Schweitzer Fachinformationen
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Ein aufwühlender Thriller in einer Zeit, in der alte Feindschaften wieder aufflammen
Sowjetunion, 1961: Tief in den Wäldern Zentralrusslands verbirgt sich ein Ort, der auf keiner Karte zu finden ist - die geheime Stadt Arsamas-16. Hier arbeiten Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker am Bau der stärksten Wasserstoffbombe der Welt. Doch zehn Tage vor der Testzündung wird der junge Physiker Fjodor Petrow tot aufgefunden - vergiftet mit Thallium, das er laut Bericht selbst eingenommen hat. Doch in Moskau ist man skeptisch.
Und so wird KGB-Agent Major Alexander Wassin entsandt, um den vermeintlichen Selbstmord zu untersuchen. Er stößt auf eine Wand des Schweigens. Denn in Arsamas-16 darf nichts dem "Projekt" in die Quere kommen, nicht einmal Mord ... Basierend auf realen Hintergründen
Früh am nächsten Morgen stellte Wassin den Mantelkragen auf, um sich gegen den Regen und den Nebel zu schützen, der durch die breite Allee vor Kusnezows Wohngebäude trieb. Dichte, langsam dahinziehende, niedrige Wolken bedeckten den Himmel. Das träge Wetter des tiefsten Russlands, wo die Jahreszeiten behäbig, aber unaufhaltsam wie ein Tross Dampfwalzen aufeinanderfolgten. Der Herbst war eine triefende Zeit, in der es süßlich nach Verfall roch und man an versteckten Orten die Geräusche von plätscherndem oder rinnendem Wasser hörte.
Mit einem widerwilligen Röcheln erwachte der Geländewagen zum Leben. Kusnezow ließ den Motor aufjaulen, um Wassins Aufmerksamkeit zu erlangen.
»Kommen Sie, alter Freund. Hohe Tiere warten auf Sie.«
Kusnezow setzte ihn vor dem KGB-Hauptquartier von Arsamas ab, einem klobigen, modernen Gebäudeblock, den eine Tannenreihe von der Straße abschirmte. Auf dem Vorhof stand eine Büste von Feliks Dzierzynski, dem Gründer der sowjetischen Geheimpolizei. Das Bronzegesicht glänzte im Regen.
In der Eingangshalle trugen Sekretärinnen mit auf dem Marmorboden klickenden Absätzen Akten hin und her. Die Kontora arbeitete Tag und Nacht, sogar an Sonn- und Feiertagen. Ein Wachmann vermerkte Wassins Namen penibel in einem Register. Dieser Ort roch genau wie sein Moskauer Büro, durchdringend nach Bodenpolitur und nassen Mänteln. Irgendwo klackten emsig, aber vollkommen asynchron zwei Schreibmaschinen. Ein Telefon klingelte endlos.
General Saizews Sekretärin besaß butterblond gefärbtes Haar und ein Gesicht, das aussah, als hätten ständige Lügen es entstellt.
»Der General wurde aufgehalten«, erklärte sie ihm aalglatt. »Sie werden warten müssen.«
»Sehr gut. Bitte teilen Sie dem Genossen General mit, dass ich die Gelegenheit für einen Besuch in der Kantine nutze. Ist bestimmt unten, richtig?«
Missbilligende Fältchen zogen Furchen in das Make-up der Sekretärin.
»Ah! Und die neueste Ausgabe von Krokodil! Darf ich?«
Ohne auf eine Antwort zu warten, griff sich Wassin die beliebteste satirische Zeitschrift der Sowjetunion von einem niedrigen Tisch. Er streifte seinen nassen Regenmantel ab und hängte ihn triefend auf den Kleiderständer des Generals. Anschließend begab er sich auf die Suche nach Kaffee.
