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Ein fesselnder historischer Roman über eine menschliche Tragödie im antiken Sparta
Die harten Gesetze Spartas verlangen, dass missgebildete Kinder nach der Geburt ausgesetzt und ihrem Schicksal überlassen werden. Dieses Schicksal steht auch Kleidemos, dem Sohn eines noblen Spartaners bevor, da er mit einem verkrüppelten Fuß geboren wird. Doch der Hirte Kritolaos findet den Jungen und gibt ihm den Namen Talos, der Wolf. Er zieht ihn auf und bildet ihn zum Krieger aus. Talos zieht in den Kampf gegen die Spartaner, aber der junge Krieger weiß nichts von seiner wahren Herkunft . In seinem spannenden Roman zeichnet der italienische Erfolgsautor Valerio M. Manfredi ein farbenprächtiges Bild vom antiken Griechenland.
Das Herz voller Trauer betrachtete der große Aristarchos seinen kleinen Sohn Kleidemos, der seelenruhig in dem großen väterlichen Schild schlief, der ihm als Wiege diente. Nicht weit entfernt schlief in einem Bettchen, das von der Decke herabhing, sein großer Bruder Brithos.
Die Stille, in die das alte Haus der Kleomeniden gehüllt war, wurde plötzlich von dem Rauschen der Eichen im nahe gelegenen Wald durchbrochen - ein langer, tiefer Seufzer des Windes.
Tiefe Nacht lag über Sparta, der Unbesiegbaren, und lediglich das Feuer, das auf der Akropolis brannte, warf einen rötlichen Schimmer in den von schwarzen Wolken durchzogenen Himmel. Aristarchos schüttelte sich schaudernd und ging zum Fenster, um es zu öffnen und einen Blick auf die im Dunkeln liegenden, verschlafenen Felder zu werfen.
Er dachte, dass nun der Moment gekommen sei, in dem er tun musste, was von ihm verlangt wurde, der Moment, in dem die Götter den Mond verhüllten und die Erde verdunkelten, und die Wolken im Himmel voller Tränen hingen.
Er nahm den Mantel von dem Haken an der Wand und warf ihn sich über die Schultern, dann beugte er sich über den Sohn, hob ihn hoch, drückte ihn zärtlich an die Brust und entfernte sich behutsam, während die Amme des Kleinen sich im Schlaf in ihren Decken wälzte.
Aristarchos hielt einen Augenblick inne, in der inständigen Hoffnung, dass irgendetwas ihm erlauben möge, diese schreckliche Tat noch aufzuschieben, doch als er erneut den schweren Atem der Frau vernahm, nahm er all seine Kraft zusammen und verließ das Zimmer durch das Atrium, das von einer tönernen Öllampe spärlich beleuchtet war. Im Hof schlug ihm eine eisige Windböe entgegen, die die ohnehin schon schwache Flamme beinah auslöschte und als er sich umdrehte, um die schwere Eichentür hinter sich zu schließen, stand plötzlich, wie eine Göttin in der Nacht, seine Frau Ismene vor ihm, mit bleichem Gesicht und weit aufgerissenen, wild funkelnden Augen.
Todesangst stand ihr ins Gesicht geschrieben: Ihr zusammengepresster Mund wirkte wie eine Wunde, schien unmenschlichen Schmerz einschließen zu wollen.
Aristarchos spürte, wie ihm das Blut in den Adern gefror. Seine Beine, die stämmig waren wie zwei Pfeiler, wurden weich.
»Wir haben ihn nicht für uns .«, flüsterte er mit gebrochener Stimme. »Wir haben ihn nicht für uns gezeugt . Es muss diese Nacht sein, sonst werde ich nie wieder die Kraft finden .«
Ismene streckte ihre Hand nach dem in Tücher gewickelten Kind aus, ihr Blick suchte den ihres Mannes . Der Kleine erwachte und begann zu weinen. Aristarchos stürzte davon und floh in die Felder. Ismene blieb wie angewurzelt auf der Türschwelle stehen, sah ihrem forteilenden Mann nach und lauschte dem Weinen ihres Sohnes, das immer schwächer wurde: Der kleine Kleidemos, den die Götter - noch in ihrem Bauch - geschlagen hatten. Sie trugen die Schuld daran, dass er als Krüppel auf die Welt gekommen und somit nach den unbarmherzigen Gesetzen Spartas zum Tode verurteilt war.
