Schweitzer Fachinformationen
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Als ich im Spätherbst 2016 mein Buch Nie wieder Zinsen zu schreiben begann, welches im Jahr 2017 im Finanzbuchverlag München erschienen ist, erwartete ich für die Börsen eine längere Phase der volatilen Seitwärtsschwankungen. Damals formulierte ich die Grundthese, dass es bei einem Zins von 0 Prozent oder darunter recht unwahrscheinlich sei, dass ein positiver Ertrag erwirtschaftet werden könne. Ja, ich war so skeptisch in dieser Hinsicht, dass ich es auch der Anlageklasse der Aktien nicht zutraute, positive Erträge zu erwirtschaften, die geeignet gewesen wären, die Inflationsrate zu schlagen.
Diese Entwicklung traf auf die europäischen Börsen und bis 2020 auch auf viele Börsen in den Emerging Markets zu. Nur in den USA und China war in den letzten beiden Jahren eine erfolgreiche Börsenentwicklung zu verzeichnen. In China setzte das Börsenwachstum jedoch auch erst 2020 mit der erfolgreichen Bewältigung der Pandemie ein.
Ich habe 2017 auch ein Konzept zur Bewältigung eines volatilen Seitwärtsmarktes entwickelt, den KANZ-Ansatz. Dieser Ansatz bedarf ein- bis zweimal jährlich einer Rekalibrierung. Das Konzept hat sich in den letzten Jahren in der Wirklichkeit der Vermögensverwaltung bewährt. Es hat sich gezeigt, dass die Umsetzung der Überlegungen wirksam war und bei mäßiger Volatilität zu einem guten Gesamtertrag führte. Bei hoher Volatilität waren Übererträge realisierbar. Lesen Sie dazu bitte die Ausführungen im Absatz: Was wurde aus dem KANZ-Ansatz? - Kapitalanlage im Nullzinsumfeld?
Ich darf schon an dieser Stelle anmerken, dass die Überlegung hierzu im Rückblick nicht nur recht einfach erscheint, sondern vor allem sehr erfolgreich war. Die Investition folgte der Überlegung, und wenn auch nicht jede Investition ein Bombenerfolg war, brachte die Zusammenstellung eine relativ ruhige und auch sehr ertragreiche Portfolioentwicklung mit sich.
Vor vier Jahren war der Buchtitel Nie wieder Zinsen eine Ansage, die viele als absurd ansahen. Mittlerweile ist es auch bis in den letzten Winkel der Eurozone vorgedrungen: Es gibt keine Zinsen mehr, und die Aussichten auf positive Zinserträge sind düster. Dabei stelle ich heute wie vor vier Jahren die ernst gemeinte Frage: Wünschen Sie sich wirklich steigende Zinsen? Ich meine, es spricht mehr dafür als dagegen, sich keine nachhaltig steigenden Zinsen zu wünschen (mehr dazu in den Kapiteln 4 und 5).
Mit diesem Buch will ich dazu beitragen, unsere Zukunft nicht als Bedrohung wahrzunehmen, sondern als Gelegenheit zur persönlichen und wirtschaftlichen Entwicklung und als Anregung, die eigene Freiheit der Entscheidung nicht gering zu schätzen, sondern zu pflegen - nämlich die Entscheidung darüber, was einem guttut.
Das Ziel dieses Buches: Ein Wegweiser für wahre Werte zu sein
Alle Menschen sind gleich - sagt das Gesetz. Doch gibt es verschiedenste Begabungen sowie Spezialisierungen in unterschiedlichsten Disziplinen. Selbst wer es beruflich in einer Disziplin zu etwas gebracht hat, etwa als Skilehrer am Arlberg, wird ohne Weiteres zur Kenntnis nehmen, dass es Spezialisten-Rennläufer gibt, die in Sachen Geschwindigkeit und Technik weitaus besser sind.
Woran es liegt, dass bei Finanzfragen oft nicht genauso gedacht wird, ist mir nach so vielen Jahren in diesem Metier noch immer nicht klar. Es fällt Menschen bei Finanzfragen schwer, einzusehen, dass es Profis gibt, die besser im Umgang mit Geld, Wertpapieren oder Derivaten sind, als die eigene Person. Offenkundig ist die Selbsteinschätzung in Finanzfragen entweder von Hoffnungslosigkeit, massivem Misstrauen oder von ebenso übertriebener Selbstüberschätzung geprägt.
Die Spezialisten haben nicht einfach Glück, sondern sie sind hochtrainierte Marktteilnehmer, die Entwicklungen akribisch verfolgen, sich selbst laufend schulen, Geld in Hilfssysteme investieren und ständig auf der Suche nach Einsicht in ihrem Spezialgebiet sind. Der wirtschaftliche Erfolg dieser Marktteilnehmer ist also die Folge von Fleiß und Können in sehr spezieller Ausprägung. Diese Spezialisten werden daher folgerichtig früher als die meisten anderen Marktteilnehmer erkennen, dass es zu Ungleichgewichten kommt. Daher werden diese Spezialisten von Entwicklungen weniger häufig überrascht als die Mehrheit der Marktteilnehmer.
