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Gaming ist die Unterhaltungsbranche unserer Zeit. Das beweisen die seit Jahren wachsenden Teilnehmer- und Absatzzahlen im Gaming-Bereich immer wieder eindrücklich. Aber was ist die Ursache dafür - warum ist Gaming heutzutage so unglaublich populär? Ich erkläre mir das Phänomen in erster Linie mit der Entwicklung unserer Gesellschaft: Dank des Internets leben wir inzwischen in einer Welt, in der Informationen jedweder Art so leicht und vielfältig zugänglich sind wie nie zuvor. Auch die Möglichkeiten, die eigene Meinung mitzuteilen, waren zu keiner Zeit so niedrigschwellig. Beides ist grundsätzlich super. Allerdings führt es auch dazu, dass wir mit Informationen quasi überflutet werden. Einerseits sind wir permanent damit beschäftigt, sie zu verarbeiten, einzuordnen und zu kommentieren, andererseits stoßen wir zwangsläufig auf halbe oder verdrehte Wahrheiten beziehungsweise auf die Erkenntnis, dass die Wahrheit oft zwei Seiten hat und Informationen doppeldeutig interpretiert werden können. Unter diesen Umständen wird das Bilden der eigenen Meinung nicht erleichtert, sondern erschwert. Was schnell dazu führen kann, dass uns das Leben wahnsinnig kompliziert erscheint, beziehungsweise, dass wir frustriert und unsicher werden und uns wegen der ständigen Nachverfolgbarkeit zunehmend unfrei und angreifbar fühlen.
Platt ausgedrückt würde ich sagen: Auf Komplikationen hat eigentlich niemand Bock. Die wenigsten wollen ständig tiefgründig nachdenken, Gut und Schlecht unterscheiden, sich belastbare Meinungen bilden, kombinieren, grübeln, alles beurteilen oder jede Tätigkeit auf ihre Sinnhaftigkeit durchleuchten. Eigentlich genügt es uns, im Moment zu leben, die Dinge, die wir tun, gut zu machen - und dabei im besten Fall ein bisschen Spaß zu haben. Mit Spielen geht das. Sie haben eigentlich keine andere Aufgabe, als uns zu entertainen. Hinzu kommt, dass sie klare Regeln und berechenbare Werte- und Belohnungssysteme haben. Sie entführen uns sprichwörtlich in andere Welten. Das bedeutet eine Realitätsflucht im positiven Sinn - Spielen entspannt, befriedigt, inspiriert.
Dieser Aspekt hat mich am Gaming schon sehr früh fasziniert. Seit meiner Kindheit hat das Spiel immer eine zentrale Rolle in meinem Leben eingenommen. Es ging los mit Fußball. Ich traf mich immer mit Freunden aus der Nachbarschaft im Garten meiner Eltern zum Kicken. Das war toll. Weil jeder nur kam, wenn er wirklich Bock hatte, nicht weil er kommen musste oder eine bestimmte Zeit abzusitzen hatte. Deswegen waren alle motiviert. Wir wollten nicht nur zusammensitzen und uns gegenseitig mit Angebereien übertrumpfen, es ging uns wirklich ums Fußballspielen, und wir wollten uns im Wettkampf verbessern. Das war durchaus kompetitiv, aber nie verbissen. Die Grundhaltung war: Wenn du ein Tor schießt, super, wenn nicht, dann eben beim nächsten Mal. Es herrschte eine angenehme Atmosphäre - wir hatten Spaß, forderten einander heraus und unterstützten uns gegenseitig. Wir konnten einfach Mensch sein. So wurde ich sozialisiert.
Als Vorschüler kam ich dann zum ersten Mal mit virtuellen Welten in Kontakt. Genauer gesagt, mit der bunten und fröhlichen Welt von Super Mario. Nachdem mein Vater sich eine Super Nintendo besorgt hatte, traf er sich freitagabends regelmäßig mit seinem besten Kumpel, und sie zockten bei uns im Wohnzimmer Super Mario World. Ich sah ihnen dabei zu und war von Anfang an fasziniert. Zwischendurch spielte ich mit. Weil es nur zwei Controller gab, musste entweder mein Vater oder sein Kumpel aussetzen, wenn ich mein Glück versuchte. Allerdings nie sehr lang. Da ich keine Übung hatte und noch zu schlecht war, hieß es bei mir meist sehr schnell »Game over«. Abgesehen davon trafen sich die beiden immer abends. Mit meinen sechs, sieben oder acht Jahren musste ich immer schon ins Bett, bevor ihr Spielabend zu Ende war. Zu wissen, dass mein Vater und sein Kumpel eine gute Zeit beim Zocken hatten, während ich zur Untätigkeit verdammt in meinem Zimmer lag, war hart. Es dauerte ewig, bis ich einschlafen konnte, weil mich das total wurmte und ich so gern weiter dabei gewesen wäre.
