Schweitzer Fachinformationen
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Rachel
»Du musst dich konzentrieren, Candice. Wenn du diese Prüfung versaust, darfst du im Sommer nicht ins Cheerleader-Camp.«
Sie schnaubte, riss die Augen weit auf, beugte sich näher zum Spiegel und schnaubte wieder. »Oh mein Gott! Warum hast du mir nie gesagt, wie fies ich aussehe, wenn ich das mache?«
Ich vergrub mein Gesicht im Kissen und murmelte: »Lieber Gott, sag, dass das jetzt nicht passiert.« Dann hob ich den Kopf leicht und sah zu ihr. »Schnauben soll nicht niedlich sein. Sonst würde es ja wohl kaum >Schnauben< heißen.«
»Aber mein .«
»Die Prüfung, Candice. Du musst für deine Prüfung lernen.«
»Ja, ich warte doch nur darauf, dass du endlich anfängst, mich abzufragen«, sagte sie in einer Singsang-Stimme.
Ich mochte Candice. Ehrlich, das tat ich, auch wenn ich ihr in diesem Moment den Hals umdrehen wollte. Sie war nicht nur meine beste Freundin, sondern wie eine Schwester für mich und überhaupt das, was einer Familie am nächsten kam. An meinem ersten Tag im Kindergarten schubste mich ein Junge mit Brille um. Und während er mich noch auslachte, rupfte Candice ihm die Brille von der Nase und zertrat sie auf dem Boden. Das ist wahre Sandkastenliebe. Und seitdem waren wir nie länger als wenige Tage getrennt.
Als wir anfingen, über Colleges nachzudenken, gingen wir schlicht davon aus, dass wir zusammen irgendwo studieren würden. Aber dann starben meine Eltern kurz vor meinem letzten Jahr an der Highschool, und nichts schien mehr von Bedeutung. Sie waren mit zwei Partnern aus der Anwaltskanzlei meines Vaters und deren Frauen für ein Wochenende verreist, und auf dem Rückflug versagte der Motor des Firmenjets. Das Flugzeug stürzte in der Nähe des Shaver Lake ab.
Candices Familie nahm mich sofort auf, weil meine einzigen Verwandten auf der anderen Seite des Kontinents lebten und ich sie kaum kannte. Wären Candice und ihre Eltern nicht gewesen, hätte ich jene Zeit wohl nie durchgestanden. Sie sorgten dafür, dass ich weiter zur Schule ging, meine Noten nicht abrutschten und mein Leben so normal wie möglich verlief. Mir waren Schulabschluss und College damals eigentlich nicht mehr wichtig, aber dank ihnen blieb ich bei meinen Plänen, zu studieren und mir mein eigenes Leben aufzubauen. Dafür würde ich den Jenkins' ewig dankbar sein.
Ich bewarb mich an allen Colleges, die Candice anschrieb, und ließ sie entscheiden, wohin wir gingen. Candice war schon Cheerleader, solange ich denken konnte, also hätte es mich nicht wundern sollen, als sie die Universität nach dem Football-Team aussuchte. Und natürlich bekam sie ein sagenhaftes Stipendium. Aber Texas? Im Ernst? Sie wählte die University of Texas in Austin und fing an, alles in diesem abscheulichen Dunkelorange zu kaufen, was sie finden konnte. Ich war nicht direkt scharf darauf, ein »Longhorn« zu sein, doch was immer mich weg aus meiner Heimatstadt brachte, sollte mir recht sein . und das war dann wohl ein Studium in Austin.
Bei unserer Ankunft hier war es heiß und schwül, und ich fühlte mich wie in einer Sauna. Und das Erste, was Candice sagte, war, »Was mache ich nur mit meinem Haar?« - kein Wunder, denn ihr Haar hatte bereits angefangen sich zu kräuseln, und keine fünf Minuten später hatte sie einen Afro. Wir gewöhnten uns bald an die hohe Luftfeuchtigkeit und die verrückten Wetterumschwünge, und zu meiner Überraschung stellte ich fest, dass mir Texas gefiel. Ich hatte Sandpisten, Steppenläufer und Cowboys erwartet - und ich war noch nie so froh, mich geirrt zu haben. Die Innenstadt von Austin erinnerte mich an Los Angeles, und überall war es unglaublich grün. Außerdem gab es jede Menge Seen und Flüsse, an denen man sich mit Leuten treffen konnte. Ach ja, und in den knapp drei Jahren, die wir inzwischen hier waren, hatte ich nur ein paar Cowboys gesehen, und über die konnte ich mich wahrlich nicht beschweren. Meine Furcht, dass wir mit Candices neuem Orange-Fetisch auffallen würden wie asiatische Touristen in Disneyland, erwies sich als unbegründet. In Austin wimmelte es vor UT-Longhorn-Farben, und selbst Lastwagen in dunklem Orange waren hier keine Seltenheit.
Nun blieben noch zwei Wochen bis zum Ende unseres dritten College-Jahres, und ich konnte es gar nicht erwarten, endlich ein bisschen freizuhaben. Normalerweise fuhren wir in den Ferien nach Kalifornien zu Candices Familie, aber in diesem Sommer arbeitete sie in einem Cheerleader-Camp für Grundschülerinnen, deshalb hatten wir uns ab dem Sommer eine Wohnung gesucht, die wir über das letzte Studienjahr behalten wollten.
Vorausgesetzt, wir brachten Candice irgendwie durch diese verdammte Abschlussprüfung.
