Schweitzer Fachinformationen
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Mord ist wie Magie, dachte er. Die Geschicklichkeit seiner Hand hatte das Auge bisher noch immer getäuscht, und dabei sollte es auch bleiben. Er war wie der Postbote, der etwas in den Briefkasten wirft, und später schwören alle Stein und Bein, daß niemand an der Tür gewesen war. Eine Begabung, die ihm eingepflanzt war wie ein Herzschrittmacher. Ohne diese magischen Fähigkeiten wäre er tot gewesen. Oder so gut wie.
Schon beim ersten Blickkontakt war ihm klar gewesen, daß sie die nächste sein würde. Es war diese spezielle Kombination, die seinen Sinnen signalisierte, daß alles genau zusammenpaßte. Unschuld und Reife, nerzbraunes Haar und tänzelnde Augen. Er hatte sich noch nie geirrt. Ein Instinkt, der ihn am Leben hielt. Oder so gut wie.
Er merkte, daß ihr Blick auf ihm ruhte, und sofort fing über das Murmeln der Menge hinweg in seinem Kopf der alte Kindervers zu rotieren an: Nick und Bell klettern schnell einen steilen Fels bergan. Doch auf einmal stolpert Nick, stürzt und bricht sich das Genick. Was wird nun aus der armen Bell? Die schlichte Melodie schwoll an und überflutete sein Hirn wie eine gewaltige Woge einen Wellenbrecher. Ja, was wurde denn aus Bell? Oh, er wußte, was aus ihr wurde. Das Wissen rotierte in seinem Schädel wie der grausame Kindervers. Aber es war nie genug. Sogar der Umstand, daß die Strafe dem Vergehen exakt gerecht wurde, konnte ihn nicht endgültig versöhnen.
Darum mußte es immer wieder eine nächste geben. Und da stand er nun, nahm mit lauernden Augen wahr, daß sie ihn mit Blicken verschlang, und las in ihren Augen die Botschaft: »Ich bin dir ganz nahe. Nimm Kontakt auf zu mir, dann werden wir uns bald noch näher sein.« Kein Zweifel, sie las seine Gedanken. Und war doch selbst so durchschaubar. Das Leben hatte ihre Sehnsüchte noch nicht glattgehobelt. Ein wissendes Lächeln zuckte um ihre Mundwinkel, dann tat sie den ersten Schritt auf der langen, zumindest für ihn so erregenden Expedition zu den Abgründen des Schmerzes. Schmerz war aus seiner Sicht eine der unabdingbaren Begleiterscheinungen.
Es entging ihm nicht, daß sie kleine Umwege machte. Genau wie er. Neben zielstrebigen, kühnen Schritten aufeinander zu gab es ausweichende, zögernde, für den Fall, daß sie falsch gedeutet hatten, was sie in seinen und er in ihren Augen zu lesen glaubte. Sie wählte die spiralförmige Annäherung, die mit jedem Schritt ein Stück weiter nach innen führt, als bewege sie sich im schraubenförmigen, hier natürlich ins Riesenhafte verzerrten Gehäuse eines Tintenfischs auf ihn zu. Und dabei ruhten ihre Augen unablässig auf ihm, als gäbe es auf ihrem Weg nichts, was sie aufhalten, und niemanden, der sie ablenken konnte. Selbst als sie schon hinter ihm war, spürte er ihren festen Blick im Rücken. Alles war exakt so, wie es sein mußte.
Ihre Art, auf ihn zuzugehen, verriet ihm viel über sie. Sie wollte die Annäherung auskosten, wollte ihn aus jedem denkbaren Blickwinkel in sich aufnehmen und den Anblick in ihrer Erinnerung speichern, weil sie glaubte, eine solche Gelegenheit werde sich nie wieder ergeben. Hätte sie geahnt, was sie wirklich erwartete, wäre sie auf der Stelle in Ohnmacht gefallen.
