Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
In diesem Kapitel befassen wir uns mit der Haltung und unseren Gedanken, die vom Zuhören ablenken. An den Beginn möchte ich ein Zitat stellen, das mich sehr beeindruckt hat:
"Man kann auf eine Art zuhören, die mehr wert ist als das Gefälligste, was man sagen kann."
CHARLES JOSEPH DE LIGNE
Die Art, wie wir zuhören, wird vor allem durch unsere Haltung und Einstellung bestimmt. Hören wir zu und lehnen die Person oder das Thema innerlich ab, werden wir die Informationen durch den gefährlichen Filter der Wertung, der voreiligen Schlüsse oder weiterer Verzerrungen (mehr dazu in den folgenden Kapiteln) aufnehmen. Dies führt zu Unklarheiten, Missverständnissen, Beziehungsirritationen und unsicheren Rednern, wie ich es im Kapitel vorher geschildert habe. Ich nenne diese dem guten Zuhören entgegenwirkenden Haltungen die "inneren Verhinderer".
Diese müssen wir erkennen und vermeiden und stattdessen das richtige Mindset entwickeln. Mit diesen "Säulen wirksamen Zuhörens" beschäftigen wir dann uns im zweiten Teil dieses Kapitels.
"Verhinderer" ist für mich der Überbegriff für unsere direktiven mentalen und verbalen Zuhörreaktionen auf die Botschaften des Senders. In diesem Kapitel lernst du innere Verhinderer kennen, die in den Bereich der "Haltung" gehören. In einem weiteren Kapitel behandeln wir verbale Verhinderer, die ein Teil der Zuhörtechnik sind.
Innere Verhinderer können als unser "Zuhör-Mindset" betrachtet werden.
Unsere Gedanken über unser Gegenüber (Einzelperson oder Gruppe), das Thema oder uns selbst in der Rolle der Zuhörerin beziehungsweise des Zuhörers bestimmen, welche inneren Verhinderer wir bei uns aktivieren.
Um die Wirkung der Gedanken darzustellen, möchte ich den Wirkungskreis als Vorlage verwenden und vorab vorstellen. Der Wirkungskreis ist eine von meinem Kollegen Markus Klausner und mir gestaltete Veranschaulichung dafür, wie unsere Gedanken das Ergebnis der Kommunikation beeinflussen. Angelehnt ist der Wirkungskreis an das ABC-Modell von Albert Ellis und generell an die Ideen der kognitiven Verhaltenstherapie. Dabei haben wir die Thematik vereinfacht, um ein besseres Verstehen der Zusammenhänge zwischen Bewertung der Gedanken, Gefühle, Einstellung, Körpersprache, Stimme und Worte zu erreichen.
In jeder Situation, in der wir uns befinden, bilden wir Gedanken - automatisch, das heißt unbewusst, oder bewusst. Versuchen wir die Anzahl unserer Gedanken pro Tag zu quantifizieren, so können die Ergebnisse kaum konträrer sein: Die eine Quelle sind Ableitungen von Forschungen des Stanford-Professors Dr. Fred Luskin. Obwohl sich keine exakten Veröffentlichungen finden lassen, wurde eine Anzahl von 60.000 bis 80.000 Gedanken am Tag in der populärwissenschaftlichen Welt verbreitet. Eine Studie aus dem Jahr 2020 von Julie Tseng und Jordan Poppenk von der Queen's University, an der 184 Teilnehmer teilnahmen, könnte den weit verbreiteten Glauben, dass Menschen täglich zwischen 60.000 und 80.000 Gedanken haben, zu einem Mythos degradieren. Stattdessen deutet die Forschung darauf hin, dass wir eher auf etwa 6.200 Gedanken pro Tag kommen.7 Der Unterschied zeigt, dass uns endgültige Klarheit fehlt, die Menge der Gedanken ist jedoch weitaus weniger bedeutend als deren Inhalt.
Wir haben neutrale, negative oder positive Gedanken. Manche sind neu, andere nicht. Wesentlich ist, dass wir über unsere Gedanken nachdenken, diese bewerten können, also die Fähigkeit besitzen, auch über bereits gefasste Gedanken zu reflektieren und sie eventuell zu revidieren. Diese Kompetenz ist die Basis für das Bilden von alternativen Sichtweisen, mithin für die Möglichkeit, einen Perspektivenwechsel und somit eine Neubewertung der Situation vorzunehmen. Ein Perspektivenwechsel kann in Hinblick auf eine Veränderung innerer Verhinderer mitentscheidend sein.
