Schweitzer Fachinformationen
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II Nun geht es richtig los
Mein erster offizieller Arbeitstag als redaktioneller Mitarbeiter in der Redaktion Jugendmusik (JuM) von Stimme der DDR war der 2. Januar 1975. Da dies ein Donnerstag war, brauchte ich also in der ersten Woche meines neuen »geregelten« Lebens nur an zwei Tagen in der Redaktion zu erscheinen, dann war Wochenende. Das war gut, um kurz den neuen Rhythmus im künftigen Tagesablauf zu trainieren, denn ich hatte ja das gesamte Jahr zuvor meine Zeit selbst einteilen können. Da ich zu Hause gearbeitet hatte, die Manuskripte meist in der Nacht schrieb, um sie tags darauf in die Redaktionen zu bringen, an den Abenden Konzerte besuchte oder Interviewtermine hatte, herrschte also nicht jeden Tag dieser geregelte Ablauf.
Jetzt gab es feste Zeiten. In den ersten Jahren begann der Dienst immer schon um 7.45 Uhr morgens und endete - Pausen eingerechnet - nach 17 Uhr. Doch daran gewöhnte ich mich recht schnell, es war auch nicht ganz so neu für mich, war ich doch 1974 als freier Mitarbeiter viel für diese Redaktion tätig gewesen, mit festen Studioterminen zum Aufnehmen meiner Beiträge, zu denen ich pünktlich erscheinen musste. Ich kannte alle Kolleg*innen bestens, mit denen ich die nächsten zehn Jahre, bis die JuM-Redaktion im Jugendradio DT64 aufging, den größten Teil meines Berufslebens verbringen würde.
Da war zuerst der Redaktionsleiter JOACHIM NITSCH, schon seit 1970 (anfangs noch beim Deutschlandsender) als solcher dabei. »Achim« arbeitete nach abgeschlossenem Universitätsstudium zunächst als Musikerzieher, vor allem für Kinder. Eine seiner entwickelten Sendungen hieß »Für Euch um 12«, natürlich ein Musikformat für Kinder.
Erich Knebel, Spitzname »Ede«, war schon drei Jahre früher als Achim in der Redaktion. Der gelernte Feinmechaniker arbeitete zunächst als Musiklehrer und zog in seiner Freizeit als Amateurmusiker mit Saxophon und Klarinette durch die Lande. Ede gilt als Erfinder der beiden populärsten JuM-Sendereihen: »Beatkiste« (gemeinsam mit Claudia Ninnig) und »Die Notenbude«. Gemeinsam mit dem Jazzexperten und Autor von regelmäßigen Jazzsendungen der JuM, KARLHEINZ DRECHSEL, entwickelte er auch das Konzept für das Internationale Dixieland Festival Dresden, das seit 1971 jedes Jahr im Mai in der Elbmetropole stattfindet - bis heute.
Dieses Ereignis, von den Dresdnern gefeiert wie kaum ein anderes, war für alle Redaktionsmitglieder ein fester Termin zu einer der schönsten Dienstreisen im Jahr. Viele Konzerte haben wir live übertragen, dazu wunderbare musikjournalistische Sendungen gestaltet, produziert im Studio von Radio DDR, das sich damals am Deutschen Hygiene-Museum befand.
GERHARD KEGEL, der mich an Körpergröße noch um vier Zentimeter überragte, darum »der Lange« genannt wurde, kam vom OKTOBERKLUB, wo er gesungen und Banjo gespielt hatte. Es gab damals noch eine Reihe von Sendungen mit internationaler Folklore, auch Volksliedern und politischen Liedern, für die der Lange unser Experte war. Im Oktoberklub trug er übrigens den Spitznamen »Macker« .
Claudia Ninnig kam aus einem musikdominierten Elternhaus, ihr Vater KURT NINNIG war ein bekannter Musikproduzent (vor allem von Volksmusik) im Rundfunk. Die studierte Musikerzieherin war ebenfalls eine gute Chorsängerin (viele Jahre in der Gesangsgruppe Die Kolibris) und wurde gelegentlich zu Aufnahmen in die Tonstudios des Rundfunks gebeten, wenn noch eine Backgroundstimme benötigt wurde. In Erinnerung ist mir ein Anruf der Produzentin LUISE MIRSCH, die Claudia bat, bei VERONIKA FISCHER mitzusingen, bei der Aufnahme ihres späteren Superhits »Dass ich eine Schneeflocke wär«. In der JuM war Claudia vor allem verantwortliche Redakteurin der »Beatkiste«, in der sie ihrem eigentlichen musikalischen Affen Zucker gab, dem Jazzrock und dem Soul. Keine Sendung, in der nicht etwas von ARETHA FRANKLIN, COLOSSEUM, Stevie Wonder, BLOOD, SWEAT & TEARS, Chicago und vor allem James Brown zu hören war. Für die Neuvorstellungen der Hitparade wählte Claudia bevorzugt Titel der hiesigen Genregruppen aus, von Panta Rhei, KLAUS LENZ, SOK (mit ULRICH GUMPERT) oder der MODERN SOUL BAND .