Bevor ich meine erste Frage stellen konnte, stöhnte Candice laut: »Oh mein Gott, die Poren auf meiner Nase sind riesig!«
Ich zog das Kissen unter mir heraus und warf es nach ihr, traf allerdings rein gar nichts, am allerwenigsten Candice. Aber zumindest hatte ich nun ihre Aufmerksamkeit. Sie klappte den Mund zu, drehte sich zu dem Kissen auf dem Fußboden um und kehrte achselzuckend an ihren Schreibtisch zurück.
Endlich. »Okay, was ist .«
»Willst du jetzt eigentlich mal was mit Blake unternehmen?«
»Candice!«
»Was?« Sie sah mich unschuldig an. »Er fragt dich schon seit einem Jahr!«
»Das . ach, vergiss es.« Ich knallte das Buch zu, rollte mich vom Bett und streckte mich kurz, ehe ich das schwere Buch auf meinen Schreibtisch fallen ließ. »Vergiss es. Wir sollten sehen, dass wir unsere Kaution für die Wohnung zurückbekommen. Ehrlich, du verhältst dich wie eine Fünfjährige!«
»Du hast meine Frage nicht beantwortet.«
»Welche Frage?«
»Triffst du dich mal mit Blake?«
Seufzend sank ich auf meinen Schreibtischstuhl. »Erstens ist er dein Cousin, und zweitens arbeitet er jetzt an der Uni, was irgendwie . komisch ist. Und drittens, nein.«
»Er ist doch nicht dein Professor oder so. Oder überhaupt Professor. Und ist dir klar, dass wir, wenn du ihn heiratest, richtig verwandt wären?«
»Wenn ich ihn heirate? Candice . warte mal, wie kommst du von einem Date mit ihm gleich aufs Heiraten? Ich werde deinen Cousin nicht heiraten, bedaure. Und mir ist egal, ob er Professor ist oder nicht, weil das nichts an der Tatsache ändert, dass er an der Uni arbeitet. Außerdem ist er nicht mal mein Typ.«
»Nicht dein Typ?«, wiederholte sie und zog eine perfekte blonde Augenbraue hoch. »Ich glaube mich zu erinnern, dass du früher mal irre verknallt in ihn warst. Und auch wenn ich mit ihm verwandt bin, darf ich trotzdem sagen, dass er umwerfend ist. Ich bin ziemlich sicher, dass er der Typ jeder Frau ist.«
Da musste ich ihr zustimmen. Blake West war groß, blond, blauäugig und hatte einen göttlichen Körper. Eines Tages würde man ihn sicher in einer Calvin-Klein-Werbung sehen. »Ich war in ihn verknallt, als wir dreizehn waren. Das ist acht Jahre her!«
»Aber du warst über Jahre in ihn verschossen. Jahre! Und du warst völlig verzweifelt, als er wegzog.«
»Und ich war, wie gesagt, dreizehn und lächerlich albern.«
Blake war fünf Jahre älter als Candice und ich, aber trotzdem kam er in all meinen Kindheitserinnerungen vor. Er war ständig bei Candices älterem Bruder Eli, und wir folgten den beiden überallhin. Für mich waren Eli und Blake wie unglaublich tolle große Brüder, bis zu dem Tag, an dem Blake mir das Leben rettete.
Okay, das klingt jetzt ein bisschen dramatisch. Genau genommen hat es sich für mich nur so angefühlt, als hätte er mir das Leben gerettet.
Ich war damals neun, und wir waren am See nicht weit weg von zu Hause, wo wir uns an einem Seil ins Wasser schwangen. Als ich dran war, rutschte mein Fuß durch die Halteschlaufe unten, sodass ich kopfüber wieder zurück an Land schwang und wie bekloppt schrie. Blake war noch am Ufer gewesen und fing mich auf, bevor ich wieder über das Wasser schwenkte.
In dem Moment wurde er zu meinem Helden, und ich verliebte mich in ihn. Oder zumindest verfiel ich in jene Version von Verliebtheit, wie sie Neunjährige empfinden können. Meine Schwärmerei für ihn steigerte sich über die nächsten Jahre, obwohl er in mir immer nur die beste Freundin seiner kleinen Cousine sah. Wäre ich älter gewesen, hätte mein Ego sicher einen Knacks bekommen, aber so trottete ich ihm weiter hinterher. Nach der Highschool ging er sofort zur Air Force und zog weg von mir. Ich erinnere mich, einige Mein-Leben-ist-vorbei-Anfälle vor Candice gehabt zu haben, aber dann bekam ich Brüste und Hüften, und andere Jungen in meinem Alter begannen mich wahrzunehmen. Ab da war es eher so, dass ich, wenn mich jemand auf ihn angesprochen hätte, geantwortet hätte: » Blake? Wer ist das?«
Inzwischen war er seit vier Jahren nicht mehr bei der Air Force, und ich hatte ihn eigentlich kaum noch auf dem Schirm gehabt, bis er im letzten Herbst nach Austin zog und als Personal Trainer an der UT zu arbeiten begann. Candice war ausgeflippt, dass ihr Cousin wieder in ihrer Nähe war. Und ich flippte einfach mit ihr aus. Aber dann sah ich ihn. Er war zu einem beknackten Adonis geworden, viel zu schön, um wahr zu sein. Und sämtliche heterosexuellen Frauen im Umkreis von einer Meile scharten sich um ihn, was er anscheinend sehr genoss.
Deshalb wollte ich kein Date mit ihm.
»Rachel!«, sagte Candice scharf.
Ich drehte mich zu ihr um.
»Hörst du mir überhaupt zu?«
»Nur, wenn wir nicht mehr über Blake reden.«
»Tun wir...
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