Sie schloss die Tür und schlich langsam in die Mitte des Atriums, wo sie stehen blieb, um die Standbilder der Götter zu betrachten, denen sie während ihrer gesamten Schwangerschaft großzügige Gaben gebracht und zu denen sie viele Monate vergeblich gebetet hatte, damit sie diesem kleinen verkümmerten Füßchen Kraft geben mögen.
Sie setzte sich an die Feuerstelle, die sich in der Mitte des großen, kahlen Zimmers befand, löste ihre schwarzen Zöpfe und breitete ihr Haar über Brust und Schultern. Dann sammelte sie die Asche vom Boden des kupfernen Dreifußkessels und ließ sie auf ihr Haupt rieseln. In dem zitternden Lichtschein der Öllampe blickten die Statuen der Götter und Helden sie mit ihrem unwandelbaren Lächeln an. Ismene beschmutzte ihr schönes Haar mit der Asche, kratzte ihr Gesicht blutig und ein eiskalter Schraubstock schien ihr Herz zu zermalmen.
Währenddessen lief Aristarchos über die Felder, das Kind fest an die Brust gepresst, sein Mantel wirbelte - vom Nordwind gepeitscht - durch die Luft.
Er erklomm die Berge und bahnte sich einen Weg durch das Dickicht und die Brombeersträucher des Waldes. Sobald der Wald vom Blitz erleuchtet wurde, sah man beängstigende Schatten über den Boden kriechen. In dieser Stunde größten Kummers waren die Götter Spartas fern. Nun musste er ganz allein weiterlaufen, bedrängt von den dunklen Geschöpfen der Nacht, den bösen Ausgeburten des Waldes, die den Vorübergehenden nachstellen und die Albträume aus dem Erdinneren heraufholen.
Als er den dichten Wald hinter sich gelassen hatte, lag der Weg, der noch weiter hinauf führte, vor ihm. Keuchend blieb er einen Moment stehen, um Atem zu schöpfen. Der Kleine weinte nicht mehr, sondern strampelte nur noch mit den winzigen Beinchen in den Windeln wie ein Welpe, der in den Fluss geworfen werden soll.
Der Krieger hob den Blick zum Himmel, über den riesige Wolken in bizarren, bedrohlichen Formen zogen. Er stieß ein paar Beschwörungsformeln der Alten zwischen den Zähnen hervor und erklomm den steilen Pfad, während die ersten Regentropfen mit einem kleinen dumpfen Geräusch im Staub versanken. Nachdem er die Lichtung überquert hatte, tauchte er erneut in den dichten Wald ein. Die Zweige und Dornen zerkratzten sein Gesicht, das die Hände nicht schützen konnten. Der Regen war nun dicht und schwer geworden und begann, das Laub zu durchdringen und den Boden aufzuweichen. Aristarchos fiel auf Knie und Ellbogen, besudelte sich mit Schlamm und fauligen Blättern und zerriss seine Kleider an den spitzen Steinen, die hier und da aus dem Erdreich des immer schmaler und steiler werdenden Pfades ragten. Mit letzter Kraft erreichte er den ersten bewaldeten Gipfel des Gebirges und tauchte sogleich in einen kleinen Eichenwald ein, der sich inmitten einer Lichtung erstreckte, die dicht mit Kornelkirsche und Ginster bewachsen war.