Wenn Amateursportler sich mit Profis messen, werden sie kaum je gewinnen und vermutlich auch nicht böse auf den Profi sein, sondern eher einsichtig, dass ein Spezialist einfach mehr kann.
Neben den Spezialisten gibt es fraglos noch eine weitere Kategorie von Marktteilnehmern, die gegenüber der Mehrheit ihrer Mitstreiter im Vorteil ist: die gut Vernetzten, die sich mit eleganten Mitteln - und nicht durch Fleiß und Geist - Vorteile verschaffen. Ich sehe diese Clique als real existentes Phänomen in der menschlichen Gesellschaft an, der Korruption in keiner Ebene fremd ist.
Interessanterweise ist es vor allem diese Clique, die eine Bedrohung in der Gemeinde der tatsächlich begabten Spezialisten sieht, weil diese ihr Primat bedrohen. Diese Clique ist oft staatsnah organisiert und greift daher auf legalistische Mittel zurück, um der Bedrohung durch begabte Privatleute Herr zu werden. Wer die Entwicklung der Regulatorik der letzten zwölf Jahre betrachtet, erkennt unzweifelhaft, dass kleinere Institutionen mit Regularien erdrückt werden, die sie zunehmend schwierig umsetzen können. Der zeitliche Aufwand und das dafür benötigte Kapital sind enorm hoch.
Die Folge sind immer größere, von oben gut lenkbare Großinstitutionen, die eng miteinander vernetzt kooperieren.
Meiner Einschätzung nach sind es vor allem diese Cliquen, denen ein negatives Image für Marktentwicklungen zuzuschreiben ist. In der Realität haben die Spezialisten durch die Machtverhältnisse aber das schlechte Image - und nicht die Cliquen. Das zeigte sich zuletzt in den USA, als Millionen Kleinanleger einen Wall Street Hedgefonds attackierten, der ein Beispiel für solche Spezialisten ist.
Sportler stehen in der Öffentlichkeit und leben von einer oft irrationalen Identifikation ihrer Fans mit ihrer Person und ihren sportlichen Erfolgen. Finanzmarktspezialisten scheuen die Öffentlichkeit eher, als sie zu suchen, denn sind sie erfolgreich, sind sie oft (wenn auch nicht immer) sehr wohlhabend. Dies zieht das Interesse von Verbrechern an; und am Ende handelt es sich auch bei diesen Spezialisten nur um Menschen mit Familien, die unbehelligt leben wollen. Die Scheu vor der Öffentlichkeit ist es, die diese Spezialisten vielen Menschen suspekt erscheinen lässt. Zudem sind ihre Handlungen nicht live nachvollziehbar, und nach außen erscheint die Beauftragung eines Derivatehandels oder eines Aktienkaufs auch vollkommen unspektakulär.
Was die Mitglieder der Cliquen, aber auch der Finanzmarktspezialisten, zum Ziel von Feindseligkeit macht, ist nicht primär ihr Erfolg. Es ist eher der Eindruck, dass ihr Erfolg darin besteht, dass sie anderen etwas wegnahmen, die weniger gut vernetzt oder tüchtig sind. Dem kann man ja kaum entgegnen, es wäre nicht wahr.
Am Finanzmarkt geht es in erster Linie darum, bessere Entscheidungen zu treffen als der Durchschnitt der anderen Marktteilnehmer. Dabei ist es oft nur möglich, etwas zu gewinnen, was andere gleichzeitig verlieren. Das zu kritisieren, wäre aber genauso geistreich und richtig, wie zwei Bauern miteinander zu vergleichen, bei dem einer jeden Tag zur Arbeit geht, während der andere nichts tut. Beide werden am Ende ihren Ertrag einfahren: Warum sollte der Nachlässige etwas anderes erreichen als den Verlust des Saatguts, das er zu Beginn ausgebracht hat? Der fleißige Bauer wird vom nicht so fleißigen vermutlich aber dennoch beneidet werden.
Oft besteht der Gewinn von Spezialisten darin, Entwicklungen früher korrekt einzuschätzen als andere, die auf den fahrenden Zug aufspringen. Wer preiswert kauft, wird erfolgreich sein. Dieses Geschick neidet kaum jemand, weil in der Folge alle anderen auch etwas verdienen können.
Die Spezialisten sehen aber nicht nur Aufwärtsentwicklungen früher als die Masse der Investoren, sie können auch das Ende einer Entwicklung früher erkennen. Und hier beginnt sich dann die Abneigung zu regen, weil es den Spezialisten gelingt, Verluste zu vermeiden. Sie schlagen sogar Kapital daraus, während die Masse der Investoren verliert. Aber warum ist das verwerflich?
Wenn es nach mir geht, müsste vor allem den Cliquen ein Riegel...
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