? Den ersten Gedanken, der mir durch den Kopf geschossen war? Nur weil alle meine Emotionen Achterbahn fuhren und ich die Vergangenheit nicht von der Gegenwart unterscheiden konnte? Setzte deswegen der Filter zwischen meinem Gehirn und meinem Mund aus?
Jason fing an zu lachen, und sein gesamter Oberkörper bebte dabei. Mist, ich hatte es laut gesagt. Zum Glück kriegte er sich schnell wieder ein.
»Nicht, dass ich wüsste«, erwiderte er.
»Das ist keine sehr zufriedenstellende Antwort.«
»Wieso? Gehst du alle zwei Wochen zum Arzt und lässt dich durchchecken?«
»Natürlich nicht«, pampte ich ihn an. Mein Gehirn nahm langsam seine Arbeit auf, als wäre es eben erst aufgewacht, und mir wurde mit jeder Sekunde bewusster, wie lächerlich diese Unterhaltung eigentlich war und wie sehr ich mich damit zum Affen machte. Unbehagen kroch über meinen Rücken und ließ mich innerlich frösteln. Wegen unvorhergesehener Kleinigkeiten überzureagieren war eine Eigenschaft, die ich an mir selbst nicht besonders mochte und eigentlich ablegen wollte. Leider war ich anderweitig beschäftigt gewesen, als die Coolness verteilt wurde.
»Na also«, sagte Jason. »Aber ich kann dir versichern, ich fühle mich sehr gesund und munter und bisher lebt auch mein gesamtes Umfeld noch.«
»Gut zu wissen«, erwiderte ich und hob die Kiste auf, die ich vorhin fallen gelassen hatte, um sie zu den anderen auf meinem Schreibtisch zu stellen. »Pass auf, lass uns einfach vergessen, dass du in meinem Bett lagst, und so tun, als wäre das nie passiert.«
Das Grübchen an seiner Wange kam zum Vorschein, als er grinste. »Schade. Die meisten Mädchen prahlen damit und wollen es auf keinen Fall vergessen.«
Mir klappte die Kinnlade herunter. Wie konnte er so daherreden, wenn er eine feste Freundin hatte? »Du bist unglaublich.«
»Das hast du schnell durchschaut, du hast eine tolle Auffassungsgabe.« Er zwinkerte mir zu. Zwinkerte. Mir. Zu. Dieser Arsch. Er war mit meiner Mitbewohnerin zusammen und zwinkerte mir zu? Dachte dieser Kerl, er konnte sich alles erlauben, nur weil er aussah wie ein Supermodel? Ja, vermutlich dachte Jason, ihm gehörte die Welt und alle Frauen lägen ihm zu Füßen, weshalb er sowieso nicht treu sein musste. Aber ausnahmsweise hatte ich mein Mundwerk im Griff...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.