Schweitzer Fachinformationen
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Frankie stand direkt vor meinem Gartentor. Was machte sie denn da?
Ich behielt sie im Auge - das muss man bei Frankie, denn sie ist etwas unberechenbar. Man weiß nie genau, was unsere streitlustige Leitkuh vorhat. Groß und stolz bewegte sie sich ein paar Schritte auf unser Haus zu. Fast wirkte es so, als wollte sie in unseren Garten hereinspazieren, dachte ich. Der Gedanke ließ mich schaudern. Zum Glück war das unmöglich. Denn am Boden unter dem Tor sorgten fünf Stromdrähte und 8000 Volt dafür, dass die Tiere draußen blieben. Frankie konnte diese Barriere niemals überwinden.
Ich kam ein paar Schritte näher, um Frankie besser beobachten zu können. Ich traute meinen Augen nicht! Frankie befand sich tatsächlich in meinem Garten! Irgendwie hatte sie die Stromdrähte überwunden - vielleicht war kein Strom drauf - und bewegte sich schnurstracks auf mein Haus zu. Mit großer Selbstsicherheit betrat sie das verbotene Terrain.
Mein erster panischer Gedanke in diesem Moment war: Wo sind die Hunde? Ich blickte hektisch nach links und nach rechts. Eine Begegnung zwischen sieben bellenden Hunden und einem mächtigen Elefanten würde ganz sicher in einer Katastrophe enden.
Ich war aufgelöst und rief mit gedämpfter, zitternder Stimme: »Tina . Lucy, Miley, hier!« Manchmal hören diese kleinen Biester richtig schlecht, aber diesmal spürten sie die Dringlichkeit in meiner Stimme und folgten mir schnell und ruhig ins Haus. Sie rannten hinein, ich schloss die Tür und lehnte mich dagegen, während ich vor Angst zitterte und spürte, wie das Adrenalin durch meinen Körper schoss.
»Kommt her, meine Lieben, shhh .«, sagte ich, als ich sie um mich herum versammelte und streichelte, damit sie ruhig blieben. Mein kleiner Gypsy hatte sich zu mir gekuschelt und schlotterte. Sogar die frechen Kläffer Alex und Shani, beide französische Pudel, benahmen sich vorbildlich - die meisten Hunde haben einen ziemlichen Respekt vor Elefanten.
Frankie konnte Hunde nicht leiden. Oder besser gesagt, sie hasste sie. Gin kann von Glück reden, dass er noch am Leben ist, nachdem er vor ein paar Jahren auf Frankie losgegangen war und sie im Gegenzug auf ihn. Gin rannte dann so schnell, dass seine Pfoten den Boden nicht mehr zu berühren schienen.
Wir beobachteten Frankie durch die Glasscheiben in der windigen Holztür.
Ich glaubte nicht, was ich sah! Es war im Juli 2018 und in all den Jahren davor hatte Frankie nicht einmal meinen Garten betreten. Aber genau das tat sie jetzt, selbstsicher und in aller Seelenruhe. Sie war keineswegs aggressiv oder angespannt. Eher als würde sie einen kleinen Rundgang um ihr eigenes Zuhause machen.
Sie näherte sich uns langsam, Schritt für Schritt, bis sie von meiner Tür nur fünf, sechs Meter entfernt war. Frankie hätte die Tür leicht mit einer leichten Bewegung ihres Rüssels eindrücken können, wenn sie gewollt hätte.
Frankie und mich verbindet seit Langem eine besondere, aber etwas komplizierte Beziehung. Kurz nachdem Frankie vor etwa zwanzig Jahren zusammen mit ihrer damaligen Herde bei uns in Thula Thula eingetroffen war, hat sie mich und meinen Mann Lawrence fast umgebracht, als wir ihr mit unserem lauten Quad einen Schrecken eingejagt hatten. Nie werde ich das Bild vergessen, wie sie mit angelegten Ohren und Feuer in den Augen auf uns zugeschossen kam und ihr lautes Trompeten die Luft durchschnitt. Damals dachte ich, dass das mein letzter Tag wäre.
Wir haben überlebt und können die Geschichte immer wieder erzählen. Lawrence hat die Elefantin nach mir benannt, da sie, wie er sagte, das gleiche streitlustige französische Temperament besitze wie ich. Allerdings war Frankie am Anfang mehr als nur streitlustig. Mit ihrer leichten Reizbarkeit und ihrem unberechenbaren Naturell machte sie uns alle etwas nervös, vor allem, wenn wir Gäste hatten, die an unseren Game Drives teilnahmen. Mit zunehmendem Alter wurde sie zwar ruhiger und vertrauensvoller, aber man musste trotzdem noch vor ihr auf der Hut sein. Uns verband eine gesunde gegenseitige Hochachtung.
Und da standen wir jetzt, die beiden Frankies - lediglich durch ein paar Meter Rasen und ein bisschen Holz und Glas voneinander getrennt.
Die Elefantendame sah uns an und wirkte so, als würde sie zögern. Für einen kurzen beängstigenden Moment war ich mir sicher, dass sie hereinkommen würde. Dann aber wandte sie sich ab und spazierte in Richtung Pool.
