Schweitzer Fachinformationen
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Inhalt 7
Vorwort 9
1 Ist der Euro noch zu retten? 13
Zinserhöhungen 18
Bitcoin - das neue Geld 22
Hat der Staat genügend Reserven? 23
>anderen Realitäten< 29
Die Spur des Geldes 32
Lob von vielen Seiten 36
3 Das Inflationsgespenst geht wieder um 43
Negativzinsen heizen den Konsum an 46
Inflation verstehen 49
4 Was ist Geld? 55
Wenn das Geld funktionsuntüchtig wird 64
Geld ist ein Anspruch auf Gegenleistung 70
5 Ist Gold ein sicherer Hafen? 73
Der Goldpreis ist instabil 77
Wenn Gold die Rolle des Geldes einnimmt 87
6 Das neue Geld: Bitcoin 93
Der klardenkende Gründer 94
Das Rätsel der 21 98
Die Blockchain 105
Wie ein Bitcoin entsteht 107
7 Ein Leben ohne Inflation 113
Ist der Bitcoin wertvoll? 124
Der unsinnliche Bitcoin 127
Tote leben länger 129
8 Der Geist der Freiheit 137
Big brother is helping you 139
9 Ist der Bitcoin ein Klimasünder? 147
Stillstand gibt es bei Energiefragen nicht 155
10 Warum Bitcoin Vollgeld ist 165
Bitcoin ist Vollgeld 175
Raum und Zeit 183
Nachwort. 189
Über die Autorin und die Autoren 191
Anmerkungen 193
Stichwortverzeichnis 213
»Over time, whoever controls the money system, controls the nation.«
Stephen Zarlenga (1941-2017)
Mario Draghi, der als Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) acht Jahre an den Schaltstellen des Kapitalismus saß, gab folgende Worte beim Treffen mit Wirtschafts-Nobelpreisträgern 2017 von sich:
»Die verstärkte Regulierung und Aufsicht der vergangenen zehn Jahre hat die Welt robuster gemacht.«1
Nicht freie Marktwirtschaft, sondern Regulierung und Kontrolle lobpreiste der Mann des Geldes. Solche Aussagen, wie die von Draghi, muss man erstmal sacken lassen, um die Schallwellen zu spüren und ihre Auswirkungen zu analysieren. Gemeint sind der massive Ankauf von Staatsanleihen sowie die Nullzinspolitik und die damit verbundene starke Steuerung des Geldmarktes. Wir reden nicht von Impulsen, was durchaus sinnvoll sein kann, sondern Steuerung, denn mit klugen Anreizen hat die Geldüberschwemmung nichts mehr zu tun.
Draghi bestätigte so auf unnachahmliche Weise den Einzug planwirtschaftlicher Gedanken in die Frankfurter EZB-Türme und verkaufte dies auf dem illustren Treffen mit den Nobelpreisträgern in Lindau auch noch als einen Fortschritt wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse.2 Als Draghi 2011 auf dem Chefsessel der EZB Platz nahm, wusste er, dass viele Staaten seit der Finanzkrise 2008 unter massivem Druck standen, und so ruhten alle Hoffnungen auf ihm, dem Mann aus Rom, verbunden mit dem innigen Wunsch, er möge die Probleme doch bitte einfach wegzaubern. Und Draghi lieferte. Zwar konnte er die Schuldenberge nicht zum Verschwinden bringen, nur in die Zukunft schieben, aber damit war der Druck der Finanzmärkte erstmal deutlich reduziert, zumindest vorerst.
