Schweitzer Fachinformationen
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Sie setzt ihr Partygesicht auf und kontrolliert es sorgfältig im kleinen Klappspiegel, den sie mit einem gezielten Griff aus ihrer Handtasche geangelt hat.
Sie zieht die Mundwinkel hoch, damit niemand sie auffordert, doch mal etwas freundlicher zu gucken.
Zieht die Stirn glatt, um diese nervigen Fragen zu vermeiden, worüber sie denn jetzt schon wieder nachgrüble.
»Keine Sorge, du bist schön genug, Prinzessin. Die Männer werden bei deinem Anblick anfangen zu sabbern.«
Vor Schreck klappt sie den Spiegel zu und hätte sich beinahe die Nasenspitze eingeklemmt. Fee ist so plötzlich neben ihr aufgetaucht, als hätte sie sich hierherteleportiert - eine Erscheinung mit aquamarinblauen Locken, blumigem Parfum, Doc Martens und Jeanslatzrock.
Dumpfe Musik wummert durch die Tür. Annas Grimasse lässt keinen Zweifel daran, wie begeistert sie ist, auf diese Party zu gehen. »Ich habe keine Zeit für Männer.« Als sie Fee umarmt, kitzeln deren Haare ihre Wange. »Schon gar nicht für solche, die beim Anblick eines weiblichen Wesens sofort die Kontrolle über ihren Speichelfluss verlieren. Und außerdem .«
»Außerdem hast du keine Zeit für Partys. Ich weiß, ich weiß.« Ungeduldig verdreht Fee die Augen. »Aber wenn ich dich nicht hin und wieder zwinge, die Wohnung zu verlassen, setzt du Schimmel an.«
»Aber .«
»Ich weiß. Du verlässt die Wohnung. Ständig. Andauernd. Aber nur, um zu arbeiten oder zur Uni zu fahren. Ich rede hier von Spaß-Angelegenheiten.«
»Wenn du nicht so entsetzlich recht hättest, würde ich dir das übel nehmen«, mault sie. »Und wenn du nicht meine beste Freundin wärst, würde ich dich ein bisschen hassen.«
»Das weiß ich auch«, flötet Fee fröhlich, hakt sich bei ihr unter und zieht sie durch die Tür.
Der Geruch von feiernden Menschen schlägt ihr entgegen: Schweiß und billiges Aftershave, Bier und fragwürdiger Nacho-Schichtsalat, den jedes Mal irgendjemand mitbringt. Die Party verschluckt sie wie ein hungriges Tier, und einen Moment lang erlaubt sie sich, ihren Kopf auszuschalten und sich einfach treibenzulassen.
Juna, die ihr in der Montagsvorlesung immer einen Platz freihält, drückt ihr eine Flasche Radler in die Hand. Anna nickt ihr dankend zu und wippt im Takt zu irgendeinem Song, den außer ihr bestimmt jeder kennt. Das Radler ist eiskalt und erfrischend, sie trinkt einen großen Schluck, dann noch einen. Wenn Fee sie schon überredet hat, auf die Party zu gehen, kann sie auch versuchen, sie zu genießen.
Aus der Küche, in der Bier-Pong gespielt wird, dringt lautes Gelächter, und irgendein Idiot übergibt sich in die Spüle. Auf der Couch spielt jemand mit einer Gitarre gegen die Playlist aus dem Lautsprecher an. In einer Ecke knutscht Fee hemmungslos mit ihrer neuen Freundin Silke.
Anna weiß nicht einmal, in wessen WG sie gerade sind. Irgendwelche Freunde von Fee, die sie im Archäologie-Studium kennengelernt hat. Oder in einer Bar. Oder wo auch immer Fee die unzähligen Leute aufgabelt, die nach einer durchzechten Nacht allesamt zu ihren engsten Freunden zählen und die begeistert Anekdoten von ihren gemeinsamen Abenteuern zum Besten geben, wenn man sie auf Fee anspricht.
