Schweitzer Fachinformationen
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Training, im Speziellen das Krafttraining, wird heutzutage in der Regel entsprechend den Gesetzen und Regeln der Biomechanik betrachtet. Dabei wird meistens das klassische kinesiologische Modell verwendet, das in den letzten Jahren durch das myofasziale Netzwerk ergänzt wurde. Wenn man den Menschen aber unter einem ganzheitlichen Aspekt betrachten möchte, ist es sinnvoll, sich nicht nur auf den konventionellen mechanischen Ansatz zu konzentrieren, sondern auch einen tiefer gehenden Blick auf die neurozentrierten Grundlagen eines erfolgreichen Trainings zu werfen.
Ich selbst interessiere mich für Krafttraining seit meiner Kindheit. Damals war ich hauptsächlich von der Körperkraft von Kampfsportlern, aber auch von der scheinbar unbändigen Energie der Strongmen fasziniert. Alles, was mit Kraft zu tun hat, beeindruckt mich. Mein Interesse gilt primär dem klassischen Krafttraining, also allem, was mit dem Stemmen von Gewichten im weitesten Sinne zu tun hat. Es spielt für mich jedoch keine Rolle, ob es sich dabei um Kettlebells, Kurz- beziehungsweise Langhanteln oder Maschinentraining handelt. Für mich sind das alles nur Werkzeuge, Werkzeuge, um das eigene Kraftpotenzial entfalten und ausbauen zu können. Ich durfte in den letzten Jahren mit vielen unterschiedlichen Kraftathleten zusammenarbeiten, von deutschen Meistern im Kraftdreikampf über Europameister im Kreuzheben bis hin zum Medaillengewinner im olympischen Gewichtheben. Dabei begegnete ich vielen Coaches, von denen ich etliches in Bezug auf das Krafttraining lernen konnte, unter ihnen Trainerlegenden wie Charles Poliquin, der 2018 mit 57 Jahren leider viel zu früh verstorben ist, Boris Sheiko oder Michael Boyle. Jeder von ihnen verfolgte einen anderen Ansatz, wobei ich alles aufgenommen und einiges davon für meine eigene Trainingsmethode adaptiert habe.
In den letzten Jahren bin ich immer mehr von einer rein mechanistischen Sichtweise des Krafttrainings abgekommen, da ich erkannt habe, dass bei diesem Ansatz sowohl die Funktion des Nervensystems als auch unsere Individualität auf die Genetik und die Muskelfaserverteilung reduziert werden. Doch der Mensch ist mehr als seine Anatomie und Biomechanik, was auch und gerade im Training entsprechend berücksichtigt werden sollte. Daher nutze ich den neurozentrierten Ansatz bei allen meinen Kraftathleten, egal, ob es sich um einen olympischen Gewichtheber oder einen Bodybuilder handelt. Jeder kann von den hier im Buch vorgestellten Techniken und Methoden profitieren, genauso wie auch ich und meine Kunden davon profitieren konnten. Das Wichtigste dabei ist für mich aber, dass ich alle Techniken immer auch selbst ausführe. Getreu dem Motto »practise what you preach« sollte man als Trainer und Coach auch immer selbst leben, was man lehrt.
Das neurozentrierte Krafttraining betrachtet die Funktion des Zentralnervensystems und dessen Wirkung auf den gesamten Körper unter besonderer Berücksichtigung des Krafttrainings. Dabei versteht sich das neurozentrierte Krafttraining in erster Linie als eine Modulation der »Threats«, was man im Deutschen am besten mit »Bedrohungen« wiedergeben kann, die der Körper durch innere und äußere Reize erlebt. Der Körper ist permanent diversen Belastungen ausgesetzt, die zu unterschiedlichen individuellen Beanspruchungen führen. Für die Bewältigung dieser subjektiven und vom Gehirn beeinflussten Belastungen ist es notwendig, eine entsprechende neuronale Resilienz aufzubauen, also eine Widerstandsfähigkeit des Zentralnervensystems gegen unterschiedliche Formen der Beanspruchung zu entwickeln. Unter Berücksichtigung der Reaktionen des Nervensystems auf die alltäglichen Herausforderungen wird durch das neurozentrierte Krafttraining nicht nur der Körper, sondern auch das Gehirn gestärkt.
Im Gegensatz zum klassischen Krafttraining wird im neurozentrierten Ansatz die Funktion des Zentralnervensystems auf den Körper mit anvisiert. Dabei wird nicht nur dem muskuloskelettalen System Beachtung geschenkt, sondern auch die Wirkung des propriozeptiven, des visuellen und des vestibulären Systems auf die Leistung berücksichtigt. Traditionellerweise wird beim Krafttraining der Fokus nur auf den Output (Motorik) gelegt. Dabei wird jedoch versäumt, auch den Input (Sensorik) einem genauen Blick zu unterziehen, obwohl der Output immer vom Input abhängig ist. Dieser Input führt erst zu einer adäquaten Verarbeitung der Reize, wiederum vom Gehirn verarbeitet und interpretiert, was dann letztendlich zu der motorischen Aktion, also dem Output, führt. Motorik basiert daher immer auf der Sensorik und der Verarbeitung sensorischer Informationen. Entsprechend dieser Grundfunktion des Nervensystems ist auch dieses Buch aufgebaut. Die Betrachtung der möglichen sensorischen Reize steht im Vordergrund, gefolgt von den funktionellen Einheiten des Gehirns, mit dem motorischen Output als letztem Baustein in dieser funktionellen Kette.
