Schweitzer Fachinformationen
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New York, 19. Jahrhundert. Die junge Mystere Rillieux verkehrt in New Yorks feinsten Kreisen. Keiner ahnt, dass sie in der Vergangenheit Lady Moonlight war, eine verführerische Juwelendiebin. Nur Rafe Belloch, den sie einmal um Geld und Kleidung gebracht hat, erinnert sich noch an die aufregenden blauen Augen der katzengleichen Diebin. Als beide sich wieder begegnen, genügt ein Blick in Mysteres Augen, um ihr wahres Gesicht zu erkennen. Doch Lady Moonlight das Handwerk zu legen, ist schwerer als gedacht, zumal Rafe sich von ihrem unwiderstehlichen Charme verhexen lässt ...
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Rafael Belloch zog den Ledervorhang beiseite, als seine Kutsche an der City Hall vorbeirollte. Er streckte den Kopf hinaus und rief dem Kutscher zu: »Fahr hinüber zur Baxter Street!«
»Aber das ist in Five Points, Sir. Und es dämmert bereits.«
»Genau richtig. Und nun fahr bitte!«
»Es wimmelt dort nur so von rauen Gesellen, Sir. Die Wiege von Banden und alldem.«
»Das ist mir völlig egal. Fahr schon los.«
»Wie Sie wünschen, Sir.«
Der Kutscher ließ sein Signalhorn erschallen, um die übrigen Verkehrsteilnehmer zu warnen. Dann knallte er die Zügel auf die glänzenden Hinterbacken des Pferdegespanns, und die schwarz lackierte Kutsche bog scharf um die nächste Ecke.
Rafe ließ den Vorhang zurückgezogen und sank müde in den Sitz aus gestepptem Satin zurück, während er beobachtete, wie der Tag in die Nacht überging. Ein zunehmender Mond war über der Upper Bay aufgegangen. Von hier aus konnte er einen schemenhaften Blick auf den Manhattan-Turm der noch unvollendeten Brücke erhaschen, der sich vor der Skyline kühn über den East River erhob. Das Gewirr von Drahtkabeln bildete eine spinnwebartige Silhouette vor dem sich verdunkelnden Himmel.
In den Leitartikeln der Zeitungen wurde mit Überzeugung vorausgesagt, dass die schwerfällige Konstruktion täglich unter ihrem eigenen Gewicht zusammenbrechen könnte. Drüben im Westen hatte er jedoch seinen Ingenieuren und Arbeitern dabei zugeschaut, wie sie Zugtunnel durch scheinbar undurchdringliche Berge aus reinem Granit gesprengt hatten. Die Brücke würde standhalten. Darauf wettete er.
Alles Menschenerdenkliche schien in diesen Tagen möglich zu sein. Einige glaubten, dass das berauschende Zeitalter längst an die Grenzen allen Wissens gestoßen sei. Rafe jedoch verachtete diese selbstgefällige Blindheit. Die Menschen konnten Berge in die Luft jagen und Türme bauen, die in den Himmel hineinragten, sie konnten jedoch noch kein Kind davon abhalten, in den dunklen Gassen der Baxter Street betteln zu gehen. Der Fortschritt war gut für das Bankkonto, jedoch ohne Nutzen für die Seele - oder das verhärtete Herz eines Mannes, der in erster Linie für die Rache lebte.
Das Getrappel der Pferde, die Kabrioletts und Kaleschen zogen, wurde schwächer, als seine Kutsche die gut instand gehaltenen Straßen aus blauem Tonsandstein gegen die unbefestigten Wege der Slums eintauschte. Einen kurzen Moment lang, bevor das laute Geschrei von Five Points ihn umgab, war es beinahe ruhig, so ruhig, dass er das abendliche Angelusläuten der St. Patrick's Cathedral hören konnte.
Tagsüber war die Baxter Street ehrbaren Männern nicht unbekannt. Ihre Lage an der Lower East Side machte sie ideal für viele City-Hall-Beamte. Ein Mann konnte seinen Tabakwarenhändler und seine Hure auf einem Weg besuchen, denn oftmals befanden sich diese im selben Gebäude.
Rafe wusste, dass das Viertel seit der berüchtigten Epoche, in der rivalisierende Banden sich ständig gegenseitig bekämpft hatten, ein wenig besser geworden war. Selbst Charles Dickens hatte sich einst geweigert, dieses Gebiet ohne Geleitschutz zu betreten. Das lag jedoch dreißig Jahre zurück, und in der ehemals gefährlichen Old Brewery befand sich nun eine Kirchenmission. Trotzdem mieden die meisten New Yorker noch immer Five Points, als ob es das Tor zur Hölle wäre - vor allem nach Einbruch der Dunkelheit. Genau das jedoch war der Grund, aus dem er immer wieder darauf bestand, dorthin zu gehen - er, ein Patriarch der »oberen Vierhundert«, Mrs Astors Auserwählter. Die Fifth-Avenue-Brahmanen, wie er sie verächtlich nannte.
Sie? Uns, korrigierte er sich selbst. Uns.
Eine Fahrt durch Five Points war genau das richtige Gegenmittel, wann immer er sich dabei ertappte, selbstgefällig zu werden. Der Luxus und der Status seines neuen Reichtums waren wie ein Bad, in das man sich mühelos hineingleiten lassen konnte. Er brauchte jedoch den Anblick der Armut, um niemals zu vergessen, dass seine Rolle die der Rache war; Rache an genau den Menschen, die ihn nun umarmten. An denselben erbärmlichen Reichen, die seiner Familie Ruin und Schande bereitet hatten. Denselben amoralischen Menschen, die ihn als Kind nach Five Points getrieben hatten - und die niemals zurückgeschaut hätten.
