Schweitzer Fachinformationen
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Ein kalifornischer Sommer und ein hoffnungsvoller Neuanfang
Dawn möchte, gemeinsam mit ihrer sechsjährigen Tochter Lilly-May, auf dem Weingut ihrer Freundin im wunderschönen Carmel Valley einen schweren Schicksalsschlag verarbeiten und endlich zur Ruhe kommen. Doch mit der Ruhe ist es bereits vor ihrer Ankunft vorbei, als sie ein kleines verletztes Kätzchen von der Straße aufliest. River, der örtliche Tierarzt, kümmert sich um dessen Verarztung, doch das Tier benötigt weitere Pflege. Dawn kann diese zwar nicht leisten, aber sie läuft dem attraktiven Kalifornier trotzdem immer wieder über den Weg. Merkwürdigerweise führen diese Begegnungen dazu, dass ihr Herz jedes Mal völlig aus dem Takt gerät. Für solche Gefühle ist es gerade allerdings kaum der richtige Zeitpunkt. Aber kann man sich gegen die Liebe wehren, wenn sie vor einem steht?
»Von wegen, du fährst nicht gern Auto, was, Großer?«
Bro sitzt während der ganzen Fahrt stolz wie Oskar auf dem Beifahrersitz, die Nase und die flatternden Ohren im Wind.
Unser erster Stopp ist die Gästefarm der Hendersons. Während ich Betsys tragende Stute untersuche, legt der Hund sich brav in den Schatten neben meine Medikamententasche und wartet auf mich.
»Hast du einen neuen Assistenten?« Betsys Mundwinkel zucken belustigt.
Bro hat sein Kinn auf der geöffneten Tasche abgestützt und schnarcht.
»Den besten der Welt«, erwidere ich unverbindlich lächelnd und stecke die Hülle auf die Kanüle zwischen meinen Zähnen. Dann löse ich meinen Finger von der Einstichstelle an der Halsvene, nehme der Fuchsstute das Halfter ab und entlasse sie mit einem leichten Klaps auf die Weide. »Fertig.«
Als wüsste er genau, dass wir über ihn reden, hebt Bro den Kopf. Betsy wirft ihm ein Stückchen getrocknetes Rindfleisch zu, er schnappt es im Flug. Ich freue mich, dass die Medikamente bereits anzuschlagen scheinen. Mal abwarten, wie lange es vorhält.
»Guter Junge«, lobt Betsy. Aber sie sieht mich dabei an, mit diesem vertrauten, flirtbereiten Betsy-Blick. »Ich hoffe, wir sehen uns öfter.«
»Das entscheidet Bros Herrchen.«
»Ist das so? Wie schade .«
Ich gehe nicht darauf ein.
Betsy nimmt mir das Halfter ab und hängt es sich über die Schulter. Sie weiß sich in Szene zu setzen. Jede ihrer Bewegungen wirkt wie lange vor dem Spiegel eingeübt. Sie hat längere Beine als ihre Stute und ist fast genauso braun, dabei hat der Sommer erst begonnen. Zu den abgetragenen Boots trägt sie knappe Shorts und ein vor dem Bauch verknotetes Karo-Hemd. Zwei geflochtene braune Zöpfe lugen unter einem gefilzten Hut mit breiter Krempe hervor und reichen ihr bis knapp über die Schultern. Sie sieht aus, als sei sie einem Hochglanzwerbeprospekt für texanischen Tourismus entsprungen. Genau das ist es vielleicht, was mich davon abhält, etwas mit ihr anzufangen. Es passt einfach nicht. Und wenn es schiefginge, hätte ich obendrein eine gute Kundin weniger.
Betsy hat wechselnd zehn bis zwanzig Pferde in ihrem Bestand, die sie im Reitbetrieb ihrer Gästefarm einsetzt. Außerdem züchtet sie, ihre Fohlen sind begehrt und bringen ihr anständig Geld ein.
»Du findest immer einen Grund, weswegen es nicht passt«, behauptet Marge. Aber das stimmt nicht. Es muss klicken, Punkt. Außerdem fehlt mir nichts. Ich bin zufrieden mit meinem Leben. Ich habe alles, was ich brauche - und mehr als das.
