Schweitzer Fachinformationen
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Wohnen Sie in einem Mehrfamilienhaus, stehen Ihnen mit wenigen Ausnahmen dieselben Rechte zu wie allen anderen Nachbarn. Zusätzlich haben Sie aber auch die Möglichkeiten aus dem Stockwerkeigentumsrecht oder dem Mietrecht. Mehr dazu erfahren Sie in diesem Kapitel.
Als Stockwerkeigentümerin oder Stockwerkeigentümer leben Sie in einer Gemeinschaft, die organisiert sein will. Sie sind Miteigentümerin oder Miteigentümer der gesamten Stockwerkeigentumsliegenschaft; die Wertquote beziffert Ihren Anteil. Daneben steht Ihnen auch das Sonderrecht an Ihrer Wohnung zu. Das erlaubt Ihnen, Ihre Wohnung ausschliesslich zu benutzen, zu verwalten und im Rahmen des gesetzlich Zulässigen baulich auszugestalten.
In Ihren Wänden bestimmen Sie also allein - so lange Sie damit nicht einen Ihrer Miteigentümer stören. Ausserhalb Ihrer vier Wände aber hat die Gemeinschaft das Sagen. Diese «geteilte Macht» bringt Besonderheiten im Umgang mit Ihren Nachbarn mit sich. Nachbarn können nämlich sowohl Miteigentümer als auch aussenstehende Dritte sein.
Die Organisation der Gemeinschaft
Weil Ihnen und Ihren Miteigentümern die gesamte Liegenschaft gehört, verbindet Sie mit den Nachbarn innerhalb der Gemeinschaft viel mehr, als dies bei Nachbarn in Einfamilienhäusern der Fall ist. Als Stockwerkeigentümer oder Stockwerkeigentümerin müssen Sie zum Beispiel mit Ihren Miteigentümern über gemeinsame Einrichtungen wie Waschküche, Lift und Gartengestaltung bestimmen und Beschlüsse fassen, die für die Zukunft der ganzen Liegenschaft wichtig sind. Die sich daraus ergebende Bande zur Gemeinschaft werden noch dadurch verstärkt, dass Sie nicht so einfach wegziehen können wie ein Mieter. Schliesslich geht es um Ihr Eigentum.
TIPP Wer im Stockwerkeigentum lebt, muss sich der Bedeutung der Gemeinschaft bewusst sein und sich an ihre Spielregeln halten. Anders funktioniert es nicht.
WICHTIGE BEGRIFFE FÜR STOCKWERKEIGENTÜMER
■Gemeinschaftliche Teile: Gemeinschaftlich sind alle Teile der Liegenschaft, die nicht zum Sonderrecht eines Stockwerkeigentümers gehören. Zwingend gemeinschaftlich sind der Boden der Liegenschaft sowie die Bauteile, die für den Bestand, die konstruktive Gliederung und Festigkeit des Gebäudes von Bedeutung sind (zum Beispiel tragende Wände) oder sein Aussehen bestimmen (etwa die Fassade). Auch Einrichtungen, die allen Eigentümern dienen, sind zwingend gemeinschaftlich (etwa die gemeinsame Waschküche).
■Sonderrecht: Das ist das Recht eines Stockwerkeigentümers, seine Einheit allein zu benutzen, zu verwalten und innen auszubauen (Art. 712b ZGB). Dies immer so weit, als dadurch nicht dieselben Rechte der anderen Stockwerkeigentümer oder die gemeinschaftlichen Teile beeinträchtigt werden.
■Ausschliessliches Benutzungsrecht (Sondernutzungsrecht): Es verleiht einem Eigentümer das Recht, einen bestimmten Teil der Liegenschaft, der eigentlich zwingend gemeinschaftlich ist - zum Beispiel einen Parkplatz, einen Gartensitzplatz oder auch eine Terrasse auf dem Dach -, ausschliesslich zu nutzen.
■Reglement: Die Stockwerkeigentümergemeinschaft kann ein Reglement erlassen, das die gemeinschaftliche Verwaltung und Benutzung der gesamten Liegenschaft regelt. Das Gesetz sieht das Reglement nicht zwingend vor, aber jeder Stockwerkeigentümer hat das Recht, die Erstellung eines solchen zu verlangen (Art. 712g Abs. 3 ZGB).
■Gemeinschaftliche Kosten: Zu den gemeinschaftlichen Kosten gehören insbesondere die Auslagen für den laufenden Unterhalt, für Reparaturen und Erneuerungen der gemeinschaftlichen Teile des Grundstücks und Gebäudes sowie die Kosten für die Verwaltung. Wurde kein spezieller Verteilschlüssel von der Stockwerkeigentümerversammlung beschlossen oder im Reglement festgelegt, werden diese Kosten im Verhältnis der Wertquoten auf die Eigentümer verteilt (Art. 712h ZGB).
■Stockwerkeigentümerversammlung: Die Versammlung entscheidet über alle gemeinschaftlichen Angelegenheiten, die nicht an einen Verwalter delegiert sind. Sie ist beschlussfähig, wenn die Hälfte aller Stockwerkeigentümer, die zugleich über die Hälfte der Wertquoten verfügt, anwesend oder vertreten ist (Art. 712p ZGB).
