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Eine Liebe gegen alle Vorurteile
Die einzige Chance, die Aufmerksamkeit heiratswilliger Gentlemen auf sich zu ziehen, sieht Evelyn Matravers darin, mit ihren Fähigkeiten als Reiterin zu glänzen. Dafür sucht sie den Schneider auf, der auch einige berühmte Londoner Kurtisanen mit spektakulären Reit-Outfits ausgestattet hat. Ahmad Malik besitzt ein besonderes Talent, die Schönheit jeder Frau zu betonen. Noch nie ist Evelyn einem Mann begegnet, der so tief in ihr Innerstes blicken kann, und schon bald keimen zarte Gefühle zwischen ihnen auf. Doch als Sohn einer indischen Mutter hat Ahmad es nicht leicht, Anerkennung zu finden. Kann Evelyns Traum, die Vorurteile der Gesellschaft gegen alle Widerstände zu überwinden, wirklich wahr werden?
"Eine exquisit geschriebene, gleichermaßen starke wie auch zarte Liebesgeschichte - eines meiner romantischen Highlights des Jahres." EVIE DUNMORE
Band 1 der BELLES OF LONDON
London, England
März 1862
Evelyn Maltravers betrat den schwach beleuchteten Laden in der Conduin Street. Ein schlichtes Schild über der Tür verkündete Namen und Gewerbe der Inhaber: Messrs. Doye und Heppenstall, Herrenschneider. Das Innere des Ladens war ebenso schlicht - ein kleiner Ausstellungsraum, ausgestattet mit zwei bequem aussehenden Ledersesseln, einem Dreifachspiegel und einem hohen Tresen aus poliertem Mahagoni. Die Gaslampen an den Wänden warfen ihr diffuses Licht auf die dahinter lagernde Ware. Ballen feiner Wollstoffe in gedämpften Schwarz-, Braun- und Blautönen.
Es war Viertel vor sieben, kurz vor Ladenschluss. Eine tiefe männliche Stimme war gedämpft aus dem Hinterzimmer zu hören, das durch einen Vorhang vom Verkaufsraum getrennt wurde.
Evelyns Puls beschleunigte sich. Eine Herrenschneiderei war eine Männerdomäne. Eine, in der die Anwesenheit einer Dame so selten wie unwillkommen war. Aber sie ließ sich von dieser Tatsache nicht abschrecken. Sie richtete sich auf, trat an die Ladentheke und betätigte die Klingel.
Die Stimme im Hinterzimmer verstummte. Einen Moment später trat ein dünner, weißhaariger Herr hinter dem Türbehang hervor. Seine Augen waren wässrig und sein Rücken gebeugt, als hätte er sein ganzes Leben über einem Werktisch hockend verbracht.
»Kann ich Ihnen helfen, Madam?« Seine Stimme war so dünn wie seine Gestalt.
»Ja, vielen Dank. Ich würde gern mit Mr Doyle sprechen.«
»Ich bin Mr Doyle.«
Ihr sank der Mut. Sie hatte einen modisch gekleideten Mann erwartet. Jemanden mit einer Vision. Mit Magie in seinen Fingern. Nicht diesen betagten Herrn, der weder modisch noch besonders kompetent wirkte. Seine Finger waren gekrümmt, und seine Hände zitterten, als litte er an einer Art Lähmung.
Ihr kam ein hoffnungsvoller Gedanke. »Und Mr Heppenstall? Ist er auch zugegen?«
»Mr Heppenstall ist im vergangenen Herbst verstorben.«
»Oh.« Wieder sank ihr Mut. Die tiefe Männerstimme hinter dem Vorhang musste einem Gehilfen oder Zuschneider gehören. Jemandem ohne Bedeutung.
»Gibt es etwas, das ich für Sie tun kann?«, fragte Mr Doyle mit einer Spur Ungeduld.
Sie rief sich ins Gedächtnis, dass das Äußere einer Person oftmals täuschen konnte. In ihrem Fall traf das jedenfalls zu. Es war durchaus möglich, dass dieser Schneider trotz seines hohen Alters ein wahrer Zauberer mit Nadel und Faden war. »Das hoffe ich doch. Wissen Sie .« Evelyn schob das zierliche Silbergestell ihrer Brille fester ihre Nase hoch. »Sie wurden mir empfohlen. Von einem Freund.«
Nicht ganz die Wahrheit, aber auch keine glatte Lüge.
