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Whitney
Kennen Sie Frauen, die kein Gaydar haben und sich in jeden schwulen Mann in einem Radius von dreißig Meilen verlieben? Mir fehlte ein Radar für Spieler. Ja, es fehlte mir definitiv.
Langsam stieg ich die Betontreppe zu meinem Wohnkomplex hinauf, und das Herz war mir schwer nach einer weiteren Trennung - wenn man es überhaupt eine Trennung nennen konnte. Denn bei Licht betrachtet waren Trevor und ich nie offiziell ein Paar gewesen. Etwas, worauf er mich heute am frühen Abend netterweise hingewiesen hatte, als ich ihn mit einer anderen auf dem Campus sah.
Der stechende Schmerz in meiner Brust kehrte zurück, als ich mich daran erinnerte, wie Trevor Miss Kecke Titten gebeten hatte, ihn kurz zu entschuldigen, bevor er mich zur Seite nahm. Verleugnung und ich waren alte Freunde, und sie flüsterte mir zu, dass er vielleicht eine tolle Erklärung hatte, zum Beispiel dass die Frau nur eine enge Freundin war - seine Hand auf ihrer Gesäßtasche schloss eine ferne Bekannte aus. Okay, eigentlich schloss sie auch Freundschaft aus. Ich lief nicht durch die Gegend und fasste meinen Freunden an den Hintern, ganz gleich, wie nah wir uns standen.
Als ich meinen Schlüssel in die Wohnungstür schob, ging ich im Geiste noch einmal diesen schrecklichen Moment durch, als der Mann, der mir einmal gesagt hatte, ich sei so sexy, dass er den ganzen Tag an mich denken müsse, zu der Feststellung gelangt war, ich sei »zu anhänglich« und er habe Angst, dass ich mehr wolle, als er geben könne.
Wollte ich, dass er darauf verzichtete, mit anderen Frauen zu schlafen, während er und ich zusammen waren? Natürlich wollte ich das. Anscheinend machte es mich zu einer Klette, wenn ich um die grundlegendsten Bedingungen einer Beziehung bat - nach nicht weniger als drei Monaten.
Und es ging doch nichts darüber, von dem dritten verdammten Kerl in Folge betrogen worden zu sein, nur um zu einem der verschmustesten, verliebtesten Paare aller Zeiten nach Hause zu kommen. Ich wusste, dass Lyla mir ihre Beziehung niemals absichtlich unter die Nase reiben würde, genau wie ich wusste, dass sie und Beck sich ihr Glück auf die harte Tour verdient hatten. Aber das machte es nicht leichter, in die Wohnung reinzuplatzen, während sie auf der Couch rummachten.
Ich schloss die Tür hinter mir mit etwas mehr Nachdruck, und Lyla schaute auf und bemerkte offensichtlich jetzt erst meine Anwesenheit. »Hey«, begrüßte sie mich, ließ von Beck ab und zupfte ihre verrutschten Kleider zurecht. »Hab dich gar nicht reinkommen gehört.«
Bei den ersten Malen, die ich Lyla erwischt hatte, war sie errötet und hatte sich überschwänglich entschuldigt. Jetzt war es so alltäglich, dass wir das Stadium des Errötens und der Entschuldigung hinter uns hatten. Am vergangenen Wochenende hatte sie Trevor und mich in der gleichen Situation überrascht.
Eine weitere Welle der Traurigkeit schlug über mir zusammen, und es fühlte sich an, als sei meine Brust zusammengeschnürt. Warum musste es jedes verdammte Mal so wehtun?
Lyla riss ihre haselnussbraunen Augen auf. »Oh nein! Was ist passiert?«
Bislang war es mir so gut gelungen, die Tränen zurückzuhalten, aber dass jemand so viel Anteil nahm und nachfragte, ließ alle Dämme brechen. »Erinnerst du dich, wie Trevor mir gesagt hat, er sei zu beschäftigt mit seinem Football, um heute den Abend mit mir zu verbringen?« Meine Stimme kiekste, und ich zwang mich, die nächsten Worte auszusprechen, bevor ich total die Fassung verlor. »Ich habe ihn auf dem Campus mit einer anderen gesehen. Es ist vorbei. Obwohl es anscheinend ohnehin niemals eine Beziehung war.«
Lyla machte sich von Beck los und umarmte mich. »Es tut mir so leid, Whitney. Ich weiß, wie sehr du ihn gemocht hast.«
Ich schniefte und drückte sie meinerseits. »Letztes Jahr habe ich geschworen, dass ich mich nur für süße Typen interessieren würde, die mich zu schätzen wissen, und dann ist mir dieser Ausrutscher unterlaufen, und ich bin im Sommer auf Mr All American Football Player hereingefallen, also habe ich es wohl nicht anders verdient.«
»Nein«, widersprach Lyla und lehnte sich zurück, um mir in die Augen zu sehen.
Ich mied ihren Blick. Tief im Innern wusste ich, dass ich jemanden verdiente, der mich gut behandelte. Ich wusste nur nicht, wie ich ihn finden sollte. Aber offensichtlich musste ich einen großen Bogen um Footballspieler machen. Nein, streicht das. Der Mann vor Trevor war Matt gewesen, und er hatte in der Highschool Baseball gespielt. Also schloss das alle Sportler aus, und da der Mann vor Matt in einer Studentenverbindung gewesen war, sollte ich die Verbindungsstudenten ebenfalls von der Liste möglicher Kandidaten streichen.
