Schweitzer Fachinformationen
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Bayern, 1349: In ganz Europa wütet die Pest. Überall werden die Juden für den schwarzen Tod verantwortlich gemacht. Und so muss die Jüdin Rebekka fliehen, um der nahenden Hetze der Christen zu entkommen. Auf ihrer Flucht nach Prag trifft sie den Ordensritter Engelbert, der im Auftrag des Königs Reliquien aufspürt. Doch als Engelbert verletzt wird, muss Rebekka ihm helfen und begibt sich auf eine gefährliche Reise, auf der verborgene Schätze, mächtige Gegner und ungeahnte Gefühle auf sie warten...
Ein packender historischer Roman; liebevoll ausgestattet mit Glossar und Karte.
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OKTOBER 1349/CHESCHWAN 5110
Der Zug war noch länger, als Rebekka erwartet hatte. Er setzte sich zusammen aus mehr als zwei Dutzend Wagen, vollgeladen mit Handelsgütern, etwa doppelt so vielen berittenen Söldnern, den Kaufleuten mit ihren Knechten und einem fahrenden Kesselflicker, der sich ihnen angeschlossen hatte. Außer Rebekka reisten einige wenige weitere Frauen mit: Einer der Kaufleute hatte sein Weib dabei, ebenso wie der Kesselflicker, zudem fuhr ganz am Ende des Zugs ein Wagen mit zwei Hübschlerinnen, die sich offenbar gute Geschäfte mit den Söldnern versprachen. Rebekka konnte diese Frauen nicht verstehen. Allein der Gedanke an Mosbachs schwielige Hände ließ Übelkeit in ihr aufsteigen.
Bis zum Einbruch der Nacht ging es gut voran auf der breiten Landstraße. Es war kalt, aber trocken, der Untergrund war hart und gut zu befahren. Als es dunkel wurde, schlugen sie am Wegesrand ein Lager auf. Sie entzündeten Feuer, bereiteten Essen zu und bauten die Zelte auf. Rebekka ließ sich auf einem Stein nieder, kaute an einem Brotkanten und beobachtete das Treiben. Langurius hatte zwei Zelte unmittelbar neben seinen drei Wagen aufgeschlagen, eins für sich und seine beiden Knechte und ein kleineres für Rebekka. Die Pferde waren ausgespannt worden und grasten, die Männer saßen um die Feuer herum und redeten. Etwas abseits, dicht am Waldrand, hatten die Hübschlerinnen ihr Zelt aufgeschlagen. Im Inneren brannte Licht. Schemenhaft waren die Konturen zweier Menschen beim Liebesspiel durch die dicke Leinwand zu erkennen. Rebekka fröstelte und wandte sich ab. Zu sehr erinnerte sie der Anblick an Hermo Mosbach und an die Gefahr, in der sie immer noch schwebte.
Am dritten Tag begann es gegen Mittag leise zu schneien. Zuerst fielen nur vereinzelte Flocken aus dem bleigrauen Himmel, doch allmählich wurde der Schneefall dichter. Rebekka saß neben einem der Knechte auf dem Bock, den Lodenmantel eng um sich geschlungen. Kurz nachdem sie von Nürnberg aufgebrochen waren, hatten sie einige kleinere Städte und Dörfer passiert, aber seit gestern waren sie keiner Menschenseele mehr begegnet. Die Landschaft wirkte rau und unwirtlich, die Wälder schienen allein von den Geistern und Dämonen bevölkert, von denen die Männer abends am Feuer erzählten. Doch mit jeder Meile, die sie sich von Nürnberg entfernten, schwand Rebekkas Angst vor Entdeckung. Auch gewöhnte sie sich allmählich an die christlichen Speisen. Das Wissen, dass sie nicht von einer jüdischen Mutter geboren und daher keine Jüdin war, erleichterte es ihr, die Gebote, nach denen sie seit ihrer Kindheit gelebt hatte, zu übertreten - zumindest, soweit dies notwendig war, um nicht aufzufallen.
