Schweitzer Fachinformationen
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Dialoge, ob nun dramatisch oder narrativ, erfüllen drei grundlegende Funktionen: Exposition, Charakterisierung und Aktion.
Der Fachbegriff der Exposition bezeichnet die fiktiven Fakten zum Setting, zur Vorgeschichte und zu den Figuren, die den Lesern/Zuschauern irgendwann vermittelt werden müssen, damit sie der Story folgen, sich auf sie einlassen können. Es gibt nur zwei Möglichkeiten für Autoren, eine Exposition in ihre Erzählung einzubetten: als Beschreibung oder als Dialog.
Auf Bühne, Leinwand und Bildschirm übersetzen Regisseure und ihre Ausstatter bzw. Szenografen die Beschreibungen des Autors in lauter nichtdialogische Ausdrucksträger: Kulissen, Kostüme, Licht, Requisiten, Ton etc. Comiczeichner und Verfasser von Graphic Novels illustrieren ihre Story beim Erzählen. Prosaautoren gestalten literarische Beschreibungen, die Wortbilder in die Fantasie ihrer Leser projizieren.
Das Gleiche können auch Dialoge bewirken. Stellen Sie sich einmal Folgendes vor: eine goldglänzende Marmor-Lobby, blonde Besucher in Business-Kleidung, die sich an von Uniformierten bewachten Sicherheitsschaltern melden, Aufzugtüren, die sich im Hintergrund geschäftig öffnen und schließen. Sobald wir dieses Bild sehen, transportiert es sofort eine Reihe expositorischer Fakten: das Setting (ein Bürogebäude in einer Großstadt irgendwo auf der nördlichen Erdhalbkugel), die Zeit (zwischen acht Uhr früh und sechs Uhr abends an einem Werktag), die Gesellschaftsschicht (eine jener Berufsgruppen der westlichen Kultur, die uniformierte Wachleute engagiert, um die Führungskräfte im obersten Stock von der Armut unten auf der Straße abzuschirmen). Außerdem suggeriert der Subtext des Bildes eine kompetitive, weiß und männlich dominierte Geschäftswelt, ein Streben nach Reichtum und Macht, immer hart an der Grenze zur Korruption.
Jetzt stellen Sie sich einen hochenergetischen Investment-Broker beim Mittagessen mit einem potentiellen Kunden vor. Hören Sie auf die Andeutungen, die in seinen aalglatten Zweideutigkeiten impliziert sind: »Kommen Sie mit hoch und lernen Sie meine jungen Falken kennen. Unser Horst befindet sich im 77. Stock, unser Jagdrevier ist die Wall Street.« Mit weniger Zeichen als ein üblicher Tweet legt dieses Wort-Bild mehr Dimensionen offen, als die Kamera jemals einfangen kann.
Im Dialog kann praktisch alles impliziert werden, was sich in Bildern ausdrücken oder im Fließtext der Erzählung erläutern lässt. Daher besteht die erste Dialog-Funktion auch darin, den lauschenden Lesern/ Zuschauern die Exposition zu liefern. Diese schwierige Aufgabe wird von folgenden Prinzipien gesteuert:
Tempo (Pacing) bezeichnet die Frequenz oder die Häufigkeit, mit der die Exposition in die Erzählung eingespeist wird. Timing bedeutet, die genaue Szene und die exakte Textstelle innerhalb dieser Szene auszuwählen, um eine bestimmte Tatsache aufzudecken.
Tempo und Timing einer Exposition sind mit einigen Risiken behaftet: Bietet man den Story-Rezipienten zu wenig Exposition, wenden sie sich verwirrt ab. Im Gegenzug ersticken zu große Brocken statischer Exposition aber auch das Interesse: Leser lassen das Buch sinken, Zuschauer rutschen unruhig auf ihren Plätzen umher und wünschen sich, sie hätten mehr Popcorn gekauft. Bei Tempo und Timing im Platzieren von Expositionen sind also Sorgfalt und Fingerspitzengefühl gefragt.
Um das Interesse wachzuhalten, teilen gute Autoren ihre Exposition in einzelne Häppchen auf und vermitteln immer nur das, was die Zuschauer oder Leser gerade wissen müssen, und zwar nur in dem Moment, in dem dieses Wissen absolut notwendig und gewollt ist. Keine Sekunde vorher. Sie bieten nur das absolute Minimum an Exposition, das nötig ist, um Neugier und Empathie weiter fließen zu lassen.
Wenn Sie heutigen, mit allen Story-Wassern gewaschenen Lesern/Zuschauern zu schnell zu viel Exposition präsentieren, erlahmt nicht nur ihre innere Beteiligung, sie ahnen auch lange im Voraus sämtliche Wendepunkte und sogar das Ende. Dann sitzen sie verärgert und enttäuscht vor Ihrer Arbeit und denken sich: »Das habe ich kommen sehen.« Wie es Charles Reade, ein Schriftsteller aus dem 19. Jahrhundert, so schön formuliert hat: »Lass sie lachen, lass sie weinen, lass sie warten.«
Zu guter Letzt sind auch nicht alle expositorischen Fakten von gleich hohem Wert für die Erzählung und verdienen daher nicht gleich viel Aufmerksamkeit. Führen Sie eine separate Datei, in der Sie alle Fakten Ihrer Story auflisten, und sortieren Sie sie danach, wie wichtig sie für Ihre Leser/Zuschauer jeweils sind. Im Lauf des Überarbeitens und Feilens stellen Sie dann vielleicht fest, dass manche Fakten stärker betont und in mehr als einer Szene wiederholt werden müssen, um sicherzustellen, dass die Leser/Zuschauer sich am entscheidenden Wendepunkt auch daran erinnern. Andere, weniger wichtige Fakten müssen dagegen vielleicht nur einmal kurz gezeigt oder angedeutet werden.
