Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
(»über die Sturzengel«)
vergnügliches Schneeflocken-, nein Schneeschuppen Treiben über mein Hausgewand, sage ich zu Blum, die zahllosen in weißen Puder getunkten Puderquasten ausgeschüttelt auf dieses mein rotes Hausgewand, sage ich, wie sieht denn das aus, so weißpudrig gesiebt und gesilbt und gepustet, was weiß ich, jedenfalls bizarrisch, die deutsche Sprach' und wie!, oder 1 ALPENDRAMATISCHER RAUM : ROMAN, nicht wahr. Meine Füße wollen allein aus dem Zimmer laufen, schreibt Elisabeth von Samsonow, und ich muß sie zurückhalten, daß sie den Vortragssaal nicht verlassen, und ich versuche, 1 intelligentes nämlich interessiertes Gesicht aufzusetzen, damit niemand merkt, wie sehr ich mich langweile, usw. Es ging mir auf, sage ich zu Blum, daß da 1 Hundekopf aus dem Papierkorb ragte, ich glaube von einem riesenhaften Wolfshund, mit großen spitzen Ohren, welche die Farbe pausenlos wechselten, und dann kam es mir vor, das Cello ich meine das Cellophansäckchen mit den GELEEFRÜCHTEN schmatzt vor sich hin, oder in der Fäulnis von Ninas Rosen, die Botschaften an diesem Morgen waren vielfältiger Natur, ich glaube jemand rasselte mir die Beiwagenmaschine in einen Schatten ich glaube ICH WAR MEIN VATER, ICH HATTE MICH IN MEINEN VATER VERWANDELT, er ließ es unwillig zu, daß die Maschine wie von selbst immer wieder in einen Schatten rannte, aber die Sonne rückte so manisch nach, daß wir (nun zu zweit : Vater UND ich) nicht nachkamen, sie wieder aus dem Schatten zu ziehen, es war wie 1 ewiger Kampf, oder es war die Zeit, da Mutter mit der Kurbel den Talbot ankurbeln mußte damit er anspringe, ich meine, daß sie so lange mit aller Kraft kurbeln mußte, an der Schnauze des Talbot, bis er endlich losbrummte, 1 vertracktes Geräusch, nicht wahr, das Rhapsodische der Dinge, sage ich zu Blum, oder, wie Markus Lüpertz es nennt, das Dithyrambische der Dinge, also begeisterte Würdigung, usw.
Das alte Papiergeschäft gegenüber, DER GRÜNE JÄGER, sage ich zu Blum, erinnerst du dich, schien plötzlich, nach mehreren Jahrzehnten, wiedererstanden, wo ich damals die Schulhefte kaufte, Bleistifte, Mappen, zwei alte papierdünne Damen mit Aufsteckfrisur bedienten mit ausgesuchter Höflichkeit, aber eines Tages war eine von ihnen nicht mehr da, sage ich, ohne daß gefragt wurde oder Auskunft gegeben wurde, was geschehen war mit ihr, aber in meinem Traum von heute nacht ist 1 Sandalengeschäft geworden daraus, in welches ich hineinstürze, Sandalen verlange, ja, braune, sage ich, Nummer 44, im Abverkaufskistchen, sagte man mir, sei noch Vorrat, aber von jedem Sandalenpaar war da nur 1 rechter Schuh, und ich wollte doch beide Schuhe probieren, ehe ich wählen konnte, ich meine es war vielleicht nicht nur eine Beiwagenmaschine, mit der Vater so mutwillig umging, indem er sie immer wieder aus dem Schatten riß und hervorholte sondern vielleicht auch 1 Schäferhund, und es war gegen seine Art, denn ich habe ihn kaum je zornig gesehen in meiner Kindheit, vielmehr wurde er schweigsam, wenn jemand, wenn etwas ihn ärgerte, sein Mund schien versiegelt.
Ich wasche mir die Haare vor dem Zubettgehen, ich liege dann auf dem feuchten Haar, was nicht angenehm ist, im Flur riecht es nach Haarshampoo, die großen weißen Poren der Hemdbrust, sage ich, sind von durchlässiger Reminiszenz . . ich meine als er, X. (oder Wilhelm oder Ferdinand) sich so hinwarf ins Gras oder sich hinaufwarf in den Heuschober neben dem Haus, nachdem er uns, Blum und mich, stundenlang gefahren hatte über die Pässe und Alpenstraßen, sage ich zu Alma, und wir endlich angekommen waren in diesem Haus, und er da einschlief auf dem Rücken liegend, auf der Wiese vor dem Haus, mit ausgebreiteten Armen, 1 seltsamer Anblick, sage ich, aber sein Schlaf nicht lange währte, er dann aufsprang und uns alle umarmte und sagte : wie schön! wieder da! wieder angekommen!, etc., und dann sagte, wir gehen gleich Pilze suchen!, und sich dann doch lieber zurückzog in sein Mansardenzimmer, und ich dann auf einen kleinen Bühel stieg in einiger Entfernung vom Haus, der mir einen guten Einblick gewährte in seine Kammer und ich beobachten konnte wie er rasch die Kleider ablegte und sich aufs Bett warf, und völlig nackt, ohne die Vorhänge zugezogen zu haben, und ich dann 1 paar Blumen pflückte, so sehr liebte ich ihn damals, und ihm die Wiesenblumen auf seinen Kopfpolster legte, sobald alle aus dem Haus, usw., und ich sage zu Alma, damals, in diesem Sommer sagte ich zu ihm LASS UNS ZUSAMMEN LIEGEN, weil ich ihn sehr liebte und mit den Blumen auf dem Kopfpolster nicht alle Sehnsucht nach ihm gestillt werden konnte, sagte er still, ohne mich anzublicken, ich kann nicht lügen!, und als ich sagte, ICH MÖCHTE JA NUR 1 × FÜR 1 WEILE LIEGEN BEI DIR : DEINE NÄHE SPÜREN, sagte er ebenso still, dann können wir gleich miteinander schlafen. Aber dann wurde ihm übel, weil er zu viel ungekühltes Coca Cola mit Rum getrunken hatte und er übergab sich, und ich half ihm, sich zu reinigen und umzuziehen, und dann schlief er ein und ich legte mich neben ihn und wir schliefen, in Kleidern, bis zum Morgen, seine Brille lag auf der Bettdecke, als wir aufwachten, und sonst geschah gar nichts, und nichts mehr, und dann kamen wieder, Jahr für Jahr, diese blauen Karten vom Meer, die Ägäis, schrieb er, die hängenden Gärten, die grauen Olivenhaine, ziehen mich mächtig an, und : wir wären hier gewesen, wir hätten es uns gewünscht, hier gewesen zu sein, und von den Klippen der Steilküste, und Ausschau gehalten.