Auf die Gedanken folgt ein Gefühl. Welches Gefühl sich ausbildet, hängt davon ab, wie du über eine Situation nachdenkst. Nehmen wir zum Beispiel eine Präsentation für ein Arbeitsprojekt. Wenn du denkst, dass du gut vorbereitet bist und dass die Präsentation gut laufen wird (positive Gedanken), wirst du wahrscheinlich wenig Angst und viel Selbstvertrauen haben (positive Gefühle). Wenn du jedoch denkst, dass du schlecht vorbereitet bist und die Präsentation eine Katastrophe wird (negative Gedanken), wirst du eher ängstlich und unsicher sein (negative Gefühle).
Ob die Gedanken nun alleinbestimmend für das Gefühl sind oder die Gefühle vor den Gedanken kommen, wie zum Beispiel der Forscher António Damásio in seinem Buch "Descartes' Irrtum: Fühlen, Denken und das menschliche Gehirn" aus dem Jahr 1994 meint, ist umstritten. Aktuell gibt es hierzu unterschiedliche Ansichten und keine endgültige wissenschaftlich fundierte Aussage. Unumstritten ist dagegen die Wechselwirkung zwischen Gedanken und Gefühlen, unabhängig von der tatsächlichen Reihenfolge. Demnach kannst du für dich auch das Gefühl vor den Gedanken stellen. Wesentlich ist, dass diese beiden Elemente nie unabhängig voneinander sind und die Voraussetzung psychischer Gesundheit gegeben ist.
Unsere Einstellung, unsere Denkhaltung haben wir im Laufe unseres Lebens gebildet. In Bezug auf eine bestimmte Situation wird sie durch unsere Gedanken und Gefühle gefestigt. Sind wir zum ersten Mal mit dieser Situation konfrontiert, haben wir dazu noch keine vorgefasste Haltung. Demnach steht im Wirkungskreis die Haltung auch nach den Gedanken und Gefühlen.
Doch wie entwickelt sich eine Denkhaltung genau? Durch den Beitrag der folgenden Faktoren:
Deine Lebenserfahrungen spielen eine entscheidende Rolle dafür, was für eine Einstellung du hast. Erfahrungen aus deiner Kindheit - einschließlich der Art und Weise, wie du erzogen wurdest - und aus deinen späteren Beziehungen, Erfolgserlebnisse und Misserfolge etc. haben einen großen Anteil an deinem Mindset.
Die Gesellschaft, in der du lebst, beeinflusst ebenfalls dein Mindset. Verschiedene Kulturen können unterschiedliche Werte, Normen und Überzeugungen fördern, die zu unterschiedlichen Denkweisen führen.
Auch die Schul- und Ausbildungserfahrungen sind nicht zu vernachlässigen. Lehrer und Mentoren etwa sowie die Art und Weise, wie das Lernen in Bildungseinrichtungen strukturiert ist, bestimmen mit darüber, wie du über dich selbst und die Welt um dich herum denkst.
Es ist sehr wichtig zu beachten, dass das Mindset nicht fixiert ist. Neurowissenschaftliche Forschungen zeigen, dass unser Gehirn eine gewisse "Plastizität" hat. Das heißt, es kann sich im Laufe der Zeit verändern und sich an neue Erfahrungen anpassen. Mit bewusster Reflexion und Übung kannst du also dein Mindset ändern und neue Denkweisen entwickeln.
Um eine Weiterentwicklung, um einen Change des Mindsets zu erreichen, brauchst du Selbstreflexion und bewusstes Nachdenken über deine Überzeugungen und Einstellungen. Dies ist ein zentraler Aspekt vieler Formen der Therapie und des persönlichen Wachstums.
Forschungen von Carol Dweck (Stanford University) haben zwei grundlegende Mindsets identifiziert, nämlich das "Fixed Mindset" (starre Denkweise) und das "Growth Mindset" (Wachstums-Denkweise). Personen mit einer festen Denkweise glauben, dass ihre Fähigkeiten und Talente unveränderlich sind, während Personen mit einer Wachstums-Denkweise glauben, dass sie sich durch Anstrengung und Übung verbessern können.
Unsere Gedanken kann man auch sehen, weil sie mit unserer Körpersprache übereinstimmen. Nehmen wir das Beispiel deiner Firmenpräsentation: Der Gedanke, nicht gut vorbereitet zu sein, die Angst vor dem Desaster wird sich auch in der Körperhaltung zeigen. Du wirst eher gebückt, mit hängenden Schultern und Blick nach unten die Präsentation beginnen. Wohingegen der positive Gedanke, gut vorbereitet zu sein, und das daraus entstehende Selbstvertrauen dazu führen, dass du aufrecht, kraftvoll und mit mehr Spannung den Raum betrittst.
Allerdings gilt es, bei der Deutung von Körpersprache sehr, sehr vorsichtig zu sein. Ich persönlich halte nichts davon, nur ein Signal der Körpersprache herauszunehmen und allein dies als Quelle für alle Interpretationen heranzuziehen. Vielmehr sollte stets der gesamte Kontext betrachtet werden.
Unsere Gedanken über...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.