Der Grundsatz »Zeigen, nicht sagen« (»Show, don't tell«) warnt vor Dialogen, die dynamische Darstellung durch passive Erklärungen ersetzen wollen. Zeigen heißt, eine Szene in einem authentischen Setting zu präsentieren, sie mit glaubhaften Figuren auszustatten, die nach der Erfüllung ihres jeweiligen Wunsches streben, aus dem Moment heraus wahrhaftige Aktionen durchführen und dabei glaubwürdige Dialoge sprechen. Sagen bedeutet, die Figuren dazu zu zwingen, ihr Vorhaben zu unterbrechen und stattdessen ausführlich über ihre Lebensgeschichte, ihre Gedanken und Gefühle oder ihre aktuellen und früheren Vorlieben und Abneigungen zu berichten, obwohl es keinerlei szenen- oder figurenimmanenten Grund dafür gibt. Storys sind Metaphern für das Leben und keine Abhandlungen über Psychologie, Umweltkrisen, soziale Ungerechtigkeit oder andere Themen, die mit dem Leben der Figuren nichts zu tun haben.
Viel zu oft befriedigen derartige Vorträge nur das äußerliche Bedürfnis von Autoren, den gebannten Lesern/Zuschauern ihre Meinung einzuflüstern, und nicht das der Figur immanente Bedürfnis nach Aktion. Schlimmer noch: Sagen beseitigt jeden Subtext. Während die Figur ihre Wünsche verfolgt und dabei mit Gegenwind zu kämpfen hat, laden ihre verbalen Reaktionen und Taktiken Leser und Zuschauer dazu ein, ihre unausgesprochenen Gedanken und Gefühle zu ergründen. Wenn Autoren ihren Figuren allerdings zwanghaft unmotivierte Expositionen in den Mund legen, verstellen diese undurchdringlichen Sätze dem Story-Rezipienten jeden Zugang zum Innenleben des oder der Sprechenden. Und je mehr die Figur zum Sprachrohr der Ideen ihres Autors verflacht, desto mehr schwindet das Interesse.
Schließlich bringt Zeigen auch die innere Beteiligung und das Tempo voran, während Sagen die Neugier dämpft und das Tempo verlangsamt. Zeigen behandelt Leser und Zuschauer wie Erwachsene, es bittet sie in die Story hinein, ermuntert sie, ihre Gefühlswelt der Vision des Autors oder der Autorin zu öffnen, ins Herz der Dinge zu blicken und dann weiter auf künftige Ereignisse. Sagen behandelt sie wie Kinder, die von einem Elternteil auf den Schoß genommen werden und das Offensichtliche erklärt bekommen.
Die folgende Äußerung beispielsweise ist reines Sagen. Während Harry und Charlie die Tür zu ihrer gemeinsamen Reinigung aufschließen, sagt Charlie:
Ach, Harry, wie lange kennen wir uns jetzt schon? Zwanzig Jahre bestimmt, vielleicht sogar noch länger, seit wir zusammen zur Schule gegangen sind. Eine ganz schön lange Zeit, was, mein alter Freund? Und wie geht es dir heute, an diesem schönen Morgen?
Dieser Dialogbeitrag hat keinen anderen Zweck, als den Lesern/Zuschauern zu vermitteln, dass Charlie und Harry seit über zwanzig Jahren befreundet und zusammen zur Schule gegangen sind, und dass der Tag gerade angefangen hat.
Die folgende Äußerung dagegen zeigt:
Charlie schließt die Tür zur Reinigung auf, Harry lehnt unrasiert und im T-Shirt am Türstock, zieht an einem Joint und kichert haltlos. Charlie mustert ihn kopfschüttelnd.
CHARLIE: Verdammt, Harry, wann wirst du endlich erwachsen?
Schau dich doch nur mal an, mit deinen bescheuerten Batik-T-Shirts. Du bist immer noch derselbe unreife Quatschkopf wie vor zwanzig Jahren in der Schule und hast dich kein bisschen verändert. Reiß dich endlich am Riemen, Harry. Riechst du die Scheiße nicht, in der du steckst?
Die Fantasie der Leser bzw. die Blicke der Zuschauer wandern zu Harry, um seine Reaktion auf diese Beleidigung nicht zu verpassen, und dabei haben sie praktisch unbemerkt die Worte »zwanzig Jahre« und »Schule« mitgenommen.
Alle unerlässlichen fiktiven Fakten müssen irgendwann ihren Weg in die Story finden,...
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