Schweitzer Fachinformationen
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Babette blinzelte in ein grelles Licht. Vor sich nahm sie zwei Männer in weißen Kitteln wahr.
»Herzlich willkommen«, sagte ein Weißkittel verschmitzt.
»Wo bin i? Im Himmel?«
»Nun ja«, meinte der Weißkittel, der an seinem Revers ein Schild trug, auf dem »Dr. Schmidt« stand. »Wir werden zwar Götter in Weiß genannt, aber der Himmel kann noch etwas auf Sie warten.«
»Bin i in Agatharied?«
»Und das ohne Telefonjoker! Ich merke, Ihre Sinne sind schon wieder alle beisammen.« Er sah sie nun mit ernster Miene an. »Sie hatten einen Radunfall und haben eine Gehirnerschütterung. Sie können von Glück reden, dass nicht mehr passiert ist.«
Er hatte den Satz noch nicht ausgesprochen, als die Tür aufgerissen wurde und der Großvater barfuß hereingestürmt kam.
»Babl, geht's dir guad? Pack dei Sach, hier bleibst koa Sekund länger. Hier stirbt man nur.«
»Ich muss schon sehr bitten, Herr .?«
»Tut nix zur Sach«, antwortete Anton mürrisch.
»Verwandt, verschwägert? Wenn nicht, verlassen Sie bitte augenblicklich das Zimmer.«
Dr. Schmidts Miene verfinsterte sich, es sah so aus, als ob er Anton jeden Augenblick am Kragen packen und hochkantig aus dem Zimmer werfen würde.
»Des ist mei Großvater«, beeilte Babette sich zu sagen, um ein größeres Unglück zu verhindern. Sie wusste, dass er nicht gut auf die Weißkittel zu sprechen war, weil sie seine Heilmethoden torpedierten.
»Na dann .« Dr. Schmidt bemühte sich um einen sanfteren Ton. »Ich schlage vor, Sie bleiben noch eine Nacht zur Beobachtung, wir veranlassen ein paar weitere Bluttests, und morgen, wenn alles in Ordnung ist, dürfen Sie nach der Visite nach Hause.«
»Kimmt gar .«, setzte der Großvater an, doch Babette legte ihre Hand auf seine und unterbrach ihn sanft.
»Genau so mach mas. I schlaf mi hier richtig aus, und morgen bin i wieder bei dir dahoam.«
Der Großvater beugte sich hinab zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr: »I hol di morgen früh um achte ab.«
Babette nickte unmerklich.
Dann verließ er ohne ein Wort des Abschieds das Krankenzimmer.
»Nehmen Sie's ihm bittschön ned übel, er is eigentlich a sehr gütiger Mann.« Babette setzte einen unschuldigen Blick auf.
»Das kann er aber gut verbergen«, knurrte Dr. Schmidt.
Er zog einen Gummischlauch aus seiner Brusttasche und bat Babette, ihren Arm frei zu machen. Er entnahm ihrer Vene fünf Röhrchen Blut und schickte seinen Assistenten, der sprachlos neben ihm stand, damit ins Labor.
»Ruhen Sie sich aus, morgen sehen wir weiter.«
Babette sank sofort in einen tiefen, erholsamen Schlaf.
Am nächsten Morgen, als sie die Augen aufschlug, saß Anton an ihrem Bett.
»Großvater, um Himmels willen, was machst denn scho hier in aller Herrgottsfrüh?« Sie schaute auf ihre Armbanduhr, die auf dem Nachttisch neben ihr lag. »Es is halb sieben!«
Anton lachte schelmisch. »Die Nachtschwester is a alte Bekannte von mir, sie hod mi zu dir reing'lassen.«
Babette sank in ihr Kissen zurück: »Du bist a Schlawiner, Großvater.«
Kurz nachdem das Frühstück serviert worden war, kam die Visite, allen voran Dr. Schmidt. Babette konnte sehen, wie er die Augen verdrehte, als er den Großvater neben ihrem Bett bemerkte.
»Senile Bettflucht?«, knurrte er, während er Babettes Hand nahm, um den Puls zu überprüfen.
»Nein, Überlebensmaßnahmen für mei Enkelin!«, raunzte Anton.
Dr. Schmidt beachtete ihn nicht weiter und wandte sich mit milder Stimme demonstrativ nur an Babette. »Ihre Blutwerte sind in Ordnung, nur der Entzündungswert ist etwas erhöht.« Er blickte zum Großvater, bevor er fortfuhr. »Und um das abzuklären, wären weitere Bluttests .«
Anton sprang erstaunlich schnell für sein Alter von seinem Stuhl hoch. »Kimmt überhaupt ned infrage, wir verlassen des Krankenhaus! Alles Weitere klären wir, wenn nötig, mit unserem Hausarzt.«
»Welcher Hausarzt?«, entfuhr es Babette.
Soweit sie sich erinnern konnte, hatten sie noch nie einen Hausarzt konsultiert, da der Großvater immer alles geheilt hatte.
»Du woaßt scho, der in der Stadt, mir fällt jetzt der Name ned ein.«
Endlich kapierte auch Babette, dass es sich um eine Notlüge handelte. An Dr. Schmidts Blick erkannte sie, dass er das Manöver ebenfalls durchschaut hatte.
Der Arzt wandte sich wieder an Babette. »Versprechen Sie mir bitte, dass Sie das abklären lassen.«
Babette nickte, und weil der Großvater bereits an ihrer Bettdecke zerrte, blieb ihr nichts anderes übrig als aufzustehen.
»Auf Wiedersehen und alles Gute, ich lasse Ihnen die Unterlagen zukommen«, meinte Dr. Schmidt schließlich, bevor er mit seiner Entourage aus dem Zimmer rauschte.
