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Eine Meisterdiebin am Hofe des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg
Venedig, 1667. An einem einzigen Tag gerät Alessas Leben völlig aus den Fugen: Ihre Tante stirbt und hinterlässt ihr ein geheimnisvolles Medaillon und noch am selben Abend wird ihr Großvater ermordet, der sie großgezogen und zur Diebin ausgebildet hat. Alessa selbst kann dem Mörder entkommen und schließt sich einer Truppe Schauspieler an, die bis an den Hof des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg reisen. Doch auch hier ist die junge Frau nicht sicher. Die Gaukler sorgen für Misstrauen bei Hauptmanns Arthur Kühne, der insbesondere Alessa nicht über den Weg traut, sich aber gleichzeitig stark zu ihr hingezogen fühlt. Auch der Mörder ihres Großvaters ist ihr dicht auf den Fersen - und er ist nicht mehr der Einzige, der es auf das Medaillon abgesehen hat ...
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Alessa verbrachte den ganzen Tag nach dem Tod ihrer Tante in deren Haus. Zuerst ging es ihr nur darum, in Ruhe Abschied von der Toten zu nehmen. Doch im Laufe des Tages erschienen mehr und mehr Besucher auf der Schwelle, die zwar unter dem gleichen Vorwand kamen, sich aber mit auffällig gierigen Blicken in den Räumen umsahen. Das bescherte ihr das Gefühl, Zenobias Nachlass bewachen zu müssen. Daher blieb sie noch lange, nachdem ihr Großvater wieder gegangen war. Erst bei Anbruch der Dunkelheit verließ sie das Trauerhaus und befahl Zenobias Dienerschaft, die Türen hinter ihr zu verriegeln.
Auch an diesem Abend standen Schauspieler vor dem Theater, als Alessa vorüberging, doch da sie keine Anstalten machte, bei ihnen stehen zu bleiben, beschränkten sie sich darauf, Beileidsbekundungen zu murmeln. Alessa kannte viele von ihnen flüchtig, doch niemanden näher. Ihr Großvater und ihre Tante hatten darauf geachtet, dass sie sich dem bunten Volk nicht anschloss. Es war eine weitere Ungereimtheit in ihren Moralvorstellungen, dass sie selbst mit den Theaterleuten vertraut umgingen, sie aber nicht als vertrauenswürdigen Umgang für Alessa betrachteten.
Sie hatten Erfolg damit gehabt, bei ihr leises Misstrauen gegen die Lebensart dieser Menschen zu säen. Obwohl sie als Kind viel Zeit bei Zenobia verbracht hatte, die häufigen Theatervorstellungen geliebt und mehr über die Schauspielerei gelernt hatte, als ihrer Mutter vermutlich recht gewesen wäre, zog es sie nicht auf die Bühne. Sosehr sie ihre Tante bewundert hatte, war sie ihr doch ein abschreckendes Beispiel. Zenobia hatte geradezu zwanghaft in ständiger Verstellung gelebt, was ein Grund dafür war, dass sie einander nie wirklich nahegekommen waren. Alessa hatte nicht erkannt, wer ihre Tante unter all den Rollen eigentlich war. Lebte sie aus Überzeugung gern in Venedig, oder bedauerte sie, dass sie nichts anderes kennengelernt hatte? Waren ihre zahlreichen Liebhaber Ausdruck ihrer Lebenslust oder schiere Überlebensnotwendigkeit? Liebte sie Hündchen, oder verachtete sie die »Schoßratten«? Je nachdem, wer sie gefragt hatte, war die Antwort unterschiedlich ausgefallen und hatte dennoch immer überzeugend geklungen.
Umgekehrt hatte auch Alessa selbst nie offen über die Dinge sprechen dürfen, die ihr Großvater sie lehrte. Daher trauerte sie zwar um ihre Tante, die sie mit ihrem Großvater als letztem Verwandten zurückließ, doch es war nicht die Trauer um jemanden, der ihr liebevolle Zuwendung und Vertrautheit entgegengebracht hatte. Besonders nach dem Abschied von Lucas hatte Zenobia niemandem mehr Zuneigung gezeigt - außer ihren Liebhabern. Und auch das hatte Alessas Einschätzung nach wenig mit echten Gefühlen zu tun gehabt.
