»Düfte sind wie die Seele der Blumen,
man kann sie fühlen, selbst im Reich der Schatten.«
(JOSEPH JOUBERT, FRANZÖSISCHER MORALIST, 1754-1824)
Der Duft des Lavendels zieht Frauen und Männer gleichermaßen an. Er riecht blumig, etwas herb und ein bisschen krautig, jedoch nicht aufdringlich und in jedem Fall frisch. Manche Menschen denken dabei an feinsäuberlich gestapelte Leinentücher in einem Wäscheschrank, andere an das Parfum der Großmutter und einige vielleicht an einen Sommerurlaub in der Provence. Auch die Sorte ist entscheidend: So verströmen die verschiedenen Lavendelarten ihren ganz eigenen Duft, der auf die Zusammensetzung des jeweiligen ätherischen Öls zurückzuführen ist. Leider verlieren die im Sommer gesammelten Lavendelblüten rasch an Aroma, wenn sie nicht luftdicht verschlossen aufbewahrt werden. Doch gerade in der dunklen Jahreszeit benötigen wir den Sommerduft und die warme Energie des Lavendels. In der Vergangenheit zerbrachen sich die Heilkundigen den Kopf und überlegten, wie sie die Pflanzenkräfte für den dauerhaften Gebrauch aktiv erhalten können. Sie grübelten darüber nach, wie sie die Heilwirkung verstärken und gleichzeitig mögliche Giftwirkungen abmildern könnten. Aus diesen Überlegungen heraus entstanden beispielsweise die Homöopathie und die Spagyrik. Die Gewinnung ätherischen Öls durch Wasserdampfdestillation kannten bereits die Ägypter. Der konzentrierte Duftstoff wurde nachfolgend Parfums, Seifen, Kosmetika, Räucherwerk und Arzneien zugesetzt. Aus botanischer Sicht werden die ätherischen Öle in den Öldrüsen der Pflanzen gebildet, um bestäubende Insekten anzulocken und gleichzeitig Schädlinge fernzuhalten. Das erklärt, warum Bienen auf den Lavendel fliegen, während Spinnen, Läuse und Motten Reißaus nehmen. Für die Gewinnung reinen ätherischen Lavendelöls werden die frischen Blüten verwendet. Für ein Kilogramm Öl müssen 150 Kilogramm Blütenrispen des Echten Lavendels verarbeitet werden. Somit gleicht jeder Tropfen, der aus der Destille rinnt, einer kleinen Kostbarkeit. Von der Sorte Lavandin benötigt man hingegen nur etwa 40 Kilogramm Blüten, um ein Kilogramm Öl zu gewinnen. Daher hat sich besonders in der Provence der Anbau von Lavandin etabliert.
Hauptsubstanzen
Bei genauer Analyse lassen sich folgende Hauptsubstanzen unterscheiden: Linalylacetat, Linalool und Campher. Das Verhältnis der Einzelsubstanzen variiert je nach Lavendelart und beeinflusst die Wirkung (® siehe Tabelle 1). Beispielsweise riecht Speiklavendel wesentlich herber und aufdringlicher. Sein ätherisches Öl enthält mehr Campher und Linalool, woraus stärkere antibakterielle und durchblutungsfördernde Eigenschaften resultieren. Dem Echten Lavendel verleiht Linalylacetat das angenehme, leicht süßliche Aroma. Diese Substanz ist gleichsam für den beruhigenden Effekt verantwortlich. Die Kosmetikindustrie verwendet Linalylacetat reichlich, weil es Duftwässern und Seifen den typischen Lavendelduft verleiht. Es kann auch synthetisch aus Linalool hergestellt werden. Für das Lavendelöl stellt der Gehalt an Linalylacetat ein Qualitätsmerkmal dar. Die Konzentration steigt, je höher das Anbaugebiet liegt. Insgesamt variiert die Zusammensetzung der ätherischen Öle sehr stark, da es sich um Naturprodukt handelt, das nicht standardisiert ist.
Tabelle 1: Unterschiede in Zusammensetzung und Wirkung des ätherischen Öls verschiedener Lavendelarten.