Neben der Spielbegeisterung war ich schon früh ziemlich selbstreflektiert und analytisch. Seit ich denken kann, war Hinterfragen, Puzzeln, Rätseln und Kombinieren mein Ding. Das merkte schon mein Mathelehrer in der Grundschule. Als ich acht Jahre alt war, schlug er meinen Eltern vor, mich bei der William-Stern-Gesellschaft vorsprechen zu lassen, einem Hamburger Institut für Begabungsforschung. Dort wurde damals ein Programm für mathematisch hochbegabte Kinder gestartet. Der Aufnahmetest bestand aus verschiedenen Kombinationsaufgaben. Wenn ich mich richtig erinnere, hatten die meisten von ihnen gar nichts mit Zahlen zu tun. Es ging eher um Logikrätsel oder das Zusammenfügen von Würfeln, Puzzles und Bilderhälften. Ich bestand den Test und wurde als eins von 50 Kindern für das Projekt ausgewählt. Das hieß, meine Mutter fuhr mich einmal die Woche zur Hamburger Uni, damit ich dort mathematische Probleme lösen konnte. Das war toll und sehr spielerisch. Der Projektleiter war unheimlich enthusiastisch. Seine Fähigkeit, Begeisterung zu vermitteln und das Interesse der Kinder zu wecken, inspiriert mich bis heute.
Nebenbei verselbstständigte sich meine Faszination für Videospiele. Als ich neun oder zehn Jahre alt war, durfte ich die Super Nintendo auch allein nutzen. Natürlich immer mit der Ansage »Spiel nicht den ganzen Tag«, aber die vergaß ich schnell, wenn ich meine Ausflüge in die Welt von Super Mario unternahm. Als sich Anfang der 2000er die Sega Dreamcast in Europa etablierte, war ich ebenfalls ziemlich früh dabei. Auch das war meinem Vater zu verdanken. Er war damals selbstständig, leitete seine eigene Sortiermaschinenfabrik und hatte in der Firma eine Dreamcast. Wenn er mich mit zur Arbeit nahm, konnte ich dort spielen, während er in Besprechungen saß.
Mir ist bewusst, dass ich mit alledem großes Glück hatte. Weder waren meine Eltern kategorisch dagegen, dass ich zockte, noch musste ich mich besonders anstrengen, um Zugang zu Konsolen zu bekommen. Das war damals alles andere als üblich. Aber es blieb meine gesamte Jugend über so: Ich besaß einen Game Boy, mit dem ich die Autofahrten in den Urlaub nach Norwegen verdaddelte, später hatte ich eine PlayStation 2, und schließlich kam der große Durchbruch, und ich bekam meinen ersten eigenen PC. Mit ihm exerzierte ich alle Entwicklungsstufen durch - von der Zeit, in der man per Telefonleitung knackend und rauschend eine Internetverbindung aufbauen und gefühlte zwanzig Minuten warten musste, bis eine Website geladen war, bis zu dem Moment, als ich das erste Mal online spielte: Warcraft 3 - damals das allergrößte Spiel für mich. Neue, tiefgründige Welten eröffneten sich, man konnte eigene Karten erstellen und mit anderen Spielern der Online-Community etwas aufbauen. Es war wie eine Never Ending Story, eine Quelle, die nie versiegte. Wenn man so will, öffnete sich hier das Tor zu jener Spielform, die für mich viele Jahre später mit League of Legends (LOL) zum Beruf wurde.
Der Aspekt der Realitätsflucht spielte bei meinen Warcraft 3-Sessions, denke ich, eine ziemlich große Rolle - ohne dass es mir damals wirklich bewusst war. Nachdem meine Kindheit sehr harmonisch und, wie gesagt, im besten Sinne spielerisch verlief, änderte sich alles, als ich aufs Gymnasium kam. Beim Schulwechsel ging ich noch naiv davon aus, alles würde so weitergehen wie beim Fußballspielen mit meinen Freunden aus der Nachbarschaft und in der Grundschule - also absichtslos, solidarisch und motiviert. Aber in meiner neuen Klasse war das Gegenteil der Fall: Auf einmal war ich umgeben von Mitschülern, die weder Bock auf Schule noch auf Spielen hatten, sondern einzig und allein auf Hahnenkämpfe, Machtspielchen und Kraftproben aus zu sein schienen. Wer ist der Stärkste? Wer ist das Alphatier? Wer übt den meisten Druck aus? Das waren Fragen, die in meiner Kindheit zuvor nie eine Rolle gespielt hatten und mit denen ich schlecht umgehen konnte. Mir war noch nicht klar, dass die wenigsten Kinder in einer so behüteten Welt aufwuchsen wie ich - was sich natürlich in ihrem Verhalten widerspiegelte. Leider merkten die Alphatiere schnell, dass ich ihnen nichts entgegenzusetzen hatte, also hänselten und mobbten sie mich systematisch. Das war brutal, und ich litt extrem darunter. Deswegen war Warcraft 3 eine gute Möglichkeit, der grausamen Realität zu entkommen. Da ging es ums Game, um Spaß haben und ums Besserwerden, nicht um Hahnenkämpfe.
Letztendlich wurden in dieser Zeit aber nicht nur in Sachen Spielleidenschaft die Weichen für meine spätere Laufbahn gestellt, sondern auch die Eigenschaften geschärft, die dazu führten, dass ich heute Coach bin. Da ich die Bosheit meiner Mitschüler nicht verstand, versuchte ich, ihr Verhalten zu analysieren und mit dem Verstand zu erfassen. Ich fragte mich, warum sie sich so gemein verhielten. Lag es an ihnen oder an mir? Warum schüchterten sie mich so ein? Womit fing das Mobbing an? Zwar fehlte es mir damals an Lebenserfahrung, um Antworten auf diese Fragen zu finden, aber es war für mich eine logische Konsequenz, über sie nachzudenken.
Das war nicht immer angenehm, aber es hatte einen coolen Nebeneffekt: Es weckte mein Interesse für Philosophie, die ab der zehnten Klasse bei uns als Schulfach angeboten wurde. Gleich...
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