Die Gedanken an ihre Tante beschäftigten sie den ganzen Heimweg, sodass sie wenig von ihrer Umgebung wahrnahm. Deshalb erschrak sie umso heftiger, als sie ins Haus eintrat. Im Obergeschoss polterte es, als hätte ihr Großvater einen Stuhl umgeworfen und würde nun aus Wut über das Missgeschick unbeherrscht dagegentreten. Was ihm nicht unähnlich gesehen hätte. Vorsichtig lauschend stieg sie die Treppe empor. Worüber war er wütend? Vom oberen Treppenabsatz aus konnte sie in sein von Kerzenlicht erleuchtetes Gemach blicken. Ihr Herz überschlug sich, und sie stürzte vor. Ihr Großvater lag reglos am Boden.
»Nonno?«
Seine offenen Augen starrten ins Leere. Aus einer Kopfwunde floss Blut und versickerte in seinem geliebten indischen Teppich.
Bevor sie sich neben ihm niederknien konnte, wurde ihr mit einem kalten Schauder die Gegenwart eines weiteren Menschen im Raum bewusst. Hinter der Tür stand ein dunkel gekleideter Mann. Er rechnete offenbar nicht mit ihrer Schnelligkeit, denn die Bewegung, mit der er auf sie zukam, war halbherzig. Sie sprang mit einem Satz zur Tür und versetzte ihr im Hinauslaufen mit aller Kraft einen Stoß. Hart prallte das massive Holz gegen den Eindringling.
»Porca puttana!«, hörte sie den Kerl fluchen. Doch sie sah sich nicht nach ihm um, denn auf der Treppe wartete eine weitere schwarze, maskierte Gestalt auf sie - die Arme weit ausgebreitet. Sie raste in ihr eigenes dunkles Gemach, knallte die Tür hinter sich ins Schloss und schob den Riegel vor. Hastig riss sie den Beutel mit ihren Ersparnissen unter ihrer Matratze hervor und stopfte ihn in eine Tasche, die sie sich umhängte.
»Aber Kleine, das war ein Unfall! Ich wollte deinem Nonno nichts tun! Sei vernünftig und gib mir ein paar Antworten, dann kannst du dich um ihn kümmern, und dir geschieht nichts«, hörte sie durch die Tür.
Alessa nahm an, dass der Mann sprach, der ihren Großvater niedergeschlagen hatte. Seine kalte Stimme verriet, dass ihm Mitgefühl fremd war. Er konnte sie nicht täuschen. Ihr Großvater war tot. Sie hatte den Tod oft genug gesehen, um ihn zu erkennen. Ohne innezuhalten, steckte sie auch noch ihren Schmuck und ihre Schuhe in die Tasche.
»Was für Antworten?«, fragte sie, während sie sich schon barfuß zum Fenster bewegte und dabei ihren Rock schürzte.
»Öffne die Tür. Dann können wir uns unterhalten. Wenn du mir hilfst, bekommst du eine Belohnung, was hältst du davon? Und du stehst fortan unter meinem Schutz.«
»Ich glaube nicht, dass ich etwas Wichtiges weiß«, sagte sie und ließ ihre Stimme jämmerlich klingen.
»Den Namen des Bankiers. Hat dein Großvater ihn dir gesagt?«, fragte er.
Alessa entriegelte ihr Fenster. Die Angeln der Fensterflügel waren vorbildlich gefettet und quietschten nicht. Ein flinker Blick hinab auf den schmalen Rio zeigte ihr ein verdächtiges kleines Ruderboot, in dem ein Mann mit hochgeschlagenem Kragen in der Dunkelheit hockte.
»Mezzanotte! Das Weib steigt aufs Dach!«, brüllte er.
Mit einem dumpfen Knall rammte etwas ihre Zimmertür, als wollte ihr Gegner sie aufbrechen. Doch der erste Hieb war offenbar nur ein Ausdruck von Zorn, denn gleich darauf sah sie den Mann, den sie für den Mörder ihres Großvaters hielt, auf der Fensterbank des benachbarten Raums erscheinen. Sein Gesicht war von einem steifen runden Filzhut beschattet, die Gestalt von einer weiten grauen Jacke verhüllt. Mezzanotte. Jeder Venezianer hatte den Namen schon einmal gehört. Er war ein Mann, der im Auftrag mordete.
