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Es war einmal ein Ort namens Laurel Canyon.
Den gibt es natürlich immer noch. Wenn Sie vom Sunset Boulevard in nördlicher Richtung auf den Laurel Canyon Boulevard abbiegen und etwa eine Meile den Hügel hinauffahren, vorbei am Canyon Country Store, landen Sie in einer Gegend, die nach wie vor diesen Namen trägt.
Doch das ist nicht der Laurel Canyon. Jedenfalls nicht der Laurel Canyon, den ich in den Siebzigerjahren kannte.
Alle paar Jahrzehnte werden bestimmte Regionen zu Epizentren von Kreativität, Inspiration und Erfindungsgeist. Paris in den Zwanzigern, Chicago in den Dreißigern, New York in den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts. Und in den Siebzigerjahren lag der Ort auf unserem Planeten, der die besten und klügsten Künstlerinnen und Künstler anzog - vor allem aus dem Bereich der Musikindustrie -, in dieser trügerisch ruhigen Enklave, die sich wie ein geheimer Garten zwischen das San Fernando Valley und das hektische Herz des alten Hollywoods schmiegte.
Als ich Ende der Sechziger dorthin zog, konnte ich nicht ahnen, was ich erleben würde. Ich war ein junger Radiomann um die zwanzig Jahre, hüpfte bei verschiedenen Sendern in L.A. von einem Job zum nächsten, kassierte zwischendurch Arbeitslosenunterstützung und brauchte einen billigen Ort zum Leben. Laurel Canyon war damals der unkonventionellste Teil der Stadt, eine Art armer Verwandter von Benedict und Coldwater Canyon, die beide dem noblen Beverly Hills näher lagen. Das bescheidene zweistöckige Haus, in das ich einzog, lag am Oak Court - damals eine nicht asphaltierte Sackgasse - und kostete mich gerade mal 300 Dollar Monatsmiete. Mit einer Wohnfläche von kaum 85 Quadratmetern war es winzig, die Kochnische reichte gerade mal, um sich ein Ei zu kochen, und das Haus lag so hoch an einem Steilhang, dass man eine lange Treppe mit wackeligen Stufen hinaufsteigen musste, um hinzukommen. Zum Glück hatte der Vermieter einen «Hillevator» installiert, eine Art Seilbahn, der mich von der Straße zum Eingang hinaufbrachte. Wenn er denn funktionierte.
Neben der günstigen Miete zog mich auch die charmante ländliche Umgebung an. Die Fahrt vom Sunset Strip - der auch damals schon ein lauter, wimmelnder Ameisenhaufen urbaner Aktivität war - den Hügel hinauf dauerte gerade mal fünf Minuten. Doch wenn man oben ankam, fand man sich in einem Zauberwald unter dem Blätterdach von Holunderbüschen und Eukalyptusbäumen wieder. Eine Meile unter mir gab es Ampeln, Verkehrsunfälle, Abgaswolken und Sirenengeheul. Hier oben war ich umgeben von Hummeln, Schmetterlingen und Kaninchen. Es war ein ländlicher Zufluchtsort, und in der Luft hing der beruhigende Duft von Jasmin (und oft auch von Marihuana).
Als ich die neue Gegend zusammen mit meinem damaligen besten Freund - einem jungen Irish Setter, den ich nach einem Filmhelden meiner Kindheit Shane genannt hatte - erkundete, stellte ich im Laufe der ersten Monate fest, dass Laurel Canyon viel mehr war als ein bukolischer Ort, an dem man sich gut niederlassen konnte. Zum einen standen fast alle Türen ständig offen, im buchstäblichen wie auch im übertragenen Sinne. Die grausigen Morde der Manson Family im nahe gelegenen Benedict Canyon lagen zwar gerade erst ein Jahr zurück, und diese Tragödie hatte in ganz Los Angeles Furcht und Paranoia verbreitet, doch hier kam man sich immer noch vor wie im Paradies. Fremde lächelten mir nicht nur zu und sagten Hallo - oder hoben die Hand zum Peace-Zeichen -, wenn wir uns in den engen Gassen begegneten, sie blieben manchmal stehen, um zu plaudern oder luden mich sogar zum Essen in ihr Haus ein. Ja, es waren andere Zeiten, die Menschen hatten mehr Vertrauen zueinander, es war die Ära von Love Beads, Schlaghosen und wilden Frisuren, doch ein solches Ausmaß an Freundlichkeit war selbst in den späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahren erstaunlich.
Der zweite Punkt war die Musik, die fast zu jeder Zeit aus den offenen Fenstern der Häuser und Cottages wehte. Und zwar nicht irgendwelche Musik, sondern aufregende neue Sounds, engelsgleiche Harmonien und funkige Folk-Riffs. Als ich die ersten Bewohner des Viertels - Leute wie Joni Mitchell, Linda Ronstadt, Carole King, David Crosby und Stephen Stills, um nur einige meiner unmittelbaren Nachbarn zu erwähnen - kennenlernte und mich mit ihnen anfreundete, dämmerte es mir allmählich, dass ich in kein normales Wohngebiet gezogen war. Nein, ich war genau im Zentrum einer aufblühenden musikalischen Renaissance gelandet.
