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Sind wir nun endgültig mit unserem Latein am Ende? Durchaus nicht. Eine ganze Menge Latein steckt etwa in Wörtern wie Flegel und Laune, nüchtern und peinlich, torkeln und waten - aber sie protzen nicht so damit. Solchen Wörtern hört und liest man eigentlich gar nicht an, dass sie aus einer Fremdsprache stammen. Und dennoch: Sie gehen auf das Lateinische zurück. Das Besondere an ihnen ist, dass sie als sogenannte Lehnwörter (anders als Fremdwörter) völlig in die Lautung, Morphologie und Orthografie der deutschen Sprache integriert sind. Daher spürt man das Lateinische kaum oder gar nicht mehr heraus und die genauere Erforschung ihrer Herkunft verspricht viele schöne Aha-Erlebnisse. Hätte man etwa ohne Weiteres gedacht, dass solch ein schlichtes deutsches Substantiv wie Kanne auf das Lateinische zurückgeht - und vielleicht sogar babylonisch-assyrische Vorfahren hat? Dass das Lehnwort Berberitze über das Lateinische hinaus aufs Arabische verweist und das Lehnwort Tünche auf eine semitische Sprache, wahrscheinlich auf das Phönizische? Überraschungen dieser und anderer Art wollen wir hier hervorrufen, indem wir Lehnwörtern auf den Grund gehen.
Aber was genau sind eigentlich Lehnwörter? Wie unterscheiden sie sich von anderen Wörtern, die ebenfalls aus anderen Sprachen stammen? Den deutschen Wortschatz kann man nach verschiedenen Kriterien verschieden unterteilen. Die für dieses Buch relevanten Kriterien sind vornehmlich die Integriertheit eines Wortes und seine Herkunft. Danach scheint es nicht völlig verkehrt, zu unterscheiden in:
Erbwörter
Lehnwörter
Fremdwörter
fremde Wörter
Als Erbwörter bezeichnen wir hier Wörter, die aus dem Germanischen bzw. germanischen Sprachen ins Deutsche gekommen sind. Meist entsprechen sie der Wortgrammatik des deutschen Kernwortschatzes, etwa: Baum, groß, kommen (aber doch nicht immer, anders betont als im Kernwortschatz üblich werden zum Beispiel Erbwörter wie: Bovist, Efeu, Hermelin, Wacholder).
Als Lehnwörter bezeichnen wir Wörter, die aus einer Fremdsprache entlehnt wurden, sich aber völlig der Wortbildung, der Aussprache und Rechtschreibung des Kernwortschatzes angepasst haben, etwa: Pferd, kaufen, klar. Auch Lehnwörter gehören zum Kernwortschatz des Deutschen.
Als Fremdwörter bezeichnen wir hier Wörter, die aus einer Fremdsprache übernommen wurden (man spricht hier auch von «entlehnt», obwohl es keine Lehnwörter sind). Dabei sind sie meist weitgehend der deutschen Morphologie und unterschiedlich weitgehend der deutschen Aussprache und Rechtschreibung angepasst, weisen aber noch mindestens eine «fremde» Eigenschaft auf, sei es im Bereich der Wortbildung, der Aussprache oder der Rechtschreibung. Fremdwörter sind also nicht durchgehend integriert, etwa: Beton, lackieren, radikal, geleakt. Aber klar ist: Aufgrund der Anpassungen sind Fremdwörter deutsche Wörter. Denn so etwas wie geleakt funktioniert nur im Deutschen, nicht jedoch in der Ursprungssprache.
Unter fremdsprachlichen Wörtern im Deutschen sind hier Wörter zu verstehen, die als Zitat aus einer Fremdsprache in einem deutschen Text verwendet werden, wie etwa: «honi soit qui mal y pense» oder «sic transit gloria mundi». Fremdsprachliche Wörter sind logischerweise keine deutschen Wörter.
Wir stellen hier Lehnwörter vor, die direkt aus einer Form des Lateinischen ihren Weg in eine Form des Deutschen (oder schon ins Germanische) gefunden haben - und gelegentlich auch Ableitungen von solchen Wörtern (wie zum Beispiel Griffel als Ableitung vom althochdeutschen Lehnwort graf). Ausgelassen haben wir dagegen Lehnwörter, die zwar letztlich aufs Lateinische zurückgehen, aber über andere Sprachen vermittelt wurden, wie etwa Frettchen über französisch/(mittel-)niederländisch furet/fret (von lateinisch furo «Räuber»), Wirsing über lombardisch verza (von lateinisch viridia «Grünzeug», zu viridis «grün»), dissen über das Amerikanische to diss (von lateinisch dis- «auseinander-, ver-, zer-») oder tschüs(s), tschö über niederdeutsch adjüs/tjüs, wallonisch adjuus, spanisch adios (von lateinisch ad deum «zu Gott»).
