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Der Ärger begnügte sich nicht damit, Constance Verity zu folgen. Bei Connie war der Ärger eher proaktiv. Sie hatte sich an den Ärger gewöhnt, deshalb bemerkte sie ihn schon, wenn sie einen Raum betrat. Sie wurde erkannt, und sie konnte nichts dagegen tun. Fast hätte sie das Ganze hier abgebrochen, hätte den Personalern dafür gedankt, dass sie sich die Zeit genommen hatten, und wäre ihrer Wege gegangen. Aber jetzt war sie schon mal hier. Also konnte sie auch weitergehen.
»Setzen Sie sich doch, Mrs. Smith.« Tom, ein älterer Mann im grauen Anzug, machte eine Geste zu einem Stuhl hin, der ihm gegenüber am Tisch stand.
»Ich heiße Smythe«, korrigierte sie ihn. »Und es muss Ms. heißen.«
Jan musterte Connie weiterhin wie eine komplizierte Matheaufgabe, die man nicht so ohne Weiteres im Kopf lösen konnte. Sie beugte sich zu Tom hinüber und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er riss die Augen auf, dann kniff er sie zusammen. Ein neugieriges Lächeln ging über sein Gesicht.
»Na toll«, murmelte Connie vor sich hin.
»Wie bitte?«, fragte Tom.
»Ach, nichts.« Sie lächelte und strich sich die Hose glatt.
»Ms. Smythe, wir haben uns Ihren Lebenslauf angesehen, und ich muss sagen, er ist ein bisschen dünn.« Er hielt das Blatt Papier hoch, fuhr mit dem Finger über die beiden Absätze und nickte vor sich hin. »Um ehrlich zu sein, hätten wir Sie wahrscheinlich sofort aussortiert, aber Sie haben in den Eignungstests bemerkenswert gut abgeschnitten.«
»Danke.«
Genau genommen war es kein Kompliment, aber sie hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen.
Jan verschränkte die Finger über dem Tisch zwischen ihnen. »Allerdings waren Sie Ihrem Lebenslauf zufolge nicht einmal auf dem College.«
Connie zuckte die Achseln. »Meine Ausbildung war . informell.«
»Erzählen Sie bitte weiter, Ms. Smythe.«
Sie beugten sich vor.
»Meine Kindheit war chaotisch. Ich habe vielleicht nicht die nötigen Zeugnisse, aber ich spreche siebzehn Sprachen fließend, tippe an guten Tagen zweihundert Wörter pro Minute, weiß, wie man sämtliche Kaffeemaschinen repariert, die Sie sich vorstellen können und wahrscheinlich auch alle, die Sie jemals besitzen werden, an die Sie bisher aber noch nicht mal gedacht haben. Außerdem laufe ich mit einem brauchbaren Paar Schuhe eine Meile in vier Minuten. Ach ja, und ich kann Steno und spiele ziemlich gut Softball, falls Sie eine Spielerin brauchen, während Ihr Shortstop seinen gebrochenen Knöchel auskuriert.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich bin auch eine ganz passable Detektivin.«
Er nickte wieder. »Und wo haben Sie all diese Fähigkeiten erworben, Ms. Smythe?«
»An verschiedenen Orten«, erwiderte sie. »Ist das wirklich wichtig? Ich bin doch qualifiziert, oder nicht?«
»Vielleicht überqualifiziert«, sagte Jan.
»Wie kann ich überqualifiziert sein? Sie haben eben gesagt, in meinem Lebenslauf stünde nichts.«
»Jemand mit Ihren Qualifikationen kann aber sicherlich anderswo eine gewinnbringendere Anstellung finden.«
»Ich brauche einfach einen Job«, sagte Connie. »Wenn Sie ihn mir nicht geben wollen .«
»Sind Sie Constance Verity?«, unterbrach sie Jan.
»Nein, ich bin Connie Smythe.«
Tom beschäftigte sich mit seinem Smartphone. In den Zeiten vor Google war das Ganze sehr viel einfacher gewesen.