Draußen im Licht der Gasbeleuchtung flackerten unheimliche Schatten. Sie rollten an Holzhäusern vorbei - modrig und ohne Anstrich -, dazwischen hohe Mietskasernen aus Ziegelstein. Als er einen Blick auf die Bettler und Diebe, Huren und Gauner warf, kämpften in seinem Innern Mitgefühl und Ekel gegeneinander an. Und überall die Gassenkinder, verlassene und verwaiste Kinder, die sich allein durchs Leben schlugen, indem sie mit den streunenden Hunden um einen trockenen Schlafplatz kämpften.
Die Wall Street braucht eine weitere Börse, dachte er. Eine Schmutzbörse. Das war nämlich eine der am reichlichsten vorhandenen Waren in der Stadt.
Plötzlich kam die Kutsche mit einem Ruck zum Stehen, einen Moment später setzte sie sich wieder in Bewegung. In unmittelbarer Nähe von Five Points, das durch drei sich kreuzende Straßen gebildet wurde, gab es ein verwirrendes Labyrinth dunkler zwielichtiger Gassen, Heimat der Halbwelt, die außer in den Penny-Zeitungen selten erwähnt wurde. Ohne Vorwarnung bog die Kutsche scharf in eine dieser Gassen ein und hielt erneut an, so abrupt, dass die Zugketten rasselten und Rafe vom Sitz geschleudert wurde. Er streckte seinen Kopf hinaus. »Wilson, verdammt, was zum Teufel .?«
Noch bevor er seine Frage beenden konnte, schoss eine schlanke, wohlgeformte weibliche Hand durch das Fenster und drückte einen feuchten Bausch unter seine Nase. Rafe gelang es, sein Gesicht abzuwenden, nicht jedoch, bevor er den üblen Geruch von Chloroform eingeatmet hatte. Er war nicht bewusstlos, hatte jedoch das Gefühl, einen wuchtigen Schlag abbekommen zu haben.
Rafe fiel der Länge nach in den Sitz zurück. In seinem Kopf drehte sich alles, er nahm nur noch ein schallendes Durcheinander von Geräuschen wahr, die nicht genau zu identifizieren waren. Dann öffnete jemand mit einem Ruck die Tür.
»Steig aus, Jack, und zwar ein bisschen flott, sonst jag ich dir 'ne Kugel durch den Kopf!«
Schwankend und gegen Übelkeit ankämpfend stieg Rafe mit wackeligen Beinen aus. Die Gasse war staubig und mit Abfall übersät. In der zunehmenden Dämmerung konnte er einen großen Mann erkennen, der einen Mantel aus grobem Wollstoff und eine dreckige, in seine Stiefel gesteckte Segeltuchhose trug. Seine rechte Hand umklammerte eine alte Dragonerpistole.
Rafe warf einen flüchtigen Blick über die Schulter und sah einen zweiten Mann oben auf dem Kutschbock stehen, der ein großes Messer an Wilsons Kehle drückte. Irgendjemand hielt eine Laterne vor Rafes Gesicht.
»Schau dir bloß diese schöne Kleidung an!«, rief der Mann in der Gasse aus, während er Rafes Überzieher befühlte. »Es ist unser Glückstag, Schätzchen.«
Rafe nahm rasch wahr, dass er zu der Frau sprach, die die Laterne hielt - derselben Frau, die ihn betäubt hatte. Eine schwarze Dominomaske verdeckte eine Hälfte ihres Gesichtes, ein mit Perlen besticktes Kopftuch aus tiefroter Seide bändigte ihr üppiges dunkles Haar. Sie trug einen geflickten braunen Wollrock und eine schmuddelige grüne Samtjacke, unter der sich ihr wogender Busen abzeichnete.
Sie erwiderte seinen forschenden Blick mit kühlen glänzenden Augen, die wie Eissplitter hinter der Maske hervorstarrten. Er hätte ihr Herz für genauso kalt halten können, wäre da nicht diese unerwartete Gefühlsregung gewesen, die er plötzlich in ihnen erkennen konnte. In ihren blauen Tiefen lag ein verletzter, vorwurfsvoller Ausdruck, der nichts mit ihm, eher mit der Welt zu tun zu haben schien.
Dieser Ausdruck verriet ihm, dass sie kein völlig verhärtetes Wesen war. Noch nicht jedenfalls.
Sein Blick trieb ein schwaches Lächeln über ihr Gesicht, bei dem sie einen Mundwinkel hochzog. Die blauen Augen blitzten auf, schauten dann weg, als fühlte sie sich unbehaglich.
»Du erkennst ihn doch sicher?«, sagte sie dann verächtlich zu ihrem Gefährten, wobei die Kultiviertheit ihrer Stimme ihn erschütterte. »Es ist Rafael Belloch persönlich. Er baut Tunnel und Brückengerüste für die Kansas-Pacific. Oder pflegte es zu tun, denn ich habe gehört, dass er inzwischen Unternehmer geworden ist.«
»Allmächtiger Gott! Du hast recht, es ist Belloch.«
Der Räuber oben auf dem Kutschbock schnaubte. »Sicher, und der hier oben ist Rockefeller.«
»Es ist Belloch, verdammt noch mal!«, versicherte ihm der große Mann, der Rafe mit der Dragonerpistole in Schach hielt. »Sein Bild war gerade im Herald. Dort, schaut nur! Schaut euch die Geschirre an - alle vergoldet.«
»Natürlich ist es Belloch«, bestätigte mit samtweicher Stimme die Frau. »Sein attraktives Gesicht ist...
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