Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Sie standen an der Tür, stampften sich die Wassertropfen von den Stiefeln, schwangen ihre Hüte und wischten sich die Nässe vom Gesicht. Draußen auf der Straße peitschte der Regen durchs stehende Wasser, ließ das knallige Rot und Grün der Neonreklamen zerlaufen und verwabern und tanzte auf den Blechdächern der am Bordstein geparkten Wagen.
Verdammt, ich bin halb ersoffen, sagte Billy. Er schwang seinen triefenden Hut. Wo's'n unser großer Cowboy?
Schon reingegangen.
Dann mal los. Wahrscheinlich hat er sich schon alle Dicken untern Nagel gerissen.
Die Huren, die in ihren schäbigen Negligés auf den schäbigen Sofas saßen, schauten hoch. Der Raum war fast leer. Wieder stampften die Männer mit den Stiefeln auf, gingen zur Bar hinüber, schoben sich mit dem Daumen die Hüte zurück und stützten die Füße auf die Stange über der gekachelten Abflussrinne, während der Barkeeper ihnen Whiskey einschenkte. Im blutroten Barlicht und in den Rauchschwaden hoben sie, wie zum Gedenken an einen vierten, inzwischen verlorenen Gefährten, kurz die Gläser, nickten, kippten den Alkohol hinunter, stellten die leeren Gläser wieder auf den Tresen und wischten sich mit dem Handrücken den Mund. Troy ruckte mit dem Kinn Richtung Barkeeper und beschrieb mit dem Finger einen Kreis über den leeren Gläsern. Der Barkeeper nickte.
John Grady, du siehst aus wie 'ne Hafenratte, verdammt.
Genauso komm ich mir auch vor.
Der Barkeeper goss ihnen Whiskey ein.
So hab ich's noch nie regnen sehen. Willst du 'n Bier? Drei Bier.
Hast du dir schon eine von den Süßen ausgesucht?
Der Junge schüttelte den Kopf.
Welche gefällt dir denn, Troy?
Ich bin wie du . Ich bin wegen 'ner Dicken hergekommen, und genau so eine nehm ich auch. Kannst mir sagen, was du willst, Alter, aber wenn du Lust auf 'ne Dicke kriegst, bist du mit nichts anderem zufrieden.
Das Gefühl kenn ich. Dann such dir mal eine aus, John Grady.
Der Junge drehte sich um und betrachtete die Huren auf der anderen Seite des Raums.
Wie wär's mit der stämmigen Alten im grünen Pyjama?
Mach ihn bloß nicht auf meine scharf, sagte Roy. Sonst gibt's hier gleich 'ne Keilerei, und du bist schuld dran.
Na los. Sie guckt schon her.
Die gucken alle her.
Na los. Ich seh doch, dass du ihr gefällst.
Die würd John Grady glatt bis an die Decke schleudern.
Ach was, doch nicht unsern großen Cowboy. Der Cowboy würd an ihr kleben bleiben wie 'ne Spitzklette. Wie wär's mit der, die sich in den blauen Vorhang gewickelt hat?
Beacht ihn einfach nicht, John Grady. Die sieht aus, als hätt ihr Gesicht Feuer gefangen und dann hätt's einer mit 'nem Rechen ausgeschlagen. Die Blonde da hinten ist mehr dein Typ, würd ich sagen.
Billy schüttelte den Kopf und griff nach seinem Whiskey. Mit dem Mann kann man einfach nicht vernünftig reden. Er hat eben keinen Geschmack, was Frauen angeht, soviel steht mal fest.
Halt dich an deinen alten Dad, sagte Troy. Der besorgt dir was, wo 'n bisschen was dran ist. Dabei hat Parham da mal behauptet, man soll sich mit nichts einlassen, was man nicht hochheben kann. Für den Fall, dass das Haus zu brennen anfängt.
Oder der Stall.
Weißt du noch, damals, wie wir mit Clyde Stapp hier waren?
Ja klar; der hatte wenigstens Ahnung. Hat sich eine ausgesucht, die richtig was auf die Waage gebracht hat.
JC und die anderen haben der Alten 'n paar Dollar zugesteckt, damit sie sie nach hinten gehen und mal gucken lässt. Sie wollten ihn fotografieren, aber dann haben sie lachen müssen und die Sache vermasselt.
Wir haben Clyde gesagt, er sieht aus wie 'n Affe, der 'n Fußball fickt. Ich hab schon gedacht, wir müssten ihm mit der Peitsche Dampf machen. Wie wär's mit der da drüben in Rot?
Hör nicht auf ihn, John Grady.
Kostet pro Pfund 'n Dollar. So was wie die kommt für ihn überhaupt nicht in Frage.
Macht ihr mal, sagte John Grady.
Such dir endlich eine aus.
Schon gut.
Siehst du, Troy? Du bringst den Knaben bloß durcheinander.
JC hat jedem erzählt, Clyde hätt sich in die Alte verliebt und wollte sie mitnehmen, aber sie hätten nur den Laster dabeigehabt und erst den Tieflader holen müssen. Bis dahin war Clyde wieder nüchtern und nicht mehr verliebt, und JC hat gesagt, er nimmt ihn nie mehr in den Puff mit. Er hätt sich nicht wie 'n verantwortungsbewusster Mann benommen.