Da die Frühstückszeit dem Ende zuging, war die Kantine im Untergeschoss fast menschenleer. Wassin kaufte sich ein Stück Gebäck und eine Tasse hervorragenden, frisch gemahlenen kubanischen Kaffee. Er ließ sich damit an einem Tisch nieder und begann, die Zeitschrift durchzublättern. Der übliche Unsinn: Karikaturen betrunkener Arbeiter, komische Gedichte über nörgelnde Schwiegermütter, prosaische Zeichnungen über die Reize und Absurditäten des Landlebens. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie ein großer Offizier in makellos gebügelter Uniform und mit Adjutantenabzeichen den Speisesaal betrat. Der Mann sah sich um, sah ihn und stakste durch den Raum wie ein Aufziehspielzeug.
»Genosse Major Wassin.«
Es war keine Frage. Schwerfällig ließ sich der Offizier ihm gegenüber nieder.
»Ich bin Major Oleg Jefremow, General Saizews Adjutant.«
Der eindringliche Blick des Offiziers wanderte langsam über Wassins Gesicht. Aufmerksam betrachtete er die Brille, die weichen Hände und zuletzt Wassins Augen, die dieser Musterung unverfroren standhielten.
»Der General erwartet Sie. Wenn Sie mir bitte folgen.«
In seiner knappen Uniformjacke sah General Saizew aus wie ein Landarbeiter aus der Zeit vor der Revolution, der sich in seinen unbequemen Sonntagsanzug gezwängt hatte. Sein Hals war breiter als sein Gesicht. Mit narbigen, auf dem Tisch zu Fäusten geballten Pranken saß er da wie ein Oger, drauf und dran, einen Eindringling zu verschlingen, der sich in sein Königreich verirrt hatte. Zum Beispiel einen dieser an der Universität ausgebildeten Warmduscher, die seit Stalins Tod in den Dienst eingetreten waren. Wassin kannte Saizews Typ. Ein Staatssicherheitsoffizier der alten Schule, der sich seine Sterne in blutverschmierten Hinrichtungskellern verdient hatte. Ein Mann, der den Geruch frischen Todes eingeatmet hatte.
»Der Kontrolleur der Regierung ist gekommen, um uns zu überprüfen.«
Saizew sprach mit einem behäbigen Provinzakzent und schien mit seiner Äußerung Wassin reizen zu wollen wie ein trotziges Kind.
»Nein, Genosse. Ich habe keinen Grund zu der Annahme, dass Ihre Arbeit nicht von höchster Qualität ist.«
»Man hat mir erzählt, dass Sie gestern am späten Abend persönlich an Professor Adamow herangetreten sind. Nur hatten Sie da Ihre Ausweispapiere den örtlichen Behörden noch nicht vorgelegt. Also mir.«
Bedächtig nickte Wassin. Er betrachtete Saizews Gesicht eines Fleischers, die Hände, die mit den Fingerknöcheln knackten.
»Dafür entschuldige ich mich, General. Meine Ausweispapiere habe ich dabei.«
Wassin zog einen Packen Papier aus seiner Uniformtasche hervor und streckte die Dokumente dem General hin. Saizew nahm sie nicht entgegen.
»Hören Sie mir gut zu. In dieser Stadt herrscht ein spezielles Regime. Es gibt Verfahren, die .«
»General«, fiel Wassin ihm ins Wort. »Bei allem Respekt, meine Befehle sind äußerst klar und deutlich.«
Saizews Gesicht lief dunkelrot an.
»Meine Ermittler sind bereits zu einem Ergebnis gekommen.« Die Stimme des Generals klang ungefähr so einfühlsam wie ein Gummiknüppel. »Die Beweise zeigen unmissverständlich, dass sich Fjodor Petrow selbst getötet hat. Die Ermittlungen sind beendet. Wir reichen den Bericht so ein, wie er ist. Sie kommen zu spät.«
Wassin mimte geschickt den Unterwürfigen.