Und kurz, nur ganz kurz, fühlt Anna sich leicht. So leicht, als hätte sie eine ganze Heliumflasche inhaliert und könnte jeden Augenblick abheben wie ein Luftballon.
Möglicherweise so, wie sich Fee fühlt. Ihre beste Freundin, die all das ist, was sie in manchen Momenten insgeheim gerne wäre: mutig. Spontan. Unbeschwert, so als wäre das Leben ein glitzernder, pastellfarbener Ponyhof.
Sie setzt sich zu den Leuten auf dem Sofa, hört dem Gitarrenspieler zu und summt den Refrain mit, ohne den Text zu kennen - ganz leise, dass niemand sie hört, nicht einmal der Typ neben ihr auf der Couch, der immer näher rutscht, bis er beinahe auf ihrem Schoß sitzt.
Aber der Moment ist vergänglich, er löst sich einfach auf und zerrinnt ihr zwischen den Fingern. Sie schaut auf ihre Armbanduhr, und eine kribbelnde Unruhe breitet sich in ihr aus.
»Hey, Anna, schau nicht so ernst. Lächle doch mal ein bisschen, das hier ist kein Begräbnis«, ruft ihr Annabelle gutmütig zu, während ihr Freund an ihrem Hals knabbert.
Sie kennt Annabelle, weil sie neben ihrem Germanistikstudium in der Unibibliothek jobbt. An seinen Namen erinnert sich Anna nicht, aber sie ist sich ziemlich sicher, dass er ihr auch schon mal auf dem Campus über den Weg gelaufen ist. Bamberg ist keine große Stadt - gefühlt ist sie jedem, der ungefähr in ihrem Alter ist, schon mal über den Weg gelaufen: in der Mensa, der Bibliothek, einer Studentenkneipe oder eben auf einer der Partys, auf die Fee sie schleppt, damit sie >keinen Schimmel ansetzt<. Die meisten Leute hier kommen ihr bekannt vor, ohne dass sie sagen könnte, woher, geschweige denn, wie sie heißen. Ganz anders als Fee, die bestimmt zu jedem in dieser Wohnung einen ganzen Steckbrief parat hat.
Anna ringt sich gehorsam ein Lächeln ab und versucht mit einem verstohlenen Blick in den Spiegel, den sie in der Tasche aufklappt, ihr Partygesicht zurechtzurücken.
Es ist zu früh, um die Party guten Gewissens zu verlassen, und zu spät, um guten Gewissens zu bleiben. Sie versucht, dem Gitarrenspieler weiter zuzuhören, aber jetzt gelingt es ihr nicht mehr, sich darauf zu konzentrieren. Noch einmal schaut sie auf die Uhr, dann zur Tür und überlegt gerade, ob sie unauffällig abhauen kann, ohne dass Fee sie aufhält.
Fee erwischt sie, als sie sich gerade durch die Menge auf die Tür zuschiebt - als hätte sie einen eingebauten Sensor, der es ihr erlaubt, Annas Gedanken zu lesen. Natürlich. Fee kennt sie einfach zu gut. Energisch steuert sie auf Anna zu.
»Was machst du da, Fräulein?«
Anna zieht eine Grimasse. »Es ist schon spät.«
»Nicht mal Mitternacht. Die meisten Leute kommen jetzt erst her.«
»Die meisten Leute müssen auch nicht morgen früh bei ihrem Papa in der Firma sein und arbeiten. Die sitzen erst am späten Vormittag in irgendwelchen Vorlesungen.«
»Was du vielleicht auch tun solltest. Du könntest dir freinehmen.« Fee zuckt mit den schmalen Schultern.
Ebenso gut hätte sie Anna vorschlagen können, sich in einer von Mäusen gezogenen Kürbiskutsche nach Hause fahren zu lassen.