»Ja, das bin ich«, sagte Connie. »Aber das ist mein altes Leben.«
Dann kamen die Fragen.
Die meisten Leute hatten Fragen.
»Wie ist es in der Zukunft?«, fragte Jan.
»So wie jetzt, aber mit mehr bösartigen Robotern. Und mit guten. Fliegende Autos gibt's aber nicht.«
»Stimmt es, dass Sie zweimal gestorben sind?«
»Dreimal. Aber das eine Mal war ich ein Klon, also zählt es eigentlich nicht.«
»Wie ist Dracula wirklich?«
»Guter Typ, wenn man sich an die gruslige Ausstrahlung gewöhnt hat.«
»Ich habe im Internet gelesen, dass Sie Telekinese beherrschen. Können Sie diesen Stift hier bewegen?« Jan rollte ihn auf sie zu. Die Personaler starrten ihn an und warteten darauf, dass er zu tanzen anfing.
»Ich konnte Telekinese. Ungefähr eine Woche lang«, sagte Connie. »Ich wüsste nicht, inwiefern das relevant sein sollte.«
Stirnrunzelnd nahm Jan ihren Stift zurück.
»Anscheinend verschwende ich Ihre Zeit.« Connie stand auf.
»Warten Sie, Ms. Verity . Ms. Smythe. Vielleicht haben wir eine Stelle für Sie.«
»Ehrlich?«
Tom lächelte. »Ja. Tatsächlich kann ich mir eine hervorragende Verwendung für jemanden mit Ihren Fähigkeiten vorstellen.«
Connie schüttelte den Kopf. »Ich gebe mir Mühe, kein solches Zeug mehr zu machen.«
Er gluckste. »Ach, Ms. Smythe, ich spreche nicht von Ihren farbenfroheren Talenten. Obwohl die sicherlich irgendwann noch nützlich sein werden. Nein, wir haben eine freie Stelle in der Poststelle. Oder wäre das ein Problem?«
»Nein, überhaupt nicht.« Sie schüttelte ihnen die Hände. »Sie werden es nicht bereuen. Das verspreche ich.«
»Bestimmt nicht, da bin ich mir sicher. Wie wäre es, wenn Sie schon mal hier sind, wenn Jan und ich mit Ihnen nach unten gingen und Sie dem Team vorstellten?«
»Jetzt?«
»Warum nicht?«
»Klar, aber können wir die . Sache vielleicht unerwähnt lassen? Ich spreche nicht so gern darüber.«
Lächelnd nickten Jan und Tom. »Dafür haben wir Verständnis. Es bleibt unter uns.«
Das würde es nicht. Das blieb es nie. Jan und Tom würden ganz sicher jemandem erzählen, dass sie die unglaubliche Constance Verity kennengelernt hatten, und bis zum Abend würden es alle wissen. Connie hoffte nur, sie würden keine große Sache daraus machen.
Auf der Fahrt im Aufzug ins Erdgeschoss rahmten Jan und Tom sie ein. Sie lächelten, und ihre Köpfe nickten im Takt mit der Fahrstuhlmusik. Sie hätten ihr sicher nur zu gern mehr Fragen gestellt, aber zu ihrer Ehrenrettung musste man sagen: Sie stellten sie nicht. Vielleicht würde aus dem Ganzen hier doch etwas werden.
Die Aufzugtüren glitten auf. Die Poststelle war ein großer, leerer Raum, in dem ein Dutzend Gestalten in Roben um einen gähnenden Abgrund herumstanden, der bis tief ins Fundament und noch weiter reichte.
Connie ächzte. »Ach, Scheiße.«
Tom drückte ihr einen Zeremoniendolch in den Rücken. »Wenn Sie bitte so freundlich wären, Ms. Verity.«
Sie trat aus dem Aufzug, und die Kultanhänger wandten sich ihr zu.
