Schweitzer Fachinformationen
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Das Vorspiel zum eigentlichen Bergjagern hatte stets seinen gleichen stimmungsvollen Ablauf: Die Anreise durchs Salzburger Land, der Heimat meiner Ahnen, die Fahrt über den Radstädter Tauernpass mit meterhohen Schneemauern längs der Straße und sodann frisch hinab in den frühlingshaften Lungau mit grünen Wiesen voll buttergelbem Löwenzahn. Zunächst, wie immer, der obligatorische Antrittsbesuch beim Revierleiter, dem Tierarzt Dr. Noggler in Mariapfarr. Es war stets ein freudiges Wiedersehen mit dem alten Weidmann. Die Praxis voll wunderlicher Instrumente und in Spiritus eingelegter Abnormitäten lag im ersten Stock seiner großen Villa. Die Wände der breiten Stiege dort hinauf waren dicht an dicht bestückt mit Auer- und Spielhahnpräparaten. Alle nur "Schar und Stingl", also kein balzender Vogel auf flechtenbehangenem Ast, sondern nur Brust und Schar der Hahnen mit den weitgespreizten krummen Federn. Dazwischen lugten Mankeiköpfe aus imitierten Felslöchern. Genussvoll nahm ich Stufe um Stufe und ließ die unvergessliche Szenerie wie als Einstimmung auf erhoffte Beute an mir vorbeiziehen.
Eine gute Weile verging mit dem Erzählen, was sich jagdlich in der Zwischenzeit hier und "drauß' in Deutschland" so ereignet hatte. Der "alte Herr", ein Mittfünfziger mit einem markanten, spiegelblanken Charakterkopf war für mich jungen Hupfer mit gerade einmal 22 Jahren eine würdige Person, zu der man ob deren Erfahrung aufschauen konnte.
In den vielen darauffolgenden Jahren, wenn ich zu meinem Antrittsbesuch bei ihm einkehrte, und manchmal draußen ein besonders grausiges Wetter herrschte, gab er mir den unvergesslichen Rat mit: "Na, dees waar nix fir mi. Aans, Bua, muast dir merk'n, 's Jagern muaß oiwei lustig sei!"
Meine Ankunft hatte er bereits Tage zuvor meinem bewährten Pirschführer, dem "Roda-Vota" angekündigt. Zum Glück übersetzte niemand seinen Namen ins holprige Schriftdeutsch: "Rader-Vater." Auch nannte man ihn nach seinem Hausnamen "beim Max" schlicht "da Mox".
Wir hatten in den Jahren zuvor so manchen Pirschgang gemacht, wobei er mir die verschwiegenen Plätze und Steige zeigte, sodass ich auch oft allein zur Gamsjagd gehen konnte. Im Jahr unseres Kennenlernens erlegte ich mit dem rüstigen "Siebz'ger" meinen ersten Spielhahn. Dabei ereignete sich das "Drama" des Verlusts seiner unentbehrlichen Tabakspfeife, seinem "Tschibuk". Das liebe alte Manndl jammerte so herzbrechend um das Lieblingsstück, dass ich nochmals, leider vergeblich suchend, den weiten Aufstieg zum morgendlichen Balzplatz machte. Anderntags kaufte ich ihm in Tamsweg einen neuen Tschibuk mit langem Rohr aus Rosenholz. Unvergesslich, wie das runzelfaltige G'sichtl des Alten vor Glück strahlte. Seitdem hieß dieser Hahn in meiner Erinnerung immer nur der "Tschibuk-Hahn". Und heuer wollte ich mit ihm oben am Granitzl nach dem starken Platzhahn schauen, den ich im Vorherbst beim Gamsjagern bei der Herbstbalz entdeckt hatte.
Dieser Bergrücken, von einzelnen Zirben und Lärchen begrünt, war für Hirsch und Gams ein weiter freier Einstand, wo jede menschliche Annäherung früh, oft allzu früh eräugt wurde. Beerkraut bot reiche Äsung für Birk- und Auerwild. Doch nur selten sah man hier die Großen Hahnen, denn der Adler kam oft schnell und unverhofft über den Grat im Tiefflug herangeschossen.
Der Winter war schneereich zu Ende gegangen. Doch schon der April und die ersten Maitage waren sommerlich warm, und die Sonne ließ hier heroben nur noch ein paar Schneefleckerl übrig. So hoffte ich, der Weg hinauf wäre für die ersten drei- bis vierhundert Höhenmeter schon befahrbar.
Auf dem Weg ins Revier liegt der kleine Weiler mit dem "Mox'n-Hof", dem bäuerlichen Daheim meines alten Jagdfreundes. Wie erhofft, stand er bereits heraußen, wohl mit einer kleinen Arbeit beschäftigt. Aber wie schaute er aus! Noch gebückter als sonst, noch mehr zusammengeschnurrt wie ein alter Apfel war sein liebes G'schau. Traurig hing sein weiß gewordener Schnauzbart herab. Und das Ärgste war - kein Tschibuk klemmte mehr in seinem Mundwinkel.