Er zog die buschigen weißen Augenbrauen hoch. »Einer meiner Kunden?«
»In der Tat«, sagte sie. »Ich würde gern einen Reitrock in Auftrag geben.«
Sein skeptischer Blick glitt zu ihrer Brille, dann über ihre schlichte Kleidung.
Plötzlich empfand sie Befangenheit.
Vielleicht hätte sie sich vor ihrem Besuch ein neues Kleid machen lassen sollen? Etwas Elegantes von einer angesagten Modistin, das ihr ein wenig Schick verliehen hätte? Stattdessen trug sie nun einen schmucklosen Rock mit einem Caraco. Ein vernünftiges Ensemble, angefertigt von der Dorfnäherin in Combe Regis. Zweifellos ließ es Evelyn wie eine Landpomeranze aussehen.
Doch es war müßig, sich darüber jetzt Gedanken zu machen .
Momentan mochte sie wie eine Provinzlerin wirken, doch nicht mehr lange.
»Jeder, der sich auch nur ein wenig mit Mode auskennt, weiß, dass Herrenschneider die besten Reitröcke für Damen anfertigen«, fuhr sie unbeirrt fort. »Und ich gedenke, den allerbesten zu haben.«
»Verständlich, aber mit Verlaub .« Er machte eine Pause. »Wir entwerfen keine Kleidung für Blaustrümpfe.«
Evelyn gelang es nicht, ihr Zusammenzucken zu überspielen, auch wenn die Anschuldigung wenig überraschend war. Dies war nicht das erste Mal, dass man sie einen Blaustrumpf nannte. Oder ein Mauerblümchen und sie mit einer Reihe anderer, nicht besonders origineller Bezeichnungen für junge Damen bedachte, denen es nicht gelang, sich anzupassen. Dennoch fühlten sich Mr Doyles Worte an, als hätte er ihr einen Eimer kaltes Wasser ins Gesicht geschüttet. »Sie verkennen mich, Sir.«
»Ich denke nicht, Ma'am. Dürfte ich Sie an Mr Inglethorpe in der Oxford Street verweisen? Er hat sich auf Damenkleidung spezialisiert und hätte keine Bedenken, Ihren Auftrag anzunehmen.« Mr Doyle verbeugte sich kurz und wandte sich zum Gehen. »Ich wünsche Ihnen einen guten Abend.«
Sie setzte zu einem Widerspruch an, doch bevor sie ihre Argumente formulieren konnte, war er bereits hinter dem Vorhang verschwunden. Sie stand allein im leeren Laden und verschränkte fest die behandschuhten Finger ineinander.
Es kostete Evelyn Kraft, die Worte des alten Schneiders nicht durch den Schutzpanzer dringen zu lassen, den sie sich geschaffen hatte. Sie wusste nur zu gut, was die Leute sahen, wenn sie sie betrachteten - wenn sie sie überhaupt bemerkten. Genau das war der Grund, warum sie sich ihren Plan in den Kopf gesetzt hatte. So leicht würde sie sich nicht abwimmeln lassen. Nicht von Mr Doyle. Von niemandem.
Sie dachte darüber nach, erneut zu klingeln. Nachdem sie so weit gekommen war, würde sie sich nicht so leicht entmutigen lassen. Aber was würde es nutzen, Mr Doyle zurückzurufen? Sie konnte den Mann schließlich nicht zwingen, ihren Auftrag anzunehmen. Außer .
Sie könnte ihm anbieten, einen höheren Preis zu zahlen.
Laut Evelyns Quellen hatte Miss Walters für ihre neueste Robe dreizehn Pfund bezahlt. Evelyn konnte doch bestimmt ein paar Schillinge mehr zusammenkratzen?
Lange Sekunden der Unentschlossenheit vergingen, begleitet vom lauten Ticken einer Wanduhr. Evelyn zählte die Minuten herunter, bis sie in das Haus ihres Onkels in Bloomsbury zurückkehren musste.