Schließlich führte der enger werdende Orbit sie bis auf Armlänge an ihn heran. Nur die zwei, drei Reihen seiner hartnäckigsten Verehrer trennten sie noch von ihm. Seine Augen verhakten sich mit ihren, er ließ seinen ganzen Charme spielen, bedachte die Umstehenden mit einem höflichen ». ein Vergnügen, mit Ihnen zu plaudern. Würden Sie mich nun bitte entschuldigen« und ging, als die Menge brav eine Gasse bildete, die letzten Schritte auf sie zu.
Unsicherheit irrlichterte über ihr Gesicht. Erwartete er, daß sie ihm wie die anderen auswich? Oder sollte . mußte sie im Bannstrahl seiner hypnotisierenden Augen ausharren? Es war kein Wettstreit mit gleichen Waffen, es konnte keiner sein. Er hielt sie mit den Augen fest. »Hallo«, sagte er. »Hast du auch einen Namen?«
Noch nie war sie so sehr auf Tuchfühlung mit dem Ruhm gewesen, das machte sie sekundenlang sprachlos. Bis sie schließlich »Donna« stammelte. »Donna Doyle.«
»Was für ein wunderschöner Name«, sagte er mit warmer Stimme und erntete dafür ein Lächeln, das er strahlend erwiderte. Mitunter kam ihm alles zu einfach vor. Menschen hören, was sie hören wollen, besonders, wenn es ihre Träume wahr werden läßt. Mit seinem Lächeln merzte er alles Mißtrauen aus, jedesmal. Sie kamen zu diesen Abendveranstaltungen mit ganz bestimmten Erwartungen, das Bild von Jacko Vance vor Augen, das das Fernsehen ihnen vermittelte: ungezwungen, fröhlich und so vertrauenswürdig, daß ihnen nie in den Sinn gekommen wäre, das Abgründige in ihm zu suchen. Warum auch, wenn die Medien ein so überaus positives Image von ihm zeichneten?
In der Beziehung war Donna Doyle genau wie alle anderen. Sie verhielt sich, als folge sie einem eigens für sie geschriebenen Drehbuch. Nachdem er sie nun gewissermaßen in die Enge getrieben hatte, tat er, als sei es ihm nur darum gegangen, ihr eines der handsignierten Hochglanzfotos des Megastars Vance zu schenken. Dann jedoch folgte ein doppelbödiger Schachzug, den er so unübertrefflich natürlich auszuführen wußte, daß selbst De Niro vor Neid erblaßt wäre. »Mein Gott!« stieß er mit schwerem Atem hervor. »Ja doch! Natürlich!« Der verbale Ersatz für die flach an die Stirn geschlagene Hand.
Ihre Finger - nur noch Zentimeter von dem Foto entfernt, das er ihr beinahe überreicht hätte - erstarrten. Sie runzelte rätselnd die Stirn. »Wie bitte?«
Seine Mimik verriet, wie sehr er mit sich selbst haderte. »O nein, entschuldige. Du hast sicher interessantere Zukunftspläne als das, was jemand wie ich dir anbieten kann.« Beim ersten Mal hatte er den Satz nur mit schwitzenden Händen und hämmerndem Herzschlag über die Lippen gebracht. Weil es sich so plump anhörte, daß nicht mal ein Volltrunkener darauf reinfallen konnte. Und doch hatte er recht daran getan, auf seine Instinkte zu hören, obwohl es andererseits die waren, die ihn zum Abrutschen auf den Weg gemeingefährlicher Kriminalität verleitet hatten. Das Mädchen, bei dem er den dummen Satz zum ersten Mal erprobt hatte, war genauso darauf angesprungen wie Donna. Sie witterten, daß er ihnen etwas anbot, was für gewöhnliche Sterbliche - Leute wie die Fans, mit denen er vorhin geplaudert hatte - unerreichbar war.