"Mei, Bua, i moan desmoi muast allans geh'! I bi' neama ganz extra. A klans Schlagerl hob i ghobt, und de Fiaß loss'n a scho aus. 's Jagern is mir a rechter Tschoch". (eine rechte Plage)
Er gestand mir, dass er keinen Hahn ausgemacht habe, die Steigerei könne er nun nicht mehr machen. Jetzt erzählte ich ihm von meiner Beobachtung vom Vorjahr und fragte ihn, was er vom Granitzl halte.
"Jo, Bua, des probierst", stimmte er zu. Nur mit dem Hausen in seinem alten, ein wenig talwärts abgerutschten Hütterl, dem "Mox'n Hüttl", gäbe es ein Problem. Von dort aus käme ich nur schwer aufs Granitzl. Am besten wäre es, ich würde droben in der jetzt noch nicht von Almleuten besetzten Granitzlhütte bleiben. Da hätte ich es am Morgen nicht allzu weit zu den vermuteten Balzplätzen.
"Den Schlissl zur Hüttn find'st leicht unterm Brünndl herausd am Treet (eingezäunter Hüttenvorplatz). Grod unter a'm (einem) großn Stoa. Und hinauffahr'n müssat leicht geh', mit 'm Schnee is neama so arg."
Abschiedwinkend entließ er mich mit vielen guten Wünschen. Zum Trauern, dass nun dieser schöne Abschnitt des gemeinsamen Jagerns vorbei sei, ließ mir meine jubelnde, jugendliche, jagerische Vorfreude keinen Raum.
Und tatsächlich, ich kam ziemlich weit hinauf mit meinem - damals noch nicht geländegängigen - Auto. Doch dann, als eine Schneeg'wahn (Schneewächte) die Weiterfahrt endgültig versperrte, buckelte ich den bleischweren Rucksack auf. Denn nun lag ein dreiviertelstundenlanger, schweißtreibender Aufstieg vor mir.
Noch war's früher Nachmittag. Nach kurzem Rucksackausräumen meiner Siebensachen auf den Hüttentisch wollte ich mir den Platz ausgucken, wo hoffentlich das morgendliche Schauspiel stattfinden würde.
Blick ins Lignitztal
Bald war ich an der großen freien Fläche angekommen, wo weit verstreut nur einzelne Lärchen, Latschen und Zirben aufragten. Ein Schneefleck sollte es sein, wo nach meiner Erfahrung sich die Hahnen mit ihrem Schauspiel den Hennen präsentierten. Doch welcher Schneefleck könnte es sein? Es gab hier noch im weiten Rund deren etliche. Ich musste es meinem Glück überlassen und zumindest am kommenden Morgen schauen, wo ich eine Chance hätte. Mit der Büchsflinte hätte ich dazu auch die Möglichkeit mit der Kugel ein wenig weiter hinzulangen. Vorsorglich hatte ich meine 7x57 mit Vollmantelkugeln präzise eingeschossen.
Neben einem kleinen Felsköpferl richtete ich mir so etwas wie einen Schirm her, von dem aus ich, halbwegs verborgen, das Balzgeschehen beobachten könnte. Zum nächsten, etwas größeren Schneefleck war es einen knappen Kugelschuss weit. Bis zum letzten Licht blieb ich dort hocken, schaute den Gams zu, die unterhalb von meinem Platz ästen, und erst als der junge Mond mit schmaler Sichel über den östlichen Bergkamm herüberschaute, war ich am Rückweg zur Hütte.
Zu allererst eingeheizt, dass die Herdplatte glühte. Die klamme Winterkälte wollte vertrieben sein. Als ich meine Herrlichkeiten aus dem Rucksack auf dem Tisch sortierte, rührte mich ein Schreck. Butter, Brot, Äpfel, Schokolad', zwei Flaschen Wein, an alles hatte ich gedacht, nur. den Lungauer Speck, den ich mir wie immer in Mariapfarr kaufen wollte, den hatte ich vor lauter Vorfreude vergessen. Verflixt! Nun ja, verhungern würde ich wohl nicht, doch schätze ich ein gemütliches Hüttenleben über alles. Und dazu passt halt eine g'hörige Brotzeit.
Als Abendlektüre hatte ich das Büchlein von Max Speiser dabei. Er war in den Jahren um 1900 Berufsjäger in den Allgäuer Alpen bei Oberstdorf. Anschaulich, lehrreich und absolut ehrlich schreibt er tagebuchmäßig über seine Erlebnisse im Berg. In einem Kapitel erzählt er, dass er in seinem Leben über hundert Spielhahnen geschossen hat. Und das als Berufsjäger! Doch das nimmt sich geradezu bescheiden aus, gegenüber der Strecke von 830 Auerhahnen und 170 Spielhahnen des Prinzen Leopold von Bayern. Solche jagdlichen Vielfraße müssten in der heutigen Zeit verhungern.
In Gedanken über die seitdem veränderte Umwelt schlief ich ein. Einen Wecker brauchte ich nicht. In den Nächten der ersten Jagdtage ist mein Schlaf stets hauchfein wie bei einem Mäuserl. Jede Stunde spähte ich auf meine Uhr. So war ich bereits um zwei Uhr auf den Läufen. Der neue Mond war längst über die Nockberge herabgesunken, er hätte mir auch zu wenig Licht gespendet, und so musste...
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