Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
3Ein kurzer Überblick über die weiteren Förderschwerpunkte
Eine positive Einstellung zur schulischen Inklusion gilt als Voraussetzung für einen erfolgreichen inklusiven Unterricht. Dies reicht aber häufig nicht aus, um mit den vielfältigen Bedürfnissen der Sporttreibenden gerecht zu werden. Das Gelingen von inklusiven Sportangeboten ist also auch an eine fachliche Expertise in den entsprechenden Förderschwerpunkten geknüpft.
Der Förderschwerpunkt "Sehen" ist mit einem Anteil von nur 1,7 % die am seltensten auftretende Beeinträchtigung im schulischen Kontext (Hollenbach-Biele/Klemm 2020; Abb. 7). Trifft man in der Praxis jedoch auf einen Schüler bzw. eine Schülerin mit Blindheit oder einer Sehbeeinträchtigung, so sind spezifische Unterstützungsmaßnahmen häufig zwingend notwendig. Besonders beim Förderschwerpunkt "Sehen" ist also eine entsprechende (sonderpädagogische) Expertise notwendig, um den entsprechenden Schülerinnen und Schülern die Teilhabe am Unterricht zu ermöglichen. Einzelne Förderschwerpunkte treten zudem selten isoliert voneinander auf. In der Praxis sind es häufig zusätzliche Förderbedarfe, die neben dem Förderschwerpunkt "Sehen" eine Rolle spielen können. Die überwiegende Zahl der Kinder und Jugendlichen (ca. 60-70 %), die an Schulen mit dem Förderschwerpunkt "Sehen" gefördert werden, haben eine Mehrfachbehinderung (Hudelmayer 2006).
Die Aufspaltung des uneinheitlichen Behinderungsbegriffes in verschiedene Förderbedarfe bzw. -schwerpunkte ist nicht unproblematisch, und kann ebenso zu Stigmatisierungen führen (Guardiera/Leineweber 2015). Es kann fälsch-licherweise der Eindruck entstehen, dass es sich beim Förderschwerpunkt "Sehen" um eine in sich homogene Gruppe handelt. Innerhalb dieser "Kategorie" gibt es jedoch sehr vielfältige Beeinträchtigungen (Augenerkrankungen) und unterschiedliche Ausprägungen (z. B. Grad der Sehstärke), die die Teilhabe auf unterschiedliche Art und Weise beeinflussen können.
Die folgende Aufstellung soll lediglich einen groben Überblick über die gängigen Förderschwerpunkte bieten. Ziel ist es, zu verdeutlichen, dass die einzelnen Förderschwerpunkte sehr vielfältige Ausprägungen haben können und eine entsprechende sonderpädagogische Expertise zum Umgang mit Schülern und Schülerinnen mit unterschiedlichen Förderbedarfen unbedingt notwendig ist. Es besteht dabei ausdrücklich kein Anspruch auf Vollständigkeit, da eine detaillierte Aufstellung der Förderschwerpunkte den inhaltlichen Rahmen dieser Publikation sprengen würde. Ausführliche Informationen zu den einzelnen Förderschwerpunkten finden sich in der entsprechenden Fachliteratur (z. B. bei Giese/Weigelt 2017).
Abb. 7: Anteil der Schülerinnen und Schüler verteilt nach Förderschwerpunkten im Schuljahr 2018/2019 (nach HollenbachBiele/Klemm 2020)
Giese, M., Weigelt, L. (2017): Inklusiver Sport- und Bewegungsunterricht. Theorie und Praxis aus Sicht der Förderschwerpunkte. Meyer & Meyer, Aachen
Hedderich, I., Biewer, G., Hollenweger, J., Markowetz, R. (2015.): Handbuch Inklusion und Sonderpädagogik. UTB, Bad Heilbrunn
3.1Lernen
Kinder und Jugendliche mit dem Förderschwerpunkt "Lernen" stellen die mit Abstand größte Gruppe mit sonderpädagogischem Förderbedarf dar (Abb. 7). In diesem Förderschwerpunkt sind erhebliche Beeinträchtigungen im Lernen, der Sprache sowie in der emotionalen und sozialen Entwicklung zu beobachten, die sich häufig gegenseitig verstärken und langandauernd sind.
Schwerwiegende Defizite beim Schriftspracherwerb und Rechnen führen nach entsprechender Diagnostik zu dieser Klassifikation. Ursache ist meist eine gering ausgeprägte allgemeine Intelligenz, die neben den neurologischen Leistungsvoraussetzungen häufig auf Sozialisationsfaktoren zurückzuführen ist. Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt "Lernen" kommen häufig aus sozial-ökonomisch benachteiligten Milieus, mit einem weniger lernförderlichen Umfeld (Werning 2015). Viele nationale und internationale Studien zeigen, dass gerade Kinder und Jugendliche mit dem Förderschwerpunkt "Lernen" vom gemeinsamen Unterricht in Regelschulklassen profitieren (Hattie 2009).