»Ich wollte nur einen Job«, sagte sie. »Ist das denn zu viel verlangt?«
»Aber wir haben doch einen höchst wichtigen Job für Sie«, erwiderte Jan. »Sie werden die Hungrige Erde speisen. Gibt es eine größere Ehre?«
»Eine Betriebsrente?«, schlug sie vor. »Vier Wochen Urlaub im Jahr?«
Sie schoben sie auf den Rand des Abgrunds zu. Auf seinem fernen Grund knirschte ein Kreis aus gigantischen Zähnen, und ein Dutzend Zungen züngelten.
»Ich muss sagen, Sie nehmen das Ganze recht gut auf«, sagte Jan.
»Sie glauben doch wohl nicht, dass das mein erstes Mal auf dem Opferaltar ist, oder? Ich wurde schon öfter dunklen Göttern und kosmischen Schrecknissen geopfert, als ich beim Zahnarzt war. Und Dentalhygiene ist mir sehr wichtig.«
»Ach ja, Ms. Verity«, sagte Tom. »Der Unterschied ist aber, dass Sie ganz allein sind. Hier erscheint niemand zu Ihrer Rettung.«
»Wie kommen Sie darauf, dass ich gerettet werden muss?«
»Ich bitte Sie, Ms. Verity, selbst jemand mit Ihrem Ruf für knappe Fluchten wird doch erkennen können, dass Sie uns ausgeliefert sind. Dieses Gebäude ist sicher. Hier wird nicht in letzter Sekunde noch die Kavallerie eintreffen.«
»Als Erstes könnten Sie mal aufhören, meinen Namen so oft zu verwenden. Warum müsst ihr bösen Jungs das immer machen? Es ist überhaupt nicht dramatisch. Es ist nur repetitiv.
Zweitens, was erhofft ihr euch davon, wenn ihr mich an dieses Ding da verfüttert? Ihr glaubt doch wohl nicht, dass es sich für so ein kleines Stück Fleisch interessiert? Das da ist ein großes, dummes Ding. Da könntet ihr auch gleich Dankbarkeit von einem Wal erwarten, weil ihr ihm einen Kartoffelchip zuwerft.«
Die Kultanhänger schnappten mit einer solchen Präzision kollektiv nach Luft - wahrscheinlich hatten sie es vorher geübt.
»Sie wagen es, unseren Gott zu beleidigen?« Jan klang ehrlich verletzt. »Für eine derartige Häresie kann es nur eine einzige Strafe geben. Sie müssen geopfert werden.«
»Hattet ihr nicht sowieso vor, mich zu opfern?«
Die Kultanhänger tuschelten untereinander.
»Genug davon!«, rief Tom. »Schleudert Ms. Ver. sie in die Grube, damit unser herrlicher Gott an diesem heutigen Tag erwachen möge.«
Mehrere Kultanhänger ergriffen Connie und schoben sie auf den Abgrund zu.
»Ihr habt mich nicht ausreden lassen«, sagte sie. »Es ist doch auf den ersten Blick klar, dass keiner von euch irgendeine Kampfausbildung hat, abgesehen vielleicht von der Lady in Schwarz.«
»Ich habe ein Jahr lang Judo gemacht«, bestätigte die Frau. »Ich habe den Gelben Gürtel.«
»Schön für Sie. Also ja, ihr seid viele, und ihr habt alle eure besonderen Zeremonienmesser dabei, die allesamt sehr hübsch sein mögen, im Kampf allerdings nicht besonders praktisch sind. Aber ich habe schon gegen mehr und bessere gekämpft und trotzdem gewonnen. Ich will nicht sagen, dass ihr nicht vielleicht Glück haben werdet. Das könnte schon sein, aber ich lasse es einfach mal darauf ankommen. Im Agatsuma Gunma Canyon habe ich mit nur einer Hand ein ganzes Regiment von Roboter-Samurai zurückgeschlagen. Aber ich...
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