■Verwalter: Der Verwalter wird von der Versammlung gewählt oder vom Gericht bestellt. Er besorgt die gemeinschaftliche Verwaltung und vertritt die Gemeinschaft nach aussen; seine Kompetenzen erhält er vom Gesetz, von der Versammlung und/oder dem Reglement.
■Wertquote: Die Wertquote beziffert den Umfang der anteilsmässigen Berechtigung des einzelnen Stockwerkeigentümers am gemeinschaftlichen Grundstück.
Wie sich eine Stockwerkeigentümergemeinschaft organisiert, ist ihr vom Gesetz weitgehend freigestellt. Zwar hat der Gesetzgeber in den Artikeln 712a bis 712t ZGB eine Grundorganisation vorgegeben. In ihrem Reglement kann sich die Stockwerkeigentümergemeinschaft aber eine komplett andere Organisation geben. Das heisst: Auch wenn die meisten Gemeinschaften es mehr oder weniger bei den gesetzlichen Regelungen belassen, müssen Sie sich bei organisatorischen Fragen immer zuerst im Reglement kundig machen. Erst wenn Sie dort keine Antwort finden, schlagen Sie im Gesetz nach.
Als einziges zwingendes Organ ist die Stockwerkeigentümerversammlung vorgesehen, die mindestens einmal jährlich zusammenkommen muss. In der Stockwerkeigentümerversammlung entscheiden Sie mit Ihren Miteigentümern über die gemeinsamen Anliegen. Die rechtmässig gefassten Beschlüsse dieser Versammlung sind für alle Eigentümerinnen und Eigentümer verbindlich.
Streit innerhalb der Gemeinschaft
Bei Konflikten innerhalb einer Stockwerkeigentümergemeinschaft geht es meist um die zulässige Nutzung, also darum, dass ein Mitglied seine Wohnung in einer Weise benutzt, die Sie oder andere stört.
STÖRENDER STEWI: Hanna W. ist Eigentümerin einer Gartenwohnung. Rechts und links von ihrem Gartensitzplatz befinden sich Stewi (Wäschetrockner), die gemäss Reglement von allen im Haus genutzt werden dürfen. Frau W. fühlt sich durch die Nachbarn, die dort Wäsche aufhängen, in ihrer Privatsphäre gestört. Sie verlangt deshalb an der Stockwerkeigentümerversammlung, dass die Stewi entfernt werden. Ihr Antrag wird von der Gemeinschaft abgewiesen. Frau W. ficht diese Abweisung vor Gericht an - und unterliegt auch dort.
Das Gericht ist der Auffassung, dass das Aufhängen von Wäsche im Freien in einer Wohnsiedlung eine ganz normale Erscheinung sei. Auch wenn die anderen Stockwerkeigentümer für das Aufhängen, Kontrollieren und Abnehmen der Wäsche mehrmals zu den Stewi gehen müssten, verursache das keine übermässige Immission. Weil der Bereich, in dem die Stewi stehen, zudem nicht zur Sondernutzung ausgewiesen ist, darf er von jedem Stockwerkeigentümer betreten und benutzt werden. Frau W. muss das als Mitglied der Gemeinschaft dulden. Durch den Kauf ihrer Einheit hat sie sich der Nutzungsordnung der Gemeinschaft unterworfen (nach Urteil des Bezirksgerichts Meilen vom 18.11.1982, in SJZ 80 [1984], Nr. 36).
BUCHTIPP
Wer sich für Stockwerkeigentum interessiert, muss wissen, wie man ein geeignetes Objekt findet, und braucht Informationen zu Kauf, Finanzierung und Zusammenleben. Das nötige Know-how finden Sie in diesem Beobachter-Ratgeber: Stockwerkeigentum. Kauf, Finanzierung, Regelungen der Eigentümergemeinschaft.
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Ob eine Nutzung zulässig ist, wird nach folgenden Überlegungen beurteilt:
■ Wie jeder Nachbar darf auch der Stockwerkeigentümer keine übermässigen Immissionen verursachen. Was übermässig ist, bestimmen die Gesetze und Verordnungen (von Bund, Kantonen und Gemeinden), das Stockwerkeigentümerreglement sowie die Hausordnung. Mehr zu den Immissionen und zur Frage, wann diese übermässig sind, finden Sie auf Seite 133.
■ Zusätzlich zum allgemeinen Nachbarrecht müssen Stockwerkeigentümer auch alle Vorschriften des Stockwerkeigentums beachten. Diese finden sich im Reglement, in der Hausordnung und im Gesetz.
WENN ETWAS NICHT GEREGELT IST
Wenn sich in Gesetz, Reglement oder Hausordnung zu einem Problem keine Regelung finden lässt, muss die Stockwerkeigentümerversammlung einen Beschluss fassen. Je nach Sachverhalt braucht es dafür einen einfachen Mehrheitsbeschluss nach Köpfen, ein qualifiziertes Mehr nach Köpfen und Wertquoten oder sogar einen einstimmigen Beschluss. Ist im Reglement und in den Bestimmungen des Stockwerkeigentums (Art. 712a bis 712t ZGB)...
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