Den Weg von ihrem Fenster aus auf die Dächer hätte sie auch mit geschlossenen Augen zurücklegen können, so oft hatte sie die Mulden und Fugen der Wand für Hände und Füße schon genutzt. Sie spürte bereits die rauen Dachschindeln unter ihren nackten Fußsohlen und lief los, als ihr Verfolger noch überlegte, ob er sich ans Klettern heranwagen sollte. Der Mann im Boot allerdings folgte ihr unten auf dem Rio. Und dem Geräusch klappernder Holzschuhe nach zu urteilen, rannte auf der anderen Seite ihrer Häuserreihe jemand die Gasse entlang, der ihr vermutlich ebenfalls nichts Gutes wollte. Vorsichtig näherte sie sich dem Rand des Dachs, um Ausschau nach dem Läufer zu halten. Gerade als sie ihn zwischen den gewöhnlichen abendlichen Vorübergehenden entdeckte, stieß er gegen einen Muschelkarren, weil er den Blick während des Laufens nach oben gewandt hielt. Der Muschelverkäufer beschimpfte ihn, und Alessa war schon drauf und dran, die Ablenkung zu nutzen, als auch noch der Mörder auf der Gasse angerannt kam.
Eilig zog sie sich vom Rand des Dachs zurück und lief so schnell und so leichtfüßig wie möglich weiter. Den Ruderer auf dem Rio hatte sie bald hinter sich gelassen, und diesen kleinen Vorsprung nutzte sie, als sie in der Nähe der nächsten Brücke eine leere Gondel sah, die bei einem Hauseingang festgemacht war. Mit katzenhafter Geschwindigkeit kletterte sie nach unten, machte die Gondel los, stieß sie ab und sprang hinein - nur um sie an der Brücke bereits wieder zu verlassen. Einige Schritte lief sie am anderen Ufer in die Gasse hinein, die zur Brücke führte, bis sie vom Rio aus nicht mehr zu sehen war. Dann schlüpfte sie in einen ihr wohlbekannten, stets offenen Hauseingang, ging über einen Flur und durch eine Hintertür, die sich auf ein Gärtchen hin öffnete. Von hier aus kletterte sie erneut auf die Dächer, ohne auf das Schimpfen eines alten Weibes zu hören, das sich über sie beschwerte.
Für kurze Zeit hoffte Alessa, dass es ihr mit diesem Schachzug bereits gelungen war, die Verfolger zu überlisten. Doch Mezzanotte stellte sich als widerwärtig schlau heraus. Er fand den Weg, den sie genommen hatte, und folgte ihr von da an über die Dächer. Mehrfach schlug sie Haken, nahm verborgene Wege durch fremde Häuser, über Altane, durch Bootsgewölbe, über festgemachte Kähne und Gondeln. Immer wieder begriff er, was sie vorhatte, und blieb ihr auf den Fersen.
Sie war zum Umfallen erschöpft, als es ihr endlich gelang, ihn abzuschütteln. Den Stundenschlägen der Glocken nach lag sie eine ganze Stunde bäuchlings am Rande eines Dachs im Schatten des großen Schornsteinkopfs und hielt Ausschau in die Richtungen, aus denen Mezzanotte oder seine Helfer hätten auftauchen können. Ungefähr von der elften Stunde bis Mitternacht harrte sie reglos aus. Erst dann wagte sie es, ein bequemeres Versteck auf dem Dach zu suchen, sich dort auf den Rücken zu legen und in den Sternenhimmel zu blicken.
Mitternacht. Mezzanotte. Ihre Brust krampfte sich zusammen, weil auf einmal die Angst über sie herfiel, an die sie auf ihrer wilden Flucht keine Gedanken hatte verschwenden können. Wer hatte den Mörder geschickt? Wie hatte er so schnell von ihrem gefährlichen Geheimnis erfahren? Was sollte sie nun tun? In das Haus ihres Großvaters durfte sie nicht zurückkehren, das wurde gewiss beobachtet. Ausgeschlossen war auch, dass sie sich an die...
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