Wenn allerdings der Weg eines Wortes noch über das Lateinische hinausgeht in andere (frühere) Sprachen, sind wir diesem Weg durchaus gefolgt (wenn er denn erforscht ist), wie etwa bei metzeln, das über mittellateinisch macellare (schlachten) und lateinisch macellum ([Fleisch-]Markt) auf hebräisch mikela (Hürde, Umzäunung) zurückzuverfolgen ist.
Und: Bei Lehnwörtern, die einen aus irgendeinem Grund spannenden fremdwörtlichen Verwandten aufweisen oder mehrere, haben wir gelegentlich unter der Rubrik «Übrigens» auf solche Verwandtschaft hingewiesen, wie zum Beispiel beim Lehnwort Bims auf das verwandte Fremdwort Pause (Durchzeichnung) und außerdem auf das nicht verwandte Fremdwort Pause (kleine Erholungszeit). Auch ganz andere interessante Aspekte haben wir in dieser Rubrik bisweilen thematisiert. Kriterien wie Aktualität, Produktivität, Originalität oder Willkür erklären bis zu einem gewissen Grad die entsprechende Beredtheit oder eben auch das Schweigen der Lemmata.
Sprache entwickelt sich über die Jahrtausende. Nach Merkmalen, die über eine gewisse Zeit vergleichsweise konstant bleiben, teilt man sie in verschiedene Epochen auf (was nie so ganz einfach und daher auch nicht so ganz unumstritten ist). So etwas wie Deutsch gibt es nach solcher Einteilung etwa ab dem 7. Jahrhundert. Vorher haben wir es mit dem Germanischen bzw. mit verschiedenen germanischen Sprachen oder Dialekten zu tun. Damit man im Weiteren die Angaben, zu welchem Sprachentwicklungsstand ein Wort gehört, zeitlich einordnen kann, sei hier die übliche Einteilung nach grammatischen und lautlichen Kriterien (auf die wir aber im Einzelnen nicht eingehen wollen) wiedergegeben:
Germanisch, germanische Sprachen bzw. Dialekte: Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. bis 7. Jahrhundert n. Chr.
Althochdeutsch: 7. Jahrhundert bis Mitte des 11. Jahrhunderts
Mittelhochdeutsch: Mitte des 11. bis Mitte des 14. Jahrhunderts
Frühneuhochdeutsch: Mitte des 14. bis Mitte des 17. Jahrhunderts
älteres Neuhochdeutsch: Mitte des 17. Jahrhunderts bis etwa 1800
jüngeres Neuhochdeutsch: 1800 bis 1945
Gegenwartsdeutsch: ab 1945
Und natürlich ist auch Latein nicht Latein, nicht immer das gleiche jedenfalls. Und es ist für die Bildung von Lehn- und Fremdwörtern nicht unerheblich, wann sie aus dem Lateinischen ins Deutsche fanden, das heißt auch, aus welchem Latein in welches Deutsche. Hier kann man mindestens unterscheiden zwischen:
Lateinisch (klassisch), Spätlateinisch: bis etwa zum 5./6. Jahrhundert
Mittellateinisch: 6. Jahrhundert bis Mitte des 15. Jahrhunderts
Neulateinisch: ab Mitte des 15. Jahrhunderts
Mit dem klassischen Latein stand das Deutsche schon allein deshalb nicht in unmittelbarer Verbindung, weil es in der Zeit, als es zu Kontakten hätte kommen können - als West- und Südwestdeutschland unter römischer Verwaltung standen also -, so etwas wie Deutsch noch gar nicht gab. Allerdings gibt es eine mittelbare Verbindung vom Deutschen zum klassischen Latein, indem etliche Wörter, die schon im Germanischen aus dem Lateinischen entlehnt worden waren, als Erbwörter ins Deutsche gelangt sind. Ins Germanische entlehnt worden waren vor allem Wörter aus Verwaltung, Militär, Obst- und Garten-, Hoch- und Tiefbau sowie aus der Küche, etwa: Esel, Kaiser,...
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