Doch Draghi kämpfte als EZB-Chef nicht nur an einer Front, er drehte auch fleißig an der Zinsschraube und versicherte seinen Bewunderern im beschaulichen Lindau am Bodensee, dass man auch am unteren Ende, gemeint ist die Nullzinspolitik, noch auf die Märkte einwirken könne, obwohl dies bisher für nicht möglich gehalten worden war.3 Der neue Trick aus der Zauberkiste Draghis. Der Italiener nannte sein Tun nicht Mandatsverletzung, sondern »Anpassung der Geldpolitik an andere Realitäten«.4 Vermutlich wird er auch dieses Experiment >am unteren Ende< als Beitrag für einen Fortschritt in den Wirtschaftswissenschaften verkauft haben. So machte er die Finanzierung maroder Staatshaushalte wie die seines Landes und sogar maroder Banken durch Anleihenkäufe wie die der italienischen Banca Monte dei Paschi di Siena möglich.5 Zwar löste er das Problem nicht, aber er verschaffte den Südstaaten Zeit für Reformen. Reformen, die das Wirtschaftswachstum ankurbeln sollten, etwa in der Verwaltung, auf dem Arbeitsmarkt oder in der digitalen Infrastruktur. Ein gewagtes Experiment. Denn der Vertrag von Maastricht, der dem Euro einst den Weg ebnete, verbietet ein solches Agieren.
Der Maastrichter Vertrag sieht eine jährliche Neuverschuldung auf maximal drei Prozent des Bruttosozialproduktes vor, ein Verbot monetärer Staatsfinanzierung sowie die Einhaltung der No-Bail-Out-Regel, die besagt, dass im Falle einer Überschuldung des Landes nur die Option einer nationalen Insolvenz zur Verfügung steht, nicht aber eine Transferunion, also das Einstehen der anderen Staaten für den insolventen Staat.6 Heute wissen wir es besser. Griechenland ging nicht in die Insolvenz und sitzt immer noch im EU-Boot, und die Vorgaben des Maastrichter Vertrages klingen heute wie Hohn in den Ohren. Eine Verschuldung von bis zu drei Prozent des BIP ist in weite Ferne gerückt und die Transferunion ist de facto Realität. In den Maastrichter Papieren sind die Aufgaben der EZB jedoch präzise definiert. In der übersetzten Fassung lauten sie:
»Nach Artikel 127 Absatz 1 und Artikel 282 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ist es das vorrangige Ziel des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB), die Preisstabilität zu gewährleisten. [ . ]. Das ESZB handelt im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb [ . ].«7
Offene Marktwirtschaft, freier Wettbewerb, effizienter Einsatz von Ressourcen, Gewährleistung der Preisstabilität. Das klingt nach einer längst verblichenen Liebe. Der Vertrag steht - da gibt es keinen Zweifel - im eklatanten Widerspruch zur Realität in der Geldpolitik heute. Und die Spirale dreht sich immer weiter. Mit dem Outright Monetary Transactions-Programme, kurz OMT-Programm, ging Draghi das nächste große Risiko ein, um das bröckelnde Euro-Währungssystem vor Angriffen von außen zu schützen. Denn dieses Programm erlaubt unlimitierte Anleihenkäufe für Krisenstaaten in Notlagen.8 So wurden die berühmten Worte Draghis >Whatever-it-takes< in konkrete Handlungen gegossen. Schließlich lauern da draußen Spekulanten, die ganze Währungen durcheinanderwirbeln können. Wer schwächelt, wird gefressen. George Soros hat mehrfach gezeigt, wie das geht. So zwang er 1992 die ehrwürdige Bank of England in die Knie und schubste das Pfund aus dem Euro-Währungsraum. Dann wurden die asiatischen Schwellenländer anvisiert. Soros fletschte die Zähne und biss zu. Davon war jedenfalls der damalige Premierminister Malaysias, Mahathir bin Mohamad, überzeugt, als er Soros vorwarf, viel Geld damit zu verdienen, andere Menschen in die Armut zu stürzen.9 Soros flötete unschuldig, er habe nie gegen den malaysischen Ringgit gewettet.10 Dabei sind Wetten gegen strauchelnde Volkswirtschaften seine Spezialität. Damit wurde er zum Multimilliardär. Doch nicht nur Soros, auch andere Währungsspekulanten verstehen ihr Geschäft: Wenn Volkswirtschaften ins Wanken geraten, lässt sich mit Wetten gegen deren Währung viel Geld verdienen.