Und es waren die Spruchgeister, die mich seit ein paar Tagen verfolgten, und sie grollten, oder vielleicht war es so daß ich in ihnen grollte, mir selbst und den tatsächlichen Geschehnissen und Wendungen, denn ich sagte zu mir, pausenlos sagte ich, oder die Spruchgeister sagten es zu mir, grimmig und grollend : ICH BIN 1 TOTER MANN! das sagten sie, oder ich sagte es, ich sah ein, ich war 1 toter Mann, ich gab es zu, daß meine Kraft zu Ende war, und daß ich wie tot war, ich lag einfach da, auf meiner Matratze, die schon ganz eingesunken war, so daß ich mich in die tiefen Mulden hineinkauern hätte können, und ich hatte nur das Bedürfnis zu schlafen, immerzu, nachts, und mittags, und ich dachte mir, während ich mich zusammenrollte auf meiner Pritsche, vielleicht möchte ich schreiben wie Beckett und Jean Paul, wie Hölderlin und Brecht, usw., oder ich formulierte es anders, vielleicht möchte ich gleicherweise sein 1 Beckett und 1 Jean Paul,1Hölderlin und 1 Brecht, aber das waren nur Phantasien und ich versank wieder in meinen halbschlafartigen Zustand, der ohne Pläne und Pflichten war, ohne Zurüstungen und Hoffnungen, ohne Flüsterungen und Inbrunst, ich fühlte mich beinahe ohne Bewußtsein, und zuweilen war es mir, als verginge ich in Formlosigkeit und Namenlosigkeit, ich war irgendwer, ich war irgendein beinahe lebloses Stück Fleisch, gleichgültig, gedankenlos, ohne Gefühl. Irgend etwas hatte mich in eine Art von GEHIRNSCHWUND getrieben, ich verwechselte Orte und Zeiten, und wenn ich aus dem Mittagsschlaf erwachte, wußte ich nicht ob es 4 Uhr früh oder am Nachmittag war, ach mir war kaum bewußt, wo ich mich befand, wie es uns ergeht, wenn wir eine Nacht in einem unbekannten Hotelzimmer verbracht hatten, so vergingen die Tage und Wochen und Monate, und wenn ich an Aufenthalte in Sommerfrischen dachte, verwechselte ich die Namen der Orte und die Vorstellungen, die ich von ihnen gespeichert hatte, ich verwechselte am meisten die beiden Orte : Allerheiligen-Espang und P., sie fielen in meiner Erinnerung in eins zusammen, ja, sie waren austauschbar geworden, nämlich es kam mir vor, Geschehnisse und Beobachtungen, die ich von dem einen Ort in mir bewahrt hatte, wechselten in solche des anderen Ortes über, und ich dachte mir, vielleicht wolle 1 Ort den anderen imitieren, nicht wahr, so schoben sich die Erinnerungen und Erfahrungen in einander und gerieten zuweilen in 1 turbulentes, ja erotisches Verhältnis zu einander, sie verschmolzen in einander, und ich beobachtete alles mit einem gewissen Abstand, wenngleich nicht ohne Vergnügen, und eines Morgens, als ich lange geschlafen hatte, stand auf einem Notizblatt : Lupen-, Lupinen Nachwuchs, aber ich wußte nicht, wer es aufgeschrieben haben könnte, und was es bedeuten sollte.
Was das NATURGEWERBE angeht, sage ich zu Joseph, so gibt es 1 riesige Mütze auf dem Fensterbrett, in meiner Vorstellung, weiße Mütze, vielleicht auch Sack, über einen Teller mit Abfällen gestülpt, 1 Haube, Hülle, die Vögel picken Löcher in diese Haube, die Banane schmeckt wie eine nicht gar gekochte Kartoffel, sage ich zu Joseph, ich glaube eine Beklagung. Reinhold Posch sagt, wie er mit dem INDIANERHEMD zu mir kommt, ich habe zu Hause alles übereinander gestülpt, ich finde nichts mehr, meine Kleider irgendwo zusammengeknüllt und -gerollt auf einem Stoß Bücher vermutlich, aber dann muß ich abends doch wenigstens etwas zum Anziehen vorbereiten für den kommenden Tag, usw., er litt also ebenso wie ich an einer...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.