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Diagnostik, Behandlung und Therapie der chronischen Erkrankung: Chronische Schmerzen, starke Blutungen, zyklische Darmbeschwerden und unerfüllter Kinderwunsch - dies alles kann im Zusammenhang mit einer Endometriose auftreten. Viele Frauen in Deutschland quälen sich mit dieser Krankheit, häufig ohne es zu wissen. Denn bis zur korrekten Diagnose vergehen oft bis zu zehn Jahre, weil sowohl die Patientinnen selbst als auch Ärztinnen und Ärzte die Symptome nicht richtig zu deuten wissen. Prof. Dr. Sylvia Mechsner, eine der führenden Endometriose-Expertinnen mit langjähriger Erfahrung in Forschung und Praxis an der Berliner Charité, verbindet in ihrem ganzheitlichen Ratgeber das aktuelle medizinische Fachwissen mit fundierten Anleitungen und Tipps für kompetente Patientinnen: Wie gelangt man schneller zu einer Diagnose? Wie lässt sich die ärztliche Versorgung verbessern? Welche konservativen und komplementärmedizinischen Möglichkeiten der Behandlung und Therapie gibt es? Was können betroffene Frauen neben der ärztlichen Versorgung selbst für sich tun? Mit viel Fachkompetenz will Dr. Mechsner Mut machen, aktiv gegen die Krankheit anzugehen, den Weg aus der Schmerzspirale zu finden und selbst einen Kinderwunsch nicht von vornherein aufzugeben.
Endometriose ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen bei geschlechtsreifen Frauen, die ausgesprochen starke Schmerzen verursacht, doch immer noch unterschätzt wird - auch in der Medizin.
Dabei könnten Gynäkologinnen und Gynäkologen helfen, weil inzwischen viel mehr über den Verlauf, die verschiedenen Formen der Erkrankung und die Therapiemöglichkeiten bekannt ist. Ganz besonders wichtig ist die Früherkennung bei diesem Frauen-leiden, weil sie schwere Verläufe verhindert, die teils sehr heftigen Schmerzen lindert und die Lebensqualität der betroffenen Frauen enorm verbessert.
Obwohl die typischen Beschwerden der Endometriose - schwere Dysmenorrhoe (heftige Regelschmerzen), zyklische und azyklische Unterbauchschmerzen, zyklische Dysurie (Schmerzen beim Wasserlassen) und Dyschezie (Schmerzen beim Stuhlgang), Dyspareunie (Schmerzen beim Geschlechtsverkehr) sowie Unfruchtbarkeit - inzwischen hinlänglich bekannt sind, wird die Erkrankung im Mittel erst zehn Jahre nach dem Einsetzen der ersten Beschwerden diagnostiziert.1 Eine Patientin im deutschsprachigen Raum hat nach den ersten Symptomen bis zur Diagnosestellung im Schnitt eine Odyssee von zehn Jahren hinter sich. Schätzungsweise zehn bis 15 Prozent der europäischen Frauen zwischen 15 und 45 Jahren leiden an Endometriose - bei Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch ist dieser Prozentsatz mit 40 bis 45 Prozent deutlich höher.2
SCHMERZEN UND UNERFÜLLTER KINDERWUNSCH SIND DIE LEITSYMPTOME DER ENDOMETRIOSE.
Einer der Hauptgründe ist sicherlich, dass neben den endometriose-spezifischen Symptomen unspezifische Beschwerden das eindeutige Beschwerdebild verzerren können, was dazu führt, dass nicht nur Gynäkologen, sondern auch Ärztinnen und Ärzte anderer Fachrichtungen von den betroffenen Frauen aufgesucht werden.3
Es stellt sich daher die Frage, warum die Beschwerden so schwer einzuschätzen sind und warum die Diagnose nicht viel häufiger frühzeitig gestellt werden kann. Immerhin berichten über 60 Prozent der Frauen, bei denen die Endometriose erst im fortgeschrittenen Alter diagnostiziert wurde, dass ihre Beschwerden bereits vor dem 20. Lebensjahr begonnen haben. Dabei besteht zwischen Dauer und Intensität der Beschwerden und dem Ausmaß der späteren Endometriose eine eindeutige Korrelation.4 Eines ist klar: Je weiter die Entwicklung der Endometriose bei einer Patientin voranschreitet, desto komplexer werden die Beschwerden, die mit ihr einhergehen. Endometriose ist eine chronische Erkrankung und tritt auch nachdem Endometriose-Herde operativ entfernt worden sind wieder auf. Etwa 50 Prozent der betroffenen Frauen haben anhaltenden Therapiebedarf.5 Die Kenntnis der Art, der Verteilung und der möglichen Entstehung der Endometriose-Herde erlaubt ein besseres Verständnis hinsichtlich der möglichen Auswirkungen dieser Krankheit.