Anton ließ sich mit einem tiefen Seufzer auf den Stuhl zurückfallen. »Jetzt fahren wir heim, Babl, und dann schau i, was dir fehlt. In Ordnung?«
»Wenn du moanst, dann machen wir des so!«
Babette packte ihre Sachen in den Rucksack, den ihr der Großvater gestern noch vorbeigebracht hatte. Anschließend gingen sie den langen kahlen Flur entlang hinaus ins gleißende Sonnenlicht, schnurstracks zu dem alten VW-Pritschenwagen, den der Großvater fuhr, solange Babette denken konnte. Es war ihr etwas schummrig zumute, als sie sich neben Anton in den Autositz fallen ließ.
Er schaute sie besorgt an, doch Babette winkte ab. »Scho guad, Großvater, mir bekommt die sterile Luft einfach ned. Lass uns heimfahren.«
Als sie kurz vor Gmund den Tegernsee im Sonnenlicht glitzern sah, fühlte sie sich gleich viel wohler.
Zu Hause in Rottach wurde sie stürmisch von Aaron begrüßt, wogegen der Kater Giacomo sie nur mit einem herablassenden Blick würdigte, um sich dann vorwurfsvoll vor seinen leeren Futternapf zu setzen. Babette ging hoch in ihr Zimmer und legte sich aufs Bett, von dem aus sie auf den See schauen konnte. Seufzend glitt sie hinüber in das Reich der Träume.
Sie träumte vom schwarzen Schwan, wie er mit gespreiztem Gefieder die Flügel auf und ab schlug. Ein Jäger hatte sein Gewehr auf ihn gerichtet, doch gerade als er zum Schuss ansetzen wollte, schreckte Babette aus dem Schlaf und setzte sich schweißgebadet auf. Giacomo, der es sich zusammengerollt am Fußende ihres Bettes bequem gemacht hatte, sprang mit einem Satz hoch und miaute vorwurfsvoll. Babette lauschte in die Dunkelheit. Die Kirchturmuhr von Rottach schlug zwölfmal, Mitternacht. Hatte sie so lange geschlafen? Doch sie fühlte sich noch immer müde und legte sich deshalb wieder zurück in ihr weiches Kopfkissen.
Am nächsten Morgen fühlte sich Babette, als ob nie etwas gewesen wäre. Gegen 7 Uhr früh wachte sie auf, machte sich im Bad fertig und radelte dann gut gelaunt zum Bäcker, um frische Brezen für sich, Theres und den Großvater zu holen, so wie jeden Morgen. Xaver, der Sohn des Nachbarbauern, war so nett und hatte ihr kaputtes Rad repariert, während sie im Krankenhaus gelegen hatte.
Als sie zurückkam, wusch der Großvater sich schon am Brunnen und erwartete sie grinsend. »Hob i's dir ned glei g'sagt, Babl, dir fehlt nix. Zur Sicherheit mach i no a Augendiagnose, und du nimmst mei Mädesüßtropfenmischung für den Fall, dass du im Körper a Entzündung host.«
»Ja, des mach i, Großvater, aber mir geht's sehr guad. Haben wir heid B'such?«
»Ja, scho wieder oaner mit Atemproblemen und Erschöpfungssymptomen.«
Babette schaute ihn fragend von der Seite an. »Glaubst du, des is a Virus, des wir alle bekommen können?«
Der Großvater legte seine Stirn in Falten und kratzte sich an seinem Kinn, was er immer tat, wenn er angestrengt überlegte. »I woaß es ned, Babl, zumindest noch ned. Aber i muass zugeben, es is scho merkwürdig.«
Mittlerweile war Tante Theres auf ihrem Radl um die Ecke gebogen. Bevor man sie sah, konnte man sie hören, da ihr in die Jahre gekommenes Rad fürchterlich quietschte und nach einem Tropfen Öl lechzte. Pfeifend lehnte sie ihr Rad wie jeden Morgen an die Scheune vor dem Hof.
»Servus, ihr zwoa. Ihr schauts aus, als könntet ihr an starken Kaffee 'brauchen.«
»Oh ja, Tante!« Babette klatschte in die Hände. »Der Muckefuck im Krankenhaus war a besseres Spülwasser. Des Wasser hod so guad wie koa Kaffeebohn g'sehen. Brezen hob i scho beim Bäcker b'sorgt.«
Babette eilte ins Haus und kam mit drei Tellern und drei Haferl zurück, deckte den Tisch auf der Terrasse ein, während Theres den Kaffee liebevoll mit der Hand aufbrühte: nur so viel Wasser in den Filter gießen, dass das Kaffeemehl leicht bedeckt ist, dann warten und erneut aufgießen. Das Wasser darf nur sieden, nicht kochen.
Schon bald durchzog köstlicher Kaffeeduft das ganze Haus. Babette lief auf die angrenzende Wiese, pflückte ein paar Blumen, holte eine Vase und stellte diese auf den Tisch.
Die ersten Sonnenstrahlen tanzten auf der Leinentischdecke, es schien ein sonniger Tag zu werden. Theres und der Großvater gesellten sich zu ihr. Theres stellte zusätzlich eine Schale mit ihren leckeren Brennnesselpralinen auf den Tisch, ein altes Rezept ihrer Mama: Datteln, Nüsse, Brennnesselsamen, Haferflocken und Kakao wurden zusammen mit Gewürzen und Dattelsirup oder Honig zu einer Kugel geformt und in Brennnesselsamen und Zimt gewälzt. Der Großvater sagte auch Energiekugeln dazu.
»Mei, wia schee, Babette!«, rief Theres entzückt und rückte die...
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