Ziel dieses Buches ist es, einen tiefen Einblick in die Beeinflussung, die das Nervensystem auf die Bewegung ausübt, zu werfen. Dabei spielt die individuelle Biochemie am Beispiel der Neurotransmitter eine essenzielle Rolle, genauso jedoch auch die Tatsache, dass die während des Trainings entstehende Ermüdung unsere Leistungsfähigkeit auf neuronaler Ebene negativ beeinflusst. Darüber hinaus soll das Buch aufzeigen, wie trainingsinduzierte Bewegungsschmerzen reduziert, Leistung optimiert und Krafttraining individuell konzipiert werden können.
Das Buch entstand aus der Idee heraus, Training in einem neuen Licht zu präsentieren. Der menschliche Körper ist selbstorganisierend in Abhängigkeit vom Zentralnervensystem. Aus der Kombination der Elemente Selbstorganisation und Nervensystem entsteht die Bewegungskontrolle, die entscheidend für die Entstehung von Kraft ist. Dabei ist das Buch als Ergänzung zum regulären Krafttraining gedacht, nicht als Ersatz. Die beste Methode ist diejenige, die mehrere Bereiche miteinander vereint und somit auch das beste Resultat bieten kann.
Krafttraining kann unterschiedliche Zielsetzungen haben. Es kann ein wichtiger Beitrag für die Gesundheit und den allgemeinen Fitnesszustand sein. Krafttraining ist für viele Sportler essenziell, um ein positives Körperbild zu formen und besser auszusehen. Leistungssportler profitieren von einem intelligent strukturierten Krafttraining, das einen Transfer zu ihrem Sport darstellen und somit dazu beitragen kann, ihre sportliche Leistung zu verbessern. Ältere Personen können Krafttraining nutzen, um dem Muskelabbau im Alter entgegenzuwirken. Bei Schmerzpatienten kann Krafttraining zur Reduktion ihrer Symptome auf dem Weg zur Schmerzfreiheit beitragen. Krafttraining hat darüber hinaus auch einen neuroprotektiven Effekt, der das Gehirn jung hält und vor neurodegenerativen Erkrankungen schützt. Krafttraining sollte daher immer zielorientiert und anhand der individuellen Voraussetzungen und Fähigkeiten praktiziert werden. Dabei ist es wichtig, Krafttraining nicht nur auf Grundlage der momentanen Lebenssituation zu planen, sondern auch unter Berücksichtigung der kommenden Jahre. Daher sollte sich jeder die Frage stellen: Was möchte ich mit Krafttraining erreichen? Die Zielsetzung ist maßgeblich für den Aufbau und die Struktur des Trainings. Während die eigene Anatomie und Biomechanik entscheidend für die Übungsauswahl ist, ist die Zielsetzung entscheidend für den Aufbau des Trainings, der sogenannten Trainingsplanung.
In der Literatur finden wir viele Informationen bezüglich der Strukturierung und Planung des Krafttrainings mit primärem Fokus auf Muskelaufbau und Kraftaufbau. Diese Informationen beziehen sich in der Regel auf den Versuch, Kraft und Muskelmasse zu maximieren. Doch häufig werden die individuellen Voraussetzungen und Gegebenheiten bei den regulären Empfehlungen außer Acht gelassen. In meiner täglichen Praxis erlebe ich häufig, dass den Athleten Bewegungsdysfunktionen, chronische Schmerzen und schlechtes Stressmanagement dem geplanten Training schnell einen Strich durch die Rechnung machen. Die Anwendung des Krafttrainings, wie es häufig empfohlen wird, ist in der Praxis selten umsetzbar.
Wir sind nicht ständig dazu in der Lage, eine optimale Trainingsumgebung zu schaffen, die es uns ermöglicht, strikt nach Plan vorzugehen. Änderungen in den Lebensbedingungen, Verletzungen, schlechter Schlaf und andere individuelle Faktoren können unser geplantes Training schnell über den Haufen werfen. Während Leistungssportler oftmals nach Schema F arbeiten und ihr Krafttraining durchstrukturieren und periodisieren, sollte man sich die Frage stellen, inwieweit dies für Athleten notwendig oder umsetzbar ist, die nicht mit ihrer sportlichen Leistung ihren Lebensunterhalt verdienen. Dies hat mich veranlasst, meine Kunden dahingehend zu motivieren, ihr Training nicht mehr klassisch zu periodisieren, wie es häufig in der Literatur vorgeschlagen wird. Dazu gehört auch die strukturierte Anwendung von bekannten Trainingsvariablen wie Volumen, Intensität und Trainingsfrequenz. In erster Linie...
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