Schweitzer Fachinformationen
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Am Montagmorgen gießt es wieder in Strömen, sodass ich die Suzuki stehen lasse und den Bus zur Universität nehme. Ich erreiche das Institute of Veterinary Science knapp eine halbe Stunde vor Vorlesungsbeginn und schreibe Becca eine Nachricht, dass ich mir in dem kleinen Café an der Ecke einen Latte Macchiato genehmige, um mich auf die trockene Prüfungsvorbereitung einzustellen.
Meine beste Freundin betritt das Café zehn Minuten später, die dunklen, krausen Locken nass vom Regen.
»Morgen.« Sie schiebt sich neben mich an die Theke und bekommt prompt ihren Vanilla-Chai, ohne, dass sie ihn überhaupt bestellen muss. Mit gerunzelter Stirn sehe ich zu, wie sie der männlichen Bedienung ein sehr, sehr strahlendes Lächeln schenkt und ihn mit zwei Pfund Trinkgeld ebenfalls zum Grinsen bringt.
»Wow. Flirtest du echt mit Biebergesicht?«, frage ich trocken, als wir wenig später Seite an Seite in das Unwetter hinaustreten. Becca schnaubt und zieht sich die Kapuze ihrer Regenjacke ins Gesicht. »Nein! Ich bin nur nett, okay?«
»Okay.« Ich spanne meinen Regenschirm auf und hake mich bei Becca unter, damit sie darunter Platz findet, was bei fünfzehn Zentimeter Größenunterschied gar nicht so leicht ist. Wo ich groß und so blass bin, dass ich fast leuchte, ist Becca klein und hat einen beneidenswerten Bronze-Teint.
»Dann kommt es mir nur so vor, als würdest du dir krampfhaft alles Männliche anlachen, um Cal eins auszuwischen?«
Becca macht ein seltsames Geräusch, das wie eine Mischung aus Lachen und Würgen klingt. »Das ist überhaupt nicht wahr, J. Was bist du, mein Babysitter?« Ihre dunklen Augen weiten sich plötzlich und sie starrt anklagend zu mir hoch. »Warte mal, spionierst du mich für Cal aus? Was hast du ihm erzählt?«
»Ich habe ihm gar nichts erzählt«, beteuere ich geduldig. »Und nein, ich bin nicht dein Babysitter. Aber deine beste Freundin, oder nicht? Also . könntest du nicht mit Cal reden? Du musst ihm nicht verzeihen, wenn du wirklich nicht willst, aber ich habe keine Lust mehr auf dieses Theater.«
Becca schnaubt erneut. »Ich soll mit ihm reden? Hat er das gesagt? Hast du mit ihm geredet? Was hat er gesagt?«
Anstelle einer Antwort klappe ich den Schirm zu, schüttele ihn halbherzig aus und fange die schwere, doppelflügelige Holztür auf, die in das Zusatzgebäude der Universität führt und gerade hinter einer Gruppe Studierender zu schwingt.
»Hör mal, ich will dich nicht über ihn ausfragen oder so .«, fängt Becca wieder an, lässt den Rest ihres Satzes aber unvollendet in der Luft stehen, zweifellos in der Hoffnung, dass ich endlich auspacke.
»Tust du aber. Wenn du wissen willst, was Cal zu sagen hat, rede mit ihm. So einfach ist das.«
Unsere Schritte hallen auf dem glänzenden Marmorboden wider. Mein Schirm hinterlässt lauter Tropfen auf dem Stein.
»Er hat Schluss gemacht, Joan! Er hat gesagt, er wolle noch etwas Anderes erleben, dass ich nicht lache! Cal hat es beendet!« Jetzt habe ich es geschafft, Becca wütend zu machen.
»Das weiß ich«, erinnere ich sie mit einem Seufzen. »Und das war voll daneben.«
»Und jetzt soll ich zu ihm zurück gekrochen kommen, nur, weil er doch kein Weiberheld sein will? Nein, danke.«
Wir erreichen den erst spärlich besetzten Hörsaal und lassen uns in einer der letzten Reihen nieder. Ich spüre Beccas Blick noch immer auf mir, während ich mich aus meinem nassen Mantel kämpfe.
»Das habe ich gar nicht gesagt. Aber . Er liebt dich, Becs. Und er leidet echt sehr darunter.« Sie öffnet den Mund, um etwas zu erwidern, doch ich lasse sie nicht zu Wort kommen. »Hör zu, es ist deine Entscheidung. Ihr wart seit der zehnten Klasse zusammen. Ihr wart toll. Hey, nur wegen euch glaube ich an die Liebe«, sage ich und stoße ihr mit dem Ellbogen gegen die Schulter. Das bringt mir immerhin ein kleines Lächeln ein. »Aber diese Vermittlerrolle macht mich fertig«, jammere ich und ziehe eine Schnute, die ein klein wenig theatralisch ist.
Becca seufzt. »Schon klar.« Sie öffnet ihre Tasche und holt einen Ordner hervor. »Keine Fragerei mehr über Cal.«
»Danke.«
Becca hebt mahnend einen Finger. »Außer, er bringt ein Mädchen mit nach Hause! Dann erzählst du es mir.«
Ich lache über ihre ernste Miene. »Das wird zwar todsicher nicht passieren, aber ja, dann breche ich mein Schweigen. Versprochen.«
»Und du bringst mir meinen restlichen Kram«, verlangt sie, die Stirn in strenge Falten gelegt. »Dann muss ich sein dämliches Gesicht nicht sehen.«
»Abgemacht. Ich bringe sie dir morgen vorbei.«
Das scheint Becca zu besänftigen.
