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Ach. Venus ist gar nicht dein richtiger Name? Eigentlich heißt du Karin? Ja. Mir gefiel ganz einfach die männliche Endung. Die Agentur führt mich seit dem ersten Tag unserer Zusammenarbeit unter VENUS.
Venus als GEFALLENES MÄDCHEN, vor der Kamera, in ihrer Heimatstadt, in die sie kürzlich (mit ihrer Rückkehr nach Europa) wieder gezogen ist. Der Fotograf, immer wieder: Also, Karin passt ja gar nicht zu dir. Dann soll Venus einfach einen Träger von ihrer Schulter gleiten lassen. Egal welchen. Aber nicht lasziv, befiehlt der Fotograf, sondern unbekümmert. Er sagt das alles auf Englisch. Sure, antwortet Venus und hätte beinahe ein bisschen gelächelt. Lächeln ist nun aber überhaupt nicht drin.
Die Große Nelkenstraße. Das Haus Thomas. Die schwierigen Jungen hinter dem hohen Zaun. Ihre außergewöhnliche Vorbildlichkeit. (Juvenile Delinquenten.) Karin auf ihrem täglichen Schulweg. Auch die Mädchen hinter dem Zaun sind mindestens einen zweiten Seitenblick wert. Die mahnenden Worte der Eltern. Das Nicken der wohlerzogenen Tochter. Der Umzug in den Taunus. Das Abitur. Die beiden Amerikas. Die durchgehend geöffneten, nachts illuminierten Universitätsbibliotheken von Johns Hopkins und Harvard. Der akademische Grad. Schallplattenläden, Zeitschriften über Musik. Die undogmatischen Modestrecken der Musikmagazine.
Der Fotograf heute stammt aus Padua, zeichnet sich durch einen weich fließenden (Venus findet: femininen) Vollbart aus und heißt mit Vornamen Andrea. Völlig undenkbar, dass Andrea in Italien ein Frauenname wäre, sagt er. Ich weiß, entgegnet Venus, aber ihr fallen auf Anhieb nur genetisch weibliche Andreas von Gewicht ein. Sie nennt Andrea Dworkin, 1946 in Camden, New Jersey, geboren, frühvollendet verstorben in Washington, D. C., 2005, und ihre Bücher PORNOGRAPHY (Men Possessing Women untertitelt), 1981, INTERCOURSE aus dem Jahr 1987, gefolgt von PORNOGRAPHY AND CIVIL RIGHTS (Untertitel: A New Day for Women's Equality), 1988, und auch SCAPEGOAT (The Jews, Israel, and Women's Liberation), 2000. Unverzichtbarer Lesestoff, sagt Venus zu Andrea und Eva, der Redakteurin sowie dritten in diesem bereits entkernten und dem Abbruch preisgegebenen Gebäude aus Stahlbeton anwesenden Person, die augenblicklich riskant rittlings auf einem mitgebrachten Klappstuhl aus Kunststoff sitzt. Klassische Pin-up-Pose, befindet Venus, Eva würde sich in der Öffentlichkeit niemals breitbeinig präsentieren (selbst in langen Hosen nicht). Ob sie vielleicht gern auch einmal vor der Kamera agieren würde? (Evas nonchalante Art besitzt etwas ausgesprochen Körperbewusstes, sagen alle.) Dem freiberuflichen Fotografen fällt der Industrielle Andrea Agnelli ein.
In der Mittagspause ein längeres Gespräch darüber, worin der Unterschied läge, wenn man sich selbst fotografierte.
Cindy Sherman said:
I feel I'm anonymous in my work. When I look at the pictures, I never see myself, they aren't self-portraits. Sometimes I disappear.
Eva als Kunsthistorikerin (mit im vergangenen Jahr per Promotion abgeschlossenem Studium), ihre beinahe komplette Sammlung der Kataloge Cindy Shermans; aber man hat ja gar keinen Überblick mehr. Eva als Venus' Mitbewohnerin (die Mutter eine geborene Adam). Der Vater über alle Berge mit seiner zweiten Ehefrau (die gerade mal drei Jahre älter ist als Eva), im Großherzogtum Luxemburg verschollen. Venus urteilt über Eva: Komplett die Prinzessin. (Das muss dein Papa so angerichtet haben.) Venus auch zunächst ganz Prinzessin, kann man ja auch ablegen wie ein Kostüm, sagt sie (das hat sie jedenfalls während ihrer Studienzeit in den USA getan), jetzt androgynes Model überwiegend in den Modestrecken von Musikzeitschriften. Wobei die meisten androgynen Models heutzutage Männer seien, klagt sie, und die unterminierten mit ihren Dumpingpreisen die traditionell hohen Gagen der weiblichen Models. Andrea kann aber auch eine Handvoll androgyner Models genetisch weiblichen Geschlechts aufzählen. Seine Favoritin: Erika Linder. She was the first woman to appear on a men's board, back in 2011, and models for both women's and men's fashion.
Wie Andrej Pejic umgekehrt für Männer- und Frauenmode.
Und dann sollen die beiden ja sogar ein Liebespaar sein, ist immer wieder zu lesen, sagt Eva. Weil es ihre heteronormierten Fans so wünschen, wendet Venus ein. Nein, sieh doch, Andrej verkündet am 20. April 2012 um 18:13 Uhr via Twitter: It's official. Erika Linder is my prince. Und Erika textet: The next time I see Andrej Pejic I'm gonna give her a kiss she's never gonna forget.