»Fee. Er braucht mich.«
»Ich weiß.« Für einen Augenblick wird auch Fee ernst.
Sie weiß tatsächlich, wie es ist.
Anna weiß, wie Fee darüber denkt.
Und beide wissen sie, dass eine Diskussion darüber die reinste Zeitverschwendung wäre.
»Na schön«, seufzt Fee. Ihr Blick fixiert einen Punkt hinter Anna, und schon grinst sie wieder. Das Blau ihrer Augen leuchtet mit dem ihrer Haare um die Wette. »Aber zuerst muss ich dir unbedingt jemanden vorstellen.« Fee deutet mit dem Kinn hinter Anna. »Anna, das ist Max.«
Anna dreht sich um - und ist blind. Gleißend helles Licht sticht ihr in die Augen, begleitet von einem Klicken und einem sonoren, warmen Lachen.
»Sorry, dummer Anfängerfehler. Das mit dem Blitz war keine Absicht.« Eine tiefe, angenehme Stimme. Jemand, der sich im Gegensatz zu ihr nicht darum bemüht, leise und dezent zu sein.
Stöhnend reibt sie sich über die Augenlider, hinter denen flirrende Punkte tanzen, und blinzelt dann in das Gesicht, das hinter dem blendenden Licht erscheint. Ausdrucksstark ist es - das ist das Erste, was ihr dazu einfällt. Geschwungene Lippen, die sich in den Winkeln kräuseln. Ausgeprägte Wangenknochen, ein Grübchen im Kinn. Die Art, wie die braunen Haare in die Stirn fallen, lässt ihn wie einen Sänger von diesen Britpop-Bands wirken, die sie mal rauf und runter gehört hat.
Augen, so warm wie dunkler Honig, die es ihr schwermachen, den Blick abzuwenden.
Und in diesen Augen blitzt es amüsiert, was sie mehr nervt, als sie sich selbst eingestehen will. Verstimmt mustert sie die Kamera, die er immer noch auf sie gerichtet hält.
»Anna, Max ist vor kurzem nach Bamberg gezogen und arbeitet in einer Medienagentur. Max, Anna ist meine Mitbewohnerin und studiert BWL«, spult Fee pflichtbewusst das Vorstellungsprogramm ab. Und schon ist sie weg, flattert hinüber zu Silke, um sie vor dem Schichtsalat zu warnen, weil die gerade drauf und dran ist, sich eine Portion davon zu nehmen.
»So. Max, der in einer Medienagentur arbeitet. Freut mich.« Annas Lächeln fällt dünn aus. Sie weiß genau, was Fee im Schilde führt, und das gefällt ihr überhaupt nicht. Es ist nicht das erste Mal, dass Fee der Meinung ist, sie hätte den perfekten Typen für Anna entdeckt und müsste ihrem Liebesglück auf die Sprünge helfen.
»Mich auch, BWL-Anna.« Sein Grinsen offenbart eine schmale Lücke zwischen den Schneidezähnen. Nur zu gerne würde sie sich einreden, das die ihn unattraktiv macht, aber die Wahrheit ist, sie lässt ihn nur noch charmanter aussehen. »Erzähl bloß niemandem, dass ich dir aus nächster Nähe ins Gesicht geblitzt habe. Wenn meine Kollegen das erfahren, kann ich den Job gleich an den Nagel hängen.«
»Dein Geheimnis ist bei mir sicher. Unter einer Bedingung.«
Fragend zieht er die Augenbrauen hoch, in seinen Augen funkelt es vergnügt. »So? Dein Schweigen ist käuflich?«
Es ist schwer, sich nicht einfach von seinem Grinsen anstecken zu lassen, das etwas so unfassbar Gewinnendes hat. Aber sie hat bereits beschlossen, ihn nicht zu mögen. Nicht nur weil es unhöflich ist, Fremden eine Kamera ins Gesicht zu halten, sondern auch weil Fee so...
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