Schweitzer Fachinformationen
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Vitus wagt kaum zu atmen, als ihm der Hammerherr seinen Vorschlag unterbreitet. Bisher hat er hauptsächlich Sägewerke und Bauernhäuser aus allen Perspektiven gemalt, Mühlen mit sich wild drehenden Mühlrädern oder Weizenfelder und Frauen bei der Heuernte, wobei die Ernte stets das dominierende Element war. Nur selten wird er gebeten, Gesichter zu verewigen. Eine Landschaft hält still. Man muss nichts großartig arrangieren, höchstens hie und da eine klitzekleine Beschönigung auf die Leinwand bringen. Arbeitende Menschen dagegen haben kaum Zeit, innezuhalten. Schon gar nicht die vielen Stunden, die es für ordentliche Porträts braucht. Es wird angepackt, nicht dem Müßiggang gefrönt und dagesessen, damit am Ende eine Bauernfamilie in ihrem schönsten Gewand an der Wand hängt. Schade um die Zeit und das Geld - das ist es, was die Menschen denken.
Wieder lächelt Vitus selig. Oscar Schneeberg hat ihm seine Idee tatsächlich auf dem Kirchenvorplatz präsentiert. Einfach so. Im Vorübergehen. Er bat ihn, ihn zu besuchen. Morgen am späten Vormittag. »Öl auf Leinwand«, murmelte der Mann und verabschiedete sich dann.
Vitus starrt dem Hammerherrn ein Loch in den Rücken, sieht ihm mit offenem Mund hinterher. Auch jetzt kann er es noch nicht glauben. Er darf etwas für Oscar Schneeberg malen. Etwas, das für immer und ewig an der Wand hängen wird. Etwas, das mit seiner Signatur versehen ist.
Vitus zittert vor Freude und Aufregung. Er muss seine Nervosität unbedingt in den Griff bekommen. Grinsend genießt er die Blicke der Windischgarstner und macht sich dann raschen Schrittes auf ins Wirtshaus. Sie werden ihm ohnehin alle nachrennen und ihn löchern. Dessen ist sich Vitus sicher.
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Korbinian hatte die Sakristei verlassen, wo der Pfarrer in einer Art Schockstarre zurückgeblieben war. Plötzlich hatte er Lust darauf, sich ins Wirtshaus zu setzen und die Wirkung seines Kurzbesuchs, der bloß Erinnerungen wecken sollte, bei einem Krug Bier zu genießen. Dann aber war ihm Magdalena in den Sinn gekommen. Die Frau würde bestimmt auf Geheiß des Pfarrers für Ordnung in der Kirche sorgen müssen. Er wollte sie dabei überraschen. Also hatte Korbinian seine Richtung geändert und schlich sich zurück in die Kirche.
Er war überrascht, denn in einer der vorderen Reihen saß Oscar Schneeberg. Sein Dienstherr schien tief ins Gebet versunken, bemerkte ihn nicht. Geduldig wartete Korbinian hinter einer der Säulen, bis der Mann endlich die Kirche verließ. Erst dann ging er zum Beichtstuhl, um sich darin zu verstecken.
Nun sitzt Korbinian geduldig in der dunklen, muffigen Zelle, die gewöhnlich den reuigen Schäfchen vorbehalten ist. Er ärgert sich. Wenn die Menschen hier nur wüssten, wie hörig ihr Priester dieser Frau ist. Erst kürzlich beobachtete er die beiden. Unglaublich, wie liebevoll der scheinheilige Matthias mit seiner Helferin umging. Den Wäschekorb schleppte er ihr hinterher. Er benahm sich wie ein Schuljunge, der seine Lehrerin verehrte. Versteckt hatten sie sich hinter den im Wind flatternden Tüchern. Es brauchte nicht viel Phantasie, um sich auszumalen, was dahinter geschah. Zwei Menschen, die sich eng aneinanderdrückten, deren Fußspitzen sich beinahe berührten, reichten sich nicht nur Wäscheklammern, um feuchte Socken aufzuhängen. Die tauschten mit Sicherheit Umarmungen und Küsse aus. Es wäre furchtbar naiv, anderes zu denken.