Draghi ist vermutlich stolz darauf, mit dem OMT-Programm den Euro aus der Schusslinie geholt zu haben. Das >Whatever-it-takes< konnte sich gegen die Spekulanten behaupten. Es hat die Märkte diszipliniert. Zumindest vorerst. Das OMT-Programm wurde bisher nie gebraucht. Nicht wenige halten das für eine Meisterleistung Draghis. Jens Weidmann, der ehemalige Chef der Deutschen Bundesbank, sah das bekanntlich anders, auch wenn er sich später, wenn auch zähneknirschend, doch noch zum OMT-Programm bekannte.11 Als der Italiener Mario Draghi den EZB-Posten bekam und in der Eurokrise allen Währungsspekulanten sein >Whatever it takes< entgegenschleuderte und Geldmengen in den Markt pumpte, wie dies noch kein Chef der Europäischen Zentralbank zuvor getan hatte, war es Weidmann, der deutsche Kandidat, der beim Postengeschacher um den EZB-Stuhl den Kürzeren gezogen hatte, der immer wieder mahnend ins Gedächtnis rief, dass es gar nicht Aufgabe der EZB sei, Geld zu vermehren, sondern ganz im Gegenteil dafür sorgen sollte, dass die Geldmenge begrenzt bleibt, damit der Wert der Währung >Euro< stabil bleibt.12 Der stets etwas spröde wirkende damalige Bundesbank-Chef Weidmann legte den Finger immer wieder in die offene Wunde und philosophierte in Reden schon mal gern über Parallelen zwischen Geldpolitik und Seifenopern.13 Mit dieser Haltung gegenüber Draghis Geldpolitik handelte er sich die intime Feindschaft des Italieners ein. Das Verhältnis zwischen den beiden sei am Ende eisig gewesen.14 Robuster, wie Draghi meinte, hat die Politik des billigen Geldes den Euro-Währungsraum ganz sicher nicht gemacht. Aber Draghi versteht sein Handeln vermutlich ganz anders. Er tat, was getan werden musste, um den Euro zu retten. Innerhalb der Gesetzmäßigkeiten des Fiat-Geldsystems hat er sogar recht.
>Deep Throat<, jene geheimnisvolle Quelle der beiden Reporter Bob Woodward und Carl Bernstein, die den eingangs erwähnten Watergate-Skandal aufdeckten, und die sich später als Vize-Chef des FBI, Mark Felt, entpuppte, gab jenen entscheidenden Tipp, der schließlich zum Fall des damaligen US-Präsident Richard Nixon führte: »Folgen Sie der Spur des Geldes.«15 Es ist immer noch eine gute Idee, dies zu tun, gerade dann, wenn Politik und Geld aufeinandertreffen, wie es bei der EZB der Fall ist. Wer der Spur des Geldes folgt, gelangt noch immer an die Quelle. Deswegen wollen auch wir das tun und stellen die Frage: Wer zahlt am Ende für die Schulden, die sich seit der Finanzkrise 2008 mit wachsender Geschwindigkeit auftürmen? Wer ist die unaufhörlich sprudelnde Quelle?
In Italien liegt die Schuldenquote im ersten Quartal des Jahres 2022 bei 152,6 Prozent im Vergleich zum BIP, noch getoppt von Griechenland mit einer Schuldenquote von 189,3 Prozent.16 Selbst in Frankreich bewegt sich die Schuldenquote bedrohlich bei 114,4 Prozent des BIP.17 Für die Antwort auf die oben gestellte Frage müssen wir nicht wie Bernstein und Woodward monatelang recherchieren. Es ist bekannt, wer die Zeche zahlt. Zwar gibt es auch andere Nettozahler wie Dänemark, Niederlande, vormals...
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