Schweitzer Fachinformationen
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Florentine Maier/Christina Amrhein/Ruth Simsa
Werte sind in der solidarischen Ökonomie ein großes Thema. Meist geht es dabei um ethische Werte, z. B. Nachhaltigkeit, Demokratie und bedürfnisorientiertes Wirtschaften. Um bedürfnisorientiertes Wirtschaften geht es in diesem Kapitel: Wie können Unternehmen für ihre NutzerInnen Werte schaffen, die deren Bedürfnissen - aber auch den Bedürfnissen anderer Stakeholder - entsprechen?
Damit ein solidarökonomisches Unternehmen langfristig erfolgreich sein kann, muss es einen Vorteil für die Menschen bringen, die seine Angebote wahrnehmen. Der Fachausdruck für diesen Vorteil lautet user value. Die Vorteile, die ein Unternehmen seinen NutzerInnen und anderen Gruppen verspricht, nennt man value propositions.
Je nach Art des Unternehmens können andere Personengruppen die NutzerInnen sein: In einer Foodcoop sind es die Mitglieder, die Lebensmittel kaufen; in einem Wohnprojekt sind es die BewohnerInnen; in einem Gemeinschaftsgarten sind es die GärtnerInnen. Nur wenn sichergestellt ist, dass diese Zielgruppe vom Unternehmen profitiert, können auch Beiträge für das Gemeinwohl nachhaltig erbracht werden. Denn ohne zufriedene NutzerInnen kann kein solidarökonomisches Unternehmen bestehen. Es ist ja auf die freiwillige Mitwirkung der NutzerInnen angewiesen.
NutzerInnen nehmen in solidarökonomischen Unternehmen oft gleichzeitig mehrere Rollen ein. Zum Beispiel sind in der Foodcoop die NutzerInnen nicht nur KonsumentInnen von Lebensmitteln, sondern arbeiten auch aktiv an der Bereitstellung dieser Lebensmittel mit. Diese Kombination von Rollen nennt man »Prosumention«, ProduzentInnen sind also auch KonsumentInnen. Wenn es solche Rollenüberschneidungen gibt, dann sollte man diese bei der Analyse und Gestaltung von user value berücksichtigen.
Manchmal ist bei solidarökonomischen Unternehmen nicht eindeutig, wer die NutzerInnen sind. Schließlich sollen ja viele Stakeholder - idealerweise sogar die Allgemeinheit - einen Nutzen haben. Um beim Foodoop-Beispiel zu bleiben: Sind nicht auch die BäuerInnen NutzerInnen? Für eine hilfreiche Anwendung der nachfolgend geschilderten Methoden zur Analyse und Gestaltung von user value empfehlen wir, fokussiert zu bleiben. Als NutzerInnen soll hier primär jene Zielgruppe verstanden werden, die in einem herkömmlichen Unternehmen am ehesten der Rolle der KundInnen entspräche: Jene Zielgruppe, die in erster Linie ihr Geld oder ihre Arbeit für das Unternehmen aufbringen soll, um dafür (auch) eine bestimmte Leistung zu erhalten. Diese Fokussierung empfiehlt sich, weil die meisten Unternehmen - auch die solidarökonomischen - vor dem Problem stehen, dass für potenzielle NutzerInnen ein Angebotsüberschuss herrscht: Es gibt viele AnbieterInnen, die ihnen Befriedigung ihrer Bedürfnisse versprechen, wenn auch zu unterschiedlichen individuellen und gesamtgesellschaftlichen Kosten. NutzerInnen zu überzeugen, ist daher meist eine Herausforderung. Bedürfnisse und Vorlieben von NutzerInnen sind individuell unterschiedlich. Dennoch kann man allgemeine Aussagen über user value treffen. Ein erster wichtiger Punkt ist: NutzerInnen wägen ab, welchen Nutzen Sie vom Angebot des Unternehmens haben, und welche Kosten ihnen dadurch entstehen. Diese Abwägung kann mehr oder weniger bewusst ablaufen und mehr oder weniger langfristig orientiert sein. Realistischer Weise ist diese Abwägung keine perfekt rationale Entscheidung eines homo oeconomicus, basierend auf vollständigen Informationen und unter Einbezug aller denkbaren relevanten Aspekte. Trotzdem kann es für die Analyse und Gestaltung von user value nützlich, sich die Abwägung in dieser Art vorzustellen:
User Value = Nutzen für die NutzerInnen - Kosten für die NutzerInnen
Diese Kosten und Nutzen sind nicht nur als Geldwerte oder materiell zu verstehen. Zum Beispiel kann in der Foodcoop neben der Qualität des dort gekauften Gemüses auch das freundschaftliche Miteinander ein Nutzen für das Mitglied sein. Umgekehrt zählen zu den Kosten nicht nur der Preis des Gemüses, sondern auch der Zeitaufwand und etwaiger Ärger mit anderen Coop-Mitgliedern.
Welche Arten von user value können solidarökonomische Unternehmen schaffen? Die konventionelle Management- bzw. Marketing-Literatur unterscheidet hier zwischen Grundnutzen und hedonistischem Nutzen (vgl., Sweeney/Soutar, 2001; Vershofen, 1940). Diese Unterscheidung ist von der Grundidee her auch für solidarökonomische Unternehmen nützlich, aber der Begriff des »hedonistischen« Nutzens kann hier unpassend sein. Es wäre z. B. recht zynisch, den Wunsch nach Vermeidung einer Klimakatastrophe als »hedonistisch« einzuordnen. Sinnvoller erscheint eine Unterscheidung zwischen Grundnutzen und ökologischem/sozialem/emotionalem Nutzen:
Auch mehrere Arten von Kosten können unterschieden werden (siehe z. B. Beldona/Kher, 2015):
Solidarökonomische Unternehmen sollten ein klares Bild über den von ihnen geschaffenen user value haben. Idealerweise überlegt man das im Zuge der Gründung und im laufenden Betrieb immer wieder, um am Ball zu bleiben. Umsetzen kann man das z. B. folgendermaßen:
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