Verärgert über das unmoralische Verhalten des Pfarrers, hat er daraufhin Gerüchte gestreut. Längst vermuteten die Leute im Dorf ein Verhältnis zwischen dem Pfarrer und seiner Köchin. Noch wagte niemand, es laut zu verkünden, allerdings würde man die Windischgarstner bald beim Einkaufen tuscheln hören. Oder beim Arzt. Oder wenn sie ihr Vieh bewerteten und verkauften.
Im Beichtstuhl wartend, denkt er darüber nach, dass alles nur eine Frage der Zeit ist. Dass beim Tod von Magdalenas Mann nichts mit rechten Dingen zugegangen sein kann. Dass das Weib bestimmt Dreck am Stecken hat. Und nun mit dem Pfarrer anbandelt. Was wird als Nächstes kommen? Erpressung.
Dann zuckt Korbinian zusammen, er hört Schritte, drückt sich alarmiert an die Rückwand der Kabine. Endlich öffnet sich die Tür, und vor ihm steht des Pfarrers Herzchen und starrt auf seine Schuhe. Noch bevor Magdalena etwas sagen kann, bringt er sie in seine Gewalt.
Korbinian grinst, während er die auf die Kniebank hingesunkene Frau betrachtet und seine Hose im Schritt aufknöpft. Erpressung liegt auch ihm. Er kann davon nur profitieren.
Roh zerrt er die ohnmächtige Magdalena hoch und drückt mit fester Hand das hölzerne Gitter ein, das die Zelle des Pfarrers von der Kabine der Beichtwilligen trennt. Er schiebt den Oberkörper der Bewusstlosen grob durchs Fenster ins Priester-Abteil, packt sie bei den Hüften und zieht ihr Kleid hoch. Mit einem Ruck zerreißt er ihre Unterhose, wühlt sich in das weiche Fleisch zwischen ihren Beinen, hört sie jämmerlich klagen, was ihn nur noch mehr erregt. Soll sie ruhig zu sich kommen und kämpfen. Ihr rebellisches Verhalten steigert seine Lust.
Seine Hose gleitet zu Boden, er stößt zu, erwartet, dass sie sich widersetzt, was ihr jedoch nur schlecht gelingt, denn ihre Arme befinden sich auf der anderen Kabinenseite. Fest hält er ihre Hüften umklammert. Sie kann nicht vor und nicht zurück. Das Luder entkommt ihm nicht.
Doch nichts passiert. Sie schweigt still. Ist die Frau denn immer noch bewusstlos? Korbinian ist enttäuscht. So hat er sich das nicht vorgestellt. Er zieht sich zurück. Mit der flachen Hand schlägt er ihr hart auf die weiche Rundung ihres Hinterns. Keine Reaktion. Für einen Augenblick überlegt er, von ihr abzulassen. Dann aber gibt sie einen eigenartigen Laut von sich, ihr rechter Arm zuckt hoch, sie will sich wehren, und Korbinian grinst.
»Das wird ein Spaß, meine Schöne«, knurrt er und dringt brutal in Magdalena ein. »Du bekommst jetzt, was du verdienst. Und ich verspreche dir: Deinen frevelhaften Liebhaber hol ich mir auch noch.«
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Der Druck auf meinem Mund nimmt zu. Auch meine Nasenlöcher werden von der Pranke zugedrückt, die sich auf die untere Hälfte meines Gesichts presst. Ich ringe schwer nach Luft. Endlich lässt er locker. Ich keuche, versuche zu schreien, kann es aber nicht. Kein Ton kommt über meine Lippen. Mein »Nein, nein, nein!« formt sich nur in meinem Kopf.