Der Regen prasselte nunmehr in Strömen herab. Mit durchnässten Kleidern, die Haare in die Stirn geklebt, lief Aristarchos nun langsam und vorsichtig über das weiche, faulig riechende Moos. Schließlich blieb er von einer hundertjährigen Steineiche mit einem großen, hohlen Stamm stehen, kniete sich zwischen die Wurzeln und legte sein Bündel in eine Nische. Er verharrte einen Augenblick, um den Sohn noch einmal anzusehen, der die kleinen Händchen aus der Decke herausstreckte, und biss sich auf die Lippen, bis sie bluteten; spürte, wie ihm das Wasser in Strömen den Rücken hinablief. Doch sein Mund war trocken, die Zunge klebte am Gaumen wie ein Stück Leder. Er hatte getan, was getan werden musste, die Götter würden das Schicksal vollbringen. Es war Zeit, nach Hause zurückzukehren, Zeit, für immer die Stimme des Blutes und den Schrei des Herzens zu ersticken. Er erhob sich langsam und mühsam, als laste das Leid der ganzen Welt auf seinen Schultern, und ging wieder dorthin zurück, von wo er hergekommen war.
Das Unwetter schien sich zu legen, als Aristarchos die Felsen des Taygetos hinabkletterte und ein leichter Nebel aus dem Berginneren aufstieg, sich zwischen den hundertjährigen Baumstämmen ausbreitete, den triefenden Ginster einhüllte und über Pfade und Lichtungen schwebte. Der Wind wehte noch immer kräftig und blies mit heftigen Böen das Wasser von den Blättern. Endlich verließ Aristarchos den Wald und erreichte das Tal, wo er einen Moment stehen blieb und noch einmal den Blick zum Berggipfel hob. Vor ihm, inmitten der regennassen Felder, schimmerte das Wasser des Eurotas, hier und da erleuchtet von den kalten Strahlen des Mondes, der sich nun als schmale Sichel zwischen den Wolken zeigte. Als er gerade die Holzbrücke, die über den Fluss führte, betreten wollte, hörte er ein Geräusch zu seiner Linken: Er drehte sich ruckartig um und erblickte in dem unbestimmten Licht des Mondes einen Reiter - das Gesicht unter einer Sturmhaube verborgen - auf einem schweißnassen, dampfenden Ross. Auf der polierten Rüstung blitzte für einen Moment das Zeichen der königlichen Wache auf. Sparta . Sparta wusste es schon ., dachte Aristarchos bitter. Dann gab der Reiter dem Pferd die Sporen, das Tier bäumte sich auf und stürmte davon. Kurz darauf verlor sich der Galopp mit dem fernen Wind in den Feldern.
»Krios! Krios! Bei allen Göttern, willst du wohl stehen bleiben? Komm her, sag' ich dir!« Der kleine Mischlingshund kümmerte sich nicht im Geringsten um die Rufe seines Herrn und trabte entschlossen den Weg entlang, dass das Wasser nur so aus den Pfützen spritzte, während der alte Hirte unbeholfen und fluchend hinter ihm herlief. Das Tier steuerte geradewegs auf den Stamm einer mächtigen Steineiche zu und blieb winselnd und Schwanz wedelnd vor ihm stehen.
»Verflucht noch mal«, murmelte der Alte, »du wirst nie ein guter Hirtenhund . Was ist es denn diesmal? Ein Stachelschwein oder vielleicht ein Amselkind . nein, es ist noch zu früh für Amselkinder. Beim Zeus und beim Herakles, ist es vielleicht ein Bärenjunges? O ja, dann kommt bestimmt die Mutter des Kleinen und reißt uns in Stücke!«
Der Alte war inzwischen bei dem Hund angelangt; er beugte sich hinab, um ihn auf den Arm zu nehmen und umzukehren, doch plötzlich verharrte er auf halber Höhe. »Das ist kein Bärenjunges, Krios«, stammelte er und streichelte das Tier, um es zu beruhigen, »das ist ein Menschenkind . vielleicht ein Jahr alt, oder etwas mehr . sehen wir mal«, sagte er und schlug die Decke zurück. Doch als er den Kleinen erblickte, der sich kaum noch rührte, so steifgefroren wie er war, wurde sein Blick ernst. »Sie haben dich ausgesetzt«, sagte er. »Bestimmt hast du irgendeinen Fehler, der dich daran gehindert hätte, Krieger zu werden. Und nun, Krios, was sollen wir tun? Sollen wir ihn einfach hier lassen? Nein, nein, Krios, die...
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