Zudem gibt es ja dieses berühmte Shooting, in dem die beiden in einem Fotostudio miteinander raufen, weiß Andrea und wischt behände kreuz und quer über die illuminierte Oberfläche seines kachelförmigen Telefons. Schaut mal hier, wie Andrej Erika in die Wange beißt. Cute. (Sie soll dabei übrigens auf einer Kiste gestanden haben.)
Huffington Post: The Battle of the Sexes shoot, commissioned for Forward by Elyse Walker, puts Andrej in womenswear from Givenchy, Alexander McQueen and Proenza Schouler, while Erika's clad in menswear from Yohji Yamamoto, Rick Owens, and 3.1 Phillip Lim. In the series of chic black-and-white photos, Pejic, in his trademark blond hair, plays the feminine-looking lead, while Linder's appearance, with her cropped hair and rugged clothes, appears traditionally masculine.
Was hat sie da eigentlich für eine Tätowierung unter dem Arm? (Lässt sich nicht entziffern.)
Allgemein bekannt: Rainer Maria Rilkes deutsche Dichterworte (in japanischer Fantasie-Fraktur), auf den Innenarm Lady Gagas tätowiert. Wortlaut: Prüfen Sie, ob er in der tiefsten Stelle Ihres Herzens seine Wurzeln ausstreckt. Gestehen Sie sich ein, ob Sie sterben müßten, wenn es Ihnen versagt würde zu schreiben. Muß ich schreiben?
Hab ich schon fotografiert, behauptet Andrea. Der Klassiker, sagt Venus, wäre: Schreiben, um nicht verrückt zu werden.
Auch Casey Legler arbeitet als Model für Männermode. Sie sagt: We're social creatures and we have a physical language of communicating with each other. But it would be a really beautiful thing if we could all just wear what we wanted, without it meaning something. Aber wenn es keine Bedeutung gäbe, könnten wir sie nicht einmal gegen den Strich lesen oder kämmen, sagt Venus. DAS WÄRE DAS ENDE DER MODE. Andrea jedoch hängt Casey Leglers Utopie einer Auflösung der geschlechtlichen Binarität an. Wäre doch echt toll, behauptet er.
Erika bekennt: I love the fact that people I used to go to school with when I was a kid think I'm a lesbo and dating a hot girl named Andrej.
Eva bleibt dabei: Eigentlich steht Andrej Pejic auf Männer. Kein Widerspruch, wendet Venus ein: Erika präsentiert sich ihm doch als Mann. She makes him feel mighty real.
Diese Konstellation gibt es ja jetzt noch einmal in David Bowies aktuellem Videoclip zu The Stars (Are Out Tonight), in dem Saskia de Brauw Andrejs Mann spielt. Sie ist zehn Jahre älter als er, aber noch immer Top Model, sagt Andrea. Und die große Tragödin Tilda Swinton spielt David Bowies Frau. Und einmal macht sich Andrej Pejic in einer Art Traumsequenz über David Bowie in seinem Bett her. Und küsst ihn. Hätte sich Bowie in seinem Clip auch von einem männlich gewandeten Mann küssen lassen? So weit sind wir noch nicht, befindet Andrea. Bowie sei seiner Zeit doch schon manches Mal voraus gewesen, sagt Venus. Was es aber ja eigentlich gar nicht gibt, bemüht sie sich rasch zu ergänzen. Manchmal weiß man auch überhaupt nicht mehr, wer hier wen spielt, beklagt sich Eva. Alle drei bewundern das brandneue, von Floria Sigismondi (Marilyn Manson, Björk, Sigur Rós, Christina Aguilera) geschossene Video David Bowies und eigentlich das ganze Album namens The Next Day, das eine Art Palimpsest zu seinem epochalen Album HEROES bildet. Sogar die alte Hülle wurde übernommen und überklebt.
Rolling Stone: Bowie and Tilda Swinton play a nicely settled middle-aged couple whose comfortable existence is upended when a celebrity pair (Saskia De Brauw and Andrej Pejic) follow them home from the grocery store and take over their space, both physical and emotional. The couples' roles slowly reverse, calling into question exactly what Swinton and Bowie's characters mean at the market when they agree: We have a nice life.
Genderfuck, sagt Venus. Hot topic, findet Eva, als Kunsthistorikerin (Frankfurt am Main) und Bildredakteurin (jede zweite Woche in Berlin).
The Daily Mail wiederum verwechselt in ihren Bildunterschriften konsequent Saskia de Brauw und Andrej Pejic, freut sich Andrea: Sie ist bei denen die Frau, er der Mann. Zu komisch, finden alle. Auch im Fließtext. Andrea liest vor: After Bowie comes face to face with Pejic through a brick wall, De Brauw climbs into his bed and plants a tender kiss on his face, while Swinton experiences a series of terrifying night tremors.
The Guardian schrieb: Bad news for the authors of the blog Tilda Stardust, a noble attempt to prove that David Bowie and British actor Tilda Swinton are one and the same person through the painstaking juxtaposition of photos of the pair. Because here she is, starring in the video to Bowie's second single from The Next Day, The Stars (Are Out Tonight), as his happily married wife.
Of course, he is married to himself, sagt Andrea und wischt weiter auf seinem Telefon herum.
The Awl schrieb über das Video: It co-stars Tilda Swinton, who plays David Bowie's wife in the most masturbatory coupling we've seen since Mick Jagger married himself in the form of Bianca...
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