Während der Vorlesung fällt es mir schwer, mich zu konzentrieren, auch wenn der Stoff größtenteils prüfungsrelevant ist. Immer wieder erwische ich mich dabei, wie ich mir seltsame Visionen des morgigen Tags ausmale. Das muss der Stress sein. Oder ich schnappe allmählich über. Ja, schön, vielleicht hat Cal recht und dieser Nick gefällt mir irgendwie. Das ist schließlich nichts Ungewöhnliches. Auch wenn es die letzten drei Jahre kein männliches Wesen in meinem Leben gegeben hat, habe ich immer wieder mit jemandem geliebäugelt, so, wie es wahrscheinlich jeder tut. Allerdings ist es nie weiter als bis zu einem netten Gespräch gekommen. Und so wird es auch mit Nick ablaufen, ganz sicher.
Nach der Uni fahre ich kurz nach Hause, um mich umzuziehen und etwas zu essen, dann mache ich mich auf den Weg zur Arbeit. Inzwischen hat es aufgehört zu regnen, doch die Straßen sind immer noch nass, sodass ich die Suzuki abermals stehen lasse. Die Tierklinik, in der ich meine Pflichtstunden für die Veterinärmedizin absolviere, liegt in der Innenstadt, sodass der Bus mitten in den Nachmittagsverkehr gerät und ich erst zwei Minuten vor Schichtbeginn eintreffe.
Ich durchquere den noch leeren Eingangsbereich und werfe einen routinierten Blick durch die Glastür zum Wartezimmer, wo schon eine Handvoll Pelzpatienten mit ihren Besitzern Platz genommen haben. Dr. Hayden Green, der im letzten Jahr zu einer Mischung aus Mentor und Freund für mich geworden ist, steht hinter dem Tresen und liest in einem Stapel Papiere. Er blickt auf, als er mich bemerkt und ein Lächeln erhellt sein Gesicht. Der Tierarzt ist ein großer Mann mit dunkler Haut, Brille und Glatze, die so makellos glänzt, als würde er sie regelmäßig einölen.
»Ah, hallo, Joan. Hast du ein schönes Wochenende gehabt? Wie war die Geburtstagsfeier?«
»Hallo, Doc.« Ich schiebe mich an ihm vorbei, um meine Jacke und meine Tasche hinter dem Tresen abzustellen. »Ja, es war nett. Und bei Ihnen? Wie lief die Hausbesichtigung?«
Der Doktor grinst und legt die Papiere zur Seite. »Elise hat es nicht gefallen«, informiert er mich schulterzuckend. »Der Garten war ihr zu klein. Scheinbar will sie neuerdings ihr Gemüse selbst anpflanzen.«
Ich bemerke den scherzhaft tadelnden Unterton, mit dem er seine Frau erwähnt und lache. »Vielleicht kaufen Sie ihr lieber einen Acker draußen in Prescot?«, scherze ich und Dr. Green gluckst. »Gute Idee. Was haben wir, James?«
James, Greens Sprechstundenhilfe, ist soeben aus dem hinteren Teil der Klinik erschienen. Missmutig fischt er seine Lesebrille aus der Tasche seines Kittels.
»Hi, Joan«, murmelt er beiläufig und klappt das große Terminbuch vor den Computern auf. »Mal sehen . Ah, Mrs Porter mit Buffy? Bucky? Ich kann Irmas Schrift unmöglich lesen. Jedenfalls ist es ein Schäferhund-Mix mit Arthrose. Nachsorgetermin nach der Operation vom 14. März.«
»Bestens, danke James. Dann legen wir los, schick sie rein.« Dr. Green schnappt sich die Akte und bedeutet mir mit einer Handbewegung, ihm in das Behandlungszimmer zu folgen.
Es wird ein geschäftiger Nachmittag und wir schließen den regulären Betrieb der Klinik erst eine halbe Stunde später als sonst, als das Personal für den Notdienst schon eingetroffen ist.
»Wie laufen deine Prüfungsvorbereitungen, Joan?«, fragt Dr. Green, als wir gemeinsam die Oberflächen eines Behandlungszimmers reinigen.
»Oh, bisher ganz gut«, entgegne ich und puste mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, da meine Hände in dicken Gummihandschuhen stecken.
»Donnerstagmorgen steht eine kleine Operation an. Ich entferne einer Hündin Gallensteine. Willst du mir assistieren?«
Ich strahle und jähes Glück pulsiert in meinem Inneren. »Auf jeden Fall! Bauchschnitt oder Laparoskopie?«
Green lacht leise über meinen Enthusiasmus. »Bauchschnitt. Die Patientin hat Verwachsungen im Bauchraum.«
»Oh Mann!«, jubiliere ich und hätte den Tierarzt für sein Angebot am liebsten umarmt. »Darf ich dann vielleicht . also .« Vor lauter Aufregung habe ich völlig vergessen, wie ich meinen Satz beenden wollte.
»Wenn du dich gut anstellst, darfst du die Gallensteine entfernen, ja.« Dr. Green nimmt mir den Lappen ab und schiebt mich zur Tür. »Und jetzt ab nach Hause, den Rest mache ich allein.«
Am Dienstag wache ich früh und mit einem seltsam nervösen Gefühl in der Magengegend auf. Die Dusche im angrenzenden Badezimmer rauscht - auch Cal ist ungewöhnlich früh dran, dienstags beginnen seine Informatikkurse immer erst mittags. Ich gähne und drehe mich auf die andere Seite, sodass mir das Licht der Morgensonne direkt ins Gesicht scheint. Um 12 Uhr werde ich diesem Nick die Suzuki zurückgeben. Vielleicht frage ich ihn wirklich, was ihn dazu bewegt hat, Mitglied in einer Motorrad-Gang zu werden, doch wohl eher werde ich kaum einem Blick aus diesen seltsamen, hellgrauen Augen standhalten. Ich ziehe mir die Bettdecke über den...
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