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Freunde beeinflussen sich gegenseitig. Enge Freunde haben mich dazu ermuntert, das Surfen auszuprobieren (mit katastrophalen Folgen), Gitarre zu lernen (schon erfolgreicher), mit Tennis anzufangen (bin ihnen auf ewig dankbar), Dope zu rauchen (ein kurzes Vergnügen), bestimmte Beziehungen zu beenden und andere zu beginnen (mal mehr, mal weniger erfolgreich), mich zu einem besseren Menschen zu machen (work in progress) und sogar Schriftsteller zu werden (Gnade, liebe Jury).
In diesem Buch geht es um eine Freundschaft, in der sich nicht nur zwei Menschen gegenseitig geprägt haben, sondern die auch als eine der wirkmächtigsten der jüngsten Vergangenheit gelten kann. Ich habe Mühe, eine zweite zu finden, die vergleichbare globale Auswirkungen in den Bereichen Wirtschaft, Technologie und Philanthropie zur Folge hatte.
Warren Edward Buf?fett und William Henry Gates III lernten sich 1991 kennen; sie spielten Karten und Golf, sie scherzten und alberten, tauschten Geschäftsgeheimnisse aus und aßen Junk-Food. Menschen ändern sich selten, und wenn sie es tun, dann oft nur für eine Person, die sie lieben oder der sie freundschaftlich verbunden sind. Doch eine solche Veränderung ist unbeständig - sie erfordert den anhaltenden inflationären Druck der Existenz des anderen. Die tiefe Freundschaft, die im Laufe der Jahre zwischen Warren und Bill entstand, brachte für beide innere und äußere Veränderungen mit sich, zunächst nur subtil und spielerisch, mit der Zeit jedoch in tiefgreifenderer, ja existenzieller Form. Beide Männer investierten ihr wertvollstes Gut in ihre Beziehung: ihre Zeit (die beide akribisch einteilen). Schon bald sollten ihre Lebensgefährtinnen einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung dieser Männerfreundschaft nehmen, was zur Gründung des größten philanthropischen Unternehmens aller Zeiten führte: der Bill & Melinda Gates Foundation, die nach dem letzten Geschäftsbericht über ein Vermögen von fast 70 Milliarden Dollar verfügt. Bis 2021 hatte die Stiftung genau drei Treuhänder: Bill Gates, Melinda Gates und Warren Buf?fett.
Wie war es zu dieser außergewöhnlichen Freundschaft gekommen? Sie ließ sich zunächst wenig verheißungsvoll an; im Ferienhaus von Bills Eltern in der Nähe von Seattle fand eine Gartenparty statt, zu der Bill ursprünglich keinesfalls erscheinen wollte, nachdem er gehört hatte, dass Warren eingeladen war. Wie genau haben sich die beiden Männer gegenseitig beeinflusst? Welche Charakterzüge führten zu Veränderungen bei dem jeweils anderen? Und welche Auswirkungen hat ihre milliardenschwere Partnerschaft auf den Rest der Menschheit, insbesondere für die Benachteiligten in dieser ungleichen Welt, die zunehmend von der Großzügigkeit und dem Wohlwollen der sehr, sehr, sehr Reichen abhängig sind?
Mein Interesse an Bill Gates erwachte während meiner Studienzeit. Damals fragte ich mich mit meiner Mitte-Links-Überzeugung und jugendlichen Empörung, wie jemand, der so reich ist, sich nicht voll und ganz der Rettung des Planeten, der Linderung menschlichen Leids und der allgemeinen Verbesserung der Lage der Menschheit widmen kann. Hatte dieser Mann denn gar kein Gewissen?, fragte ich mich. Wie sich herausstellte, hatte er eines; es musste nur aus seinem Dornröschenschlaf geweckt werden. Eine schöne Prinzessin erschien, küsste den Frosch, der Bann war gebrochen, und Milliardär Bill verwandelte sich vor unseren Augen zum edlen Ritter der globalen Philanthropie. Im Jahr 2000 trat Bill als CEO von Microsof?t zurück. Anstatt weiterhin unsere digitale Zukunft zu monopolisieren, widmete er sich fortan der Aufgabe, die Aussätzigen zu heilen, die Lahmen wieder gehend und die Blinden wieder sehend zu machen.
Ein anständiger Mann.
War also die Begegnung mit seiner langjährigen Ehefrau Melinda tatsächlich der entscheidende Faktor, der Bill vom Saulus zum Paulus machte? Oder war der Same schon früher gesät worden?
Bill ist nach wie vor eine umstrittene Persönlichkeit. Er hat seine Fans, aber auch seine erbitterten, vehementen Kritiker. Während ich diese Zeilen schreibe, kursieren im Internet nach wie vor irgendwelche verrückten Verschwörungstheorien, die ihn als klandestinen Verbreiter tödlicher Viren über die Erde zeichnen, der anschließend durch den Verkauf von Impfstoffen Geld scheffelt, oder ihm vorwerfen, insgeheim eine - nun ja - Echse zu sein. Feindbilder wie diese sind weit verbreitet, und Bill wurde trotz seiner guten Taten immer wieder zum Protagonisten diverser Verschwörungsmythen und konkurrierte damit mit George Soros. Was ist das für ein Gefühl? So gezielt diffamiert zu werden? Verletzt es ihn? Welche innere Firewall ermöglicht es ihm, die Trolle zu ignorieren?