»Was meinen Sie?« Atemlos, auf der Hut und nicht bereit, zuzugeben, daß ihre Ahnungen sich bereits in eine bestimmte Richtung bewegten. Denn es war immerhin möglich, daß sie ihn mißverstanden hatte und am Ende beschämt, mit hochrotem Kopf irgendeine Erklärung zusammenstottern mußte.
Sein Achselzucken war nicht mehr als eine Andeutung, so beiläufig, daß sich auf seinem maßgeschneiderten Anzug kein einziges Fältchen kräuselte. »Vergiß es.« Das strahlende Lächeln war erloschen, sein kaum merkliches Kopfschütteln galt unverkennbar ihm selbst.
»Nein, sagen Sie's mir.« Schon schwang verzweifeltes Drängen in ihrer Stimme mit. Schließlich wollten alle Fernsehstars werden, egal, ob sie's zugaben oder nicht. Er konnte ihr doch nicht im letzten Moment den schon halb versprochenen Zauberteppich wegziehen, auf dem sie aus ihrem öden Alltag in die Wunderwelt seines Lebens geschwebt wäre.
Er vergewisserte sich mit einem raschen Blick nach links und rechts, daß niemand zuhören konnte, dann legte er Eindringlichkeit in die Stimme, ohne den betörenden Ton zu vernachlässigen. »Ein neues Projekt, an dem wir arbeiten. Du wärst dem Aussehen nach wie geschaffen dafür. Wirklich, du bist perfekt. Ich habe auf den ersten Blick gesehen, daß du die Richtige wärst.« Ein bedauerndes Lächeln. »Nun, zumindest trage ich bei den Vorstellungsgesprächen mit all den - wie ihre Agenten glauben - vielversprechenden Talenten jetzt dein Bild im Kopf mit mir herum. Vielleicht haben wir mit einer anderen Glück ..« Seine Stimme brach, ein feuchter Film legte sich auf seine Augen. Sie sollte ruhig merken, wie schwer es ihm fiel, auf sie zu verzichten.
»Könnte ich nicht . ich meine, nun ja .« Ein Hoffnungsschimmer huschte über ihr Gesicht, mischte sich mit Verblüffung über ihre eigene Kühnheit und dann mit Angst, als ihr klar wurde, daß sie eine einmalige Chance verpaßte, wenn sie nicht sofort mutiger wurde.
Ungeduld floß in sein Lächeln. Wäre sie älter gewesen, hätte sie's für herablassend gehalten, aber sie war zu jung, um empfindlich zu reagieren, wenn sie von oben herab behandelt wurde. »Ich glaube nicht. Es wäre ein immenses Risiko. Bei einem solchen Projekt, in einem so frühen, heiklen Stadium . Ein einziges Wort in ein unberufenes Ohr könnte zu einem kommerziellen Desaster führen. Und du hast doch keinerlei Erfahrung in diesem beruflichen Umfeld, oder?«
Der Hinweis auf diese Klippe, an der alles scheitern konnte, was womöglich ihre Zukunft gewesen wäre, ließ einen Vulkan heißer Hoffnungen ausbrechen, in dessen Lavastrom die Worte nur so aus ihr heraussprudelten. Preise beim Karaoke im Jugendklub . und eine sehr gute Tänzerin, das könne ihm jeder bestätigen . und wenn sie in der Schule aus Romeo und Julia vorlas, hielten alle den Atem an .
Er grinste. »Na gut, du hast mich überzeugt.« Er sah ihr mit gesenktem Kopf tief in die Augen. »Aber kannst du auch ein Geheimnis für dich behalten?«
Sie nickte, als hinge ihr Leben davon ab. Daß es tatsächlich so war, konnte sie nicht wissen. »O ja.« Donnas dunkelblaue Augen funkelten, ihre Lippen brachen auf, die winzige pinkfarbene Zunge zappelte aufgeregt zwischen ihnen. Er...
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