Vor mir sehe ich das rote Kissen auf der Bank, auf der Matthias sonst während des Beichtgesprächs sitzt. Ich erkenne den dunkelbraunen Holzboden und einen Teil der Vertäfelung des Beichtstuhlinneren. Für einen Moment wundere ich mich, wie ich in diese Lage gekommen bin, bis ich begreife, dass mein Oberkörper durch das Beichtfenster geschoben wurde, während sich mein restlicher Körper noch in der Seitenkabine befindet. Schließlich verschwimmt alles vor meinen Augen, und eine schwere Wolke senkt sich auf mich. Ich weiß nicht, wie es mir gelingt, mich tief in mein Innerstes zurückzuziehen, während der Mann mir Gewalt antut, aber alles in mir stumpft plötzlich ab. Es ist mein Körper, an dem er sich vergeht, aber ich bin nicht in diesem Körper. Gleichzeitig überfällt mich panische Angst, und ich denke, ich werde sterben. Dabei will ich doch nur leben.
Nachdem er fertig ist mit seinem schändlichen Akt, zerrt er mich zurück in den Seitenteil des Beichtstuhls. Ich sacke zu Boden, will in irgendeinem Loch verschwinden, aber er gibt keine Ruhe, reißt mich hoch. Zuerst schlägt er mich auf die eine Wange, dann auf die andere. Meine kaum hörbaren Klagelaute lassen ihn für wenige Augenblicke innehalten. Er wartet. Sein Atem ist das einzige Geräusch in der Kabine. Neben dem Schlagen meines Herzens, das vor Angst derart rast, dass es schmerzt. Ich halte die Augen geschlossen und sinke erneut schlaff zusammen. Was wird er mit mir anstellen, wenn ich die Augen öffne? Was passiert, wenn ich ihm ins Gesicht sehe und ihn erkenne? Ich will das nicht, denn ich bin mir sicher, er würde mich totschlagen, weil ich später mit dem Finger auf ihn zeigen könnte.
Außerdem weiß ich ohnehin, wer er ist. Sein Geruch verrät ihn. Ein Geruch, den ich zuvor schon vereinzelt wahrgenommen habe. Einmal im Gasthaus, als ich in Matthias' Auftrag eine Einladung zur Erstkommunion des jüngsten Wirtskindes überbrachte. Ein anderes Mal am Friedhof, als er sich zu dicht neben mich stellte. Dann noch ein weiteres Mal, als ich in der Kirche an dem grün gekleideten Mann vorüberging, der in einer der letzten Reihen auf der Männerseite saß. Mein Vergewaltiger ist der Jäger des Hammerherrn, der seit Ende des letzten Jahres in dessen Diensten steht.
Es kann insgesamt nur wenige Minuten gedauert haben. Mir schien die Tortur elend lang. Ekel und Wut überschwemmen mich. Schreien möchte ich. Ihn beißen und kratzen. Doch ich bringe keinen Ton heraus, und mein Körper ist so schwach, als wäre ich krank. Ich fühle mich wie lebendig begraben.
Noch ist mein Martyrium nicht vorüber: Er schüttelt mich, zieht mich erneut zu sich heran und prüft, ob ich noch atme. Einen Moment lang fürchte ich, dass er sich noch einmal an mir vergehen will. Er zerrt grob am Oberteil meines Kleides, sodass die Knöpfe abspringen und der Stoff reißt. Meine mangelnde Gegenwehr frustriert ihn, er schnaubt grantig, lockert seinen Griff und lässt endlich von mir ab, worauf ich einfach zu Boden sinke. Ich bin für ihn nicht besser als ein zerfetztes Kleidungsstück, das nicht mehr wert ist, geflickt zu werden.
Ich verharre still und warte, bis er endlich aus der Tür ist und sie fest hinter sich zudrückt. Erst als die Kirchentür krachend ins Schloss fällt, beginnt dieses Wimmern, von dem ich nicht glauben kann, dass es von mir kommt. Meine Stimme ist mir so...
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