Hinter ihr hatte sich die ganze Herde, 28 Elefanten stark, am Zaun versammelt - von Mandla, unserem größten Bullen, bis zum kleinen Themba, der hinter seiner Mutter Nandi hertrottete. Die Elefanten schienen mindestens genauso verblüfft wie ich, als sie sahen, wie ihre Leitkuh auf einem Gelände herumspazierte, von dem alle wussten: Zutritt verboten. Nana, unsere sanfte und ehrwürdige alte Dame und Frankies Vorgängerin als Leitkuh der Herde, muss geschockt gewesen sein ob so viel pöbelhaftem Verhalten.
Als Anführerin der Herde hat die Leitkuh Führungsqualitäten und korrektes Auftreten zu zeigen. Frankies Aufgabe war es, den anderen Elefanten ein Beispiel zu sein und alle, die aus der Reihe tanzen, wieder zur Räson zu bringen. Aber jetzt war sie es, die die Regeln ungeniert missachtete.
Nach dem Motto »was meine Mama kann, kann ich auch«, beschloss ihr Sohn Brendan, es seiner Mutter nachzumachen, und näherte sich langsam dem Tor. Würde ich bald zwei Elefanten in meinem Garten haben? Oder womöglich die ganze Herde?
Als Brendan auf die Stromdrähte stapfte, hörten wir das typische elektrische Knistern, sofort gefolgt von einem wilden Trompetenschrei. Die Drähte funktionierten, so viel war sicher. Brendan hatte einen heftigen Stromschlag abbekommen und trat den Rückzug an.
Gemütlich und neugierig setzte Frankie ihren Rundgang fort und spazierte beinahe eine Stunde lang herum. Dabei sah sie sich auch die Weideflächen bis hinunter zum Staudamm an, hielt inne, um die herrlichen rosa Blüten des Kapokbaums zu bewundern und ruhte sich kurz im Schatten einer mächtigen Maulbeerfeige aus. Sie hob ihren Rüssel hoch, um etwas von der leichten Brise aufzunehmen, die an heißen Tagen ein wenig Abkühlung verspricht. Sie wirkte so, als betrachtete sie alles mit dem prüfenden Blick eines Käufers: »Hmm, ein schönes Haus, das könnte mir gefallen.«
Ich fragte mich inzwischen, ob sie sich tatsächlich hier »niederließ« und ich für immer mit einem Elefanten im Garten in meinem Haus festsitzen würde, als Frankie sich wieder zum Tor begab.
Alle Augen waren auf sie gerichtet.
Die Hunde und ich beobachteten sie durch die Tür, die Elefanten von hinter dem Zaun. Was würde sie als Nächstes tun? Frankie machte sich langsam, aber überlegt auf den Weg zum Tor. Es war ein Wunder, dass sie beim Betreten des Gartens keinen Stromschlag abbekommen hatte, aber ob ihr das beim Verlassen erneut gelingen würde, war die Frage. Meine Befürchtung war, dass sie einen Schlag abbekommen und fuchsteufelswild vor meiner Haustür stehen würde.
Sie hob einen ihrer vier mächtigen Füße an und stellte ihn genau zwischen die Drähte. Spätestens jetzt wirkten die anderen Elefanten sehr beunruhigt, scharrten mit ihren Füßen und blickten sorgenvoll drein. Einige trompeteten ihre Sorgen lautstark in den Himmel. Andere deuteten mit ihren Rüsseln auf den Boden, als würden sie sagen: »Sei vorsichtig . da ist ein Draht . und Vorsicht, da ist noch einer . Pass auf, wo du hintrittst, Frankie.«
Frankie aber blieb ganz ruhig, hob den nächsten Fuß an, und wieder einen und stellte jeden vorsichtig auf den Boden ab, sodass sie eine Berührung der Drähte mit einer akrobatischen Eleganz vermied, die man einem vier Tonnen schweren Elefanten niemals zutrauen würde.
Als sie auch den letzten Draht gemeistert hatte, feierten die anderen Elefanten ihre Rückkehr mit in die Höhe gestreckten Rüsseln als Zeichen der Siegesfreude. Ein Grollen ging durch die Herde und einer trompetete kurz und laut. Man muss Elefanten nicht verstehen, um zu ahnen, dass sie sagten: »Du hast es geschafft, Frankie! Du bist zurück! Bravo!«
Frankie aber drehte ihren großen Kopf zu mir, die ich hinter der Tür kauerte und meine Hunde beruhigte. Ihre Augen trafen meine, und sie schwenkte ihren Kopf, als wollte sie sagen: »Wer ist nun die Matriarchin, Madam? Ich weiß, dass du denkst, du bist es, aber wer ist in Wirklichkeit der Boss?«
Am Abend des nächsten Tages war ich mit den Hunden alleine zu Hause. Sie wirkten etwas unruhig und fläzten nicht wie sonst üblich entspannt irgendwo auf dem Sofa. Wenn man im Urwald lebt und sich die eigenen Hunde etwas komisch verhalten, ist man gut beraten, der Ursache sofort auf den Grund zu gehen, da dann nämlich meistens irgendetwas nicht stimmt. Oft ist es nur ein Affe in den Bäumen, aber manchmal ist es auch weniger harmlos, wie etwa eine Schlange draußen vor der...
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