Lavendelart
Zusammensetzung des ätherischen Öls*
Hauptwirkung**
Echter Lavendel
(Lavandula
angustifolia)
20-50% Linalool
30-40% Linalylacetat
3-7% cis-Ocimen
3-5% Terpinen-4-ol
1-2% ß-Caryophyllen
1-2% 1,8-Cineol
0,1-0,5% Campher
Limonen, Geraniol, Geranylacetat, a-Pinen
beruhigend
entspannend für Körper
und Geist
angstlösend
antidepressiv
erfrischend
wundheilend
immunstimulierend
zellregenerierend
Speiklavendel
(Lavandula
latifolia)
30-50% Linalool
20-30% 1,8-Cineol
1-20% Campher
a-Terpineol, Geraniol, Linalylacetat, Limonen, a-und ß-Pinen, ß-Caryophyllen
gegen Bakterien, Viren und Pilze
schleimlösend
auswurffördernd
anregend für Körper und Geist
fördert die Gedächtnisleistung
Lavandin
(Lavandula
hybrida)
30-50% Linalylacetat
25-40% Linalool
5-10% Campher
3-8% Cineol
1-2% cis-Ocimen
Lavandulol, Borneol, a-und ß-Pinen
schmerzlindernd
desinfizierend
wundheilungsfördernd
kreislaufstimulierend
Schopflavendel
(Lavandula stoechas)
Campher und Fenchon als Hauptkomponenten
antibakteriell
schleimlösend
wundheilungsfördernd
entzündungshemmend
*Quelle: "Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen", Area-Verlags GmbH 2006, Erftstadt.
**Quelle: "Praxis Aromatherapie: Grundlagen-Steckbriefe-Indikationen", Monika Werner u. Ruth von Braunschweig, Haug Fachbuch Verlag 2016
Wer Lavendelöl in der Aromatherapie für Heilzwecke einsetzen möchte, sollte auf eine hohe Qualität achten. Im Vordergrund stehen dabei die Schadstofffreiheit und die Reinheit des Öls. In jedem Fall sind naturreine Öle zu bevorzugen, die zu 100 % aus der namensgebenden Pflanze gewonnen wurden. Lavendel aus Bio-Anbau oder Wildwuchs ist meist frei von Pestizidrückständen und entfaltet eine hohe gesundheitliche Wirkung. Weil die Herstellung aufwendig und die Öle kostbar sind, gibt es auch Fälschungen auf dem Markt. Die Produzenten strecken Lavendelöl mit anderen Ölen und/oder synthetischen Stoffen. Im schlimmsten Fall schaden die Öle der Gesundheit, statt zu helfen. Der Preis des Öls ist eine erste Richtgröße. Doch wichtiger ist es, einen Hersteller zu finden, der folgende Fragen beantworten kann:
1) Aus welcher Lavendelart wurde das Öl gewonnen?
2) Wo wurde der Lavendel angebaut und wie?
Sie werden schnell feststellen, welchen Firmen Sie vertrauen können. In der Regel behält ätherisches Öl über viele Jahre hinweg seinen intensiven Geruch.
Reines ätherisches Lavendelöl ist ein Konzentrat, das verdünnt und durch eine entsprechende Aufbereitung - an das jeweilige Problem angepasst - angewandt werden muss. Pur reizt es die Haut, Schleimhäute und Augen. Deshalb befinden sich auch Warnhinweise auf den Fläschchen. Benutzen Sie daher das Öl niemals pur. Anwendungsmöglichkeiten und Rezepturen bei bestimmten Beschwerden finden Sie weiter unten.
Lavendel gegen Albträume
Gewiss ist auch Lavendel kein Allheilmittel, aber in jedem Fall trägt er auf sanfte Weise dazu bei, die Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Häufig steckt hinter einer Krankheit das Bedürfnis nach einer Ruhepause, um das körperliche und seelische Gleichgewicht wiederzufinden. Genau diese Ruhe schenkt uns Lavendel. Am einfachsten ist es, ein duftendes Lavendelsäcken mit ins Bett zu nehmen oder ein paar Spritzer Lavendelwasser auf dem Kopfkissen zu verteilen. Das fördert nicht nur eine erholsame Nacht, sondern hält auch furchteinflößende Albträume fern. Woher die nächtlichen Horrorbilder kommen, ist unklar, doch bereits Kinder leiden darunter und kriechen oft zitternd vor Angst ins Bett der Eltern. Kehren die Albträume wieder, muss dringend etwas unternommen werden, denn sie quälen die Seele, schüren Ängste und verhindern, dass sich der Körper im Schlaf erholt. Schwache Nerven, Abmagerung, fehlende Lebensfreude und dunkle Ringe unter den Augen zeugen von nächtlichem Leid. Auslöser können stressige Situationen oder einschneidende Lebensveränderungen sein, wie Trennung der Eltern oder der Tod eines geliebten Menschen. Auch unverarbeitete Traumata machen sich auf diese Weise bemerkbar. All das verlangt nach liebevoller Zuwendung, Schutz und Streicheleinheiten für die Seele. Gegen belastende und negative Träume, die Angstgefühle auslösen, hat sich das Heilkräutertrio Lavendel-Melisse-Anis bewährt. Insbesondere mit Kindern kann ein abendliches Ritual gestaltet werden, wobei das Massageöl mit den genannten Kräutern in die Fußsohlen einmassiert wird. Was für die Gummibärenbande der Gummibärensaft und für Asterix der Zaubertrank, das ist für das Kind das magische...