Schweitzer Fachinformationen
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Wer ist Gott? Nähert man sich dieser Frage auf philosophischem oder theologischem Wege, kann die Antwort so gut wie überall ihren Ausgang nehmen. Geht man diese Frage jedoch mit Blick auf die Heiligen Schriften an, so müssen Antworten stets mit dem beginnen (und weitgehend bei dem bleiben), was die jeweilige Schrift uns über Gott berichtet. Diese Einschränkung lässt sich in etwa mit der Begrenzung eines Tennisplatzes vergleichen. So willkürlich sie sein mag, so können wir sie akzeptieren und sogar anerkennen, dass das Spiel ohne sie deutlich weniger Aufregung und Vergnügen zu bieten hätte. Natürlich verbringen Tennisspieler nicht ihr ganzes Leben auf dem Tennisplatz, und auch in diesem Buch werden wir hin und wieder eine Art »Auszeit« nehmen und zulassen, dass unsere Erörterung über einen streng begrenzten Vergleich der jeweiligen Texte von Bibel und Koran hinausgeht. Die Spielregeln verlangen einzig und allein, dass wir darauf hinweisen, wenn wir das tun.*1
Die Bibel und der Koran berichten uns viele Dinge über Gott, und in vielerlei Hinsicht stimmen sie überein, aber diese Übereinstimmung fällt nicht immer sofort ins Auge, denn in literarischer Hinsicht bedienen sich beide höchst unterschiedlicher Verfahren. Die Bibel erzählt eine epische Geschichte, beginnend mit der Erschaffung der Welt und der Zeit, und endend mit dem Ende der Welt und der Zeit. Allah, der im Koran spricht, kennt diese Geschichte gut, denn er beansprucht sie, ohne zu zögern, als Seine Geschichte. Seine Art zu sprechen impliziert, dass Mohammed, dem Er seine Offenbarung mitteilt, zumindest deren Hauptpersonen und wichtigste Episoden ebenfalls kennt. Wo der Koran mit der Bibel übereinstimmt, entfaltet er sich nicht als vollständige Neuerzählung der biblischen Geschichte, so als sei diese Geschichte nie zuvor erzählt worden, sondern eher als eine Reihe selektiver Berichtigungen und Erweiterungen einer bereits bekannten Erzählung.
Wo mehr Korrekturen erforderlich sind, hat Allah im Koran mehr zu sagen, wo weniger Korrektur erforderlich ist, hat er weniger zu sagen. Seine Korrektur ist selbstverständlich nie nur textlicher Natur, sondern immer und ausschließlich substantieller Art. Er bereitet keine überarbeitete Ausgabe des Bibeltextes vor, sondern berichtigt den Bibelinhalt, indem er die Geschichte, welche die Bibel erzählt, im Zuge der Übermittlung Seiner neuen, vollkommenen Schrift revidiert.
Die Schöpfung umfasst nicht ihren Schöpfer. Darin stimmen Bibel und Koran überein. Es gibt keine größere Wirklichkeit, die sowohl Ihn als auch sie umfassen würde. Die Zeit ist keine solche Realität; sie enthält Gott nicht. Auch der Raum enthält Ihn nicht. Er ist nicht Teil der raumzeitlichen Welt, denn Er hat die Welt geschaffen. Aber Gott hat Sein menschliches Geschöpf zu einem Teil Seiner Welt gemacht, und der menschliche Teil von Gottes Welt ging so ziemlich von Anfang an schief. Über diesen Teil der biblischen Geschichte hat Allah jede Menge zu sagen. Tatsächlich taucht das Thema im Koran immer wieder auf, und Allahs korrigierte Versionen der Geschichte dessen, was da falschlief, sind zwar in sich stimmig, fügen der Gesamtüberarbeitung aber verschiedene, mitunter ergänzende, mitunter auffällige Details hinzu.
Wer ist Gott? Sowohl die Bibel als auch der Koran erzählen uns davon in beträchtlichem Ausmaße durch das, was oder wer Er nicht ist. Die beiden Schriften stimmen zwar darin überein, dass Gott nicht die Welt ist, die Er geschaffen hat, sind jedoch unterschiedlicher Ansicht, welche Beziehung zwischen dem Schöpfer und Seinem menschlichen Geschöpf besteht. Das gilt vor allem für ihren jeweiligen Berichte »Of Man's first disobedience«, von des Menschen erster Schuld, um die unsterblichen ersten Worte von John Miltons Paradise Lost zu zitieren. Bei der Erzählung dieser Geschichte offenbart sich Allah quasi selbst in Seiner besonderen Beziehung zur Menschheit, so wie Jahwe das im biblischen Buch Genesis tut, wenn man es traditionell interpretiert. Unterschiedliche Nuancen bei der Darstellung des ersten Akts menschlichen Ungehorsams werden somit zu unterschiedlichen Nuancen darin, wie die jeweilige Schrift Gott selbst charakterisiert.
Eine wichtige koranische Erzählung dieser grundlegenden Geschichte findet sich in Sure 7,10-27, wo es zunächst heißt:
Wir verliehen euch Macht auf der Erde
und bereiteten darauf für euch Lebensunterhalt;
wie wenig seid ihr dankbar!
Wir erschufen euch, dann gestalteten wir euch.