Sportdidaktische Hinweise: In Bezug auf den Sportunterricht sind grundsätzlich alle üblichen Inhalte umsetzbar. Sport und Bewegung kann gezielt zur Persönlichkeitsentfaltung genutzt werden. Mögliche Schwerpunkte liegen auf sozialen Faktoren wie das Treffen von Absprachen, das Einhalten von Regeln und das Einbringen in die Gemeinschaft. Soziale Kompetenzen können z. B. verstärkt in Form von kooperativen Lernarrangements (Bähr 2005) gefördert werden.
Hinsichtlich der Gestaltung der Lernumgebung sind folgende Aspekte wichtig:
■klare Strukturen und Regeln,
■geschützte Räume (z. B. durch äußere Differenzierung),
■Modifikationen bei Spielen mit komplexem Regelwerk (z. B. die Verringerung der Spieleranzahl),
■klare sprachliche Anweisungen
■sowie visuelle Unterstützung (z. B. durch Regelplakate, Stationskarten, Symbole).
3.2Geistige Entwicklung
Auch hier handelt es sich um eine sehr heterogene Gruppe, häufig liegen Überschneidungen zu anderen Förderbedarfen vor (besonders zum Förderbedarf "körperliche und motorische Entwicklung"). Der Begriff der (geistigen) Behinderung wird im fachlichen Diskurs aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven beschrieben (Fornefeld 2009) und umfasst u. a. medizinische, soziologische und pädagogische Sichtweisen. Anlehnend an das Klassifikationsmodell der "International Classification of Functioning, Disability and Health" (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO 2002) wird der Begriff zunehmend unter einer bio-psycho-sozialen Perspektive betrachtet. Menschen mit dem Förderbedarf "geistige Entwicklung" benötigen häufig über die gesamte Lebensspanne hinweg Hilfe zur Persönlichkeitsentfaltung. Dies umfasst vor allem die lebenspraktische Ausbildung, das Sozialverhalten, die Selbstständigkeit und das Herausbilden einer "Ich-Identität". Zu den häufigen Ursachen einer geistigen Beeinträchtigung gehören u. a. genetische Faktoren (z. B. durch eine Chromosomenstörung verursacht wie das Down-Syndrom), Sauerstoffmangel bei der Geburt oder auch Schädigungen nach der Geburt.
Sportdidaktische Hinweise: Aufgrund der kognitiven Beeinträchtigungen der Kinder könnten die folgenden Hinweise im Sportunterricht hilfreich sein:
■Motivation zur Bewegung durch rhythmische und musikalische Unterstützung sowie Bewegungsgeschichten,
■Verwendung von Ritualen (Schuppener 2017), z. B. Fantasieund Entspannungsreisen zum Abschluss jeder Sportstunde,
■Einsatz von Bewegungsbaustellen- und Bewegungslandschaften (u. a. Miedzinski/Fischer 2006; Mayr 2006),
■Nutzung leichter Sprache,
■Einsatz von Materialien zur Unterstützten Kommunikation (UK), wie etwa die Verwendung von Piktogrammen (z. B. METACOMSymbole, Kitzinger 2023) zur visuellen Verdeutlichung von Stundenabläufen und dem Aufbau von Sportgeräten,
■Reduzierung der Komplexität von Spielen (vereinfachtes Regelwerk),
■Strukturierung der Lernumgebung (klare Kennzeichnung von Spielfeldern), motivierendes und auffälliges Spielmaterial, ggf. Einsatz langsamer Bälle aufgrund einer langsameren Reaktionsfähigkeit,
■Herausbildung grundlegender Fähigkeiten in den Bereichen Motorik und Wahrnehmung durch psychomotorische Bewegungsangebote (Fischer 2024)
■und flexible Anpassung der Unterrichtsorganisation durch erhöhte multiprofessionelle Kooperation (Gruppenaktivitäten und Einzelförderangebote, z. B. auch therapeutische Förderung, Basale Stimulation je nach individuellem Förderbedarf).
3.3Emotionale und soziale Entwicklung
Die Begriffsbildung im Förderschwerpunkt "Emotionale und soziale Entwicklung" wird nach wie vor kritisch diskutiert (Markowetz 2018). Kinder und Jugendliche, die diesen speziellen Förderbedarf aufweisen, sind in ihrer psycho-sozialen Entwicklung stark beeinträchtigt. Der Förderschwerpunkt umfasst Verhaltensweisen, die stark von der gesellschaftlichen Norm abweichen. Diese Verhaltensauffälligkeiten und emotionalen Störungen können u. a. körperlich-organische Beeinträchtigungen...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.