Beck hielt den Film an, der ohnehin unbeachtet im Hintergrund lief, und fuhr sich mit einer Hand durch sein kurzes blondes Haar. Er hatte einen gequält-alarmierten Gesichtsausdruck - weil er nicht wusste, ob er bleiben oder vor dem Drama einer weinenden Frau die Flucht ergreifen sollte.
Ich wollte ihn erlösen, aber dann ertappte ich mich dabei, dass ich fragte: »Warum können Männer nicht einfach ehrlich zu uns sein?« Ich warf mich in den kuscheligen, runden Sessel, den Lyla und ich einige Wochen zuvor auf einem Flohmarkt erstanden hatten. »Warum benehmt ihr euch, als würdet ihr wirklich auf eine Frau stehen, und sagt einem supersüße Dinge, wenn ihr das zur selben Zeit auch mit zwei oder drei anderen Frauen macht?«
Beck zuckte die Achseln. »Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich mich nicht für etwas Dauerhaftes eigne.«
Lyla setzte sich neben ihn und tätschelte sein Bein. »Das ist wahr. Er hat mir gesagt, dass nur Sex drin sei, ohne jede Verbindlichkeit.« Sie musterte ihn streng, dann boxte sie ihn gegen den Arm, was ihm ein breites Grinsen entlockte. Offensichtlich war es zu der Verbindlichkeit gekommen und zu einigem mehr.
»Und? Was hat sich geändert?«, fragte ich, weil ich die magische Formel wissen wollte. Weil ich in Erfahrung bringen wollte, wie ich es schaffen könnte, dass mich jemand ebenso bewundern und sich auf mich einlassen würde, damit ich nicht ständig mit diesem Herzschmerz herumlaufen musste.
Beck ließ die Hand an Lylas Arm hinabwandern und verflocht seine mit ihren Fingern. »Sie war bereits meine gute Freundin. Sie hat mich in meiner schlimmsten Zeit begleitet und mir da durchgeholfen, obwohl ich es nicht verdient habe. Und, nun ja . sieh sie dir an. Sie ist heiß.«
Lyla schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, das er erwiderte, dann hob er ihre ineinander verflochtenen Hände, um ihre zu küssen, und es war widerwärtig süß und beneidenswert. Meine entzückende Mitbewohnerin schaute nur halbherzig entschuldigend drein ob dieser intimen Darbietung.
Ich wollte, was sie hatten, und ich war so dumm gewesen zu glauben, dass Trevor und ich uns in diese Richtung bewegen würden. Wir hatten uns in Sommerkursen während der zweiten Ferienhälfte kennengelernt. Als ich zwischendrin eine Weile nach Hause gefahren war, hatte ich zwar nicht recht gewusst, was das zwischen uns war, aber er hatte mir mehrere Nachrichten geschickt, und sobald ich ihm geschrieben hatte, dass ich wieder in Boston war, war er hergekommen und hatte mir gesagt, wie glücklich er sei, mich zurückzuhaben. Implizierte »zurückhaben« nicht, dass er mich schon einmal gehabt hatte?
Ich Dummkopf hatte gedacht, er spräche von einer Beziehung, aber offensichtlich hatte er an unverbindliche Verabredungen gedacht. Jetzt überlegte ich, wie viele Male er wohl behauptet hatte, mit Football beschäftigt zu sein, während er stattdessen mit irgendwelchen Bräuten zugange gewesen war.
Jepp, ich bin definitiv durch mit Sportlern. Beim nächsten Mal, wenn ein muskulöser, überraschend charmanter Mann mich anmacht, lasse ich ihn auflaufen. Vielleicht wird er dann mal gründlich darüber nachdenken, ob er weiter seine platten Anmachsprüche loslässt, um bei ahnungslosen Frauen zu landen.
Okay, das war wahrscheinlich Wunschdenken, aber zumindest würde er dann wissen, dass ich nicht seine nächste Kerbe im Bettpfosten sein werde.
Beck schaute auf sein Handy, dann sagte er: »Babe, wir sollten allmählich aufbrechen. Die Jungs erwarten mich auf der Party.« Er schaute zwischen mir und Lyla hin und her. »Es sei denn, du willst hierbleiben.«
Die Art, wie er die Worte in die Länge zog und Lyla einen Arm um die Taille legte, machte mir klar, dass er nicht ohne sie gehen wollte. Ich wollte sie nicht von einer Party abhalten - in der ersten Zeit unseres Zusammenwohnens hatte ich meine liebe Not gehabt, sie überhaupt zum Ausgehen zu überreden. Jetzt war in ihrem Leben mehr los als in meinem. Obwohl ich wusste, dass sie Partys eher ermüdend fand, tat es ihr gut, aus dem Haus zu kommen, und das Beste daran war, dass Beck gern mit ihr angab.
»Geh«, sagte ich und scheuchte sie vor mir her. »Ich komme schon zurecht. Vielleicht können wir morgen einen Mädelsabend machen, dann kann ich richtig über Männer ablästern, ohne Becks Gefühle zu verletzen.« Ich schenkte ihm ein neckendes Lächeln, obwohl mir das mit dem Ablästern ernst war.
»Oder .« Lyla wickelte sich eine ihrer feuerroten Locken um den Zeigefinger, und da sie gerade zum Nachtönen beim Friseur gewesen war, erinnerte mich das daran, dass ich das Gleiche mit meinen blonden Strähnchen machen musste. »Weißt du noch, wie du mich letztes Jahr zum Ausgehen gezwungen hast, selbst als Beck und ich unsere Krise hatten, und am Ende war es die beste Sache aller Zeiten?«
Ja, weil Beck auf die Bühne gestiegen war...