Dann sprachen wir zu den Engeln:
»Werft euch vor Adam nieder!«
Da warfen sie sich nieder, außer Iblis -
er gehörte nicht zu denen, die sich niederwarfen. (Sure 7,10-11)
Der biblische Bericht von der Erschaffung der Welt und vom Ungehorsam der ersten Menschen findet sich in Genesis 1-3, ganz am Anfang der Bibel. Genesis 1, wo Elohim die Welt in sechs Tagen schafft, mit dem Höhepunkt der Erschaffung des ersten Menschenpaars, entspricht im Grunde Allahs »Wir verliehen euch Macht auf der Erde und bereiteten darauf für euch Lebensunterhalt«, doch Genesis 1 wendet sich nicht an ein »Ihr« und beschreibt einen Schöpfer, der nur eines erwartet, nämlich Gehorsam gegenüber seinen (und nur seinen) Befehlen: »Seid fruchtbar und vermehrt euch, und füllt die Erde, und macht sie euch untertan«. (Gen 1,28)
Doch zu Beginn von Genesis 2 ist die Erde seltsam leer von Menschen, Tieren und sogar Pflanzen. Es wirkt, als sei die Welt aus Genesis 1 nur halb fertiggestellt, und Gott fängt noch einmal von vorne an, diesmal als Jahwe, und beginnt auf halber Strecke mit dem ersten Menschen, statt ihn als letztes zu schaffen. Nachdem Er ihn aus Staub und Wasserdunst geformt hat, pflanzt Er einen Garten, erschafft dann die Tiere, denen das noch immer namenlose menschliche Geschöpf Namen geben darf, und erteilt schließlich Seinen Befehl:
Von jedem Baum des Gartens darfst du essen; aber vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, davon darfst du nicht essen; denn an dem Tag, da du davon isst, musst du sterben! (Gen 2,16-17)
Diese Anweisung impliziert, dass der Mensch, solange er sich von diesem einen Baum fernhält, nicht stirbt, Und tatsächlich erfahren wir am Ende von Genesis 3, dass der Garten einen »Baum des Lebens« enthält, dessen Früchte dem, der sie verspeist, Unsterblichkeit verleihen. Er gehört zu den Bäumen, von deren Früchten der Mensch jederzeit gerne essen darf.
In Genesis 2 fehlt etwas, was Sure 7 des Korans von Anfang an bestimmt - nämlich die Anwesenheit und Beteiligung der Engel und insbesondere des überragend wichtigen Satans. Ihre Einbeziehung hat zur Folge (was auf subtile Weise vielfach verstärkt wird), dass sich der Handlungsschauplatz von der Erde in den Himmel verlagert, wo Allah von Seinen Engeln begleitet wird. In Sure 7 fährt Allah fort, wobei Er nun von sich selbst in der dritten Person spricht:
Er sprach: »Was hielt dich davon ab, niederzufallen, da ich es dir befahl?«
Er sprach: »Ich bin besser als er.
Mich schufst du aus Feuer, ihn schufst du aus Lehm.«
Er sprach: »Steige herab aus ihm!
Es steht dir nicht an, dich in ihm hochmütig zu zeigen.
So geh hinaus!
Siehe, du bist einer der Geringgeachteten.« (Sure 7,12-13)
Sure 7 enthält keinerlei expliziten Hinweis auf die Erschaffung Adams aus Lehm, obwohl dieses Detail (zusammen mit einem weiteren wichtigen) an anderer Stelle im Koran erwähnt wird:
Als dein Herr zu den Engeln sprach:
»Siehe, ich will aus Lehm einen Menschen schaffen.
Wenn ich ihn dann wohlgestaltet
und von meinem Geist in ihn geblasen habe -
dann fallt vor ihm anbetend nieder!« (Sure 38,71-72; Hervorhebung von mir)
Adams Körper mag aus Lehm und derjenige Satans aus Feuer gemacht sein, doch der erste Mensch atmet mit dem Atem Allahs, und vielleicht verdient er aus diesem Grund die verehrende Anbetung der Engel (vielleicht aber auch nicht; siehe unten S. 61-62 Sure 2,30-33).
Widerwillig fügt sich Satan Allah an diesem Punkt, aber er schlägt Allah einen erstaunlichen Deal vor:
Er sprach: »Gib mir Aufschub
bis zu dem Tag, an dem sie auferweckt werden!«
Er sprach: »Siehe, du sollst einer derer sein, denen Aufschub gewährt ist.«
Er sprach: »Weil du mich in die Irre führtest,
so will ich ihnen nun besetzen deinen geraden Weg!
Dann werde ich sie angreifen, von vorne und von hinten
und von rechts und links.
Du wirst finden, dass die meisten von ihnen nicht dankbar sind!«
Er sprach: »Geh hinaus aus ihm, verachtet und verjagt!
Wer dir dann von ihnen folgt -
wahrlich, die Hölle werde ich anfüllen mit euch allen!«
Und: »Adam! Wohne du mit deiner Frau im Paradiesesgarten,
und esst von allem, was ihr wollt!
Doch naht euch diesem Baum da nicht,
sonst seid ihr Frevler!« (Sure 7,14-19)
Im Buch Hiob erlaubt Jahwe dem Satan, Hiob zu quälen, um damit zu Jahwes größerer Zufriedenheit zu beweisen, dass Hiob selbst unter Folter seinen Schöpfer niemals verfluchen wird. Hier gibt Allah Satan die Erlaubnis, Adam und seine Nachkommen von allen Seiten in Versuchung zu führen, sie von »deinem geraden Weg«, also dem des Islams, wegzulocken vom Augenblick der Erschaffung...
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