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Nach eigenem Bekunden legte Ernst Schäfer bereits in jüngsten Jahren sein Spielzeuggewehr auf flüchtende Ratten im elterlichen Kartoffelkeller an, stapelte bald in seinem Zimmer Terrarien und Aquarien und begann mit Vererbungsexperimenten an Hausmäusen, denen er die Schwänze kupierte, um zu schauen, ob diese Manipulation sich in den folgenden Generationen wieder zeigen würde. Schäfers Natur- und Tierliebe war von Beginn an mehr als ein betrachtendes Forschen, es war vor allem ein Jagen.
Ernst Schäfer, geboren am 14. März 1910, wuchs im thüringischen Waltershausen auf. Sein Vater Albert besaß dort eine leitende Stellung bei den "Gummiwerken Titan B. Pollack", und der gelernte Kaufmann erhoffte sich auch von seinem zweitgeborenen Sohn (von vieren mit Margarethe, geb. Imdahl) ein Studium der Handelswissenschaften. Doch Ernst Schäfer träumte allenfalls von einer Laufbahn als Nordpolfahrer und durchstreifte lieber mit Freunden den nahe gelegenen Thüringer Wald.
Die vernachlässigte Schullaufbahn versuchten die Eltern nun mit einer Versetzung in das Pädagogium Heidelberg zu korrigieren. Allerdings wurde Ernst Schäfers größte Leidenschaft dort im Internat eher befördert als unterdrückt: Der Schuldirektor wählte sich den 15-Jährigen als Gehilfen zur Bocksjagd im Odenwald aus und prüfte ihn mit Nacht-Wachen, bis er schließlich selbst die Büchse führen durfte. Und Schäfer war ein wissbegieriger Adept des Waidhandwerks. Die Jagdleidenschaft, ja Besessenheit, blieb eine bestimmende Konstante in seinem Leben. Noch bei seinem einzigen Fernsehauftritt im Nachkriegsdeutschland, in einer frühen Terra-X-Sendung des ZDF von 1988, sitzt der "Tibet-Experte" im waidmannsgrünen Outfit vor einer trophäengeschmückten Wohnzimmerwand. Da war der langjährige Autor für Fachblätter wie Wild und Hund oder Die Pirsch 79 Jahre alt.
Es muss ungefähr zur Zeit seines Eintritts in die Heidelberger Privatschule Mitte der 1920er-Jahre gewesen sein, als es am heimischen Esstisch zu einer prägenden Begegnung für Ernst Schäfer kam. Ein Geschäftsfreund seines Vaters, ein Direktor des I.G. Farbenwerkes nahe Merseburg, kam zu Besuch - die I.G. Farben forschte zu jener Zeit intensiv an Ersatzstoffen für Naturkautschuk, bald als "Buna" bekannt. Man plauderte dabei auch über die neueste Tibet-Expedition des im Deutschen Reich seit seiner Antarktisfahrt 1911/12 äußerst populären Geophysikers und Forschungsreisenden Wilhelm Filchner, dessen Unternehmungen die I.G. Farben finanziell unterstützte. Der 48-jährige Filchner befand sich mitten in den Vorbereitungen zu seiner zweiten Expedition nach Tibet. Der junge Schäfer lauschte gebannt, denn auch für ihn stand "Tibet" für Geheimnis und Abenteuer. Filchner plante, über weite Strecken bislang unbekanntes Terrain im tibetischen Hochland zu kartographieren und mit erdmagnetischen Messungen zu erfassen. Er wollte "das europäisch-westasiatische Netz erdmagnetischer Stationen an das chinesische und dies wiederum an das indische anschließen".15 Dies bedeutete, riesige, fast unbewohnte Areale zu bereisen und mehrere Tausend Kilometer auf Yaks, Kamelen und Pferderücken zurückzulegen, in politisch teilweise äußerst unsicheren Regionen. Das Unternehmen gelang, allerdings unter großen Mühen, dauerte über drei Jahre, und zwischenzeitlich wurde Filchner bereits totgesagt.
Die Geschichten von Forschungsfahrten in entlegene Weltregionen samt bestandenen Abenteuern, erlittenen Entbehrungen, geheimnisvoller Exotik und schlussendlich errungenem Forscherruhm - dieses Gemisch reizte schon viele pubertäre Phantasien zu großen Geistesflügen. Ernst Schäfer war da keine Ausnahme. Doch sollte er schon wenige Jahre später seine Träume verwirklichen können - wenn auch zu einem hohen Preis.
Nach bestandenem Abitur schrieb sich Schäfer 1929 an der Universität Göttingen ein und studierte vornehmlich Zoologie und Botanik, daneben auch Geographie und Geologie. Einer seiner Professoren war der Ornithologe Hugo Weigold, ein Pionier des Naturschutzes, Gründer der Vogelwarte Helgoland und seit 1924 Direktor der Naturkundeabteilung des Provinzialmuseums Hannover. Dort jobbte Ernst Schäfer während der Semesterferien. Und - das war das Entscheidende - erfuhr von Weigold, dass der bereits als junger Mann das tibetisch-chinesische Grenzgebiet bereist hatte, als Mitglied der Expedition von Walther Stötzner. Dieser war eigentlich Architekt, hatte sich aber als Autodidakt der Geographie und Völkerkunde verschrieben und wurde mit mehreren Forschungsreisen nach Asien bekannt.