Ich wedle mit den gefüllten Röhrchen und lege sie in den Styroporbehälter, den ich für solche Zwecke dabeihabe. »Ich bringe die Blutprobe gleich runter nach Monterey. Wenn was ist, melde ich mich. Die Ergebnisse sollten morgen da sein. Wenn du nichts von mir hörst, ist alles bestens.«
»Du kannst mich jederzeit anrufen, River.«
»Gut zu wissen.« Ich zwinkere ihr zu, schnappe mir meine Ausrüstung und gehe zum Wagen.
Bro folgt mir auf dem Fuß.
»Warte. Ich hebe dich rein. Aber erst brauche ich freie Hände.«
Gehorsam setzt sich der Rüde hin und beobachtet, wie ich die Tasche auf dem Rücksitz verstaue. Doch kaum, dass ich die Tür zugeschlagen und die Fahrertür geöffnet habe, springt er auf den Sitz und turnt auf seine Seite hinüber.
»Wie der Herr, so der Hund«, brumme ich. »Das Hüftröntgen können wir wohl noch ein wenig aufschieben.«
Es dauert keine drei Minuten, dann ist die Blutprobe von Betsys Stute mit dem korrekten Formular an der korrekten Stelle im Labor in Monterey.
Feierabend!
»Jetzt fängt der wirklich coole Teil des Tages an, Bro!«, verspreche ich dem alten Rüden, der sich auf meinem Beifahrersitz zusammengerollt hat.
Gleich am Ortseingang von Carmel-by-the-Sea entdecke ich eine mobile Eisdiele. Eigentlich wollte ich noch ein Stück weiterfahren, aber am Sunset Beach sind Hunde auch erlaubt, es scheint kaum etwas los zu sein, und dann gibt es noch frische Eiscreme - das sind gleich drei schlagende Argumente. Also schwenke ich auf einen der wenigen noch freien Parkplätze, schnappe mir Bros Leine, und wir steigen aus.
»Jetzt genießen wir unseren freien Nachmittag! Und darum verordne ich uns als Erstes ein Eis, kombiniert mit bester Strandluft. Keine Bange, ich bin Tierarzt, ich darf das. Was hältst du davon? Das haben wir uns verdient, oder?«
Bro hechelt zustimmend.
Die Betreiberin des Eiskarrens hat einen Teil unseres Dialogs mitbekommen und versichert mir, dass sie das Eis selbst herstellt: »Absolut hundetauglich, es besteht nur aus frischer Wassermelone und Naturjoghurt. Alles bio, keine Geschmacksverstärker, keine Farbe oder Süßstoffe.«
»Wunderbar. Dann hätte ich das auch gern! Zweimal in der Waffel, bitte.«
Sie lacht, als sie mir meine Bestellung reicht.
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Bro nun eher mir folgt oder der tropfenden Eiswaffel, jedenfalls weicht er nicht von meiner Seite. Surfbretter, Babygeschrei, eine Mutter, die mit ihrer Tochter durch die Wellen tobt - interessiert ihn alles nicht.
Wir machen es uns unter einer der fedrigen, windgebeugten Zedern gemütlich, die so typisch für die Region hier sind, atmen die salzhaltige Luft ein und essen gemütlich unser Eis.
Es liegt noch etwas anderes in der Luft, ein beinahe kitschig-süßlicher Hauch. Vielleicht ist es der Rosenduft, den der Wind von den Gärten der Strandvillen zu uns herüberträgt. Er macht mich nachdenklich, aus einem Grund, den ich nicht wirklich fassen kann. Vielleicht ist es das Gespräch mit Bros Herrchen vom Vormittag, das noch in mir nachwirkt.
Bro ist das egal. Er schleckt und schlabbert seinen gefrorenen Melonenjoghurt brav aus meiner Hand. Natürlich ist er lange vor mir fertig - obwohl er artig aufs Kauen verzichtet hat. »Das darf man nämlich nicht. Ganz schlecht für die Zähne«, habe ich ihm erklärt, als er sich beim ersten Happs alles schnappen wollte.