Einige Dinge brachte sie jedoch nicht über sich. So hatte sie es bisher vermieden, Schweinefleisch anzurühren, und wenn es irgend ging, wusch sie ihre Hände vor dem Essen in einem fließenden Gewässer. Sie war überrascht, wie unrein die meisten Christen waren, vor allem die Männer. Der Gestank, der von ihnen ausging, erinnerte sie an Ziegenböcke.
Plötzlich ertönten vom Anfang des Zuges her laute Rufe. Die Wagen blieben stehen, einer der Söldner preschte auf seinem Pferd heran. »Ein Überfall! Tote und geplünderte Wagen vor uns auf der Straße!«
»Verflucht!«, rief Langurius und gab seinem Pferd die Sporen. Gemeinsam mit dem Söldner und zwei weiteren Kaufleuten sprengte er an die Spitze des Zuges.
Unruhe kam auf, immer mehr Männer liefen oder ritten nach vorn, um zu sehen, was geschehen war. Schließlich hielt auch Rebekka es nicht mehr aus. Sie kletterte vom Wagen und folgte den Männern. Als sie um eine Wegbiegung kam, hielt sie entsetzt inne. Wagen lagen umgestürzt auf der Straße, einige waren ausgebrannt. Männerleichen und Pferdekadaver verteilten sich zwischen den Gefährten, alle blutüberströmt, manche mit unnatürlich verrenkten Gliedmaßen. An einigen Körpern hatten sich bereits die wilden Tiere gütlich getan, sie hatten ihre Zähne in die Bäuche gehauen und die Eingeweide herausgerissen.
Die Söldner und Kaufleute liefen zwischen den Leichnamen umher, um nach möglichen Überlebenden zu suchen.
»Hier rührt sich nichts mehr«, stellte schließlich einer fest. »Wir müssen sie wegschaffen, die Straße frei machen und sehen, dass wir weiterkommen.«
»Wir sollten die Männer wenigstens beerdigen, bevor wir weiterziehen«, meinte Langurius. »Das ist das Mindeste, was wir für sie tun können.«
Rebekka sah ihn überrascht an. Langurius stieg täglich in ihrer Achtung; er war zwar Christ, aber ein wirklich anständiger Mann.
Der andere Kaufmann, ein hagerer Alter, der mit Gewürzen handelte, verzog das Gesicht. »Wie wollt Ihr das anstellen, Langurius? Der Boden ist hart gefroren, da kriegt ihr kaum einen Spaten rein. Außerdem habe ich keine Lust, länger als nötig an diesem Ort zu verweilen. Wer weiß, womöglich lauert die Räuberbande noch hier in der Nähe.«
Erschrocken sah Rebekka sich um. Auch einige andere warfen einen unsicheren Blick über ihre Schulter.
»Seid kein Hasenfuß, Krömmbach!«, gab Langurius zurück. »Die Bande ist sicherlich längst über alle Berge. Und wenn wir es gemeinsam anpacken, sind die Männer schnell beigesetzt.«
Die Übrigen nickten zustimmend, und so lenkte der Alte ein. Befehle wurden gebrüllt, kurz darauf hoben einige der Söldner eine Grube am Rand der Straße aus, was trotz der Bedenken des alten Krömmbach rasch voranging, denn unter einer dünnen gefrorenen Schicht erwies sich der Waldboden als überraschend locker.
Rebekka wandte sich ab, um zu ihrem Platz auf dem Wagen zurückzukehren. Der Anblick der geschundenen Leiber stimmte sie traurig. Sie dachte an ihre Zieheltern und sprach ein stummes Gebet. Plötzlich vernahm sie ein leises Geräusch. Abrupt blieb sie stehen und horchte. Da, wieder! Jemand stöhnte leise, ganz in ihrer Nähe. Rebekka sah sich um. Sie stand unmittelbar neben einem der umgestürzten Wagen. Rasch beugte sie sich vor und schaute darunter. Tatsächlich, eingequetscht zwischen den Wagenrädern lag ein Mann in der schwarz-weißen Tracht eines Ritters des Deutschen Ordens. Das bärtige Gesicht war bleich und schmerzverzerrt, die Finger blau gefroren.