Mein Interesse an Bill wuchs, als ich erfuhr, dass er gerne Bridge spielt, ein kompliziertes Kartenspiel, bei dem »gereizt« und »geboten« wird und man sich beim »Kontrakt« in Gefahr begibt. Und Bridge führt uns zu unserer zweiten Hauptfigur.
Warren Buf?fett, wegen seiner Investmenttipps »das Orakel von Omaha« genannt, ist ein ausgezeichneter Bridge-Spieler. Bill gehört zu seinen Lieblingspartnern. Und warum? Sie kommunizieren wortlos und interpretieren intuitiv die Signale des anderen - der Schlüssel zu einem guten Bridge-Paar. Das ist schwer zu übertreffen. Außerdem hat es Warren in den Jahrzehnten seit dem Zweiten Weltkrieg (bei Kriegsende war er fünfzehn) geschafft, ein globales Imperium aufzubauen, das zu dem Zeitpunkt, als ich dies hier schreibe, annähernd 120 Milliarden Dollar wert ist und ihn zum fünftreichsten Mann der Welt macht. Zugleich ist es ihm gelungen, nicht nur geachtet, sondern sogar äußerst geschätzt, ja von manchen sogar verehrt zu werden. Wie kann eine so beneidenswert reiche Person außerdem so beneidenswert beliebt sein? Und warum wird Warren nicht beschuldigt, zum Beispiel Covid-19 auf die Menschheit losgelassen zu haben? Warum wird er nicht von Online-Trollen angegriffen, die behaupten, er sei insgeheim ein Komodowaran? Warum ist in seinem Fall der Neid nicht in Hass umgeschlagen?
Einer der Gründe mag darin liegen, dass Warren seinen Kritikern voraus ist. Denjenigen, die fordern, dass die Superreichen wesentlich mehr Steuern zahlen sollten, stimmt er zu und engagiert sich sogar dafür, indem er in der New York Times Kommentare mit Überschriften wie »Hört auf, die Superreichen zu verhätscheln« veröffentlicht und seine Regierung auf?fordert, ihn und seinesgleichen dort anzupacken, wo es am meisten wehtut. Anstatt die Rolle von Ludwig XVI. zu übernehmen, wirft er sich den Umhang von Robespierre über. Warren versichert uns, dass er es sich leisten kann, erheblich mehr Steuern zu zahlen. Er will mehr zahlen. Er will die ungerechten Steuererleichterungen für diejenigen abschaffen, die am wenigsten zusätzliche Hilfe brauchen. Hey, Leute, das ist nur gerecht!
Ein beliebter Mann.
Bill ist übrigens auch gerne bereit, einen höheren Einkommenssteuersatz zu zahlen - sogar über fünfzig Prozent -, und vertritt die Meinung, er hätte auch mehr Kapitalertragssteuer zahlen sollen, obwohl er 2018 damit hausieren ging, er habe mit über 10 Milliarden Dollar den höchsten Betrag überhaupt entrichtet. »Wenn die Leute einen bestimmten Steuersatz fordern, dann setzt ihn rauf«, predigt er seit mindestens einem Jahrzehnt öffentlich. Dennoch bleiben Fragen im Raum, etwa ob unversteuertes Geld für wohltätige Zwecke verwendet werden darf und ob Spenden steuerlich absetzbar sein dürfen, vor allem, wenn es sich um riesige Summen handelt, und ob die Steuerschlupf?löcher, die von den Tech-Giganten genutzt werden, es Bill und Warren und ihresgleichen überhaupt erst ermöglicht haben, dermaßen reich zu werden. Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Bills ehrenhafte Spenden an seine und Melindas Stiftung in Form von unversteuerten Microsof?t-Aktien erfolgen. Könnte ihr Geld also auch - wie einige Kritiker argumentieren - als unser Geld angesehen werden, das einer genaueren öffentlichen Prüfung, Kontrolle und Regulierung unterzogen werden sollte?
Grund Nummer 2: Warrens Wohnsitz. Es ist kein Schloss. Seit 1958 besitzt er bekanntermaßen das gleiche bescheidene Haus, vor dem nichts als ein schmales Rasenstück und ein paar Büsche liegen. Seht, scheint er zu sagen, ich habe nichts zu verbergen: mein Leben, meine Gewohnheiten und meine Geschäftspraktiken, alles offen einsehbar. Fährt man an Buf?fetts Haus vorbei, wie es jeder ungehindert tun kann, stellt man sich unwillkürlich vor, wie der Zeitungsjunge ohne großen Kraftaufwand das Wall Street Journal vom Fahrrad aus auf die Vorderveranda wirft. Warren hat nicht viel zu befürchten. Mit seinen vierundneunzig Jahren fürchte er nicht mal den letzten Bilanzprüfer, sagt er. Den Tod betrachtet er als Geschäft, bei dem es nichts mehr zu feilschen, zu verhandeln oder nachzubessern gibt. Wenn der große Kartengeber das Spiel - das Warren noch mehr liebt als Bill - beendet und einen Strich unter die Ergebnisse zieht, weiß Warren, dass er das Blatt auf dem Tisch ansehen und sagen wird: »Zu gut.« Seine Glückssträhne, sein großer Lauf, einer der größten aller Zeiten, wird zu Ende sein. Er wird in die Erde zurückkehren oder in die Luft verstreut werden, ohne einen Cent in der Tasche, so wie alle toten Superreichen, und man...
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