Ich betrachte den alten Rüden. Er ist grau um die Nase, seine Augen sind eingetrübt, aber nun wachsam auf meine Waffel geheftet. Er sabbert ein wenig, weil er mir gern dabei helfen würde, sie zu vertilgen. Seine Rippen heben und senken sich schnell und angestrengt unter dem schütteren Fell - immerhin regelmäßig und weit besser als am Vormittag bei der Untersuchung. Ich kann nicht einschätzen, wie viel Zeit ihm noch bleibt, und ich mache mir zusätzlich Gedanken um Stan. Er hängt unglaublich an dem Hund, auch wenn er noch so hart tut.
Als ich tief seufze, springt Bros Blick ganz kurz zu mir, dann fokussiert er wieder das Eis.
Zu viel Trübsinn an einem so sonnigen Tag.
Lächelnd nehme ich einen letzten Bissen Eis, dann halte ich Bro den Rest hin und sehe ihm dabei zu, wie er mit vor Verzückung halb geschlossenen Augen Eis, Waffel und meine Finger abschleckt. »Gönn dir was Gutes, Kumpel.«
Von Hunden kann man wirklich lernen, im Augenblick zu leben und das zu genießen, was ist - ohne Einschränkung.
Sand knirscht. Die Mutter mit dem Kind geht an uns vorbei zurück zum Parkplatz. Die beiden triefen vor Nässe. Die Kleine hüpft fröhlich an ihrer Hand. Aus den prallvollen Taschen ihrer Shorts fällt ab und zu eine Muschel oder ein kleines Steinchen heraus, sie bemerkt es nicht. Dafür fallen ihr Bro und ich ins Auge. Kinder in dem Alter können das auch, stelle ich fest, ganz in der Gegenwart sein. Kurz begegnen sich unsere Blicke, sie lächelt scheu, aber ihre Aufmerksamkeit gilt dem Hund.
»Darf ich auch ein Eis?«, höre ich die Kleine fragen.
Ich grinse in mich hinein.
»Blaubeerjoghurt war der Deal«, antwortet ihre Mom. Sie klingt müde.
Ich kraule Bro das Fell. Er schleckt immer noch, obwohl das Eis längst Geschichte ist. »Wie sieht es aus, drehen wir eine Runde? Auch wenn du sicher meinst, das wäre nicht mehr nötig nach deiner Vorarbeit, aber ich würde gern meine Hände im Wasser abspülen. Und ein bisschen Bewegung wird uns beiden guttun.«
Der Sonnenuntergang ist wunderschön. Bro hat allerdings mehr Interesse an den Möwen, die am Meeressaum rasten, bevor sie sich wieder in die laue Abendluft erheben. Ich habe mir die Schuhe ausgezogen und sie an den Schnürsenkeln über meine Schulter gehängt. Wir halten Abstand zu den Surfern und den Touristen und schlendern gemächlich durch den festen, feuchten Sand, weit genug weg von der Brandung, damit uns keine Welle erwischt, nah genug, dass wir ab und zu ein wenig Gischt abbekommen.
Als der Himmel sich knallorange gefärbt hat und die Sonne hinterm Horizont verschwunden ist, treten wir den Rückweg zum Parkplatz an.
Ich spüle Bro und mir das Meerwasser an einem der dafür vorgesehenen Wasserhähne ab. Ich habe nicht daran gedacht, ein Handtuch mitzunehmen. Bro schüttelt sich einfach, ich bekomme Sand und Wassertropfen ab. Hund müsste man sein. Ich reibe mir mühsam hartnäckige Krümel von den Fersen und Zehen. Dann gehe ich barfuß über den Asphalt zum Auto.
»Diesmal wartest du, versprochen?«
Bro setzt sich, als ich die Beifahrertür öffne und eine alte Pferdedecke auf dem Sitz ausbreite. Er klettert mit den Vorderpfoten auf die Schwelle und erlaubt mir tatsächlich, ihn hineinzuheben.
»Guter Junge«, lobe ich. »War ein langer Tag, stimmt's? Danke für den Ausflug! Ohne dich wäre ich nicht so lange geblieben.«
Als ich um den Wagen herumgehe, streift mein Blick einen weißen Van, der in erster Reihe geparkt ist. Ein Klapptisch und Stühle stehen vor der verschlossenen...
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