»Ja, Genosse General.« Das hatte er alles schon erlebt. Dem Rang nach war er diesem Mann untergeben. Aber aufgrund der Behörde, die er repräsentierte, stand er . außerhalb. Etwas, worauf man mit Feingefühl hinweisen musste. Anfangs zumindest. »Aber ich bin von den zuständigen Behörden damit beauftragt worden, eine unabhängige Prüfung der Beweise vorzunehmen. Und Sie möchten natürlich nicht, dass ich meine Befehle missachte. Wie Sie wissen, pflegt der Vater des Verstorbenen enge persönliche Beziehungen mit etlichen Mitgliedern des Politbüros.«
Saizew gab ein Schweinsgrunzen von sich.
»Prüfen Sie ruhig, wenn es sein muss. Wir haben eindeutige Beweise zusammengetragen. Aber es ist Ihnen nicht gestattet, an die Hauptzeugen heranzutreten oder sie zu belästigen. Sie wurden bereits zu meiner Zufriedenheit befragt. Ist das klar?«
»Eindeutige Beweise, Genosse General?«
»Ja, eindeutige. Petrow ist an einer Thallium-Vergiftung gestorben. Das ist ein radioaktives Schwermetall. Er hat Thallium in seinem Labor benutzt. Und für jedes entnommene Milligramm unterschrieben. Aber er hat nicht jedes entnommene Milligramm bei der Arbeit benutzt. Die Aufzeichnungen belegen es. Eine beträchtliche Menge Thallium fehlt. Rund zweitausend Milligramm sind unauffindbar. Ist das eindeutig genug für Sie, Major?«
»Darf ich mir die Aufzeichnungen ansehen, General?«
Saizews ohnehin bereits finstere Miene wurde noch galliger. Er wandte sich an seinen Adjutanten.
»Jefremow? Der Mann aus Moskau glaubt mir nicht. Bringen Sie mir unsere Abschrift der Laborakten.«
Jefremow rümpfte die Nase, als hätte er einen üblen Geruch wahrgenommen, dann gehorchte er. Während er damit beschäftigt war, einen großen Stahltresor im hinteren Bereich von Saizews Büro zu öffnen, griff sich der General einen Papierstapel aus dem Posteingangskorb, fing an, die Schriftstücke zu lesen, und ignorierte Wassin demonstrativ.
»Genosse General? Der Bericht, den Sie wollten.«
Saizew griff sich den grauen Aktenordner aus der zierlichen Hand seines Assistenten. Dabei knickte der Kartoneinband unter den dicken Fingern des hochrangigen Militärs.
»Richtig. Wassin. Hier. Sehen Sie sich alles an. Jede Thallium-Probe, für die Petrow im vergangenen Monat unterschrieben hat. Links ist jedes Gramm verzeichnet, das er für seine Tests benutzt hat. Die unauffindbare Menge ist rot hervorgehoben. Ein Team von fünf Mann hat drei Tage lang sämtliche Akten durchforstet, um diese Informationen zusammenzutragen. Begonnen wurde damit unmittelbar nach dem Obduktionsbericht, fertiggestellt wurde die Arbeit vergangene Nacht.«
Wassin überflog die Spalten mit Zahlen, Daten, Beträgen. Die Angaben sagten ihm nichts. Was Saizew gewusst hatte.
»Darf ich das behalten?«
»Dürfen Sie nicht. Wie Sie sehen, ist das Dokument mit >Streng geheim< gekennzeichnet.«
»Und die Abschriften der Zeugenbefragungen?«
»Die werden zu gegebener Zeit in der Registratur archiviert. Die Fallakte wird gerade erst zusammengestellt. Ganz nach unseren Verfahren. Sobald sie fertig ist, können Sie die Akte lesen. Und dem Bericht zustimmen.«
»Und die Leiche?«
Saizew schnaubte.
»Sicher verwahrt in einer Leichenhalle.«
»Wann kann ich sie sehen?«
»Nie. Zu radioaktiv. Die Strahlung löst Gewebe wie Zucker in Tee auf. Hat man mir zumindest gesagt.«
»Und Petrows Wohnung?«
»Dasselbe. Versiegelt.«
Stirnrunzelnd schaute Wassin zu Boden.
»Also wenn ich das richtig verstanden habe, General, kann ich gar nichts unternehmen? Dann bleibt mir wohl nur, ein Telegramm nach...
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