Hinten im Gebäude konnte er den Regen auf ein Blechdach pladdern hören. Er bestellte sich noch einen Whiskey, drehte langsam das Glas auf dem polierten Holz und betrachtete im gelbstichigen Glas des alten Brunswick-Barspiegels den Raum hinter ihm. Eine der Huren kam herüber, nahm ihn beim Arm und bat ihn, ihr einen Drink zu spendieren; er sagte, er warte noch auf seine Freunde. Nach einer Weile kam Troy zurück, setzte sich auf einen Barhocker und bestellte einen weiteren Whiskey. Er hatte die Hände vor sich auf dem Tresen gefaltet wie ein Kirchgänger. Dann zog er eine Zigarette aus seiner Hemdtasche.
Ich weiß nicht, John Grady.
Was weißt du nicht?
Ich weiß nicht.
Der Barkeeper goss ihm seinen Whiskey ein.
Gib ihm auch noch einen.
Der Barkeeper schenkte nach.
Eine andere Hure war herübergekommen und hatte John Grady am Arm gefasst. Ihr Gesichtspuder hatte Sprünge wie alter Leim.
Sag ihr, du hast 'n Tripper, sagte Troy.
John Grady sagte etwas auf Spanisch zu ihr. Sie zerrte an seinem Arm.
Das hat Billy hier auch mal zu einer gesagt. Macht nichts, hat sie gesagt, sie hätt ihn auch.
Er zündete sich mit einem Zippo der Third Infantry die Zigarette an, legte das Feuerzeug auf das Päckchen, blies Rauch über das polierte Holz und warf John Grady einen Blick zu. Die Hure hatte sich wieder zum Sofa zurückgezogen; John Grady musterte irgendetwas im Barspiegel. Troy drehte sich um und folgte seinem Blick. Ein Mädchen von höchstens siebzehn, vielleicht weniger, saß mit locker im Schoß liegenden Händen und niedergeschlagenem Blick auf der Sofalehne. Sie nestelte wie ein Schulmädchen am Saum ihres bunten Kleides. Ihr langes schwarzes Haar fiel ihr über die Schulter, und sie strich es sich langsam mit dem Handrücken zur Seite.
Sieht gut aus, was?, sagte Troy.
John Grady nickte.
Na los, hol sie dir.
Nun mach schon, verflucht.
Da kommt er.
Billy kam zum Tresen und rückte sich den Hut zurecht.
Soll ich sie für dich holen?, sagte Troy.
Kann ich schon selber, wenn ich will.
Otra vez, sagte Billy. Er drehte sich um und sah zur anderen Seite des Raums.
Mach schon, sagte Troy. Na los, wir warten auf dich.
Die Kleine, zu der du gerade hinschaust? Ich wette, die ist noch keine fünfzehn.
Die Wette gewinnst du, sagte Troy.
Nimm die, die ich gehabt hab. Die hat alle fünf Gangarten drauf, oder ich versteh nichts vom Reiten.
Wird gleich wieder da sein.
Billy sah Troy an. Er drehte sich um, griff nach seinem Glas, betrachtete das rötliche Gequirl des Alkohols, hob das Glas, trank es aus, nahm sein Geld aus der Hemdtasche und ruckte mit dem Kinn in Richtung Barkeeper, der zu ihnen hersah.
Seid ihr so weit?, fragte er.
Ja.
Besorgen wir uns irgendwo was zu essen. Ich denk, es hört demnächst zu regnen auf. Jedenfalls hör ich nichts mehr.
Sie gingen die Ignacio Mejía entlang zur Juárez Avenue. Durch die Rinnsteine strömte gräuliches Wasser, und auf der feuchtschwarzen Straße zerliefen langsam die Lichter der Bars, Cafés und Andenkengeschäfte. Ladenbesitzer riefen sie an, und von beiden Seiten drängten ihnen Straßenverkäufer Schmuck und bunte Umhänge auf. Sie überquerten die Juárez Avenue, gingen die Mejía entlang zum Napoleón und setzten sich an einen Tisch am vorderen Fenster. Ein livrierter Kellner kam und wischte mit einem Handfeger das fleckige weiße Tischtuch ab.
Caballeros, sagte er.
Sie aßen Steaks, tranken Kaffee, hörten sich Troys Kriegsgeschichten an, rauchten und sahen zu, wie die uralten gelben Taxis das Wasser auf der Straße durchfurchten. Dann gingen sie die Juárez Avenue entlang zur Brücke.
Die Straßenbahnen fuhren nicht mehr, und auf den Straßen herrschte kaum noch Verkehr und Geschäftigkeit. Die im feuchten Lampenschein schimmernden Gleise liefen auf den Zollschuppen zu und weiter zur Brücke, in die sie eingebettet waren wie große chirurgische Klammern, die jene ungleichen, zerbrechlichen Welten miteinander verbanden; die Bewölkung hatte sich von den Franklins herab nach Süden verzogen, auf die Berge von Mexiko zu, die sich als dunkle Silhouette vom sternklaren Himmel abhoben. Sie gingen über die Brücke, schoben sich mit leicht schräg sitzenden Hüten, leicht betrunken, nacheinander durch das Drehkreuz und marschierten die El Paso Street hinauf.
Es war noch dunkel, als John Grady ihn weckte. Er war angezogen und schon in der Küche gewesen, hatte mit den Pferden gesprochen und stand, einen Becher Kaffee in der Hand, in der Tür von Billys Schlafkammer, deren Leinwandvorhang bis zum Türpfosten zurückgezogen war. He, Cowboy, sagte er.
Billy stöhnte.
Auf geht's. Schlafen kannst du im Winter.
Verflucht.
Auf geht's. Du liegst schon fast vier Stunden hier rum.
Billy setzte sich auf, stellte die Füße auf den Boden und vergrub den Kopf in den Händen.
Ich kapier nicht, wie man so rumliegen kann.
Scheiße, was bist du denn morgens schon so verdammt munter?
Bring mir lieber 'n anständigen...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.