Häufig wird die Krankheit aber auch deshalb erst so spät oder gar nicht diagnostiziert, weil viele Mädchen und Frauen denken, dass sie Regelschmerzen einfach aushalten müssen - wie übrigens Schmerzen im Allgemeinen. Weit verbreitet ist auch die Meinung, es sei besser, über »die Tage« nicht zu sprechen und sich schon gar nicht deswegen krankschreiben zu lassen. Noch heute lernen Mädchen und junge Frauen, dass Regelschmerzen völlig normal sind. Viele Frauen, die während der Periode unter starken Schmerzen und starken Blutungen leiden, wissen daher nicht, dass ihre Symptome ungewöhnlich sind. Doch sogar in der Ärzteschaft, selbst unter Fachärztinnen und Fachärzten, ist das Wissen über diese Erkrankung und ihre Symptome leider nicht ausreichend verbreitet.
Meist suchen die Frauen mit Regelschmerzen ihre Gynäkologin oder ihren Gynäkologen auf. Dort werden sie untersucht, im Rahmen ihrer Regelschmerzen behandelt und vielleicht wird ihnen die Pille verschrieben. Wenn die Patientinnen über weitere Beschwerden berichten, werden sie in der Regel zu anderen Fachärzten überwiesen. Die Endometriose wird so jedoch nicht angemessen behandelt.
Zum Vergleich: Bei uns im Endometriose-Zentrum bekommt eine Patientin 40 bis 60 Minuten Zeit für eine ausführliche Anamnese, in der erst mal die Entwicklung der Krankheit, die ja meist einen jahrelangen Vorlauf hat, besprochen wird. Danach erfolgt eine gezielte Untersuchung und Therapieplanung. Niedergelassene Ärztinnen oder Ärzte können dies im Rahmen der Basisversorgung so nicht leisten, weil für diese spezielle Fragestellung keine Abrechnungsmöglichkeiten bestehen. Das wird von den Kassen nicht bezahlt. Hier muss der Gesetzgeber dringend etwas ändern.
Viele Frauen müssen also auch deshalb jahrelang allein damit zurechtkommen, weil die Endometriose von den unterschiedlichen Fachärzten gar nicht diagnostiziert werden kann. Kein Wunder also, dass sich die meisten Patientinnen komplett alleingelassen fühlen - in der Diagnose und bei der Behandlung. Es gibt viele, deren Beschwerden von den Gynäkologinnen als Regelschmerz, »mit dem man eben leben muss«, oder als psychosomatische Schmerzerkrankung wahrgenommen werden. Die Frauen haben aber komplexe Beschwerden und suchen deshalb auch Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen auf. Ganz häufig landen Frauen, die Endometriose haben, zum Beispiel zunächst beim Orthopäden, weil sie aufgrund der Herde sehr starke Rückenschmerzen haben. Gastroenterologen (Fachärzte für den Magen- und Darmtrakt), die wegen der Unterleibskrämpfe nicht selten aufgesucht werden, stellen dann oft ein Reizdarmsyndrom fest. Auch psychosomatische Störungen werden häufig diagnostiziert, weil andere Fachrichtungen naturgemäß nicht »gynäkologisch« denken. So kommt es, dass viele Frauen einfach keine richtige Diagnose bekommen.
Demgegenüber steht die Tatsache, dass bei 70 bis 80 Prozent der Frauen mit chronischen Schmerzen im Unterbauch Endometriose diagnostiziert wird.6
Die Wahrheit muss ans Licht!