Nein, entschied sie schließlich. Sie würde Mr Doyle nicht bestechen. Das konnte sie nicht. Es war eine Frage des Prinzips. Des persönlichen Stolzes. Wenn er sie nicht für würdig erachtete, eine seiner Kreationen zu tragen, musste sie einfach einen anderen Schneider finden. Jemanden mit vergleichbarer Kunstfertigkeit.
Wenn solch eine Person überhaupt existierte.
Entschlossen wandte sie sich zum Gehen, doch der Klang einer tiefen Stimme hinter ihr ließ sie innehalten.
»Der Laden schließt um sieben.«
»Ja, dessen bin ich mir bewusst. Ich wollte gerade .« Sie drehte sich um, und die Worte erstarben auf ihren Lippen.
Hinter der Ladentheke stand ein Mann. Ein großer, kräftig gebauter Mann mit kupferfarbener Haut und kohlrabenschwarzen Haaren. Der schwache Schein der Gaslampen warf Licht und Schatten auf seine kantigen Gesichtszüge, was ihn fast unheimlich aussehen ließ.
Plötzlich hatte sie einen ganz trockenen Mund.
Dies war also der Besitzer der Stimme, die sie hinter dem Vorhang gehört hatte. Die Stimme, die ihr Herz hatte schneller schlagen lassen. Die es immer noch schneller schlagen ließ.
Sie befeuchtete ihre Lippen. »Ich wollte gerade gehen.«
Doch sie ging nicht.
Denn sie war von seinem unverschämten Blick wie gebannt. Er wanderte über sie und schien eine Bestandsaufnahme ihrer gesamten Person zu machen, von der Spitze ihres bereits dreimal überarbeiteten Filzhuts bis zum Saum ihres braunen Popelinerocks.
Ihr stockte der Atem. Noch nie in ihrem Leben hatte ein Mann sie so angesehen. So kühn und wissend. Sie hatte das beunruhigende Gefühl, er könne durch den Stoff ihrer Kleidung auf die nackte Haut darunter blicken.
Wärme schoss ihr in die Wangen. »Sind Sie Mr Doyles Assistent?«
Seine Augen blickten in die ihren. Sie waren so dunkel wie sein Haar. Schwarz und leuchtend, wie Obsidian.
Wenngleich sie wusste, dass dies nicht möglich war. Es musste sich um eine optische Täuschung handeln.
»So etwas in der Art«, sagte er mit einem fast amüsierten Unterton.
Ihre Verlegenheit wurde rasch durch Verärgerung ersetzt. Es war das eine, von Mr Doyle beleidigt und abgetan zu werden, doch von einem seiner Untergebenen verspottet zu werden war etwas ganz anderes. Sie bedachte ihn mit ihrem verächtlichsten Blick. »Mit Verlaub, Sir, der Service in diesem Geschäft ist grässlich.«
»Haben Sie eine spezielle Beschwerde?«
»Die habe ich.« So würdevoll wie möglich kehrte sie an die Theke zurück. »Bitte richten Sie Ihrem Arbeitgeber aus, nur weil eine Dame eine Brille trägt, gerade erst in London eingetroffen ist und sich daher noch keine neue Garderobe anfertigen lassen konnte, bedeutet dies nicht, dass sie ein Blaustrumpf ist.«
Einen angespannten Moment lang schwieg er. »Bei allem Respekt, Ma'am, ein Geschäft muss auf seinen Ruf achten.«
»Und ich auf meinen.« Sie beugte sich über die Theke. »Ich bin kein Blaustrumpf. Ich besuche keine intellektuellen Salons oder Vorträge über geziemende Kleidung. Ich schreibe nicht im Geheimen Romane oder Zeitungsartikel. Und ich beschäftige mich auch keinesfalls mit wissenschaftlichen Experimenten. Ich habe nur zwei Leidenschaften im Leben: Pferde und Mode. Was Erstere angeht, gebe ich bereits eine hervorragende Figur ab, doch für Letzteres brauche ich Mr Doyles Hilfe.«
»Selbst wenn das, was Sie sagen, wahr ist, müsste Doyle Sie dennoch abweisen. Seine weiblichen Kunden existieren in einer anderen Sphäre .«
»Er stattet die Hübschen...
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