Mit klopfendem Herzen richtete Rebekka sich auf. »Hierher!«, rief sie mit zitternder Stimme. »Kommt sofort hierher. Hier liegt einer, der noch lebt!«
***
Karl zog an den Zügeln. Trotz Pelzkragen, Handschuhen und Pelzkappe kroch ihm die Kälte in die Knochen. Eisiger Wind schnitt ihm ins Gesicht und ließ die Schneeflocken tanzen.
Ohne den Blick von den weiß bepuderten Mauern, Baukränen, Steinhaufen und Arbeitsgeräten zu wenden, winkte er einen Mann zu sich, der in einiger Entfernung auf einem Schimmel saß und in den Händen eine Schriftrolle trug.
Der Mann ritt unverzüglich heran. »Eure Majestät?«
Karl musterte den Baumeister. Er war betagt, ein langer weißer Bart verdeckte die Hälfte seines Antlitzes, doch seine Augen blickten wach. »Wie geht es voran?«, fragte Karl. »Wachsen die Mauern?«
»Bisher läuft alles nach Plan«, erwiderte der Baumeister. »Doch wenn jetzt der Winter einbricht, müssen wir die meisten Arbeiten einstellen, dann geht es erst im Frühjahr weiter.«
Karl nickte ungeduldig. »Nun gut, doch lasst nicht nach in Euren Bemühungen. Unterbrecht nur, wenn es gar nicht anders geht. Diese Burg soll ein Hort des wahren Glaubens werden. Das Zentrum des Heiligen Römischen Reiches. Je schneller sie vollendet ist, desto besser. Der Herr im Himmel wird es Euch danken!«
»Amen.« Der Baumeister bekreuzigte sich.
Karl wollte ihn schon fortschicken, als er sah, dass der Alte zögerte. »Ist noch etwas?«
Der Baumeister kratzte sich verlegen am Bart. »Es gibt da ein Problem.«
»Ach, und welches?«, herrschte Karl ihn ungeduldig an.
»Der Brunnen.« Der Alte zögerte. »Die Bergmänner haben den Schacht schon hundert Fuß durch den Fels in die Tiefe getrieben, doch sie sind noch immer nicht auf Wasser gestoßen.«
»Verflucht!« Karl presste die Lippen zusammen. Der Brunnen war die Achillesferse einer jeden Burg. Ohne Wasser hielt niemand lange einer Belagerung stand. Karl sah den Alten eindringlich an. »Sie sollen weitergraben. Irgendwann müssen sie auf Wasser stoßen, irgendwann muss der Fels seine Quelle preisgeben.«
»Sehr wohl, Eure Majestät.«
Karl beugte sich im Sattel vor und senkte die Stimme. »Und zu niemandem ein Wort, verstanden?«
Der Baumeister nickte ernst. »Wie Eure Majestät wünschen.«
Karl winkte ihn fort und gab seiner Leibgarde das Zeichen zum Aufbruch. »Wir kehren zurück nach Prag.«
Vorsichtig ritten sie den steilen Pfad hinab ins Tal und zurück in die Stadt. Karl starrte während des gesamten Heimwegs blicklos in das Schneetreiben und gab sich seinen trüben Gedanken hin. Ein Fluch schien auf diesem Jahr zu liegen. Der Schwarze Tod suchte das Reich heim und entvölkerte ganze Städte. Die Angst vor der Seuche säte Zwietracht unter den Menschen; der Vater traute dem Sohn nicht mehr, Eltern verließen ihre sterbenden Kinder, jeder sorgte sich nur noch um das eigene nackte Überleben. Dieser Prüfung des Glaubens hielten nur wenige stand. Selbst Priester und Mönche suchten das Weite, verließen ihre Schäfchen und überließen sie dem Tod, ohne ihnen die letzte Ölung zu erteilen.
Und zu allem Überfluss gab es auf seiner Burg, seinem Karlstein, das er zur Krone des Reiches machen wollte, kein Grundwasser. Eine Burg ohne Brunnen war wie ein Leib ohne Blut, ein Organismus ohne Lebenssaft. Hatte der Herr im Himmel sich von ihm abgewandt? War er vor dem himmlischen Vater in Ungnade gefallen? Nein!...
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