Es ist enorm wichtig, dass die Diagnose Endometriose von den Frauenärztinnen und -ärzten an die Krankenkasse weitergeleitet wird. Wir Endometriose-spezialisten gehen von bis zu 40.000 Neuerkrankungen pro Jahr allein in Deutschland aus, die Krankenkassen wissen aber offiziell nur von zwei bis drei Prozent Endometriose-Patientinnen. Tatsächlich ist Endometriose aber die häufigste gutartige Unterleibserkrankung bei Frauen! Ohne entsprechende Dokumentation der Fälle - weil die Codierung durch die gynäkologischen Praxen ausbleibt - wird die Erkrankung im Gesundheitssystem aber nicht als Problem erkannt. Und ohne Problembewusstsein gibt es auch keine Früherkennungsprogramme für Mädchen oder junge Frauen mit schmerzhafter Regelblutung (Dysmenorrhoe), die aber enorm wichtig wäre.
Endometriose ist eine sogenannte gutartige, aber chronische Erkrankung, bei der sich gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutterhöhle ansiedelt - im Bauchraum, am Bauchfell im kleinen Becken, in der Blasenwand, in den Harnleitern, an den Darmwänden und Eierstöcken oder gar in den Lungen.
Der Name leitet sich vom griechischen Wort Endometrium für Gebärmutterschleimhaut ab. Inzwischen weiß man aber, dass es sich dabei nicht nur um gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe (Epithel- und Stromazellen) handelt, sondern auch um glatte Muskelzellen, die der Gebärmuttermuskulatur gleichen. Man kann also sagen, dass es bei Endometriose zur Ansiedlung von Mini-Gebärmüttern kommt.7
Ursprünglich wurden mit dem medizinischen Begriff Endometriose (Endometriose außerhalb der Gebärmutterhöhle) Endometriose-Herde auf dem Bauchfell und in den Genitalorganen (Endometriosis genitalis externa) beschrieben. Doch inzwischen ist damit auch die Abwanderung solcher Herde in die Gebärmuttermuskelwand (Endometriosis genitalis interna oder Adenomyosis uteri, kurz Adenomyose) gemeint. Die Forschungsgruppe um Prof. Gerhard Leyendecker von der Frauenklinik des Klinikums Darmstadt veröffentlichte mehrere Arbeiten über die Zusammenhänge zwischen den Endometriose-Subtypen und stellte sowohl eine gemeinsame Entstehungsgeschichte8 als auch große Gemeinsamkeiten fest.9
Es ist wichtig, die Subtypen der Endometriose zu kennen, um das gesamte Ausmaß der Erkrankung zu verstehen. Beide gehören nämlich zusammen, weshalb das gesamte Krankheitsbild eigentlich Archimetrose genannt werden müsste, da es von einem Teil der Gebärmutter, der Archimetra, seinen Ausgang nimmt. Doch leider ist über die Adenomyose längst noch nicht so viel bekannt wie über die Endometriose. Das liegt auch daran, dass man bei jungen Frauen die Gebärmutter nicht entfernt, sondern bei einer Bauchspiegelung schaut, ob Endometriose zu sehen ist. So wird die Gebärmutter häufig »vergessen«. Mit der Einführung der Bauchspiegelung ist der Fokus also stärker auf die Endometriose denn auf die Adenomyose gelegt worden. Somit hat sich die Forschung über viele Jahrzehnte auch nur um einen Teil der Endometriose-Erkrankung gekümmert.
Adenomyose dagegen wurde noch vor zehn bis 15 Jahren nur dann sicher diagnostiziert, wenn eine Gebärmutterentfernung durchgeführt wurde und eine feingewebliche Untersuchung erfolgte. Daher nahm man lange an, dass Adenomyose eher ein Problem von Frauen kurz vor den Wechseljahren ist - dem typischen Alter für eine Gebärmutterentfernung. Heute wissen wir, dass das falsch ist: Von jungen Frauen lagen einfach keine histologischen Daten vor! Zum Glück erlauben die modernen Untersuchungsmethoden mittels...
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