Einige meiner Nachbarn waren bereits berühmt. Micky Dolenz, der in einem großen Haus in der Horse Shoe Canyon Road wohnte, und David Cassidy, der am Cole Crest Drive lebte, hatten schon 1970 erfolgreiche Fernsehserien, nämlich The Monkees und The Partridge Family. Doch viele der künftigen Superstars der Musikszene, die im Laurel Canyon lebten, hatten zu dieser Zeit noch nicht den Weltruhm erlangt, den sie wenig später genießen würden. Einige von ihnen hatten gerade ihren ersten Plattenvertrag unterschrieben. Andere kämpften noch damit, den eigenen Sound zu finden und ihre Miete bezahlen zu können. Für mich waren sie alle, ob berühmt oder nicht, die Leute von nebenan - meine verblüffend liebenswürdigen Nachbarn.
Eines hatten fast alle im Laurel Canyon gemeinsam: Wir stammten nicht aus der Gegend, sondern waren ganz bewusst von irgendwoher an diesen Ort gezogen. Frank Zappa, der ebenfalls in meiner unmittelbaren Nachbarschaft wohnte, stammte aus Baltimore, Joni Mitchell war in Kanada aufgewachsen, Linda Ronstadt kam aus Arizona. Mein eigener Weg hatte in New York City begonnen, wo sich mein Dad, aus Polen eingewandert, in der Bekleidungsindustrie hochgearbeitet und seine eigene Firma gegründet hatte. Er stellte Damenmäntel und -kostüme in Übergrößen her. Damit verdiente er genug, um sich eine kleine, aber gemütliche Wohnung mit zwei Schlafzimmern leisten zu können; meine Schwester und ich teilten uns eines dieser Zimmer. Wir lebten in Washington Heights, damals in den Fünfzigern eine Art Sprungbrett für jüdische Familien, die ihre ersten tastenden Schritte in Richtung Mittelschicht unternahmen.
Dass ich beim Rundfunk landen würde, war mir, um es vorsichtig zu formulieren, nicht unbedingt in die Wiege gelegt. Zum einen hatte ich um die Zeit, als ich fünfzehn wurde, angefangen, stark zu stottern. Und mein New Yorker Akzent machte meine Sprechweise auch nicht eleganter. Außerdem war ich viel kleiner und schmaler als die meisten meiner Klassenkameraden, was mich, zusammen mit dem Sprachfehler, zu einem idealen Opfer für Mobbing machte. Und so wurde ich eher noch schüchterner und unbeholfener in Gegenwart von Fremden. Die Vorstellung, vor Publikum zu sprechen, selbst vor kleinen Gruppen im Klassenzimmer, versetzte mich in Panik und bescherte mir im Teenageralter regelmäßige Albträume. Zum Glück entwickelte ich zur selben Zeit eine Neigung zur Schlaflosigkeit, die mir lebenslang erhalten bleiben sollte; ich schlief also ohnehin immer weniger.
Doch trotz all dieser Hindernisse wollte ich nichts anderes auf der Welt, als beim Rundfunk zu arbeiten. Ich vermute, die Anziehungskraft von Radio und Fernsehen hatte gerade mit meiner Isolation als Jugendlicher zu tun. Freunde fand ich nun mal nur im Äther. Unzählige Stunden verbrachte ich als Jugendlicher mit den Monologen von Jean Shepherd, der auf WOR Radio seine hypnotischen spontanen Erzählungen spann. Etwas später entwickelte ich eine einseitige Freundschaft zu Jack Parr. Als er 1960 seinen berühmten Abschied von The Tonight Show auf NBC nahm, saß ich vor dem Fernseher. Das Trauma ließ mich tagelang nicht los; es fühlte sich an, als hätte ich wirklich einen besten Freund verloren. Zum Glück machte mein Kumpel David Susskind weiter mit seiner lokalen Fernseh-Talkshow Open End, die um 23 Uhr begann. Sie hatte tatsächlich kein festgesetztes Ende, sondern lief so lange, bis den Gästen der Gesprächsstoff ausging. Die perfekte Sendung für eine junge Nachteule!
Eines Tages kurz vor meinem Highschool-Abschluss teilte ich meinem Vater meine beruflichen Pläne mit. «Pop», sagte ich, «ich habe mich fürs Radio entschieden.»
Lächelnd lehnte er sich auf seinem Küchenstuhl zurück. «Ein gutes Business», erwiderte er mit seinem leichten jiddischen Akzent und tätschelte mir das Knie. «Dieser Laden da in der 181st Street, da ist immer was los. Die Leute brauchen immer jemanden, der die Dinger repariert.»
«Äh, Pop», korrigierte ich ihn. «Ich will die Radios nicht reparieren, ich will ins Radio. Ich werde einer von den Leuten, die man im Radio hört. Ich gehe zum Rundfunk!»
Er sah mich an, als hätte ich ihm gerade eröffnet, dass ich am Astronautenprogramm teilnehmen würde.
Wenig später bewarb ich mich an neun verschiedenen Colleges, die eine entsprechende Ausbildung anboten, und wurde von einem einzigen angenommen, dem Los Angeles City College. Und so packte ich im Sommer 1963 eine Reisetasche, bestieg zum ersten Mal in meinem Leben ein Flugzeug und betrat den Campus in Hollywood - mit einem Sprachfehler, einem New Yorker Akzent und 300 Dollar, um die Studiengebühren zu bezahlen.
Man brachte mir sehr schnell die ersten Schritte bei, zeigte mir, wie man in eine Kamera schaut und Blickkontakt aufbaut, wie man Sportreportagen und Wetterberichte moderiert, wie man Platten auflegt und Interviews führt...
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