1911 begleitete Hugo Weigold Stötzner in Bergregionen der westchinesischen Provinz Sichuan. Neben Weigold als Vogelkundler nahmen an der Fahrt noch ein Geodät, ein Entomologe, ein Botaniker, ein Geograf und ein Ethnologe teil. In diesem interdisziplinären Unternehmen von 1911 liegt der Kern des später von Schäfer immer wieder vorgetragenen Anspruchs eines neuen, ganzheitlichen bzw. "holistischen" Forschungsansatzes für Expeditionen - eine angeblich bislang vernachlässigte und erstmals von ihm 1938/39 verwirklichte Methode der Feldforschung.
Ornithologe Weigold entdeckt und klassifiziert während dieser Exkursion dutzende neuer Vogelarten, doch den angehenden Zoologen Schäfer fasziniert eine andere Geschichte ganz besonders, denn die Stötzner-Mannschaft ist unterwegs im unwegsamen Gebiet des sagenumwobenen Bambusbären. Eines Tages bringt ein lokaler Jäger drei Felle ins Lager der Expedition, um sie zu verkaufen.
"Unsere Freude kannte keine Grenzen, denn es gibt kein zweites Säugetier von gleicher Seltenheit. Noch nie hat ihn eines Europäers Auge lebend gesehen. Es gibt keine weitere Gegend auf der großen Erde, wo das sagenumwobene Tier noch zu finden wäre. Nur in diesen weltenfernen, ungangbaren, einsamen Hochalpen lebt er noch als Überbleibsel aus vorgeschichtlicher Zeit. Einige wenige Gebirgsstöcke und an diesen der doppelt mannshohe undurchdringliche Bambuswald an den steilen Hängen, in welchem der alles mordende Mensch ihn nicht verfolgen kann, ist seit Jahrtausenden sein allerletztes Asyl geworden."16
So schreibt Weigold begeistert. Wenige Tage später ist es seiner Gruppe noch vergönnt, als erste Weiße zwei lebende Bambusbären zu erblicken, Alluropoda melanoleuca, den heute als Großen Panda bekannten schwarz/weiß gezeichneten Bären, der zum weltweiten Symbol des Arten- und Naturschutzes mutierte. Als Hugo Weigold seinem Studenten Schäfer von dem "Fabeltier" in Chinas Hochgebirgswäldern erzählt, hatte der Wettlauf der weißen Großwildjäger auf das exotische Objekt ihrer Begierde längst eingesetzt. Und 1928, Ernst Schäfer büffelt noch für sein Abitur, erlegen zwei Amerikaner den ersten Panda in freier Wildbahn.
Die erfolgreichen Jäger waren Theodore und Kermit Roosevelt, älteste Söhne des US-Präsidenten Theodor "Teddy" Roosevelt. Die beiden waren unterwegs im Auftrag des berühmten Field Museum of Natural History in Chicago. Der Erfolg der Brüder weckte Begehrlichkeiten. Zum Beispiel bei der ebenfalls renommierten Academy of Natural Sciences in Philadelphia. Als zeitweiliger Kurator arbeitete dort der aus einer wohlhabenden Industriellenfamilie stammende Brooke Dolan II. Das Zoologie-Studium in Princeton und Harvard empfand der zur Exzentrik neigende Dolan als wenig befriedigend. Ähnlich wie Schäfer sehnte er sich jenseits von Labor und Hörsaal nach Jagdabenteuern und Forschungsreisen.
Dolan war finanziell unabhängig und bot der Academy eine von ihm organisierte und bezahlte Expedition in das Panda-Gebiet Westchinas an. Man wurde sich schnell einig, und Dolan kontaktierte den als erfahrenen Zoologen und Gebietskenner bekannten Hugo Weigold in Hannover. Der wiederum empfahl den ehrgeizigen Studenten und exzellenten Schützen Schäfer als weiteren Begleiter. Zwei Seelenverwandte begegneten sich, der nur zwei Jahre ältere Dolan nannte Schäfer fortan "Junge", umgekehrt redete der den Amerikaner mit "Brooky" an. Dolan verpflichtete noch den Kameramann Otto Gnieser und den Ethnologen Gordon T. Bowles für die Expedition, die am 13. Januar 1931 Berlin mit der Transsibirischen Eisenbahn Richtung Osten verließ. Über Moskau und Sibirien erreichte die fünfköpfige Gruppe nach zwei Wochen Peking. Dann ging es über Shanghai mit einem Dampfer den Jangtsekiang hinauf nach Westen.
In der Provinzstadt Tatsienlu (heute Kangding), seit langer Zeit wichtiger Grenzort zwischen Tibet und China - obwohl Peking wie Lhasa Tausende Kilometer entfernt sind -, trennen sich ihre Wege. Ethnologe Bowles erkundet die Völkermischung der Grenzregion unterstützt vom Kameramann Gnieser, während die drei Zoologen weiter nach Westen ziehen, ins Pandagebirge, Vorland der tibetischen Hochebene, und in Gebiete, in denen auf ihre Unabhängigkeit bedachte regionale Machthaber und Stammesfürsten das Sagen haben. Bald ist Schäfer auf der Jagd. Woche um Woche durchpirscht er mithilfe einheimischer Führer die unwegsamen, meist dicht bewaldeten Berghänge, erlegt Groß- und Kleinwild, Goral, Serau, Takin, aber auch Murmeltiere, Füchse, Hasen, Hirsche, Bären, Wildschweine, Dachse und Wölfe. Dann, Mitte Mai 1931, kampiert er mit seinem Führer seit Tagen im Bambusdickicht. Pandarevier. Doch die scheuen Bären entgehen immer wieder ihren Verfolgern, die Hatz wird ermüdend, der launische Schäfer ist gereizt. Doch kurz vor Abbruch der Pirsch entdecken sie einen arglos Bambus schmausenden Panda.
"Jetzt geht es um alles . Entfernung 400 Meter, näheres Anpirschen sinnlos . also handeln und vor allem die Nerven...
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