Claudia war auch als Musikproduzentin tätig, was damals durchaus üblich war. So wurde sie von Luise Mirsch verpflichtet, u. a. die ersten deutschsprachigen Aufnahmen mit der ungarischen Spitzenband Omega zu betreuen. Diese wurden übrigens im Frühjahr 2020 in einer technisch überarbeiteten Neuauflage vom Label Sechzehnzehn im Vertrieb von BuschFunk als OMEGA - Das deutsche Album wiederveröffentlicht, mit Bonustracks, u. a. der ungarischen Omega-Originalaufnahme und Frank Schöbels »Schreib es mir in den Sand«.
Da war noch die Kollegin SYLVIA DORNICK, ebenfalls ein Ur-Mitglied der JuM-Redaktion. In den ersten Jahren, um 1970 herum, waren die Sendungen noch längst nicht so beat- und rockdominiert wie 1974, als ich dazukam. Sylvias Sendereihe zum Beispiel, die sie später gemeinsam mit Gerhard Kegel redaktionell betreute, hieß »Folklore, Jazz und neue Lieder«. Sylvia hatte ein Studium an der Hochschule für Musik im thüringischen Sondershausen absolviert und viele Jahre im Staatlichen Dorfensemble der DDR (später Staatliches Folklore-Ensemble) gesungen.
Mein JuM-Kollege (und viele Jahre Büronachbar) HANS-GEORG SCHÄTZKE war oft als Musiker auf Dienstreise, denn er war ein in der DDR-Musikszene gefragter Kontrabassist. Dieses Instrument hatte Hans autodidaktisch erlernt, spielte noch als Amateur bei den JAZZ OPTIMISTEN BERLIN und in mehreren Gruppen von GÜNTHER FISCHER. Nach seinem erfolgreichen Studienabschluss an der Berliner Musikschule Friedrichshain war er u. a. von 1964 bis 1979 Mitglied der DIXIELAND ALL STARS BERLIN und später in der Begleitband von MONIKA HAUFF und KLAUS-DIETER HENKLER, vor allem auf deren zahlreichen Auslandsgastspielen. Seit 1971 arbeitete der stets stille und freundliche, im wahrsten Sinne seines Familiennamens, von uns allen sehr »geschätzte« Hans als Musikredakteur in der JuM. Eine von ihm betreute Sendung war »Die Jazz-Box«. Leider ist Hans-Georg Schätzke 2003 nach schwerer Krankheit, nur wenige Tage vor seinem 67. Geburtstag, viel zu früh gestorben. Das musikalische Erbe übernahm sein 1966 geborener Sohn STEFAN SCHÄTZKE, der heute als studierter Klarinettist und Saxophonist in diversen Bands und Theaterorchestern spielt.
Auch Joachim Nitsch und Erich Knebel, mit dem ich nach meinem Weggang zu DT64 noch viele Jahre privaten Kontakt pflegte, sind nicht mehr am Leben.
Zwei wichtige Kollegen, die später in die JuM-Redaktion von Stimme der DDR kamen, waren ALEXANDER JERECZINSKY aus Thüringen und MANFRED »MANNE« WAGENBRETH aus Leipzig, beide damals aktive Musiker. Alex kam direkt nach dem Studium an der Musikhochschule Weimar als Musikredakteur zu uns und wurde u. a. mein Partner für die »Notenbude«, die wir im 14-tägigen Wechsel gestalteten. Seit der Schulzeit war Alexander Jereczinsky als Pianist, Organist und Keyboarder in der Thüringer Musikszene unterwegs, mit dem Blues-Musiker Jürgen KERTH und einige Jahre an der Seite von HEINZ-JÜRGEN »GOTTE« GOTTSCHALK in der Erfurter Band NAUTIKS, die zwischen 1971 und 1973 auch eigene Titel im Rundfunk produzierte, die von AMIGA übernommen wurden. Die Nautiks spielten Rockmusik »mit deutlichen Einflüssen des Jazz und ihrer Vorbilder von Ray Charles über CREAM bis TEN YEARS AFTER und BLIND FAITH«. Diese vom Blues und Jazz beeinflussten Genres dominierten zur Freude unserer Hörer*innen auch die musikalische Gestaltung seiner Sendungen. 1980 stieg Alex noch als Keyboarder und Backgroundsänger in die Berliner Funk- und Jazzrock-Gruppe MONDIE ein, mit dem großartigen Sänger und Multiinstrumentalisten HANSI KLEMM.
Unser zweites »musikalisches Wunderkind«, Manne Wagenbreth (Jahrgang 1947) war verwurzelt in der Folkmusik, wobei er in seiner »Oberschulband zunächst Schlager, Skiffle,...
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